Giftanschlag auf Nawalny

  • Zitat von hansj.

    du magst ja diese komplexität nicht sehen (wollen). in der politischen realität existiert sie, zumindest nach meiner wahrnehmung dieser realität.

    Schön, dass du uns die komplexe Welt der Machtverhältnisse und internationalen Beziehungen darlegst als Ursache für zweierlei Maß im Regierungshandeln. Nicht so schön, dass du sie als Vorwurf der Ignoranz darbietest.

    In jedem Fall beachtlich ist aber, dass diese Machtstrukturen jetzt ja eigentlich dazu herhalten, die Prioritätensetzung der Journalisten zu erklären. Ja mei, staatstragend, wie kommt man blos auf diese Vokabel.

  • Lässt sich doch leicht wegerklären.

    Was geht uns das an wenn der Erbfeind seinen Pöbel unterdrückt?

  • Wir müssen jetzt wieder aufpassen, dass wir nicht den Fokus verlieren, Hans. Es geht ja um die Medien und wie Berichterstattung weaponiziert wird. Medien verhängen keine Sanktionen, sie fordern sie und bauen so a) politischen Druck auf und b) Gewichten so eine Story. Sie tragen da letztendlich keine Verantwortung für etwaige Konsequenzen (außer natürlich den viel zitierten Vertrauensverlust).


    sanktionen werden ja nun auch erst bei einer gewissen konflikttiefe im rahmen von spannungsverhältnissen als druckmittel in erwägung gezogen. sie sind eine art nicht-militärischer "ultima ratio". kein staat, der mit anderen in zivilen beziehungen steht, verhängt sanktionen aus jux und tollerei - weil sanktionen in aller regel auch negative auswirkungen auf eigene interessen haben ( sei es, weil kein handel mehr getrieben werden kann, sei es, weil mit gegensanktionen zu rechnen ist),

    Keine Widerrede. Das wäre auch mein Punkt von Anfang an: überwiegen die negativen Folgen für einen selber, machen Sanktionen keinen Sinn. Weder praktisch als auch nur medial. Daher werden sie auch nur stark selektiv gefordert und manchmal auch durchgesetzt. Dass hat also herzlich wenig mit universellem Maß oder moralischer Norm zu tun.


    zum einen ist die konflikttiefe ( die eben eine besondere ist, wenn staatliches handeln sich in massiven brüchen internationalen rechts ohne jegliche legitation äußert) wesentlich notwendige voraussetzung für die erwägung von sanktionen, zum zweietn dann, und das ist der folgende schritt, die frage der realen durchsetzbarkeit.

    Dass du jetzt das internationale Recht ins Spiel bringst, triggert mich natürlich. Und nein, ich mache jetzt keinen Ausflug nach Palästina oder in us Botschaften nach Jerusalem.


    Nach internationalem Recht kannst du eben auch keinen Iraner auf diplomatischer Reise im irak wegdronen. Das geht nicht. Und das internationale Recht unterliegt auch keinem Kriterium der geografischen oder sozialen Nähe. Du siehst, warum deine Thesen so wenig zu überzeugen wissen...


    Übrigens: soweit ich weiß, stehen die meisten Sanktionen, die wir bzw unsere Wertegemeinschaft so auf dem Globus verhängen im Widerspruch zu internationalem Recht. Ist doch verrückt, oder?

  • Schön, dass du uns die komplexe Welt der Machtverhältnisse und internationalen Beziehungen darlegst als Ursache für zweierlei Maß im Regierungshandeln. Nicht so schön, dass du sie als Vorwurf der Ignoranz darbietest.

    In jedem Fall beachtlich ist aber, dass diese Machtstrukturen jetzt ja eigentlich dazu herhalten, die Prioritätensetzung der Journalisten zu erklären. Ja mei, staatstragend, wie kommt man blos auf diese Vokabel.

