A!453 - Teilzeitächtung

  • Sorry, aber nach der Aussage sind wir erneut alle Nazis. Alle Menschen sind dazu fähig. Insbesondere wenn du von der gesamten Gesellschaft redest, denn da sind ja dann auch alle Ausprägungen kombiniert mit entsprechenden Wechselwirkungen enthalten.

    Nee, ich nicht. Aber das gesellschaftliche Potential ist da, war nie weg, wird geschürt und manifestiert sich aktuell wieder in einem Höhenflug einer Nazi Partei. Deshalb fänd ich es falsch, es nicht so benennen und sich auf einer Ebene zufrieden zu geben, wo dann ein paar Menschen wieder ihr Kreuz woanders machen sollen, was aber letztendlich eine gleiche Politik rechtfertigt. Realpolitik und so…

  • Nee, ich nicht

    Du meinst du wärst einer der glorreichen und aktiven Widerstandskämpfer?

    Sind da dann deine Frau und dein(e) Kind(er) mit aktiv dabei?

    Oder meinst du haust einfach rechtzeitig und mit allen die dir wichtig sind ab?


    Aber das gesellschaftliche Potential ist da, war nie weg, wird geschürt

    Ja, keine Widerrede. Es ist sogar in allen Gesellschaften als Potential da, da es offensichtlich im Menschen als Potential gegeben ist.



    Nazi Partei

    Ich habe in der Unterhaltung festgestellt, dass ich meine Einstellung dazu geändert habe und nun mit dem Ausdruck doch etwas ein Problem habe. Denn ich weiß nicht was der der es sagt damit meint und noch weniger was ich darunter verstehen soll. Mehr als "dagegen" kann ich da inhaltlich nicht erkennen aktuell.



    Deshalb fänd ich es falsch, es nicht so benennen

    Ja natürlich, wenn man "Das Richtige" mit "Dem Richtigen" benennt. Also das korrekte Wort für den korrekten und gewollten Begriff verwendet.



    und sich auf einer Ebene zufrieden zu geben, wo dann ein paar Menschen wieder ihr Kreuz woanders machen sollen,

    darum gehts doch garnich...



    was aber letztendlich eine gleiche Politik rechtfertigt. Realpolitik und so…

    und da bin ich wieder bei der Frage ob dir ernsthaft der Systemwechsel so über alles geht, dass dabei auch die Übernahme von ganz Rechts als besser als der bestehende Zustand erscheint?

  • und da bin ich wieder bei der Frage ob dir ernsthaft der Systemwechsel so über alles geht, dass dabei auch die Übernahme von ganz Rechts als besser als der bestehende Zustand erscheint?

    Es geht nicht darum, ob es mir über alles geht, was ich will oder nicht will. Es spielt keine Rolle, weil es darauf hinausläuft und ich gerade nichts dagegen tun kann außer versuchen zu verstehen warum. Es ist mir völlig egal ob die „Übernahme“ von ganz Rechts in blau, gelb, schwarz oder grün passiert. Es ist die reale Politik, die sich in den Zwängen, denen sie sich selbst aussetzt, immer weiter und schneller rechtsdreht. Ich erwarte, dass das mit den systembedingten Problemen eher schlimmer als besser wird. … mehr hab ich gar nicht sagen wollen.


    Ich denke also du stellst mir hier die falsche Frage. Ohne Systemwechsel kommt „ganz Rechts“. Ganz klar. :)

  • Es geht nicht darum, ob es mir über alles geht, was ich will oder nicht will. Es spielt keine Rolle, weil es darauf hinausläuft und ich gerade nichts dagegen tun kann außer versuchen zu verstehen warum. Es ist mir völlig egal ob die „Übernahme“ von ganz Rechts in blau, gelb, schwarz oder grün passiert. Es ist die reale Politik, die sich in den Zwängen, denen sie sich selbst aussetzt, immer weiter und schneller rechtsdreht. Ich erwarte, dass das mit den systembedingten Problemen eher schlimmer als besser wird. … mehr hab ich gar nicht sagen wollen.


