Erstmal braucht es Kapital zum beschaffen der Betriebsmittel. Bürgt da jeder für den gleichen Schuldenanteil, oder muss hier Konsens für unterschiedliche Anteile gefunden werden? Partizipiert man dann am Gewinn proportional zum Kreditanteil?
Nur wenn man davon ausgeht, dass eine - wie auch immer genau organisiere - nicht-kapitalistische, klassenlose Gesellschaft weiterhin in den selben Kategorien denken würde, und ihre Ökonomie nach den selben Leitsätzen der bürgerlichen Ökonomik organisieren müsste, wie eine kapitalistische Klassengesellschaft .
Auch in der kapitalistischen Gesellschaft sind die Betriebs- bzw. Produktionsmittel das Kapital. Geld ist eine Form des Kapitals, aber wenn es nicht produktiv investiert wird um daraus mehr Geld zu machen, dann ist es einfach nur ein Tauschmittel und hat keinen eigenen Wert.
Das selbe gilt für Anlagekapital, mit dessen Hilfe sich kein - wiederum in Geld zu verwandelnder - Mehrwert erzeugen lässt. Der eigentliche Wert wird in der materiellen Produktion durch Zugabe menschlicher Arbeit erzeugt.
"Verkürzte" Kapitalismuskritik:
Wenn natürliche Rohstoffe - inklusive Energieträger - mit Hilfe von Produktionsmitteln und menschlicher Arbeit zu neuen Produkten verarbeitet werden, dann haben letztere mehr sachlichen "Wert" als die Summe der zu ihrer Produktion aufgewendeten Teile.
Aus Eisenerz und Kohle wird mithilfe von Hochöfen, anderen Maschinen und menschlicher Arbeitskraft Stahl erzeugt. Eine Tonne Stahl ist nicht nur in Geld gemessen, sondern auch bezüglich ihrer Nützlichkeit mehr wert, als eine Tonne Eisenerz und Kohle.
Aus Stahl kann man - wiederum unter Zugabe weiterer Rohstoffe und Arbeitskraft - mithilfe von anderen Produktionsmitteln nützliche Dinge herstellen, die den Menschen das Leben leichter machen. Einen Haufen Kohle und Eisenerz kann man nicht nützlich gebrauchen. Der eigentliche gesellschaftliche Wert des Produktes ist nicht der Preis den die Eigentümer der Produktionsmittel und Arbeitsplätze am Markt dafür aufrufen können, sondern seine Nützlichkeit für die Steigerung der Lebensqualität der in der Gesellschaft lebenden Menschen.
Im Kapitalismus ist das Kapital allerdings nicht Mittel zur Erzeugung von gesellschaftlichem Mehrwert, also von nützlichen Gütern und Dienstleistungen mit deren Hilfe sich die Lebensqualität ihrer NutzerInnen steigern lässt, sondern zur Produktion von Waren, die am Markt einen guten Preis erzielen.
Der eigentliche Zweck des kapitalistischen Produktions- und Distributionsprozesses ist nicht die Vermehrung von gesellschaftlichem Wohlstand, sondern von privatem Geldkapital. Die privaten EigentümerInnen von Erz- und Kohleminen und der Mittel zur Stahlproduktion setzten die Arbeitskraft ihrer abhängig Beschäftigten LohnarbeiterInnen nicht dazu ein, nützliche Produkte herzustellen, mit denen den Menschen das Leben leichter gemacht werden kann, sondern dazu, aus ihrem investierten Geld mehr Geld zu machen. Der Antrieb für alle Produktion von nützlichen wie nutzlosen Produkten ist im Kapitalismus nicht mehr Gebrauchswert für die EndverbraucherInnen, sondern mehr Geldwert für die privaten EigentümerInnen der Produktionsmittel.
Lohn stelle ich mir auch schwierig vor. Gemeinsam entscheiden heißt zuallererst auch, dass jeder über das Gehalt des anderen Bescheid weiß und aktiv den Wert aller Arbeiten sowie den Marktwert der Arbeitenden bemessen muss. Muss das im Konsens geschehen?