    Abgefahren, oder? Ich bin auch ganz verzückt. 😅

  • 8)

    Könnten die Damen & Herren Verschwörungstheoretiker mal bitte ihre viel zu kurz gegriffene proletarische Stammtischparole von den real existierenden Machtverhältnissen und der damit einhergehenden Durchsetzbarkeit universeller Ansprüche so umformulieren, dass der real existierende Schamabstand zur Realität gewährleistet bleibt?


    Ist sonst unjournalistisch.

  • 8)

    Könnten die Damen & Herren Verschwörungstheoretiker mal bitte ihre viel zu kurz gegriffene proletarische Stammtischparole von den real existierenden Machtverhältnissen und der damit einhergehenden Durchsetzbarkeit universeller Ansprüche so umformulieren, dass der real existierende Schamabstand zur Realität gewährleistet bleibt?


    Ist sonst unjournalistisch.

    Realität, pah.

    ...

    10. Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter Verschwörungstheoretiker

  • Nach internationalem Recht kannst du eben auch keinen Iraner auf diplomatischer Reise im irak wegdronen.

    ...oder im selben Irak anderthalb Jahrzehnte vorher unter fadenscheinigst herbeigelogenen Vorwänden und unter Protest der halben Weltgemeinschaft völkerrechtswidrig einmarschieren, weil der Ex-Imperator und Vater des damals aktuellen Imperators noch eine Rechnung mit dem selben Irakischen Diktator und Erzfeind des Iran offen hatte, welchen der eigene Verteidigungsminister wiederum zwei Jahrzehnte zuvor noch als engsten Verbündeten im Kampf gegen die persischen Mullahs gesponsort hatte.


    Ganz schön kompliziert, dieses Völkerrecht.

  • ...oder im selben Irak anderthalb Jahrzehnte vorher unter fadenscheinigst herbeigelogenen Vorwänden und unter Protest der halben Weltgemeinschaft völkerrechtswidrig einmarschieren, weil der Ex-Imperator und Vater des damals aktuellen Imperators noch eine Rechnung mit dem selben Irakischen Diktator und Erzfeind des Iran offen hatte, welchen der eigene Verteidigungsminister wiederum zwei Jahrzehnte zuvor noch als engsten Verbündeten im Kampf gegen die persischen Mullahs gesponsort hatte.


    Ganz schön kompliziert, dieses Völkerrecht.

    Ja, klar. Die Liste ist unglaublich lang und spannt sich über das gesamte Erdenrund.


    Aber da stimme ich Hans zu. Diese Komplexität der Zusammenhänge muss man auch erstmal

    sehen (wollen).

  • nein, ist alles überhaupt nicht verrückt, wenn man politische prozesse nicht statisch betrachtet, sondern als das, was sie real sind: dynamische prozesse, in die verschiedene, manchmal gegensätzliche faktoren eingehen und eine eigene dynamik entwickeln. das gilt fürs internationale recht in besonderer weise: völkerrecht ist ein konglomerat von prinzipien, die oft genug im spannungsverhältnis zueinander stehen: gewaltverbot vs. recht auf selbstverteidigung (gegen terror )z.b. völkerrecht ist nicht in der weise normativ überprüfbar und sanktionierbar wie andere rechtssystem, zudem entwickelt es sich fort aus der praxis der "gewohnheitsrechte". durch diese besonderheit der konstruktion fällt es jeweiligen stakeholdern relativ leicht, völkerrecht als eine art steinbruch zu betrachten, aus dem man sich je nach eigener interessenlage und sichtweise bedient. auch argumentativ bedient. der nutzen und die tatsächliche wirkung völkerrechtlicher prinzipien besteht darin, dass sie in konfliktlagen diskussionen ermöglichen und erzwingen, in denen abwägungsprozesse erfolgen, staatliches handeln sich legitimieren muss, und resultate wie z.b. folgen für internationale reputation folgen, die staaten in unterschiedlicher weise nicht völlig egal sind, was wiederum konsequenzen für staatliches handeln hat (haben kann). in dieser dynamik, die ja hier noch nicht mal grob angedeutet ist, spielen öffentliche aufmerksamkeit und berichterstattung eine rolle, das versteht sich. nur: mit statischen, apodiktischen positionen wird man in der mehrzahl der fälle weder der besonderheit der rechtskonstruktion noch der dynamik politischer prozesse gerecht. tut mir leid, wenn das alles abstrakt und möglicherweise unscharf klingt: aber einfacher ist diese realität kaum zu haben, denke ich.