    Ich denke also du stellst mir hier die falsche Frage. Ohne Systemwechsel kommt „ganz Rechts“. Ganz klar. :)

    Ja ok, das mag ja auch alles sein und ich befürchte es ja auch irgendwie. Aber warum ist es dann nochmal besser die alle als Nazis zu bezeichnen?

  • Ja ok, das mag ja auch alles sein und ich befürchte es ja auch irgendwie. Aber warum ist es dann nochmal besser die alle als Nazis zu bezeichnen?

    Ausgangspunkt:

    Och, Stefans take ist immer noch besser, als dieser Psychoversuch Naziwähler wieder heim in die staatstragende, apathische Gleichgültigkeit zu kuscheln, finde ich.

    Es ist besser als das andere, weil es zu der Frage führt warum und wie, die wir jetzt sehr ergiebig diskutiert haben. Das ist meine Meinung.

  • Es ist besser als das andere, weil es zu der Frage führt warum und wie, die wir jetzt sehr ergiebig diskutiert haben. Das ist meine Meinung.

    Ok, aber unter wem soll es diese Diskussion auslösen?

    Mir musstest du diese Probleme in denen wir stecken nicht erklären.

    Bei denen die die AfD wählen wird man mit der Zuschreibung wohl eher nicht zu einem solchen Diskussionsfaden kommen.

    Und bei allen anderen sehe ich das irgendwie auch nich. Stefan hatte ja auch gefühlt nicht in diese Richtung gezielt.

    Ka ich verstehs weiterhin nicht, aber is auch nich schlimm.

    Ich hab ja weiterhin noch nichmal kapiert was denn nun überhaupt in dem Wort drinstecken soll. Aber eins ist sicher, es steckt so wie es über die Jahrzehnte überall draufgepappt wurde eigentlich wirklich nix inhaltliches mehr drin, außer eben "das der Gegner", "der ist Böse" und am aller meisten "den mag ich nich" und "den sollst du auch nich mögen".

  • Bin bezüglich AfD wählen = Nazis voll bei Stefan. Wobei ich das etwas weicher formuliere, wenn die in zwei Monaten sagen "war ne Scheißidee, ich werde nicht mehr AfD wählen" dann sind das für mich schon dann keine Nazis mehr, da müssen sie nicht bis zur nächsten Wahl warten.


    Aber diesen Protest-Begriff kann man nicht als Entschuldigung werten. Wer Nazis in Ämter oder Parlamente hebt, der ist Mitläufer und der ist auch selbst Nazi, sonst würde er so etwas nicht tun.

  • Bin bezüglich AfD wählen = Nazis voll bei Stefan. Wobei ich das etwas weicher formuliere, wenn die in zwei Monaten sagen "war ne Scheißidee, ich werde nicht mehr AfD wählen" dann sind das für mich schon dann keine Nazis mehr, da müssen sie nicht bis zur nächsten Wahl warten.


    Aber diesen Protest-Begriff kann man nicht als Entschuldigung werten. Wer Nazis in Ämter oder Parlamente hebt, der ist Mitläufer und der ist auch selbst Nazi, sonst würde er so etwas nicht tun.

    Na dann kannst du mir ja vllt mal erklären, was du unter Nazi verstehst und was du denkst was so die anderen Menschen unter Nazi verstehen?

  • Hauptsächlich wer Rassistisches Gedankengut fördert, ist für mich Nazi. Das ist auch meine persönliche rote Linie.


    Ich geb mal ein Beispiel: wer sagt, wir müssen die Zuwanderung extrem begrenzen, oder von mir aus auch gar keinen mehr reinlassen, der vertritt eine Position die nicht die meine ist, die ich aber noch innerhalb des Konsenses sehe, darüber kann man demokratisch reden. Als Auftrag an die Regierung, bzw. als Regierungsprogramm, wenn man selbst regieren sollte.


