Giftanschlag auf Nawalny

  • Ich für meinen Teil, gebe gerne zu die redliche Arbeit eines Journalisten mit Sicherheit nicht besser bewerten zu können als Du. Wobei dieser Fall für mich schon ein ganz spezielles Verantwortumgsbewusstsein verlangt. Freilich kann man die Vermutung, Navalny wäre von einem russischen Geheimdienst vergiftet wurden, ein gutes Stück bestätigt sehen. Trotzdem wäre eine darüber hinausgehende Einordnung in meinen Augen sehr wichtig, was mich zu den ersten Fragen führt: Wer war/ist Navalny? Wie gehen „wir“ mit derartigen Figuren um?


    Nach allem, was ich bis hierher hörte handelt es sich bei Navalny vor allem und einen investigativen Journalisten, der es auf korrumpierte Politiker abgesehen hat. Hier fand er z.B. in Medwedew ein sehr prominentes Opfer. Derartige Enthüllungen würden auf der einen Seite sicherlich auch hier auf Wohlwollen treffen.

    Dass er auf der anderen Seite äußerst fremdenfeindlichen Ansichten anhängt, ist allerdings auch belegt: https://www.mdr.de/nachrichten…tisch-klimeniouk-100.html

    Über seine Unterstützer aus dem Westen kann ich mich nicht äußern.

    Zusammenfassend sehe ich in ihm jemanden, der es schafft Geheimnisse auf höchster politischer und wirtschaftlicher Ebene offen zu legen... für Putin und seinen Regierungsapparat ist er vielleicht in der Tat schon so störend wie ein Assange oder Snowden bei uns.... womit die 2. Frage eigentlich schon beantwortet ist: Unsere Regierungen (USA+EU) behandeln derartige Figuren, die Geheimnisverrat auf höchster Ebene begangen haben, wie Verbrecher. Und keinem der beiden bot auch Deutschland Asyl an.


    Viel wichtiger wäre mir jedoch die Einordnung dieses Falls in das Verhältnis Russland - EU/USA.

    Nehmen wir mal an es stimmt: Der Kreml wollte einen, aus ihrer Sicht unliebsamen Querulanten, los werden.... (genauso wie unsere Seite Assange oder Snowden.)

    Was bringt uns dazu nun Russland mit Sanktionen zu überziehen?!? (Niemand hat Herrn Navalny dazu gezwungen diesen Herren über Jahre ans Bein zu pinkeln. Er wusste was er tat und er wusste auch, dass es gefährlich ist so etwas zu tun. Selbst in unseren politischen Gefilden ist es gefährlich so etwas zu tun.)

    Ich denke noch immer, dass auch 75 Jahre nach dem 2. WK der Frieden in Europa Priorität sein sollte. Die bislang verhangenen Sanktionen, Verhaltensweisen und Umgangsformen machen mich allerdings extrem nachdenklich. Vor diesem Hintergrund erscheint mir der Fall Navalny weniger wie eine öffentlich geäußerte Enttäuschung darüber wie Russland mit der Pressefreiheit umgeht. Vielmehr sehe ich eine willkommene Gelegenheit für unsere Transatlantiker eine längst vorhandene Eskalationsspirale noch ein Stückchen weiter zu drehen. Freilich kann man N2 technisch und wirtschaftlich kontrovers diskutieren. Politisch sehe ich darin ein friedenserhaltendes Projekt, was für mich schon Grund genug ist dafür zu sein. Der Fall Navalny wurde jedoch als Grund gehandelt dieses Projekt zu beenden.


