Giftanschlag auf Nawalny

  • Der Stellenwert Moskaus in Russland ist nicht mit dem von Berlin hierzulande zu vergleichen. Passender wäre Paris zu Frankreich. Oder bei uns vielleicht der Freistaat Bayern.


    "Oppositionsführer" ist natürlich keine passende Beschreibung für Nawalny. Eher bekanntester Dissident des Landes, der neben seiner medialen Tätigkeit auch politische Organisationsarbeit leistet.


    Eine geeinte Opposition gibt es ja nicht. Darf es in einer "gemanagten Demokratie" auch gar nicht geben. In dieser Situation trauen sich nur politische Spinner, die "kremltreuen" Kräfte andauernd öffentlich als "Diebe und Betrüger" zu brandmarken. Es ist ein Roulettespiel immer wieder die Grenze auszuloten, bis zu der jemand wie Nawalny noch als akzeptabler, in gewisser Weise nützlicher, Hofnarr angesehen wird.

    Ich glaube, was der eigentliche Widerspruch an der Stelle sein sollte: In Bayern war der Bürgermeister Münchens auch seit tausenden von Jahren ein Roter sPD'ler. Die Landesregierung war trotzdem immer tiefschwarz.


    Dass in einer kosmopolitischen Metropole (bürgermeistertechnisch) ein etwas anderer Wind weht, ist also keine allzu große Überraschung, das ist im Gegenteil sogar relativ üblich. Selten allerdings hat das allzu große Auswirkungen auf den Staat.

  • Ja, kann man in der Tat auch bei Tagesschau nachlesen (Meldung von gestern, kurz nach 22h).


    https://www.tagesschau.de/ausl…icherheitsgesetz-101.html


    (26 Festnahmen BTW).


    Da bleibt jetzt die Frage: zeitlich nicht in eine Sendung geschafft? Gabs gestern wichtigeres? Kein gutes Bildmaterial? Oder "schon wieder Demo in Frankreich, das fällt hinten runter"?


    Das nicht immer alles zeitlich in jede Sendung passt wurde ja im A! podcast immer wieder durchdekliniert. Das man sich für heute das knalligste raussucht (Russland, etliche Tausend Verhaftungen) erscheint mir da (medien)logisch.

  • Es geht doch dort nicht nur um heute.. Die Gelbwesten sind doch schon seit Jahren auf der Straße. Warum willst Du jetzt die Zahl der Festgenommen gegeneinander aufwiegen? (Zumal ICH auch nie ein Wort darüber verloren habe.)

  • Es geht doch dort nicht nur um heute.. Die Gelbwesten sind doch schon seit Jahren auf der Straße. Warum willst Du jetzt die Zahl der Festgenommen gegeneinander aufwiegen? (Zumal ICH auch nie ein Wort darüber verloren habe.)

    Es wurde auch immer mal wieder über die Gelbwesten berichtet, ist nicht so das es komplett tot geschwiegen wurde. Geht halt zeitlich nicht jeden Tag jede brennende Mülltonne oder jeden prügelnden Cop überall auf dem Globus zu zeigen. Darum wird gewichtet / selektiert. Zahl der Festnahmen könnte eine Metrik sein an der man die Relevanz festzumachen versucht. Das war mein Punkt.

  • Bei G20 Demos hatten wir auch schon 3850 Ermittlungsverfahren und Personalfeststellungen - da schreibt man eine Anzeige, nimmt Daten auf, wenn sonst nichts vorliegt geht man am selben Abend nach Hause ... die angeblich 5000 Leute enden nicht 50 jahre im Gulag.



  • Es wurde auch immer mal wieder über die Gelbwesten berichtet, ist nicht so das es komplett tot geschwiegen wurde. Geht halt zeitlich nicht jeden Tag jede brennende Mülltonne oder jeden prügelnden Cop überall auf dem Globus zu zeigen. Darum wird gewichtet / selektiert. Zahl der Festnahmen könnte eine Metrik sein an der man die Relevanz festzumachen versucht. Das war mein Punkt.

    Oder die Zahl der Verletzungen durch Polizeimaßnahmen. Dummerweise wird sowas gerne heruntergespielt und wenn es überhaupt erfasst wird, dabei auch gerne gemogelt. Das ist in jedem Staat der Welt so. Cops sind nun mal Cops. Frankreich setzte massenhaft Hartgummigeschosse ein, die deren Polizei ganz offensichtlich immer wieder gezielt ins Gesicht abfeuerte.

    Der Unterschied sollte eigentlich in der Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens liegen. Auch darauf kann man sich nach den letzten Jahren leider nicht immer verlassen.


