Giftanschlag auf Nawalny

  • was soll (mir, da du ja auf meine anmerkungen antwortest) das nun eigentlich unterm strich sagen ? zu der these, dass (mutmaßliche) mordtaten des einen regimes ( kategorie; politische feinde) besonders kritisch unter die lupe genommen werden , während solche von anderen regimes (kategorie: politische verbündete) angeht, erinnere ich nur mal an die mediale behandlung des kashoggi-mordes. da passierte in der berichterstattung/kritik doch genau das, was es nach deiner darstellung eigentlich kaum hätte geben dürfen.

    spekulativ weiter: wenn es ernstzunehmende indizien dafür gäbe, dass der geheimdienst eines bündnispartners politische gegner zu ermorden versucht - möglicherweise mit zumindest einverständnis der staatsführung - meinst du ernsthaft, das würde in deutschen medien unterschlagen, bzw. durch den milden filter eines gemeinsamen "wertelagers" geschickt ? falls das deine these wäre: wie erklärt sich dann die - recht massive - kritik am umgang des (nato-bündnispartners türkei) mit oppositionellen ?

    mit holzschnittartigen feststellungen kommt man nicht besonders weit bei der medienanalyse.

    soweit es mich betrifft: ich gehe seit über 40 jahren in meiner journalistischen arbeit davon aus (und habe diese position auch des öfteren öffentlich gemacht) , dass unsere darlegungen, einschätzungen, bewertungen immer nur unseren jeweiligen erkenntnisstand wiedergeben. es sind angebote für sichtweisen und interpretationen. die sich ändern können ( und im lauf der zeit auch immer wieder mal geändert haben), wenn die kenntnislage sich geändert hat. es handelt sich um momentaufnahmen, nicht um ewige wahrheiten. wer von journalismus etwas anderes will oder erwartet (so rum oder so rum, als produzent oder konsument) läuft gefahr, sich im erkenntniswald zu verirren.

  • Dennoch ist der von westlichen Politikern liebevoll MBS genannte Sägeprinz immernoch everybodys darling. Der Börsengang seiner Erdölsparte wurde gerade erst mit Begeisterung gefeiert.

  • was soll (mir, da du ja auf meine anmerkungen antwortest) das nun eigentlich unterm strich sagen ? zu der these, dass (mutmaßliche) mordtaten des einen regimes ( kategorie; politische feinde) besonders kritisch unter die lupe genommen werden , während solche von anderen regimes (kategorie: politische verbündete) angeht, erinnere ich nur mal an die mediale behandlung des kashoggi-mordes. da passierte in der berichterstattung/kritik doch genau das, was es nach deiner darstellung eigentlich kaum hätte geben dürfen.

    Ich antworte Dir, weil Du hier der einzige professionelle Journalist mit langjähriger " Mainstream"- Erfahrung bist. Es geht mir nicht darum, Deine persönliche Arbeit zu kritisieren. im Gegenteil - Du hast Dich ja sicher nicht ohne Grund mit den BPK-"Querulanten" Jung & Theiler verbündet, und Dich regelmäßig in den medienkritischen Aufwachen-Podcast gesetzt, um solcher Kritik von außen, wie ich sie hier natürlich auch nur vorbringen kann, eine etwas differenziertere Sichtweise von innen entgegen zu setzen. Damit hast Du in meinen Augen wesentlich mehr zur Ehrenrettung des deutschen Journalismus getan, als die meisten Deiner noch aktiv bei großen Rundfunkanstalten oder Verlagen beschäftigten KollegInnen.


    Aber gerade der Kashoggi-Vergleich spielt meiner Kritik leider eher in die Hände als er sie entkräftet. Natürlich wurde auch im unserländischen medialen Mainstream eine Zeit lang(!) recht umfänglich über diesen Fall berichtet - die ganze Angelegenheit war ja auch an aufmerksamkeitserregender Blutrünstigkeit kaum zu überbieten.

    Aber - wie @Fernbedingung oben schon schrieb - das hat eben nicht dazu geführt, dass man sich fortan im deutschen Medienbetrieb bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf solcher Bandbreite mit den Menschenrechtsverletzungen und dem grundsätzlich vollkommen anti-demokratischen Charakter der saudischen Diktatur Monarchie und ihrem obersten Feudalherren auseinander gesetzt hätte, wie man es zum Beispiel mit dem Kreml, dessen Chef, und seinem zweckverbündeten Diktator in Syrien tut.