Die Klasse der Nicht-EigentümerInnen der Produktionsmittel hat nichts demokratisches bei der Frage mitzureden, wie unter legaler Aneignung ihrer dazu benötigten Arbeitskraft durch die Klasse der Arbeit(splatz)geber aus investiertem Kapital (das sie nicht hat) noch mehr zu investierendes Kapital gemacht wird.
Die abhängig beschäftigten Lohnarbeitskräfte haben gegenüber Sklaven oder Leibeigenen lediglich das gute bürgerliche Recht, sich frei dafür zu entscheiden, ob sie sich vertraglich dazu verpflichten wollen den EigentümerInnen ihre Arbeitskraft gegen geldwerte Löhne zu verkaufen, auf welche sie zwingend angewiesen sind, um sich am Markt dafür Waren kaufen zu können, die sie für den Erhalt ihrer Lebens- und Arbeitskraft benötigen, oder ob sie arbeitslos sein, und auf die Geldmittel des Lebensunterhaltes verzichten wollen. Das hat mit Demokratie überhaupt nichts zu tun.
Demokratisch ist in der kapitalistischen bürgerlichen Gesellschaft lediglich der Prozess des Wählens zwischen unterschiedlichen Varianten von politischen RepräsentantInnen, die alle grundsätzlich das Selbe wollen - nämlich: den kapitalistischen Produktions- und Vermarktungssprozess möglichst ohne große gesellschaftliche Verwerfungen am Laufen zu halten -, und die sich dabei lediglich darin uneins sind, wie das am besten zu erreichen sei, ohne dass zu viele potenzielle Arbeitskräfte ihr Leben nicht mehr bezahlen können - und/oder jetzt neu: ohne dass die Atmosphäre des Planeten sich durch Emission von Treibhausgasen so weit erhitzt, dass er für die arbeitende Bevölkerung weitgehend unbewohnbar wird.
Wenn man sich also fragt, woher in einer tatsächlich demokratischen - weil nicht-kapitalistischen - Gesellschaft das Kapital für die Beschaffung der Betriebsmittel kommen soll, dann hat man das Pferd schon von hinten aufgezäumt, weil man dann davon ausgeht, dass die Beschaffung von Geldkapital - also des Mittels zur Beschaffung von Betriebsmitteln - in jeder Gesellschaftsform der Ursprung der Produktion des gesellschaftlichen Wohlstandes sei.
Das erscheint aber nur in einer Gesellschaft so, in der die Herrschaft über die Betriebsmittel in der Hand privater EigentümerInnen liegt, denn die brauchen ja Geldkapital, das sie in produktives Kapital verwandeln können, um daraus noch mehr Geldkapital zu machen, welches sie dann profitabel investieren, oder gegen Zinsen verleihen können.
Wäre die Gesellschaft tatsächlich demokratisch organisiert, dann würde die Herrschaft über die Betriebsmittel zur Produktion von mehr gesellschaftlichem "Wert" und Wohlstand nicht in den Händen privater EigentümerInnen liegen, sondern sie wäre demokratische Sache der Gemeinschaft, die davon gemeinschaftlich profitieren würde. Das Kapital wäre dann kein "knappes" Gut mehr, für das am Kapitalmark ein möglichst guter Geld-Preis gefunden werden müsste, sondern einfach nur die Gesamtheit der gemeinschaftlichen Produktivkräfte, über welche sich niemand mehr die private Herrschaft verschaffen könnte, um für dessen Nutzung irgendeinen Marktpreis, eine Miete, oder einen Zins zu verlangen und sich in die eigene private Tasche zu stecken.
Und nur der Vollständigkeit halber: Dass das nicht einfach von heute auf morgen umsetzbar und eine schwierige Angelegenheit wäre ist völlig klar. Aber bevor die Menschen nicht begreifen, dass sie in der kapitalistischen, bürgerlichen Gesellschaft nicht HerrInnen über den gesellschaftlichen Wohlstand für Alle™ sind, sondern dass sie für den Wohlstand der privaten EigentümerInnen arbeiten, und dass sie dabei lediglich mitbestimmen dürfen, welche politische Führung des bürgerliches Staates letztere per Gesetz dazu zwingt, ihnen ein bisschen davon in Form von Arbeitslohn wieder zurück zu geben, damit ihnen dieser fundamentale Widerspruch nicht allzu unangenehm auffällt, wird sich daran auch nichts ändern.