    Und eigentlich sollten die hiesigen Fälle doch von größere Bedeutung sein und höheren Nachrichtenwert haben, als die aus einer autoritären Regionalmacht. Mir scheint hier die gleiche Taktik zum Tragen zu kommen, wie beim Unterschichtenfernsehen. Solange man noch Menschen sehen kann, die beschissener behandelt werden, erträgt sich das eigene Leid viel besser.

  • wenn ich daran erinnere und mich darauf beziehe, um welche ausgangsfrage bzw. these es bei der debatte ging, und die mehrfachen fokusverlagerungen im verlauf des disputs kritisiere, dann bin ich derjenige, der "themenshifts" vornimmt ? das ist mal eine interessante wahrnehmung. ich habe, soweit ich es überblicken kann, auf alle an mich gerichteten fragen geantwortet, bzw. mich zu grundlagen oder implikationen dieser fragen verhalten . dass dich das nicht überzeugt, nehme ich zur kenntnis. allerdings führe ich - wie an anderer stelle auch schon häufiger ausgeführt - solche diskussionen nicht mit der absicht, kontrahenten zu überzeugen ( weil sich meinungen seltenst als resultat argumentativer konfrontation ändern) , sondern einfach, um positionen einzubringen, die mir schlüssig und plausibel erscheinen. wenn andere auf den tisch kommen, die diese nachvollziehbar widerlegen, nehme ich das auf.

    letztlich entscheidet sowieso die entwicklung der realität, welche einschätzungen wann die stimmigeren waren.

  • Es wurde auch immer mal wieder über die Gelbwesten berichtet, ist nicht so das es komplett tot geschwiegen wurde. Geht halt zeitlich nicht jeden Tag jede brennende Mülltonne oder jeden prügelnden Cop überall auf dem Globus zu zeigen. Darum wird gewichtet / selektiert. Zahl der Festnahmen könnte eine Metrik sein an der man die Relevanz festzumachen versucht. Das war mein Punkt.

    Naja, die Gelbwesten wurden aber irgendwie immer als Troublemaker dargestellt. Man hat ihre Legitimation ständig in Frage gestellt.

  • Opposition in Russland sind in erster Linie Nationalisten und Kommunisten, beides dürfte nicht im Interesse der Länder sein die ein stabiles Russland wollen.


    Demonstrationen in Demokratien sind die Kür, die Pflicht sind die Wahlen und nur die zählen. Nawalny und seine Internetfähigen Kids sind Gott sei Dank keine Mehrheit, die Mehrheit in Russland ist konservativ und wählt ziemlich sicher Putin und sie fahren damit ziemlich gut. Man weiß in Russland noch wie die 90 Jahre waren, als die US-Berater den Kapitalismus brachten, das war echte Armut.


  • Die Amerikaner haben sich nach dem Fall der Mauer auch gedacht, dass sie Russland so richtig schön ausnehmen können. Alles wird Privatisiert und die Amis hohlen sich die großen Stücke vom Kuchen.. Nur sie haben ihre Rechnung nicht mit diesem ehemaligen KGB Fiesling gemacht.

  • Nawalny hat mutmaßlich Biden um härtere Sanktionen für Russland gebeten, Russland erwägt einen Prozess wegen Landesverrat. Wenn es so kommt, dann ist der Mann so gut wie lebendig begraben.


    Eins hätte man aus vielen jahrzehnten mit Russland lernen können, auf Druck reagieren sie mit Gegendruck. Es war klar das sie Nawalny nicht aufgrund von westlichen "Rügen/Sanktionen/Ermahnungen" früher frei lassen. Man hätte eine andere Ansprache wählen sollen, einen anderen Tonfall ... kann man ja fürs nächste mal notieren.



  • wenn ich daran erinnere und mich darauf beziehe, um welche ausgangsfrage bzw. these es bei der debatte ging, und die mehrfachen fokusverlagerungen im verlauf des disputs kritisiere, dann bin ich derjenige, der "themenshifts" vornimmt ?

    Ja, Hans. Vielleicht waren es zu viele Diskussionen parallel. Ich hatte öfters versucht den Fokus der Debatte auf den eigentlichen Ausgangspunkt zu forcieren. Ich muss das jetzt nicht ein weiteres Mal tun. Letztendlich hast du ja doch darauf geantwortet bzw dich dazu verhalten und dafür bin ich dir dankbar.


    allerdings führe ich - wie an anderer stelle auch schon häufiger ausgeführt - solche diskussionen nicht mit der absicht, kontrahenten zu überzeugen ( weil sich meinungen seltenst als resultat argumentativer konfrontation ändern) , sondern einfach, um positionen einzubringen, die mir schlüssig und plausibel erscheinen.