    das gilt eben auch für die mehrfach angesprochene frage, wann von wem und unter welchen bedingungen sanktionsforderungen erhoben, verhängt, durchgesetzt werden - oder auch nicht.

    wir sind uns einig, dass bei entscheidungen über diese fragen je eigene interessen ( seinen es politische oder/und) ökonomische ein rolle spielen. - wie im übrigen auch jeweilige kulturelle normen ( die man auch ethisch/moralische nennen kann): z.b. sieht sich staatliches handeln in "gottesstaaten" meist in ganz anderer weise legitimiert , als in säkularen, liberalen statsformen.

    wir sind uns uneinig darüber, ob zu den faktoren solcher entscheidungsgewichtung auch solche moralischer art oder universeller normen wesentlich gehören. du bestreitest das ziemlich kategorisch: "hat damit...herzlich wenig zu tun".

    diese reduktion komplexer wirkzusammenhänge auf einzelne ihrer komponenten ist es, was aus meiner sicht analyseversuche falsch werden lässt, und diese form verfälschender reduzierung habe ich gemeint, als ich von erinnerungen an vulgärmarxistische ableitungen schrieb.

    das ist keine attacke gegen dich persönlich, aber die struktur solcher vereinfachungen habe ich eben in solchen zusammenhängen kennengelernt. seinerzeit gern verbunden mit dem satz, dass wichtigste sei ein entschiedener klassenstandpunkt. (auch diesen satz will ich nicht dir persönlich zuordnen. aber wo entschiedenheit der aufklärung den differenzierten blick verstellt, würde sie kontraproduktiv.)


    und, noch einmal zum anfang dieses posts: sanktionsforderungen werden von medien überwiegend berichtet, als forderungen politischer akteuere - in den seltensten fällen von ihnen aktiv erhoben bzw. aufgebaut ( siehe z.b. die heutige berichterstattung über französische forderungen in sachen ns2/navalny- darüber berichten medien, sie machen sie nicht. dass medien auch darüber berichten sollten, dass z.b. ein wegfall von ns2 den betreibern französischer akw bestimmt nicht schlecht gefallen würde, versteht sich ebenfalls.

    aus meiner sicht landen wir bei der betrachtung immer wieder an dem punkt: machen medien meinungen und erheben sie forderungen im politischen prozess, sind sie also wesentlich aktivistische akteure, oder nehmen sie die rolle von, an aufklärung über tatsächliches geschehen interessierten, beobachtern und informanten ein ? da wirds auch wieder schwierig, weil natürlich diese rollen nicht schwarz-weiß trennbar sind, sondern in unterschiedlich abgestuften grauzonen miteinander verwoben. was wiederum bedeutet, dass medien - gerade die sog. "leitmedien" - sich in einem permanenten selbstreflexionsprozeß ihres eigenen tuns vergewissern müssen. was sie oft genug nicht hinreichend tun. das ist z.b. einer der punkte, wo ich die eigene profession ziemlich kritisch sehe. übrigens seit beginn meiner berufstätigkeit.

  • Zustimmung. Nur was du Dynamik nennst, nenne ich eben mit mehrerlei Maß messen. Das ergibt sich ja auch aus deiner mMn korrekten Darstellung eines „flexiblen“ internationalen Rechts - je nachdem welches powerhouse es da als Argumentation ge- bzw missbraucht.


    Nochmal: ich verschließe mich nicht vor diesen Realitäten. Im Gegenteil. Sie finden in der Berichterstattung nur nicht statt, wenn wieder mal „dynamisch“ gewichtet wird. Aus Gründen natürlich, die uns ja allen klar sind.