    Wir hatten eine ganz ähnliche Diksussion schon mal im alten Forum. Auch damals habe ich darauf hingewiesen, dass es bei der Kritik am Umgang der deutschen Medien mit gewissen Themen aus Sicht gemeiner MedienrezipientInnen wie uns Forengestalten hier natürlich nicht darum geht - und auch gar nicht darum gehen kann! - einzelne journalistische Arbeiten die tatsächlich vielleicht durchaus stattfinden, aber dann keine breite Öffentlichkeit erreichen zu kritisieren.

    Wir können ja nur von dem Material ausgehen, das uns die veröffentlichte Meinung am Ende im Durchschnitt, bzw. eben im "Mainstream", am häufigsten über alle Kanäle auf die Bildschirme und Touchscreens sendet.

    Und aus dieser Sicht muss man leider konstatieren, dass der mainstream-mediale Umgang mit der russischen Regierung nicht nur von deutlich konsequenterer Ablehnung, und vor allem von deutlich mehr Misstrauen gegenüber deren vermuteten wahren Motiven geprägt ist, sondern auch von einer viel höheren Frequenz und Regelmäßigkeit, als gleichermaßen kritische Berichterstattung über andere wichtige Akteure des internationalen Geschehens, und dass er sich dabei fast immer erschreckend genau mit der Haltung deckt, welche die Bundesregierung und ihre transatlantischen Verbündeten - zumindest in ihrer öffentlichen Selbstentäußerung - gegenüber Russland gerade an den Tag legen.


    Der Fall Nawalny zeigt das ganz exemplarisch. Darin finden sich so viele Unstimmigkeiten und Widersprüche, wie man sie sonst eigentlich nur in einem schlechten Agenten-Thriller akzeptieren würde, bei dem völlig klar ist, dass es sich um eine ausgedachte Geschichte handelt, die nur dazu dient, die ProtagonistInnen vor interessante Herausforderungen zu stellen und nicht darum, ein realistisches Bild des Alltages von Geheimagenten oder von solchen verfolgter Dissidenten zu zeichnen.

    Die ganze Prämisse die dem Plot zugrunde liegt ist schon insofern ziemlich hahnebüchen, als Alexei Nawalny weder ein lupenreiner Demokrat und ehrlicher Kämpfer für Freiheit und humanistische Werte nach westlichem Idealvorstellungen, noch ein - außerhalb urbaner Metropolen und eines social media-affinen jüngeren Publikums - besonders einflussreicher Oppositionsführer ist, der dem Machtanspruch von Erzbösewicht Putin tatsächlich gefährlich werden könnte, wenn man ihn nicht schleunigst mittels ebenso abenteuerlicher wie offenbar wirkungsloser Methoden aus dem Weg räumen liesse.

    Zumal man Nawalny, der sich vor allem als Korruptionsbekämpfer einen Namen gemacht hat, staatlicherseits ohnehin schon selbst wegen diversen Betrugs- und Untreuevorwürfen in Millionenhöhe juristisch verfolgt. Ob die jetzt aus der Luft gegriffen sind oder auf tatsächlichen Vergehen beruhen ist eigentlich egal. Ihn selbst in den Augen der Öffentlichkeit mittels möglicherweise manipulierter Beweise und parteiischer Gerichte als korrupt darzustellen, erscheint zumindest mir dann jedenfalls als die wesentlich effektivere Strategie des autokratischen Putin-Staates, um ihn politisch kalt zu stellen, als ihn durch einen so offensichtlichen - weil mit dem spätestens seit der Skripal-Geschichte als russische Geheimdienstspezialität weltweit bekannten Nowitschok verübten - Mordanschlag zum Martyrer zu machen.


    Folgte man als gemeine/r MediennutzerIn jedoch den Darstellungen der Bundesregierung und vieler (sicher nicht aller!) großer Leitmedien, welche die Verlautbarung von Regierungsbehörden zum Anlass nehmen, da noch mal in die selbe Richtung besonders "kritisch" recherchenetzwerken zu lassen, dann erhält man den Eindruck, als müsse der Bedeutung von Herrn Nawalny für das innen- wie außenpolitische Gefüge in Russland mindestens ein ebenso großer Stellenwert eingeräumt werden, wie ihn unverbesserliche Linke und NetzaktivistInnen solchen DissidentInnen und WhistleblowerInnen wie Chelsea Manning, Edward Snowden oder Julian Assange in Bezug auf den Umgang der USA mit allzu scharfen KritikerInnen ihrer globalen Überwachungs- und Mordaktionen zugestehen.