    Kurzum: Natürlich können Journalisten in diesem Fall ihren eigenen Standards folgen oder auch Pressefreiheit in Russland einfordern. Und wenn sie davon überzeugt sind, dass Putin persönlich dahinter steckt, dann sollen sie meinetwegen auch das aufschreiben. Man kann sich auch für ein Asyl Navalnys in der BRD einsetzen. Ein Journalist, der für seine Werke verfolgt wird, soll unbehelligt gerne hier leben dürfen. Was Journalisten in meinen Augen jedoch aber auch nie vergessen dürfen, ist der Umstand, dass man sich mit Russland schon 2mal in einem größeren Krieg mit Millionen Toten befand und dass friedenserhaltene Maßnahmen eigentlich niemals verhindert, sondern eher immer gefördert werden sollten. Vor diesem Hintergrund sehe ich auch die Ausladung der russischen Delegation von den olympischen Spielen kritisch. In Summe fühlt sich diese Eskalationsspirale in ihrem Fortschreiten so an wie 20 Jahre vor einem großen Krieg und deshalb schreibt man nicht nur über Navalny, wenn man über Nalvany schreibt. Einem klugen Journalisten wie Dir wird das klar sein. Aber wie kann man damit verantwortungsvoll umgehen?

  • Da hätte ich zwei Fragen:


    Fast ein halbes Jahr ist dieser Thread nun schon alt und immer noch klammert sich Putin an seine Macht. Wie viel Zeit muss noch vergehen und wieviel Leid ist noch nötig, bis die Weltgemeinschaft dieser Gewaltdiktatur endlich ein Ende setzt.


    Dachtest du Nawalny war kurz davor Putin zur Abdankung zu zwingen?


    Mr. Biden, beenden Sie den laschen Trump Kurs gegen Putin und machen Sie endlich Nägel mit Köpfen und nutzen Sie die amerikanische Macht dazu, Putin endlich lebenslang hinter Gitter zu sperren!!!


    An welchen Staatenlenker muss ich mich wenden, um Joseph Biden für seine Beteiligung an Kriegsverbrechen hinter Gittern zu sehen?

  • Ein symbolisches gleich, na dann

    Unter Symbolträchtigkeit geht bei dem auch nix.. Hat ne Immobilie und meint er wäre "Industrieller".

    Dass er sich jetzt eigenltich noch eine Gerätschaft, die ordentlich krach und qualm produziert, in die Immobilie stellen muss, um als Industrieller zu gelten, hat ihm wohl noch keiner verklickert.. ^^


  • Man Eindruck ist übrigens, dass die Russen mit Deutschland eine Art lockere Verständigung hatten, als sie Nawalny ausreisen ließen. Die wurde aus ihrer Sicht verletzt und deshalb richten sich diese nachträglichen Strafaktionen gegen Deutschland.

  • Die Russen sehen Deutschland mittlerweile als "führend" in der antirussischer Anfeindung im Westen.


    Sagen wir mal, auf den Arbeitsebenen läuft es immer ruhig weiter, auch wenn mal ein Regierungschef pampig wird - aber prinzipiell vergisst Russland nicht. Wenn sie uns nur halb so Scheisse finden wie wir uns benehmen, dann bekommen wir noch einiges aufs Brot geschmiert...

  • zum verantwortungsvollen umgang gehört z.b. regierungssprecher in der bundespressekonferenz danach zu fragen, wie sie zu navalny`s z.t. nationalistischen, fremdenfeindlichen und homophoben äußerungen stehen. solche fragen habe ich dort vor monaten schon gestellt. da empfinde ich aktuell keinen blinden fleck - aber es immer schwierig, in eigener sache zu urteilen.

    ungeachtet dessen ist allerdings die frage, wie ein system ( und seine geheimen dienste) mit sog. regimegegnern umgehen, eine sehr grundsätzliche. das systeme ihre kritiker/gegener behindern und gern los sein möchten, ist nicht neu. dabei besteht dann allerdings schon ein fundamentaler unterschied zwischen der entscheidung, einem "whistleblower" kein politisches asyl zu gewähren und dem versuch, ihn umzubringen. deswegen ghalte ich jede vergleichende gleichsetzung von navalny/snowden für völlig unmöglich. gleichermassen ist der - sachlich richtige - hinweis auf die rolle der damaligen udssr bei der zerschlagung des deutschen faschismus, insbesonders die zahl der dabei ums leben gekommenen menschen - zivile wie militärische opfer - in keiner weise geeignet, für aktuelle geheimdienstoperationen verständnis zu erwecken. ( wer diese völlig unsinnige aufrechnerei anfangen will, kommt dann auch an der tatsache des hitler/stalin pakts nicht vorbei, wie auch nicht an der tatsache, dass - wie in "bloodlands" dokumentiert, im raum des heutigen polens/der ukraine zwischen 1933 und 45 16 millionen menschen durch die kombinierten verbrechen hitlers und stalins ums leben kamen - jenseits des holocausts.