  • Was sind überhaupt Reiche, wenn die Gerechtigkeit fehlt , anderes als große Räuberbanden? Sind doch auch Räuberbanden nichts anderes als kleine Reiche. Sie sind eine Schar von Menschen, werden geleitet durch das Regiment eines Anführers, zusammengehalten durch Gesellschaftsvertrag und teilen ihre Beute nach Maßgabe ihrer Übereinkunft. Wenn eine solche schlimme Gesellschaft durch den Beitritt verworfener Menschen so ins große wächst, daß sie Gebiete besetzt, Niederlassungen gründet, Staaten erobert und Völker unterwirft, so kann sie mit Fug und Recht den Namen „Reich“ annehmen, den ihr nunmehr die Öffentlichkeit beilegt, nicht als wäre die Habgier erloschen, sondern weil Straflosigkeit dafür eingetreten ist.

    Für "Reich" müsste heute wohl mit "Vetomacht" in die Moderne transferiert werden. Ansonsten passt dieser Absatz leider immernoch wie die Faust auf's Auge.

    Ich werfe das hier ein, weil ich die Diskussion, wessen Völkerrechtsverstoß denn jetzt der schlimmer böser verwerflichere ist, ermüdend finde.

    Viel schlimmer ist, das in den Jahrhunderten (Obiges ist von 422 n. Chr.) keine Möglichkeit gefunden wurde diese Verstöße zu sanktionieren.


    Der Absatz heißt bei Augustinus übrigens treffender Weise "Ohne Gerechtigkeit sind die Staaten nur große Räuberbanden".

  • ...oder im selben Irak anderthalb Jahrzehnte vorher unter fadenscheinigst herbeigelogenen Vorwänden und unter Protest der halben Weltgemeinschaft völkerrechtswidrig einmarschieren, weil der Ex-Imperator und Vater des damals aktuellen Imperators noch eine Rechnung mit dem selben Irakischen Diktator und Erzfeind des Iran offen hatte, welchen der eigene Verteidigungsminister wiederum zwei Jahrzehnte zuvor noch als engsten Verbündeten im Kampf gegen die persischen Mullahs gesponsort hatte.


    Ganz schön kompliziert, dieses Völkerrecht.

    Not so funny fact. Eine ehemalige ForistIn erzählte mir, dass für sie die Irak-Kriegs-PR Grund genug war, mit der Zeit zu brechen. Das ist sicher auch nur ein bedauerlicher Einzelfall von Vertrauensverlust.

  • ...oder im selben Irak anderthalb Jahrzehnte vorher unter fadenscheinigst herbeigelogenen Vorwänden und unter Protest der halben Weltgemeinschaft völkerrechtswidrig einmarschieren, weil der Ex-Imperator und Vater des damals aktuellen Imperators noch eine Rechnung mit dem selben Irakischen Diktator und Erzfeind des Iran offen hatte, welchen der eigene Verteidigungsminister wiederum zwei Jahrzehnte zuvor noch als engsten Verbündeten im Kampf gegen die persischen Mullahs gesponsort hatte.


    Ganz schön kompliziert, dieses Völkerrecht.

    ach utan, warum machst du es dir denn nun wieder so einfach ? wenn im völkerrecht sehr unterschiedliche prinzipien miteinander in konflikt geraten, dann gibt es situationen, in denen die gewichte ziemlich eindeutig verteilt sind ( wie etwa das von dir erwähnte beispiel irak ) weswegen diese eindeutigkeit zum massiven kollektiven protest führte. in anderen fällen (z.b. kosovo) war die verteilung der gewichte weniger eindeutig - was sich eben auch in anderer reaktion der "weltgemeinschaft" ausdrückte. die tatsächliche kompliziertheit des völkerrechts auszublenden und einen der relativ klaren fälle als alleinigen maßstab zu nehmen, ist genau das, was ansonsten gern kritisiert wird: ideologisch fundierte polemik. kann man ja machen, als journalist versuche ich, es eher zu vermeiden.

  • ach utan, warum machst du es dir denn nun wieder so einfach ?

    Den Vorwurf gebe ich gerne zurück. Ich finde Du machst es Dir sehr einfach, wenn Du das Völkerrecht als einen "dynamischen" Prozess darstellst, in dem es eigentlich gar keine klaren Regeln geben könne.