    Man kann sich natürlich darüber streiten, ob die 175 Jahre Knast, die Assange drohen, wenn er an die USA ausgeliefert würde, oder ein geheimes Gerichtsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit einem - nach derzeitigem Stand - möglichen Strafmaß von immerhin noch insgesamt 30 Jahren Haft, welches Edward Snowden in Amerika blühen würde, sollte das Kreml-Regime ihm die Gastfreundschaft irgendwann versagen, einen humaneren Umgang mit Regimekritik darstellt als eine versuchte Vergiftung.

    Tatsache ist aber, dass sich die Bundesregierung nicht ansatzweise so sehr ins Zeug gelegt und dabei so viel diplomatisches Porzellan zerschlagen hat, um z.B. Snowden in Deutschland politisches Asyl als in seiner Heimat politisch Verfolgter zu gewähren, wie sie es getan hat, um einem den westlichen Verbündeten deutlich genehmeren russischen Oppositionellen in UnserLand einen sicheren Hafen zu bieten.


    Natürlich ist es nicht die Schuld von JournalistInnen, wenn die Bundesregierung und ihre transatlantischen Verbündeten ein Thema vorgeben, welches dann zum Anlass weiterer Recherche genommen wird. Aber es erscheint zumindest so, als richte sich die Berichterstattung dazu mehrheitlich an der Prämisse aus, dass an der grundsätzlichen Niederträchtigkeit und Bereitschaft zu jeder noch so gemeinen Schandtat der russischen Führung überhaupt kein Zweifel bestehen könne, und dass es sich bei der Recherchearbeit dazu lediglich um eine Erörterung des genauen "wie", "wann", "wo" und "wer" der jeweiligen finsteren Machenschaften dreht.


    "Unterm Strich" will ich damit sagen, dass es mir gar nicht darum geht, irgendwelche Einzelheiten der ganzen Nawalny-Räuberpistole aufzudröseln. Was zählt sind die politischen Konsequenzen die daraus gezogen werden, und die Art und Weise wie nicht nur die hiesige, sondern die Mainstream-Berichterstattung im gesamten Westen sie bewertet.

    Bei letzterer hat man leider immer häufiger das Gefühl, dass dabei ganz ähnlich vorgegangen wird, wie bei den diversen Verschwörungsideologieportalen, indem man das Ergebnis "Putin = Satan" bereits voraussetzt, und dann so lange eisern in diese Richtung "recherchiert", bis man genügend Indizien zusammen hat, die es zu bestätigen scheinen.

    Und das Gruselige daran ist, dass man das in Moskau wohl mittlerweile als traurige Tatsache akzeptiert hat und sich gar nicht mehr großartig darum bemüht, gegenüber dem Westen in einem besseren Licht dazustehen, sondern sich statt dessen darauf konzentriert, Putin als harten Hund zu verkaufen, dem das alles am Arsch vorbei geht.


    Mehr Verständigung zwischen zwei immer noch reichlich mit atomaren Arsenalen bewaffneten Blöcken wird dabei sicher nicht heraus kommen.

  • viel text, der in der tat eine diskussion fortführt ( bzw. variiert), die wir an anderer stelle schon mal hatten.

    ich will dazu nur so viel sagen, dass ich deine grundaxiome nicht teile. du vergleichst ( bzw. setzt gleich) aktionen und strukturen, die ich für nicht gleichartig halte.

    die causa navalny auf eine "räuberpistole" runterspielen zu wollen, mündet letztlich in einer blindheit gegenüber strukturen staatlicher herrschaft ( geheimdienste gehören ja eindeutig dazu), die man eben auch an ihren extremformen zu messen hat. navalny ist ja - nach dem, was zumindest mit sehr starken indizien im raum steht - kein einzelfall. von anna politkowskaja über die skripals bis zum tiergartenmord, von mh 17 nicht zu reden, in all diesen fällen führen ziemlich starke indizien zu geheimdienstaktivitäten.