    wie gesagt, ich stelle solche rechnungen nicht an. aber: jeder der den - beklagenswerten - sowjetrussischen "blutzoll" des 2. weltkriegs in irgend einer weise zur erklärung aktueller maßnahmen heranzieht, holt sich diese diskussion selbst ins haus.

    man könnte diese diskussion auf die anderen von dir angeführten aspekte fortführen, und landet doch immer wieder bei dem punkt: verbrechen sind verbrechen, und als solche von kritischen medien zu benennen.

    und der hinweis auf "friedeserhaltene maßnahmen" ist immer zu koppeln mit dem blick darauf, welche eigenen (im zweifel auch geopolitischen und/oder auch imperialen ) interessen die jeweiligen akteure haben. frieden ist mehr als die schiere abwesenheit offen kriegerischer aktionen.

  • Die Russen sehen Deutschland mittlerweile als "führend" in der antirussischer Anfeindung im Westen.


    Sagen wir mal, auf den Arbeitsebenen läuft es immer ruhig weiter, auch wenn mal ein Regierungschef pampig wird - aber prinzipiell vergisst Russland nicht. Wenn sie uns nur halb so Scheisse finden wie wir uns benehmen, dann bekommen wir noch einiges aufs Brot geschmiert...

    woher stammt dein fundamentales wissen, dass sich in einem satz wie "generell vergisst rußland nicht" äüßert ? ich staune.

    wenn dieser satz nicht die akzeptanz einer form von drohung ausdrücken soll, dann muss er sehr allgemein gelten: ein gutes erinnerungsvermögen ( = nicht vergessen) ist voraussetzung jeder berechenbaren politik. was pasiert, wenn dieses erinnerungsvermögen fehlt ( oder ausgeblendet wird) haben wir z.b. in trumps völlig erratischer außenpolitik erlebt. the donald konnte ziemlich viel in ziemlich kurzer zeit vergessen.

  • Sie hatten damals die Aussage von Angehörigen der Regierung von Kuwait. Sie hatten mehrere vorgebliche Augenzeugen, inklusive natürlich, am berühmtesten, Nayirah al-Saba. Und auch Amnesty International hat diese Geschichte zeitweise gestützt. Dementsprechend wurde auch darüber berichtet.


    Ergänzung: Aber vielleicht denkst du an den falschen Golfkrieg?

    richtig, die brutkastenlüge war golfkrieg 1991. die angeblichen massenvernichtungsmittel allerdings golfkrieg 2003. ich habe fälschlicherweise beides 2003 zugeordnet.

  • Man Eindruck ist übrigens, dass die Russen mit Deutschland eine Art lockere Verständigung hatten, als sie Nawalny ausreisen ließen. Die wurde aus ihrer Sicht verletzt und deshalb richten sich diese nachträglichen Strafaktionen gegen Deutschland.

    woraus resultiert der eindruck einer"lockeren verständigung" ? soweit ich den ablauf journalistisch begleitend nachvollziehen konnte, hat rußland zunächst sehr nachhaltig versucht, den navalny-flug nach deutschland zu verhindern. er konnte doch erst stattfinden, als sich die pilotenderchartermaschineschlichtweg weigerten, ohne navalny wieder zurückzufliegen und sich eine internationale mediale und humanitäre aufmerksamkeit entwickelte.

    das würde ich nicht unter "lockere verständigung" fassen.

  • Ich bin mir sicher, dass Du da den 91 er Golfkrieg mit dem von 2003 verwechselst.

    soweit es "brutkastenmorde" angeht: richtig das war der golfkrieg 91. die angeblichen "massenvernichtungsmittel" allerdings waren allerdings schon 2003. mein fehler war, beide punkte ein und demselben datum zuzuordnen.

    was allerdings nicht die grundsätzliche aussage verändert, dass - zumindest in bezug auf 2003 - deutsche medien und politik eben nicht einfach us-geheimdienstinformationen übernommen haben.