    Da würde ich sogar zustimmen, da ich das ganze Konzept eines Völkerrechts schon alleine deshalb eigenartig finde, weil es ja eigentlich nicht die (wie auch immer zu definierenden) "Völker" sind, um deren Recht es sich dabei handelt, sondern um das Recht oder Nicht-Recht von gewählten oder gewaltsam an die Macht gekommenen Volks-BeherrscherInnen, ihre geopolitischen Interessen gegen andere HerrscherInnen durchzusetzen.


    Nur wird halt in Bezug auf Russland immer heftig auf die Einhaltung jenes - in solchen Momenten dann plötzlich wieder sehr klar definierten - Völkerrechts gepocht, wenn zum Beispiel die Bevölkerung der Krim mehrheitlich beschliesst, nicht mehr zur Ukraine gehören zu wollen, und der Herrscher der russischen Föderation ihr dieses Bevölkerungs-Recht zugesteht und es in die Tat umsetzt, während bei einer Nummer wie im Kosovo dann wieder fröhlich über pro und contra der völkerrechtlichen Praxis debattiert werden darf, wo Deutschland im Konzert mit den NATO-Verbündeten und gegen den ausdrücklichen Widerspruch Russlands nicht nur - nach eigener Aussage des damaligen deutschen Regierungschefs aus moralischen Gründen (J.Fischer:" Nie wieder Auschwitz!") legitim - gegen das Völkerrecht, sondern auch gegen ein bis dato gültiges ungeschriebenes Gesetz verstieß, demzufolge von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen solle.

  • Die Sache mit dem Landesverrat/Hochverrat nimmt wohl Züge an...


    (englisches Video im Link)

  • Den Vorwurf gebe ich gerne zurück. Ich finde Du machst es Dir sehr einfach, wenn Du das Völkerrecht als einen "dynamischen" Prozess darstellst, in dem es eigentlich gar keine klaren Regeln geben könne.


    Da würde ich sogar zustimmen, da ich das ganze Konzept eines Völkerrechts schon alleine deshalb eigenartig finde, weil es ja eigentlich nicht die (wie auch immer zu definierenden) "Völker" sind, um deren Recht es sich dabei handelt, sondern um das Recht oder Nicht-Recht von gewählten oder gewaltsam an die Macht gekommenen Volks-BeherrscherInnen, ihre geopolitischen Interessen gegen andere HerrscherInnen durchzusetzen.


    Nur wird halt in Bezug auf Russland immer heftig auf die Einhaltung jenes - in solchen Momenten dann plötzlich wieder sehr klar definierten - Völkerrechts gepocht, wenn zum Beispiel die Bevölkerung der Krim mehrheitlich beschliesst, nicht mehr zur Ukraine gehören zu wollen, und der Herrscher der russischen Föderation ihr dieses Bevölkerungs-Recht zugesteht und es in die Tat umsetzt, während bei einer Nummer wie im Kosovo dann wieder fröhlich über pro und contra der völkerrechtlichen Praxis debattiert werden darf, wo Deutschland im Konzert mit den NATO-Verbündeten und gegen den ausdrücklichen Widerspruch Russlands nicht nur - nach eigener Aussage des damaligen deutschen Regierungschefs aus moralischen Gründen (J.Fischer:" Nie wieder Auschwitz!") legitim - gegen das Völkerrecht, sondern auch gegen ein bis dato gültiges ungeschriebenes Gesetz verstieß, demzufolge von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen solle.