    mir sind ( zumindest aus der jüngeren vergangenheit) keine vergleichbaren fälle deutscher/europäischer, auch nicht us-geheimdienste bekannt. wenn du da mehr meist, wäre ich über hinweise dankbar.

    dass unter den bedingungen einer autoritären staatlichkeit ganz eigener art, die über verfassungstricksereien eine art "ewiger herrschaft" ( plus, aktuell, weitgehender straffreiheit) schafft, die aktivitäten dieser dienst nicht ohne (zumindest) kenntnis und billigung der staasführung möglich sind, ergibt sich aus den politischen strukturen und der realen verfasstheit des staatsapparates, an dessen spitze ein gelernter geheimdienstoffizier steht.

    der ist deswegen kein "satan", aber es ist schon eine bemerkenswerte struktur. ( wie würden wir es wohl bezeichnen, wenn etwa mike pompeo als ehemaliger geheimdienstchef sich durch verfassungstricks eine vergleichbare "ewige amtszeit" geschaffen hätte, und im verlauf dieser amtszeit agenten seines herkunftsapparates wiederholt in zusammenhang mit mordanschlägen gebracht werden können, bzw. die beteiligung daran sogar zugeben ? ) meinst du nicht, dass dann auch die westdeutsche medienlandschaft das ziemlich intensiv bekandeln würde ? ich schon.

    insofern halte ich auch eine zweite grundthese von dir für so nicht zutreffend: dass die hiesigen medien den regierungsseitig vorgegebenen narrativen schlicht und einfach willig folgen würden.

    es gibt, und so weit habe ich dann doch noch kenntnis über aktuelle wirkstrukturen im politisch-medialen komplex ( der als solcher natürlich existiert) solche "von der bundesregierung vorgegebenen themen". diese wahrnehmung ist genau das, was du den "mainstream medien" vorwirfst: aus einem bias wird rückgeschlossen, wie es zu sein habe.

    nur dass eben bei dir nicht der bias: "putin=satan" die wahrnehmung strukturiert, sondern die these: "westdeutscher mainstream = willfährige follower vorgegebener regierungsnarrative".

    die eine wie die andere variante geht ( zumindest nach meiner auffassung) an der realität vorbei. jedenfalls als strukturelle behauptung.

  • Dennoch ist der von westlichen Politikern liebevoll MBS genannte Sägeprinz immernoch everybodys darling. Der Börsengang seiner Erdölsparte wurde gerade erst mit Begeisterung gefeiert.

    na ja. die russischen erdöl-/erdgasaktien erfreuen sich an den weltbörsen ( incl. wallstreet) seit langen jahren ebenfalls ungebrochener beliebtheit.

    was würde uns das jetzt nach deiner logik sagen ?

  • insofern halte ich auch eine zweite grundthese von dir für so nicht zutreffend: dass die hiesigen medien den regierungsseitig vorgegebenen narrativen schlicht und einfach willig folgen würden.

    es gibt, und so weit habe ich dann doch noch kenntnis über aktuelle wirkstrukturen im politisch-medialen komplex ( der als solcher natürlich existiert) solche "von der bundesregierung vorgegebenen themen". diese wahrnehmung ist genau das, was du den "mainstream medien" vorwirfst: aus einem bias wird rückgeschlossen, wie es zu sein habe.

    nur dass eben bei dir nicht der bias: "putin=satan" die wahrnehmung strukturiert, sondern die these: "westdeutscher mainstream = willfährige follower vorgegebener regierungsnarrative".

    die eine wie die andere variante geht ( zumindest nach meiner auffassung) an der realität vorbei. jedenfalls als strukturelle behauptung.

    ich gebe zu dass ich mir mit meinen flapsigen Formulierungen hier vielleicht selbst ins Bein schiesse, aber es geht mir eigentlich nicht um irgendwelche "Strukturen", die den Bias vorgeben, sondern um eine gewisse Form von Betriebsblindheit, die - wie ich im ersten Post schon anzudeuten versuchte - nicht auf eine Hörigkeit oder gar auf eine in irgendeiner Form erzwungene Verpflichtung gegenüber den Regierungsvorgaben zurückzuführen ist, sondern auf ein, sagen wir mal, etwas übersteigertes Gefühl von berufsbedingter Deutungshoheit, die sich aus sozialen Verhältnissen zwischen der Politik, der sie begleitenden veröffentlichten Meinung und dem betriebsfernen Publikum, sowie aus dem Umstand ergibt, dass natürlich in allen Ländern dieser Welt JournalistInnen, die sich tagtäglich mit dem Handeln der politischen Klasse beschäftigten, und im Zuge dessen auch durchaus privilegierte Einblicke in das Denken hochrangiger EntscheiderInnen erlangen, irgendwann Gefahr laufen, sich - auch ganz unbewusst - zumindet ein Stück weit deren politisch und/oder ideologisch verengte Perspektive zu eigen zu machen - schon alleine aus dem Grund, um sie besser nachvollziehen zu können.