  • soweit es "brutkastenmorde" angeht: richtig das war der golfkrieg 91. die angeblichen "massenvernichtungsmittel" allerdings waren allerdings schon 2003. mein fehler war, beide punkte ein und demselben datum zuzuordnen.

    was allerdings nicht die grundsätzliche aussage verändert, dass - zumindest in bezug auf 2003 - deutsche medien und politik eben nicht einfach us-geheimdienstinformationen übernommen haben.

    Das stimmt. Allerdings sollte man auch nicht vergessen, dass zu der Zeit ja Schröder am Ruder saß. Merkel hingegen wollte den USA auch im Irak beistehen.

  • zum verantwortungsvollen umgang gehört z.b. regierungssprecher in der bundespressekonferenz danach zu fragen, wie sie zu navalny`s z.t. nationalistischen, fremdenfeindlichen und homophoben äußerungen stehen. solche fragen habe ich dort vor monaten schon gestellt. da empfinde ich aktuell keinen blinden fleck - aber es immer schwierig, in eigener sache zu urteilen.

    Ich glaube ehrlich gesagt auch nicht, dass Du der Adressat für diese Kritik warst.

    Aber wurde Oma Erna Nawalny in der Tagesschau auch mal als "homophober Nationalist Nawalny" vorgestellt? Oder heißt er da idR nur "Oppositionsführer Nawalny"?

    Nützt ja nichts, wenn Du den blinden Fleck beim Journalisten selbst (vermutlich zurecht) nicht siehst, er aber in der Berichterstattung zu diesem wird.

  • zum verantwortungsvollen umgang gehört z.b. regierungssprecher in der bundespressekonferenz danach zu fragen, wie sie zu navalny`s z.t. nationalistischen, fremdenfeindlichen und homophoben äußerungen stehen. solche fragen habe ich dort vor monaten schon gestellt. da empfinde ich aktuell keinen blinden fleck - aber es immer schwierig, in eigener sache zu urteilen.

    ungeachtet dessen ist allerdings die frage, wie ein system ( und seine geheimen dienste) mit sog. regimegegnern umgehen, eine sehr grundsätzliche. das systeme ihre kritiker/gegener behindern und gern los sein möchten, ist nicht neu. dabei besteht dann allerdings schon ein fundamentaler unterschied zwischen der entscheidung, einem "whistleblower" kein politisches asyl zu gewähren und dem versuch, ihn umzubringen. deswegen ghalte ich jede vergleichende gleichsetzung von navalny/snowden für völlig unmöglich. gleichermassen ist der - sachlich richtige - hinweis auf die rolle der damaligen udssr bei der zerschlagung des deutschen faschismus, insbesonders die zahl der dabei ums leben gekommenen menschen - zivile wie militärische opfer - in keiner weise geeignet, für aktuelle geheimdienstoperationen verständnis zu erwecken. ( wer diese völlig unsinnige aufrechnerei anfangen will, kommt dann auch an der tatsache des hitler/stalin pakts nicht vorbei, wie auch nicht an der tatsache, dass - wie in "bloodlands" dokumentiert, im raum des heutigen polens/der ukraine zwischen 1933 und 45 16 millionen menschen durch die kombinierten verbrechen hitlers und stalins ums leben kamen - jenseits des holocausts.

    wie gesagt, ich stelle solche rechnungen nicht an. aber: jeder der den - beklagenswerten - sowjetrussischen "blutzoll" des 2. weltkriegs in irgend einer weise zur erklärung aktueller maßnahmen heranzieht, holt sich diese diskussion selbst ins haus.

    man könnte diese diskussion auf die anderen von dir angeführten aspekte fortführen, und landet doch immer wieder bei dem punkt: verbrechen sind verbrechen, und als solche von kritischen medien zu benennen.

    und der hinweis auf "friedeserhaltene maßnahmen" ist immer zu koppeln mit dem blick darauf, welche eigenen (im zweifel auch geopolitischen und/oder auch imperialen ) interessen die jeweiligen akteure haben. frieden ist mehr als die schiere abwesenheit offen kriegerischer aktionen.