    Wer aber sich selbst gegen die Menschen richtet, die bei uns (aus welchen Gründen auch immer) Schutz suchen, oder gar bereits Deutsche sind, wer Sprüche wie "Ausländer raus", "Messermänner", "Kopftuchmädchen" usw. benutzt, wer also nicht auf die politische Regelung abhebt, sondern die einzelnen Menschen ins Visier nimmt, mit dem seh ich keine gemeinsame Basis, und der ist für mich ein Nazi. Und Thüringen ist nun einmal der Landesverband von Höcke, dem Ober-Faschisten, da gibt es noch weniger Ausreden als sonst.

  • Dies Gerede um ad-hominem "Nazi"-Zuschreibungen dient dazu, von der Auseinandersetzung um politische Inhalte abzulenken – es befreit also die "Mitte" vom Vorwurf, rechtsextrem zu sein, obwohl sie einstmals als rechtsextrem gewertete Positionen schon längst als die ihren übernommen hat.

  • Da hät ich ja ne einfache Lösung für...sich einfach die Zuschreibung sparen und stattdessen direkt die politischen Inhalte bringen, mit welchen sich auseinander gesetzt werden soll.

    Oder sind die Nazizuschreiber die, welche von den "Inhalten" ablenken wollen?

  • Hauptsächlich wer Rassistisches Gedankengut fördert, ist für mich Nazi.

    Na da musst Du aber eine Menge Leute aus den Unionsparteien, aus der fdP und aus der sPD , und sicher auch den ein. oder anderen Grünen oder Linken Politiker als "Nazi" bezeichnen.

    Gilt selbstverständlich auch für ganz viele politische Spitzenkräfte unserer diversen freiheitlich demokratischen Wertepartner in Ost und West.


    Dabei wäre natürlich zuvorderst die Frage zu klären, was eigentlich unter "rassistisches Gedankengut" zu verstehen sei. Die Identitäre Bewegung zum Beispiel - deren Mitgliedern ich größtenteils unterstelle, dass sie tatsächlich waschechte Faschisten, oder sogar richtige Neonazis sind - spricht in der Öffentlichkeit nie von "Rasse" sondern von Kultur. Ihre Ideologie heißt dann zum Beispiel "Ethnopluralismus" und sie distanzieren sich ganz scharf vom Vorwurf, sie würden den Angehörigen irgendeiner Ethnie absprechen, gleichwertige Menschen zu sein. Sie wollen halt nur nicht in ihrem Land mit denen zusammen leben, weil sie der Auffassung sind, dass deren kulturelle Gepflogenheiten sich nicht mit unseren abendländischen Traditionen vertragen.


    Also zum Beispiel so wie die ukrainische Regierung ja auch kein "Nazi"-Regime ist, dass zur Auslöschung aller Menschen mit russischer Ethnie aufruft, aber eben mit deren ethnisch begründeter Kultur nichts mehr zu tun haben will.


    Da wird's schon ein bisschen schwierig mit dem Wertesystem.


    Ich geb mal ein Beispiel: wer sagt, wir müssen die Zuwanderung extrem begrenzen, oder von mir aus auch gar keinen mehr reinlassen, der vertritt eine Position die nicht die meine ist, die ich aber noch innerhalb des Konsenses sehe, darüber kann man demokratisch reden. Als Auftrag an die Regierung, bzw. als Regierungsprogramm, wenn man selbst regieren sollte.

    Aber wenn der Staat das ganz demokratisch mit seiner parlamentarischen Gesetzgebung macht, dann ist es schon irgendwie okay und im Rahmen des demokratischen Diskurses legitim, gegen Ausländer zu sein, und die dann mit Staatsgewalt an der EU-Grenze abzuweisen, oder überfüllte Flüchtlingsboote samt Männern, Frauen und Kindern von der Küste zu vertreiben und im Mittelmeer absaufen zu lassen, weil das ja von demokratischen Regierungen so beschlossen wurde.