    Albrecht von Luckes Vorträge in eurem neuen Format sind dafür eigentlich exemplarisch. Der Beobachter wird irgendwann selbst zum Teil des Beobachteten. Aus einer kritischen Analyse realpolitischer Zusammenhänge wird eine Verteidigung der Realpolitik gegenüber Einwänden, die aus anderen Perspektiven und Verhältnissen entstehen.


    Dass die Russische Regierung und ihr Präsident einem autoritären System mit entsprechenden Strukturen vorsteht, habe ich nicht bestreiten wollen. Aber dieselben alleine an der Person Putin festzumachen ist eben genau das, was mich und viele andere dazu veranlasst, dagegen zu polemisieren.

    Ich behaupte nicht, dass er als alter Geheimdienstprofi sich diese Strukturen nicht skrupellos zunutze macht, aber damit ist er unter den politischen Führungsfiguren dieser Welt weder der einzige noch sind etwa die deutschen oder amerikanischen Geheimdienstapparate darauf angewiesen, dass Regierungschefs sie extra antreiben, um sich zu verselbständigen und im Zweifel auch knallhart jenseits des Rahmens irgendwelcher freiheitlich-demokratischen Grundorndungen zu operieren.


    Und was man dabei offenbar auch regelmäßig vergisst, ist der Umstand, dass Russland unter Putins Amtsvorgänger Jelzin keineswegs ein Hort der Demokratie, der Menschenrechte und der Freiheit war - und zu Zeiten der Sowjetunion natürlich schon gleich gar nicht.

    Wer das alles allerdings nicht mehr mitverfolgt hat, der könnte angesichts der bisweilen an Dämonisierung grenzenden Verachtung für Putin womöglich zu der Anischt gelangen, dass er ganz alleine aus einem ehemals blühenden demokratischen und liberalen Rechtstaat eine korrupte, "gelenkte" Demokratur gemacht habe.

  • Dass die Russische Regierung und ihr Präsident einem autoritären System mit entsprechenden Strukturen vorsteht, habe ich nicht bestreiten wollen. Aber dieselben alleine an der Person Putin festzumachen ist eben genau das, was mich und viele andere dazu veranlasst, dagegen zu polemisieren.



    Deutsche und US-Amerikaner haben sich nur um eine Sache zu kümmern, wie sie selbst regiert werden wollen - es geht sie nichts an ob in Russland demnächst ein Zar reagiert oder wieder eine Kommunistische Partei.


    60% der Staaten weltweit sind Demokratien, Tendenz eher sinkend. Wir Demokraten meinen Demokratien würden einen Sonderstatus geniessen, sie wären die besseren - nope, es spielt Völkerrechtlich garkeine Rolle wie ein Land regiert wird. Ich sehe es auch wie Utan, das Hauptinteresse anderswo Demokratien "einzuführen" dient ganz alleine der Verfügbarkeit des Landes, denn sind wir mal ehrlich, unsere Demokratien die wir so lieben sind in aller Regel korrupt.


    Ich würde auch zu denken geben "der Westen" ist der Zwerg innerhalb der Menschheit, aber wir Zwerge überziehen die restliche Mehrheit mit unserer Arroganz ... wie unser guter alter Kaiser früher. Am Ende hat der Arsch dann wieder Kirmes und keiner weiss warum eigentlich.


    Wenn man sich mal eine Liste mit den letzten grösseren Menschheitssverbrechen anguckt, dann waren es westliche Demokratien, nicht die Russen, Iraner oder Chinesen und die Mehrheit der Welt nimmt es zur Kenntnis, mit den doofen Sprüchen die wir danach bringen.