    Ich danke für Deine ausführliche Antwort und gratuliere nebenbei zu Deiner 4. Sendung.

    Trotzdem hake ich nochmal nach: Als Journalist würdest Du, mit dieser vielleicht auch gut begründeten Haltung, in eine Eskalationsspirale hineinschreiben, evtl. sogar Teil von ihr werden und sie weiter drehen, selbst wenn Du in Deinen Augen nur Fakten beschreibst. Denkt man als Journalist darüber nach und zögert oder blendet man das aus mit dem Verweis: es geht um ein Verbrechen, nicht mehr, nicht weniger?


    Edit: so schlecht finde ich den Navalny/Snowden- Vergleich nicht. Snowden wäre für Geheimnisverrat einem Militärgericht vorgestellt wurden. Was hätte ihn denn erwartet? 20 Jahre? 30 Jahre? Lebenslang? ... dafür, dass er die Wahrheit über Staatsverbrechen veröffentlichen ließ musste er, um vielleicht nicht sein Leben, wohl aber um seine Freiheit zu retten, fliehen. Er bat uns um Asyl, wir verwerten es ihm, Navalny bekam eine medizinische Behandlung und wird mit Sicherheit auch in ZuAsyl genießen können.

    Es geht uns nicht um irgendein Prinzip; Wahrung der Pressefreiheit, Wahrung der Menschenrechte etc.. Nalvany steht einfach auf der richtigen Seite und Snowden auf der falschen... das ist alles.

  • woraus resultiert der eindruck einer"lockeren verständigung" ? soweit ich den ablauf journalistisch begleitend nachvollziehen konnte, hat rußland zunächst sehr nachhaltig versucht, den navalny-flug nach deutschland zu verhindern. er konnte doch erst stattfinden, als sich die pilotenderchartermaschineschlichtweg weigerten, ohne navalny wieder zurückzufliegen und sich eine internationale mediale und humanitäre aufmerksamkeit entwickelte.

    das würde ich nicht unter "lockere verständigung" fassen.


    Vom Ergebnis zurück geschlossen. Mir kommt es so vor, dass Russland Deutschland für Nawalnys Aktionen von unserem Boden aus bestraft. Entweder weil sie denken, dass wir diese fördern oder weil sie die Erwartung hatten, dass wir ihn besser kontrollieren. (So wie das Russland denke ich mit Snowden tut.) Wenn die russische Führung Nawalny tatsächlich umbringen wollte, ist eigentlich kaum zu verstehen, dass sie das nicht in dem Krankenhaus getan haben. Ich sehe eher nicht, dass sie auf den öffentlichen Druck reagieren mussten. Es gibt aber in dem Zeitfenster vorstellbare Formen von Druck, die wirksam über die diplomatischen Kanäle auf die Russen ausgeübt wurden, dann ist es allerdings genausogut denkbar, dass es stattdessen oder zusätzlich Versprechungen gab. Und das ist eben so mein Eindruck der Situation.

  • Womit will man Russland Druck gemacht haben? Ich glaube sie reagieren nicht besonders gut auf Druck, nicht von Supermächten und wohl noch weniger auf eine deutsche Regierung "mit harter Hand" (die Putin ja als einziges versteht, laut Journalistenfernanalyse). Womit hätte man drohen wollen, NS2? Da war Russland wohl vertragstechnisch auf der sicheren Seite...


    Ich warte jetzt eigentlich auf einen Asylantrag von Nawalny, kann mir nicht vorstellen das er hochverschuldet mit der Aussicht auf einen Prozess und Bruch der Bewährungsauflagen in den Knast gehen will ... Knast ist übrigens auch ein guter Ort wenn man ungestört über ihn verfügen will, aber in der Vergangenheit wurde Nawalny vor Gericht sehr milde behandelt.