    Das ist dann auch kein Rassismus, weil man ja nicht vorher guckt, welche Hautfarbe die einzelnen Ertrinkenden haben, bevor man sie ertrinken lässt. Das richtet sich dann selbstredend auch nicht gegen "die Menschen" sondern eher gegen ihre abstrakte Ausländerhaftigkeit an sich. Ob die jetzt aus Somalia, aus dem Irak. oder von der Elfenbeinküste kommen, ist dem demokratischen bürgerlichen Gewissen da ganz egal, denn es beurteilt ja nicht nach Hautfarbe, Religion, oder Kulturellen Gepflogenheiten, sondern einfach nach der legalen Berechtigung, sich ohne Genehmigung in der EU aufzuhalten.


    Wer aber sich selbst gegen die Menschen richtet, die bei uns (aus welchen Gründen auch immer) Schutz suchen, oder gar bereits Deutsche sind, wer Sprüche wie "Ausländer raus", "Messermänner", "Kopftuchmädchen" usw. benutzt, wer also nicht auf die politische Regelung abhebt, sondern die einzelnen Menschen ins Visier nimmt, mit dem seh ich keine gemeinsame Basis, und der ist für mich ein Nazi. Und Thüringen ist nun einmal der Landesverband von Höcke, dem Ober-Faschisten, da gibt es noch weniger Ausreden als sonst.

    Aber wenn die dann trotzdem nicht im Mittelmeer ertrinken, oder in einem Konzentrationslager vor der EU-Außengrenze verhungern, an Seuchen verrecken, oder von lokalen Ausländerfeinden totgeprügelt werden, und es tatsächlich bis ins gelobte Land schaffen, dann darf man die aber nicht mehr pauschal wie Ausländer behandeln, die hier kein Aufenthaltsrecht in der EU verdient haben. Da muss man dann schon differenzieren - z.B. nach Hautfarben, Religionen oder Nationalitäten - wenn man etwa weißen, christlichen UkrainerInnen das Aufenthaltsrecht ohne große Umstände gewährt und schwarzen, muslimischen SomalierInnen eher nicht so gerne.


    Und ihr liberalen, progressiven Demokrat*innen wundert Euch, dass Rassismus in der ganzen freien Welt wieder salonfähig wird und Leute "Nazi"-Parteien wählen?

  • Diese Gesellschaft produziert Nazis. Die meisten nennen sich nur nicht gerne so.

    Ich würde sagen, diese Gesellschaft produziert am laufenden Band Nationalisten - und zwar quer durch das ganze politische Spektrum - weil eigentlich alle im Bundestag vertretenen Parteien von links bis blaubraun nichts geringeres im Sinn haben, als den Wirtschaftsstandort Deutschland gegen die ausländische Konkurrenz zu verteidigen.

    Über das geeignete Mittel dazu - "grüner" vs. fossiler Kapitalismus, Staatliche vs. private Investitionen, Mittelstand vs. Großkapital, etc. - wird heftig debattiert, aber das Endziel für alle politisch (und größtenteils auch alle medial) Beteiligten an der veröffentlichten Debatte ist die Sicherung der deutschen kapitalistischen Volkswirtschaft in der globalen und europäischen Standortkonkurrenz gegen die Interessen anderer Volkswirtschaften, die genau das selbe machen. "Nazis" sind die deshalb aber noch lange nicht.


    Die Nationalsozialisten waren eine faschistische Bewegung, die ganz explizit gegen die liberale Demokratie eingestellt war und die sogar einen tatsächlich antikapitalistischen ideologischen Kern hatte, weil sie - wie alle faschistischen Bewegungen - "das Volk" und dessen, durch den Volks-Führer zu einigenden und zu repräsentierenden Willen über alles stellten - auch über den Profit der privaten Eigentümer der Produktionsmittel.