    Anstatt die sterbenden Kinder im Yemen zu ignorieren könnten wir ja mal was für sie tun, aber wir ignorieren die Bilder von Haut und Knochen lieber, wir reden uns da raus - aber wehe in Russland weckt etwas unsere Aufmerksamkeit, auch wenn es nur erlogen ist, dann kommen wir mit der harten Hand dem Russen gegenüber...

  • Wer das alles allerdings nicht mehr mitverfolgt hat, der könnte angesichts der bisweilen an Dämonisierung grenzenden Verachtung für Putin womöglich zu der Anischt gelangen, dass er ganz alleine aus einem ehemals blühenden demokratischen und liberalen Rechtstaat eine korrupte, "gelenkte" Demokratur gemacht habe.

    Wo Roy dankenswerterweise gerade den Chomsky bemüht, ist euch auch aufgefallen, wie viel erfolgreicher die Konsensmanufaktur mit ihrer Dämonisierung bei Trump war. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft die reflexartige Reaktion inzwischen der verrückte US-Präsident ist. Der ist Erklärung für alles und dient oft genug als argumentativer Rettungsanker.

  • Fettes Medienspektakel und die Fluggesellschaft freut sich, dass ausgebucht ist.


    Edit. Das mit den Masken 👃 müssen einige aber nochmal üben.

  • Zitat

    Vor fünf Monaten war der russische Putin-Gegner Opfer eines Giftanschlags geworden. Deutsche Ärztinnen und Ärzte der Charité in Berlin hatten ihm anschließend das Leben gerettet.


    Waren es nicht russische Ärzte, die sein Leben gerettet haben?


  • Nawalnsy "Media-Team" meinte es wäre ein schmerzhafter Tag für Putin, darauf ein russischer Politiker, "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich sehr ungeniert".


    Wenn der Haftbefehl schon steht ist er direkt bei der Einreise weg, wenn erst die Gerichtstermine abgewartet werden dann ist er bis dahin ein freier Mann.

  • Wer das alles allerdings nicht mehr mitverfolgt hat, der könnte angesichts der bisweilen an Dämonisierung grenzenden Verachtung für Putin womöglich zu der Anischt gelangen, dass er ganz alleine aus einem ehemals blühenden demokratischen und liberalen Rechtstaat eine korrupte, "gelenkte" Demokratur gemacht habe.

    Wo Roy dankenswerterweise gerade den Chomsky bemüht, ist euch auch aufgefallen, wie viel erfolgreicher die Konsensmanufaktur mit ihrer Dämonisierung bei Trump war.

    Beide Aussagen eint, wie unerträglich simpel die Patterns dahinter sind: Extreme Fokussierung auf Personen zuungunsten struktureller Analyse, ergo Auslassung adäquater Zustandsbeschreibung ergo Verzicht auf Erkenntnisgewinn oder gar Lösungsfindung.

    Stattdessen kollektive Blasenbildung ala Russiagate.


    Man kann sich einfach die Frage stellen, ob der zu den kritisierten Themen ausgeübte Journalismus etwas Essentielleres als das hier konstatierte Stirnrunzeln hinterlassen hat.


    Aber eine Erkenntnis gibt es dann doch. Ich konnte mir immer nur schwer vorstellen, wie man im 20 Jh gegen Bevölkerungsgruppen oder ganze Völker soviel Gift versprühen konnte, dass der denkende Teil der Bevölkerung... es ist nicht mehr so unglaublich schwer vorstellbar.

  • navalny ist ja - nach dem, was zumindest mit sehr starken indizien im raum steht - kein einzelfall. von anna politkowskaja über die skripals bis zum tiergartenmord, von mh 17 nicht zu reden, in all diesen fällen führen ziemlich starke indizien zu geheimdienstaktivitäten.

    mir sind ( zumindest aus der jüngeren vergangenheit) keine vergleichbaren fälle deutscher/europäischer, auch nicht us-geheimdienste bekannt. wenn du da mehr meist, wäre ich über hinweise dankbar.

    Und genau das ist in etwa die westliche Wertedebatte, die soviel Übelkeit erzeugt.

    Da steht man da und muss mit sich selbst ausmachen, ob man die vom Westen stolz nach aussen proaktiv propagierten Politikermord an irgendeinem Iranischen General der nach innen gerichteten stark indizierten Vergiftung irgendeines Oppositionellen irgendwie vorzieht. Und du weisst, zu welchem Schluss du kommen solltest, dass wird dir ja nahegelegtvergessen.

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