    Da stimme ich dir zu. Es war auch nicht meine Absicht, deine Meinung zu ändern, sondern deine Meinung zu einem ganz bestimmten Punkt überhaupt erst zu erfahren, dem du vorher vehement aus dem Weg gegangen bist. Nämlich dem Unterschied zwischen kritischer Berichterstattung und aktiver Meinungsmache samt Folgenforderung:


    gab es kritische berichterstattung gegenüber z.b. flüssiggas-terminals ( die besonders der anlandung us-amerikanischen frackinggases fienen sollen ?) ja, es gab und gibt sie. gab es kritische berichterstattung gegenüber der politik der britischen regierung ( großbritannien gehört ja doch auch noch , in deiner definintion, zum "eigenen lager") ja, es gab und gibt sie. gab es kritische berichterstattung gegenüber dem druck des lagerbruders macron, als er bei der beschaffung von impfstoffen sanofi besonders bedacht sehen wollte = ja, es gab und es gibt sie. gab es kritik an der lieferung z.b. von u-booten an isreal ? ja, es gab und es gibt sie und nochmals: gab es kritik an der abhörpraxis der us-geheimdienste in deutschland ? ja, es gab sie in ziemlicher haftigkeit. kann dir doch nicht alles verborgen geblieben sein.

    gab es - z.b. gegenüber den usa, forderungen nach sanktionen, die denen gegenüber der rf vergleichbar wären ? nein, die gab es nicht. weil sanktionsforderungen von der möglichkeit einer praktischen umsetzung abhängen, wenn man sich damit nicht lächerlich machen will.

    Danke. 😊 denn bei dieser Betrachtung spielen irgendwelche „Nähen“ oder rechtstheoretischen Verbrechensklassifizierungen dann doch keine Rollen mehr. Stimmt mein Kompass ja doch. 😉

  • Die offiziellen Zahlen sind niedrig-mittel zweistellig. Da es in Frankreich eine eher funktionale Justiz mit Gerichten und vor allem auch noch Journalisten gibt würde ich vermuten das gewaltige Diskrepanzen bei den Zahlen das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Freie Presse und so. Ist ja nicht Russland. ;)


    Zumal es ja eigentlich im Interesse der Polizei ist den eigenen Tätigkeitsnachweis / die vermeintliche Gefährlichkeit der Demonstranten wenn überhaupt eher nach oben zu korrigieren, statt nach unten.

  • Ja, Hans. Vielleicht waren es zu viele Diskussionen parallel. Ich hatte öfters versucht den Fokus der Debatte auf den eigentlichen Ausgangspunkt zu forcieren. Ich muss das jetzt nicht ein weiteres Mal tun. Letztendlich hast du ja doch darauf geantwortet bzw dich dazu verhalten und dafür bin ich dir dankbar.


    Da stimme ich dir zu. Es war auch nicht meine Absicht, deine Meinung zu ändern, sondern deine Meinung zu einem ganz bestimmten Punkt überhaupt erst zu erfahren, dem du vorher vehement aus dem Weg gegangen bist. Nämlich dem Unterschied zwischen kritischer Berichterstattung und aktiver Meinungsmache samt Folgenforderung:


    Danke. 😊 denn bei dieser Betrachtung spielen irgendwelche „Nähen“ oder rechtstheoretischen Verbrechensklassifizierungen dann doch keine Rollen mehr. Stimmt mein Kompass ja doch. 😉

    es geht jetzt um den letzten punkt: natürlich spielen auch da "rechtstheoretische verbrechensklassifizierungen" eine rolle. sanktionen werden ja nun auch erst bei einer gewissen konflikttiefe im rahmen von spannungsverhältnissen als druckmittel in erwägung gezogen. sie sind eine art nicht-militärischer "ultima ratio". kein staat, der mit anderen in zivilen beziehungen steht, verhängt sanktionen aus jux und tollerei - weil sanktionen in aller regel auch negative auswirkungen auf eigene interessen haben ( sei es, weil kein handel mehr getrieben werden kann, sei es, weil mit gegensanktionen zu rechnen ist), zum einen ist die konflikttiefe ( die eben eine besondere ist, wenn staatliches handeln sich in massiven brüchen internationalen rechts ohne jegliche legitation äußert) wesentlich notwendige voraussetzung für die erwägung von sanktionen, zum zweietn dann, und das ist der folgende schritt, die frage der realen durchsetzbarkeit.

    du magst ja diese komplexität nicht sehen (wollen). in der politischen realität existiert sie, zumindest nach meiner wahrnehmung dieser realität.

    ich weiss, offen gesagt, nicht wirklich, wass du mit "deinem kompass" eigentlich meinst. aber das muss ich ja auch nicht.