    Die ganze Sache stinkt von vorne bis hinten ...

  • verbrechen sind verbrechen, und als solche von kritischen medien zu benennen.


    Was mich an der journalistischen Begleitmusik zum Thema Nawalny und Russland wirklich stört, ist der Umstand, dass man dabei offenbar, je nach Einordnung der jeweiligen Thematik in die geopolitische Großwetterlage, relativ mühelos von einer Kritik an konkreten Sachverhalten zu einer Kritik an Wertvorstellungen übergeht. Bei den einen Verbrecherischen Regimen sind dann Pragmatik und Realpolitik der Maßstab, an dem die journalistische Einordnung und Bewertung der jeweils aufzudeckenden Misstände in anderen Ländern und Verhältnissen gemessen werden, bei den anderen sind es Menschenrechte, freiheitlich-demokratische Grundordnungen, oder sonstige hehre Werte™, deren engagierte Verteidigung den Tenor der veröffentlichten Meinung bestimmt.


    Mal angenommen, Nawalny sei tatsächlich vom FSB/GRU mit einer besonders tödlichen Nowitschok-Variante vergiftet worden, um der russischen Regierung einen medienwirksamen Kritiker vom Hals zu schaffen. Dann wäre Die medienkritische Frage immer noch nicht, ob da ein Verbrechen begangen wurde, sondern warum ein Verbrechen in den Augen des hiesigen Wertejournalismus so viel empörender - und somit mit solcher Ausdauer berichtenswerter - wird, wenn es mutmaßlich von russischen Geheimdienstlern begangen wurde, als wenn Agenten anderer Staaten als Täter angenommen werden.

    Deutschland und die NATO-Verbündeten betreiben immerhin jede Menge rege diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen mit Regierungen, die mindestens genauso wenig - und häufig noch deutlich weniger - von allgemeinen Menschenrechten im eigenen Land halten, als das Kreml-"Regime". Und so manche dieser Regierungen hält noch viel weniger davon, wenn es um die Rechte von Menschen in anderen Ländern geht, gegen die man Vernichtungskriege führt, wie etwas Saudi Arabien in Jemen, oder das NATO-Mitglied Türkei in den Kurdengebieten im Irak und Syrien, oder deren unterdrückten Bevölkerungsteilen man seit Jahrzehnten die Flucht ins eigene Land verweigert, wie z.B. die vom Westen reich mit Waffen- und Industriedeals bedachte - vormals politische und jetzt militärsche - Diktatur Ägypten gegenüber den Palästinensern in Gaza, oder wie irgendwelche Warlords, die in Libyen als Regierung durchgehen, denen die EU bares Geld dafür zahlt, dass sie ihr gnaden- und menschenrechtslos afrikanische Geflüchtete vom Hals halten.


    Warum, so fragt sich der kritische Rezipient des deutschen Medienwesens, richtet sich der faktenfinderische Blick hiesiger Recherchenetzwerke und Korrektivorganisationen immer genau dort hin, wo die politische Führungsebene ihn gerade am liebsten besonders scharf fokussiert hätte?

    Und ist es dabei wirklich verwunderlich, dass sich aus dieser offenkundigen Verengung der journalistischen Perspektive bei vielen RezipientInnen der unserländischen Informationsproduktion allerlei wüste Theorien über die Einflussnahme sinistrer "Interessengruppen" auf die mainstream-mediale Berichterstattung als einfache Erklärung für komplexe Zusammenhänge etablieren?


    Nur damit das klar ist: Ich glaube z.B. nicht, dass transatlantische Thinktanks "Einflussagenten" in sämtlichen deutschen Leitmedien installieren, um US-Imperialistische Propaganda zu verbreiten. Ich glaube, dass JournalistInnen leider genauso wenig davor gefeit sind, sich in social media-induzierten Filterblasen und Echokammern zu verheddern, sich dabei ebenso einseitige Meinungen anzueignen wie die Leute die ihnen vorwerfen, sich als Einflussagenten zu betätigen, sie dann - womöglich unbewusst - auch in ihre Arbeit einfliessen zu lassen, und sich dadurch für transatlanische Propagandaorganisationen überhaupt erst interessant zu machen.


