Schönen guten Tag,
hinter der Titel-Frage steckt der Zweifel, ob die Eine-Klasse-Gesellschaft überhaupt möglich ist angesichts der unterschiedlichen persönlichen Lebensziele von zig Millionen freiheitsliebenden Individuen.
Dass gesundheitliche Versorgung, gutes Zuhause, ausreichend Nahrung und dergleichen für alle Menschen gegeben sein muss, ist sicherlich unstrittig und nicht Gegenstand dieser Frage. Sondern die Frage ist, wieviel zusätzlich -- über diese Grundsicherung hinaus -- ein Individuum sich erarbeiten dürfen soll.
Diese Frage möchte ich zwei Mal stellen. Zuerst hinsichtlich der gegenwärtigen, monetär gesteuerten Welt, dann mit Blick auf eine ferne, geldlose Utopie.
Monetäre Gegenwart:
Schuhmacher Ulf arbeitet selbständig monatlich 80 Stunden und verdient dabei netto 1500 €. Er könnte mehr arbeiten, Aufträge hat er genug, aber in der übrigen Zeit geht er lieber in die Natur; er beobachtet Vögel, schreibt Gedichte, und diese Art zu leben macht ihn überglücklich.
Schuhmacher Gerd arbeitet selbständig monatlich 300 Stunden und verdient dabei netto 9000 €. Seine Schuhe sind besser und teurer als die von Ulf. Gerd entwickelt außerdem mehrere, verschiedene Modelle. In seiner kurzen Freizeit trinkt er gern Champagner.
Sind das nun Klassen-Unterschiede zwischen Ulf und Gerd? Wenn ja, sollte Gerd seine Aktivität einschränken?
Geldlose Utopie:
Wir befinden uns im Jahr 2199. Das Geld wurde abgeschafft. Medizinroboter leiten Therapien, Nahrungsroboter machen Essen, und so weiter. Die Menschen widmen sich hauptsächlich sozialen, wissenschaftlichen und erfinderischen Aufgaben. Handgemachte, originelle Schuhe sind immer noch gefragt.
Schuhmacher Ulf arbeitet monatlich 8 Stunden und freut sich, wenn seine Kunden strahlen. Meistens beobachtet er aber lieber Vögel, schreibt Gedichte, und diese Art zu leben macht ihn überglücklich.
Schuhmacher Gerd arbeitet monatlich 30 Stunden; für ihn ist diese Arbeit eine Kunst, und er dürstet nach der sozialen Anerkennung seiner Kunden. Seine Schuhe sind etwas besonderes. Das macht ihn bekannter als Ulf. Gerd entwickelt sich zu einem wichtigen Ideengeber in der Branche. Er führt die Mode-Szene an, wird gern angehört in der Rohstoff-Verwaltung; seine Kompetenz wächst so weit, dass er auch außerhalb seiner Branche Einfluss bekommt.
Sind das nun Klassen-Unterschiede zwischen Ulf und Gerd? Wenn ja, sollte Gerd seine Aktivität einschränken?