    Dass das in der Praxis dann eher so eine Art Nationalkapitalismus wurde, lag auch darin begründet, dass Hitler und seine Mörderbande ohne die Unterstützung des Großbürgertums ihre Kriegsmaschine nicht schnell genug finanziert und aufgebaut bekommen hätten, um den von ihnen selbst definierten Volkswillen gegen die äußeren Feinde der Herrenrasse mit Gewalt durchsetzen zu können, und daran, dass sie gleichfalls fanatische Antikommunisten waren, und sich damit den Kapitalisten als notwendiges Übel verkaufen konnten, um der damals ganz enormen Bedrohung von links unten ein für alle mal den garaus zu machen, und sich der lästigen, streitlustigen Arbeiterbewegung zu entledigen.


    Die AfD ist zweifelsohne eine nationalistische Partei, die zunehmend von einem radikalen Flügel dominiert wird, der ebenfalls nicht viel von der liberalen Demokratie hält, und dem - zumindest in Hinterzimmern oder in unter Pseudonym veröffentlichten Artikeln - rhetorisch der Zusammenhalt von "das Volk" wichtiger erscheint, als die Profite der "Hochfinanz".

    Allerdings haben die es in Deutschland, und eigentlich auch im ganzen Rest der freien Welt, überhaupt nicht mit einer revolutionsbereiten linken Arbeiterklasse oder mit irgendeiner Form von politischer linker Organisation zu tun, die das Großkapital dazu veranlassen könnte, sich lieber mit Faschisten als notwendiges Übel zu arrangieren, als sich ihr Privateigentum von der Diktatur des Proletariats enteignen zu lassen.


    Deshalb kann die AfD auch nicht so offen faschistisch agieren wie die Nationalsozialisten, sondern sie muss immer zumindest in der Öffentlichkeit den Schein waren, es ginge ihr eigentlich auch nur um die Sicherung des Wirtschaftsstandortes und somit um den Wohlstand der in ihm zu verwertenden Arbeitskräfte.

    Dabei setzt sie - genau wie alle anderen konservativen Parteien in der westlichen Wertegemeinschaft - alles daran, die herschenden - eigentlich immer noch neoliberalen, bzw. progressiv-neoliberalen - "Alt"-Parteien als "links" zu brandmarken und eine quasi-revolutionäre Gefahr herauf zu beschwören, die es in der Realität überhaupt nicht gibt, weil sich keine Arbeiterklasse massenhaft und gewaltbereit gegen die Staatsgewalt erheben wird, um für mehr Frauen in Führungspositionen, für "offene Grenzen für alle", für das Selbstbestimmungsrecht von Transmenschen, oder für mehr Pride-Flags an den Fahnenmasten öffentlicher Gebäude ihr Leben zu opfern.

    Diese "Gefahr" können die nur heraufbeschwören - oder sie über den Umweg der angeblich gezielten, von "Linken" herbei geführten "Überfremdung" der Gesellschaft durch kulturfremde Ausländer (s.o.) als scheinbar dringendes Problem brandmarken - , weil sich die Meinungsstarke Bourgeoisie und das Bildungsbürgertum ihr ganz nüchternes ökonomisches Standortkalkül und ihren eigenen Machtanspruch dadurch green-, pink- und white- zu waschen versucht, dass sie über die alternativlose Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung ein löchriges Tarnnetz des kulturellen Fortschritts - oder, neuerdings, der Verteidigung der #Freiheit gegen das Böse aus dem Osten - legt und sich dann permanent selbst darin bestätigt, dass das auch tatsächlich ihre Kalküle und ihre Machtansprüche moralisch rechtfertigen könne.


    Und aus genau diesem Grund halte ich es für fatal, den Leuten, die dieser völlig ausgedachten Erzählung von der "linken" Bedrohung ihrer bürgerlichen Existenzen auf den Leim gehen zu unterstellen, sie würden offen eine Nazi-Partei unterstützen, und müssten es sich daher gefallen lassen, von studierten Berufsintellektuellen und kritischen JournalistInnen öffentlich als "Nazis" benannt zu werden.