    Das wird sicher in manchen Fällen auch schon zu Zeiten so gewesen sein, als noch nicht jeder Affe vor seinem Laptop mit ein paar Mausklicks zig internationale Medienberichte miteinander vergleichen und dabei auf eventuelle Diskrepanzen zwischen der Auswahl und Einordnung von Fakten aus den jeweiligen politischen Einflusssphären stoßen konnte, und bevor natürlich auch sämtliche Geheimdienste von Staaten mit weitreichender geopolitischer interessenlage ihrerseits das globale Recherchenetzwerk Internet, inklusive seiner "sozialen" Filterblasenverstärker Medien zur Verbreitung gezielter Propaganda- und Desinformationskampagnen entdeckten.


    Aber jetzt haben wir nunmal den globalen Meinungssalat und gerade jetzt wäre es umso wichtiger für JournalistInnen - auch zur Legitimation der eigenen Arbeit in den Augen des zunehmend verwirrten bis ablehnenden Publikums! - sich lieber einmal zu viel an die eigene Nase zu fassen und zu überprüfen, ob die recherchierten Fakten tatsächlich nur den einen Rückschluss zulassen, der gerade besonders gut zum aktuell politisch und sozial-medial massierten Empörungszusammenhang passt, oder ob sich daraus nicht auch noch andere - oder womöglich noch gar keine konkreten - Erkenntnisse gewinnen lassen.


    Man könnte natürlich auch einfach mal ganz jung & naiv zugeben, dass man etwas gar nicht so genau weiß, wie es das offenbar etablierte professionelle Selbstverständnis von JournalistInnen als unbestechlichen FaktenfinderInnen und WelterklärerInnen vielleicht verlangt.

  • Ausschließen darf man nichts. Auf die zwei Agenten im Fall Skripal hatte der russische Geheimdienst ja auch keine Antwort parat.

    Glaubwürdige Abstreitbarkeit geht anders. In jeden Fall ist man erneut bloßgestellt ohne entsprechende antworten liefern zu können. Um mehr geht es aber erstmal auch gar nicht.


    Und es gehörte meiner Ansicht nach zur Pflicht des Journalisten die fehlenden Puzzle-Teile deutlicher herauszustellen, denn noch immer bleiben nüchtern betrachtet mehr Fragen als Antworten.


    Und warum man der Quelle huldigt, statt sie kritisch als das einzuordnen, was sie ist, kann man eigentlich auch nur mit Bias erklären, von welchem ja niemand frei ist. Es gehört nun mal zu den Dingen, die man wissen sollte, bei einer so brisanten Geschichte.

    “I don’t want to be too dramatic, but we love this,” said Marc Polymeropolous, the CIA’s former deputy chief of operations for Europe and Eurasia.

    ...

    “Whenever we had to talk to our liaison partners about it, instead of trying to have things cleared or worry about classification issues, you could just reference their work,”...


    And unlike most major media organizations that are willing to accept leaked data but draw the line at buying information, Bellingcat and their partners have proven willing to go a step further


    Es entsteht der Eindruck, aus der Geschichte ein Spektakel werden zu lassen, welches es z.B. bezüglich der erfolgreichen Ermordung iranischer Wissenschaftler so nicht geben würde. Nur mal so als Whataboutism zur Nivellierung.

  • Da sitzt dieser Putin und grübelt jahrelang nur über eine Sache nach, wie wird er seinen Erzfeind los. Wäre es nicht einfach ihn in einen sibirischen Kellerknast zu stecken, ein schön offensichtlich konstruiertes Urteil und zack wäre er weg.


    Der Laie staunt und der Fachmann schmunzelt, wäre natürlich zu einfach, da vergiftet man ihn lieber ölfunddrölfzig mal mit extra tödlichen XXL-Terror-Gift und fliegt ihn in ein Land das einen selbst so hasst wie zuletzt die Nazis. Wenn Russland unserem Image entsprechen würde dann hätten sie die Klinik im Omsk mit Nawalny bombardiert ...

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