Türkische Angriffe in Nachbarländern: Baerbocks leicht verschärftes Dudu
Beim Nato-Gipfel in Bukarest sprach sich die deutsche Außenministerin gegen eine Bodenoffensive der Türkei in Nordsyrien aus. Sie warnte vor einer "Gewaltspirale". Hintergrund ist auch die türkische Blockade der Nato-Beitritte von Schweden und Finnland.
Alles anzeigen[...] Çavuşoğlu erklärte nach dem Treffen, er habe Baerbock daran erinnert, dass der "Kampf gegen Terrorismus" die gemeinsame Verantwortung aller Nato-Verbündeten sei. Gemeint ist erfahrungsgemäß der Kampf gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihr inhaltlich nahestehende Organisationen in Syrien und dem Irak – nicht der Kampf gegen Dschihadisten, die von Ankara auch immer wieder mal als Hilfstruppen eingesetzt werden.
Denn im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien haben Nato-Staaten bereits mit Organisationen zusammengearbeitet, die in Ankara mit der PKK gleichgesetzt werden. Konkret geht es um die syrisch-kurdische Partei der Demokratischen Union sowie die Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ, deren konsequente Kriminalisierung die Türkei von Schweden und Finnland als Bedingung dafür fordert, dass sie ihr Veto gegen die Nato-Beitritte der skandinavischen Länder nicht geltend macht.
Beide Länder hätten "einigen Fortschritt" bei der Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen gemacht, sagte Çavuşoğlu anlässlich des Treffens in Bukarest, "aber im Moment ist das noch nicht genug". Auch Baerbock befasst sich wohl primär deshalb überhaupt kritisch mit der Rolle der Türkei, zu der sie sich lange bedeckt hielt – weil ihr eine rasche Nato-Norderweiterung am Herzen liegt.
Sie ist jedoch weit davon entfernt, die Türkei als Aggressor zu benennen, nur weil deren Armee in Nachbarländern mit Bomben und Drohnen auch Zivilpersonen und lebenswichtige Infrastruktur angreift. Stattdessen spricht sie von einer "Gewaltspirale" – obwohl der vorgebliche Anlass für die Bombardements ein wohl nur vermeintlich von der PKK verübter Anschlag in Istanbul war.
Die Türkei hatte bereits in den Jahren 2016 bis 2019 Teile des kurdisch-multiethnischen Selbstverwaltungsgebiets in Nordsyrien besetzt, auch mit Verweis auf eine Nähe der dort starken Organisationen zur PKK, von der eine Bedrohung für die Türkei ausgehe.
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags fanden das völkerrechtlich nicht überzeugend, wie deren Gutachten zur türkischen "Operation Olivenzweig" 2018 zeigte. Schon damals wurden hier "konkrete Zweifel" an der Verhältnismäßigkeit "im Hinblick auf Umfang, Ziele und Dauer des militärischen Vorgehens der Türkei in Nordsyrien" festgestellt. [...]