    Wenn man das daran festmachen wollte, dass sicher viele von denen auch recht ausländerfeindlich oder gar "rassistisch" (s.o.) eingestellt sind, dann müsste man den halben Bundestag als "Nazi" bezeichnen. Damit wird man denen ganz bestimmt nicht austreiben, eine nationalistische Partei zu wählen, die ihnen erzählt, es ginge ihr darum, ihren Wohlstand und ihren sozialen Status zu schützen. Und alle die sich vielleicht noch nicht entschieden haben, welche von den nationalistischen Parteien, die da - mit Ausnahme einiger weniger linksradikaler Splittergrüppchen - im "demokratischen" Spektrum nur zur Auswahl stehen, sie gerne an der Macht sehen wollten, während sie sich eigentlich von keiner davon wirklich vertreten und "gehört" fühlen, und während man ihnen im staatstragenden demokratischen Fernsehen permanent einbläut, was sie alles nicht zu fühlen und zu denken haben, wird man damit auch nicht davon abhalten, sich um diese politischen und journalistischen Einordnungen der "Nazis" und "Faschisten" einen Dreck zu scheren und einfach nach Bauchgefühl das Kreuz da zu machen, wo es DenenDaOben die größten Bauchschmerzen bereitet.

  • Ja, das ist sicher alles zutreffend und vieles davon hab ich - vielleicht etwas umständlich - versucht in den zahlreichen Beiträgen zu artikulieren.


    Ich halte es an diesem Punkt für nicht so wichtig, ob nun in Parteiprogrammen ein Antisemitismus unmissverständlich ausformuliert wird, um jemanden klar als Nazi (oder Neonazi) bezeichnen zu dürfen. Was hat denn Antisemitismus überhaupt noch für eine Bedeutung, wenn das Gegenteil heißt, seit Jahrzehnten einen faschistischen Apartheidstaat zu unterstützen? Die Bruderschaft von Kapital und Nazi Ideologie halte ich für evident und wenn es je Zweifel daran gab, sind sie spätestens seit unserem gefeierten Engagement mit den Nazis der Ukraine ausgeräumt.


    Wenn es um die Frage geht, wie man die verlorenen Seelen, die sich vor lauter Verzweiflung (und teilweise in trivialem Protest) der AFD an den Hals schmeissen, wieder einfängt, stelle ich einfach die Gegenfrage wohin man sie den einfangen möchte? Es ist diese LesserEvilScheisse, die nichts lesser evil macht. Damit sage ich natürlich nicht, dass ich die AFD als Bombe ins System schmeissen möchte und mir davon etwas besseres verspreche. Ich lehne die Prämisse der offiziellen Problemstellung ab. Das wollte ich zum Ausdruck bringen.

  • Wenn es um die Frage geht, wie man die verlorenen Seelen, die sich vor lauter Verzweiflung (und teilweise in trivialem Protest) der AFD an den Hals schmeissen, wieder einfängt, stelle ich einfach die Gegenfrage wohin man sie den einfangen möchte?

    Also mir geht's da weniger darum, die mit irgendwas einzufangen, als darum, den rechten Bauernfängern nicht noch mehr Leute zuzutreiben, die es leid sind, sich von der "liberalen" Meinungsführerschaft als menschenfeindliche Unmenschen abstempeln zu lassen, bloß weil sie den Nationalismus ein bisschen zu ernst nehmen, den die ganzen anderen Parteien auch praktizieren und nicht nur an der Heimat- sondern auch an der Ostfront als völlig legitim proklamieren, so lange er nur "woke und wehrhaft" genug ist.

  • Also mir geht's da weniger darum, die mit irgendwas einzufangen, als darum, den rechten Bauernfängern nicht noch mehr Leute zuzutreiben, die es leid sind, sich von der "liberalen" Meinungsführerschaft als menschenfeindliche Unmenschen abstempeln zu lassen, bloß weil sie den Nationalismus ein bisschen zu ernst nehmen, den die ganzen anderen Parteien auch praktizieren und nicht nur an der Heimat- sondern auch an der Ostfront als völlig legitim proklamieren, so lange er nur "woke und wehrhaft" genug ist.