  • Geht halt zeitlich nicht jeden Tag jede brennende Mülltonne oder jeden prügelnden Cop überall auf dem Globus zu zeigen. Darum wird gewichtet / selektiert. Zahl der Festnahmen könnte eine Metrik sein an der man die Relevanz festzumachen versucht. Das war mein Punkt.

    Das ist sicher richtig.


    Nur müsste man ja gemäß der Jessenschen Prioritätenskala eigentlich erwarten, dass Ereignisse aus dem uns - im Gegensatz zum putinschen Zarenreich - nicht nur geografisch, sondern auch kulturell deutlich näher stehenden unmittelbaren Nachbar- und wichtigsten EU-Partnerland in der veröffentlichten Meinung in Sachen Frequenz und Detailtiefe der Berichterstattung über vereinzelt an bürgerkriegsähnliche Zustände gemahnende Volksaufstände eine etwas stärkere Selektion / Gewichtung hätten erfahren könnnen.


    Aber es mag natürlich daran liegen, dass Monsieur Le President beim hiesigen liberalen Bildungsbürgertum in den diversen Entscheiderpositionen des Leitmedienwesens (und im ein oder anderen medienkritischen Nischenpodcast) von Anfang an der Nimbus einer heiß ersehnten politischen Lichtgestalt am Firmament angeheftet wurde, welche - mittels einer ganz spontan von einflussreichen "liberalen" Wirtschaftsgößen herbei finanzierten Marschbewegung - nicht nur ihre eigene Großartige Nation gerade noch mal vor der hufeiseinförmigen Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung durch Madame Le Pens rechstradikalen Wahlverein und den ewiggestrigen Kommunisten Mélenchon in Sicherheit gebracht, sondern auch gleich noch die Runderneuerung der europäischen Wertegemeinschaft in Aussicht gestellt hatte -...


    ...und man es dann im Nachgang in den unserländischen Chefredaktions- und Herausgeberbüros doch irgendwie peinlich fand zuzugeben, dass da eigentlich nur eine trübe Funzel im Eslysée-Palast den schönen Schein der europäischen Erneuerung zum Vorwand genommen hatte, um für seine Bewegungsfinanziers endlich mal eine angemessene Wettbwerbsfähigkeit des französischen Exportwesens und Arbeitsmarktes herbei zu reformieren, und nebenbei den revoltierenden Pöbel mit einem seit nunmehr fünf Jahren dauerverlängerten, bzw. in Gesetzesform normalisierten Ausnahmezustand zur Räson zu bringen.

  • kein staat, der mit anderen in zivilen beziehungen steht, verhängt sanktionen aus jux und tollerei - weil sanktionen in aller regel auch negative auswirkungen auf eigene interessen haben ( sei es, weil kein handel mehr getrieben werden kann, sei es, weil mit gegensanktionen zu rechnen ist), zum einen ist die konflikttiefe ( die eben eine besondere ist, wenn staatliches handeln sich in massiven brüchen internationalen rechts ohne jegliche legitation äußert) wesentlich notwendige voraussetzung für die erwägung von sanktionen, zum zweietn dann, und das ist der folgende schritt, die frage der realen durchsetzbarkeit.

    8) So schauts aus.


    Die Frage der realen Durchsetzbarkeit ist letztlich der Filter, der dafür sorgt, dass wirksame Sanktionen idR nur eine Wirkrichtung entfalten können und in Gegenrichtung idR maximal symbolischen Charakter erlauben um verschämt Symmetrie vorzutäuschen, wo keine ist. Umgekehrt ermöglicht es die reale Durchsetzbarkeit auch, dass mit der Flugrichtung einer bspw. bolivianischen Präsidentenmaschine eine Bugwelle des Bruchs internationalen Rechts durch halb Europa rollen kann, ohne das dies zu einer fundamentalen Reflexion über die Legitimität der herrschende Machtverhältnisse führen muss.

    Die reale Durchsetzbarkeit erlaubt die permanente Verletzung der Privat- und Intimsphäre unter Ausschluss der realen Durchsetzung verbriefter Rechte bei bei paralleler Inanspruchnahme, alleiniger Garant dieser verbrieften Rechte zu sein und deren Zuwiderhandlungen folgenschwer zu ahnden, solange man diese Rechte nicht garantiere.


    Doch sie kann noch mehr. Um den Bogen zu schliessen und der geforderten Rückkehr zum Ausgangspunkt der Diskussion gerecht zu werden:


    Die Normativität der realen Durchsetzbarkeit sorgt schlussendlich dafür, dass die real durchgesetzte Eliminierung des Einen unter Bruch diverser...


    Schon gut.

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