    was muss man eigentlich tun, damit nicht aus dem, was man schreibt, in der kommentierung etwas anderes gemacht wird ? Aus der Feststellung, dass das Völkerrecht im Gegensatz zu sonstigen rechtskonstruktionen kein schlüssiges, normativ kohärentes Gebilde ist, dem es zusätzlich auch noch an gerichtlichen Institutionen mangelt, sondern ein Konglomerat von Prinzipien, die teilweise im Konflikt zueinander stehen und dieses Recht sich dann auch noch per Gewohnheit durch Staatspraxis konstituiert, wird schlankweg die Unterstellung geschnitzt, ich hätte von quasi „regellosen“ Zuständen gesprochen. NEIN. Wer nicht sehen will, dass das nicht dasselbe ist, verlässt doch die diskursfläche. Und wenn dann Krim/vs. Kosovo kommt: der Unterschied zwischen einer ( durch die „schutzmacht“ ermöglichten ( und anschließend durch Eingliederung in die staatsgemeinschaft besiegelten) Abspaltung innerhalb weniger Tage und einer Unabhängigkeitserklärung nach 10 Jahren (!) vergeblicher Vermittlungsbemühungen Unter UN-Mandat ist doch von einer unübersehbaren evidenz. Du hast ja nun auch eine sehr entschiedene Position, welches völkerrechtliche Prinzip du im Falle der Krim für das vorrangige hältst. Das Selbstbestimmungsrecht einer sich kulturell definierenden teilbevölkerung. Demgegenüber spielt das völkerrechtliche Prinzip der territorialen Integrität bei dir gar keine Rolle. Und die Verfassung des souveränen Staates Ukraine, die eindeutige Regeln für politische Kompetenzen der teilregionen enthält, auch nicht. -warum eigentlich nicht? Da bist du mit deiner eigenen Positionierung in genau dem gleichen Modus, den du anderen vorwirfst. Könnte man auch messen mit zweierlei Maß nennen.

  • Ich finde zwischen

    keine klaren Regeln

    und

    quasi „regellosen“ Zuständen

    besteht dann doch ein qualitativer Unterschied. Und utans Formulierung erscheint zumindest mir mit deiner Beschreibung eines

    Konglomerat von Prinzipien, die teilweise im Konflikt zueinander stehen

    recht deckend.


    Auch hier würde ich aber so oder so sagen, dass das wegdrohnen von Diplomaten auf fremden Territorium auch innerhalb des internationalen Rechts keine Legitimation findet und auch in keinem Konflikt mit einem anderen Recht steht. Auch werden die USA nach 1.000 fachen unrechten Drohnenmorden sich hier nicht auf ein Gewohnheitsrecht berufen können.


    Vielleicht sollten wir aber für Stilblüten der internationalen Rechtsauslegung einen neuen thread aufmachen.

  • hansj.

    schulde Dir noch Artikel zu den Prinzipien... Ich will wirklich sehr problematische und den 10 Prinzipien klar zuordnenbare Artikel finden. Da will ich Dir wirklich die schlimmsten präsentieren, damit es eindeutig wird.

    Trotzdem mal eine Frage: Gibt es in Deinen Augen denn überhaupt noch ein Völkerrecht nachdem noch Recht und Unrecht gesprochen werden kann? (unabhängig von einer „Dynamik“ sondern abhängig vom Tatbestand)

    Und wenn es das nicht gibt, haben wir dann nicht als Weltgemeinschaft ein riesiges Problem, weil es ja dann nur noch das Recht des Stärkeren gibt?

  • Du hast ja nun auch eine sehr entschiedene Position, welches völkerrechtliche Prinzip du im Falle der Krim für das vorrangige hältst.

    Äh...


    Nein.


    Ich habe Dir sogar dahingehend zugestimmt, dass man Völkerrecht nicht wie ein Strafgesetzbuch behandeln kann. Tatsächlich maße ich mir überhaupt kein Urteil darüber an, ob die Eingliederung der Krim in die russische Föderation nun völkerrechtlich gerechtfertigt war oder nicht.


    Was ich hingegen verurteile ist - und da sind wir wieder am Startpunkt dieser schönen Karusselldiskussion - dass man im Wertewesten und seiner veröffentlichten Meinung ein solches Urteil immer dann besonders schnell und hart zu fällen bereit ist, wenn der Angeklagte russisch spricht.

    was muss man eigentlich tun, damit nicht aus dem, was man schreibt, in der kommentierung etwas anderes gemacht wird ?

    Vorwurf -> Rückwurf.

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