Ich weiß nicht in welchen Nachrichten es kam, in Asien hat man nach X von diesen Hochwassern die Erfahrung gemacht bei hoher Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden Katastrophe alle Menschen in der Region per SMS zu warnen, unabhängig von Apps/OS. Hoffen wir mal man wird hinterher schlauer sein....
Letztlich muss man sagen niemand ist sicher, die niedrig gelegenen Gebiete werden eben gerne Wasser abbekommen und in hochgelegenen Dörfern kann ein Berghang abrutschen.
Kurze persönliche Anekdote, da ich länger in Süchina/Hongkong verweilt hab. Von Sommer bis Frühjahr ist dort Taifunsaison. D.h. mehrtägiger Starkregen, teils mit Überflutungen, sowie Sturmböen. Die Systeme in China und Hongkong unterscheiden sich in ihrer Abstufung, deswegen bleib ich mal bei dem Hongkonger System. Zu diesem gibt es auch einen kurzen WIki-Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/…rmwarnsignale_in_Hongkong
Für alle Lesefaule: Ein System bestehend aus 6 Stufen und ab Stufe Nummer 3 wird der Schulunterricht beendet, Geschäfte und Behörden schließen, Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitsplatz verlassen. Man ist mittlerweile so geschult drin, dass es sogar Vorwarnungen gibt, damit die Nutzung des ÖPNVs entzerrt wird, und nicht alle Leute plötzlich Bus und Bahn verstopfen auf dem Weg nach Hause. Auf höhreren Stufen wird später der ÖPNV und Schiffsverkehr innerhalb von 3 Stunden (?) eingestellt, wenns zu gefährlich wird rauszugehen.
Das gute an der Informationspolitik dort war, dass man es einfach nicht übersehen konnte. Die aktuell geltenden Warnstufen waren gesetzlich bindend. Arbeitgeber sind per Gesetz verpflichtet ihre Mitarbeiter:innen nach Hause zu schicken! Schulen müssen den Unterricht beenden! Die Warnungen waren in Warntafeln in Einkaufszentren, über die Anzeigen in Bussen und U-Bahnen zu sehen. Die Fernsehanstalten haben ihr Sendebild verkleinert und einen Ticker eingeblendet. Es gab automatische SMS mit regelmäßigen Updates. Selbst der größte Holzkopf wusste am Ende Bescheid und hat sich einigermaßen vernünftig verhalten. Ich bin fest überzeugt, dass durch diese stringente und omnipräsente Informationspolitik Tote und Verletzte vermieden werden konnten.
Da auch im Thread aktuell diskutiert wurde, dass man die Bevölkerung zu stark sensibilisiert, wenn ein Unwetter mal nicht eintrifft und anschließend z.B. Rechts- oder Versicherungsfragen auftreten. Komischerweise waren das nie Fragen, die ich in Hongkong zu hören bekommen habe. Es gilt als allgemeiner Konsens: "Es ist Sommer, es ist Taifunsaison, everything can happen". Und damit waren alle vorbereitet und gehen mit den Umständen ruhig und besonnen um. Kein Würstchenbudenbesitzer wäre auf die Idee gekommen die Stadt auf Umsatzeinbußen zu verklagen. Mit Verlaub, ich finde das ist eine sehr "deutsche" Diskussion.
Im Kontext, dass jetzt rauskommt, es habe bereits vor 7 Tagen Warnungen gegeben, dass es keinen zentralen Krisenstab gab, stattdessen die Verantwortung auf die Kommunen runterdelegiert wurde, Laschet lieber auf PR-Tour war und Reul im Urlaub: Ich muss an meine Zeit dort zurückdenken und an das, was Christian Drosten 2020 mit Bezug auf die Pandemie gesagt hat: "There is no glory in prevention". Ich hätte tausendmal lieber ein Frühwarnsystem, dass einmal zu viel ausschlägt, die Menschen sich aber zeitgerecht schützen können und dann das Unwetter vielleicht doch abdriftet. Aber im Fall der Fälle schützt man de facto Menschenleben. Das ist es mir tausendmal mehr wert. Punkt!!!
Von daher würde ich mir wünschen, dass Bund und Länder sich jetzt im akuten Katastrophenschutz bei Unwettern, gerade was die Informationspolitik anbelangt mehr Kompetenz aneignet. Vielleicht bräuchten wir ja auch so eine offizielle mehrstufige Skala, wodurch Menschen informiert weden und woran sich das gesellschaftliche Leben zu orientieren hat. Dazu würde für mich auch gehören, dass man Warnungen in mehreren Sprachen herausgibt. Stellt sich ja gerade raus, dass besonders Leute mit Migrationsbiografie in prekären Wohnverhältnissen mal wieder stärker betroffen waren in Wuppertal, Hagen usw.
Und zum Schluss eine kuriose Anekdote: Auch die Menschen in Hongkong - die ich sehr schätze - sind nicht perfekt vorbereitet. Aus deutscher Sicht vielleicht recht ulkig für eine Stadt, die sich in den Subtropen befindet, aber es gibt auch Warnstufen für Kälte und sogar Frost. 2016 war es dann soweit: Als die Temperaturen erstmals seit Jahrzehnten wieder 0° erreichten, waren die Menschen schlecht vorbereitet. Selbst Polizei und Feuerwehr konnten höher gelegene Lagen kaum erreichen, hatte selber kaum Winterausrüstung und hatten Schwierigkeiten, irgendwelche Deppen zu retten die mit Sack und Pack in den Hügeln plötzlich rodeln wollten und dann fest saßen. Eine Woche später waren es dann wieder 25 Grad...