    Ja klar. Bezog sich auf das Ausgangsstatement im Kontext im a! Podcast.

  • Es ist diese LesserEvilScheisse, die nichts lesser evil macht.

    Aber du hast doch genau diese "LesserEvilScheisse" gebracht


    Och, Stefans take ist immer noch besser,


    und genau dagegen habe ich von Anfang an primär anargumentiert. Das dann inklusive dem was auch Utan zuletzt geschrieben hat, nämlich mit diesem unnützen Zuschreiben denen auch noch mehr und noch schneller die Leute zuzutreiben und sie dann ja damit auch noch da quasi "einzusperren"...

  • Aber du hast doch genau diese "LesserEvilScheisse" gebracht



    und genau dagegen habe ich von Anfang an primär anargumentiert. Das dann inklusive dem was auch Utan zuletzt geschrieben hat, nämlich mit diesem unnützen Zuschreiben denen auch noch mehr und noch schneller die Leute zuzutreiben und sie dann ja damit auch noch da quasi "einzusperren"...

    mhm. Ich denke, dass habe ich in einem anderen Kontext geschrieben. Die LesserEvilScheisse ist eher genau das, was sich hinter der Erkenntnis verbirgt. Also das es mMn mittelfristig keinen Unterschied machen kann, weil alle stramm nach rechts unterwegs sind.


    Nochmal, ich argumentiere nicht, dass durch die Zuschreibung von Stefan ein Problem gelöst wird. Ich argumentiere, dass man das konsequent weiterdenken kann und dann zu der Erkenntnis kommt, dass alle politischen Kräfte das Koordinatensystem strikt nach rechts schieben, geschoben haben und das in den herrschenden Verhältnissen alternativlos zu sein scheint, was dann völlig andere Konsequenzen zur Folge hat, möchte man tatsächlich etwas dagegen tun. Dass das gar nicht Stefans Intention ist oder war, mag sein. Aber für mich ist es dadurch besser als das Gefasel von Hans, weil das nur wieder staatstragendes Valium für den Schlafbürger darstellt, damit die Etikette stimmt.


    Die Frage also, mit welcher der beiden im a! angebotenen Ansätze die Menschen wieder einzufangen sind - im Sinne von nicht mehr asi, egoistisch mit Hang zum faschistischen, kulturchauvinistischem, ethnopluralistischem - stellt sich einfach gar nicht.

  • Die Frage also, mit welcher der beiden im a! angebotenen Ansätze die Menschen wieder einzufangen sind - im Sinne von nicht mehr asi, egoistisch mit Hang zum faschistischen, kulturchauvinistischem, ethnopluralistischem - stellt sich einfach gar nicht.

    Ja ok, hier sind wir beisammen.

    Ich finde nur halt eben zudem das Zuschreiben zusätzlich auch nicht besser, sondern sogar, wenn man da schon werten muss, noch etwas schlechter, da es das ganze eben eher beschleunigt und verfestigt. Wenn man da nun eh keinen Ausweg sieht und in letzter Konsequenz da durch muss, dann könnte man natürlich so rum dann sagen, beschleunigen ist besser, dann ists schneller rum, Zeit is ja auch nen Faktor.

  • Wenn man da nun eh keinen Ausweg sieht und in letzter Konsequenz da durch muss, dann könnte man natürlich so rum dann sagen, beschleunigen ist besser, dann ists schneller rum, Zeit is ja auch nen Faktor.

    Das würde ich gar nicht so sagen, weil ich gar nicht weiss, was „schneller rum” bedeuten soll und ob das in meinem Zeithorizont noch eine Rolle spielen wird.


    Nur, der Komet steht halt am Himmel und man muss nur nach oben gucken, um ihn zu sehen. Ich habe aber auch keine Antwort auf die Frage, wie man die Leute zum hochgucken bewegt. Ich sehe aber zig Schaudebatten, wie man ihre Blicke weiter am Boden hält.

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