Die demokratischste Gesellschaft der Welt?

  • Erstmal braucht es Kapital zum beschaffen der Betriebsmittel. Bürgt da jeder für den gleichen Schuldenanteil, oder muss hier Konsens für unterschiedliche Anteile gefunden werden? Partizipiert man dann am Gewinn proportional zum Kreditanteil?

    Nur wenn man davon ausgeht, dass eine - wie auch immer genau organisiere - nicht-kapitalistische, klassenlose Gesellschaft weiterhin in den selben Kategorien denken würde, und ihre Ökonomie nach den selben Leitsätzen der bürgerlichen Ökonomik organisieren müsste, wie eine kapitalistische Klassengesellschaft .


    Auch in der kapitalistischen Gesellschaft sind die Betriebs- bzw. Produktionsmittel das Kapital. Geld ist eine Form des Kapitals, aber wenn es nicht produktiv investiert wird um daraus mehr Geld zu machen, dann ist es einfach nur ein Tauschmittel und hat keinen eigenen Wert.

    Das selbe gilt für Anlagekapital, mit dessen Hilfe sich kein - wiederum in Geld zu verwandelnder - Mehrwert erzeugen lässt. Der eigentliche Wert wird in der materiellen Produktion durch Zugabe menschlicher Arbeit erzeugt.


    "Verkürzte" Kapitalismuskritik:


    Wenn natürliche Rohstoffe - inklusive Energieträger - mit Hilfe von Produktionsmitteln und menschlicher Arbeit zu neuen Produkten verarbeitet werden, dann haben letztere mehr sachlichen "Wert" als die Summe der zu ihrer Produktion aufgewendeten Teile.


    Aus Eisenerz und Kohle wird mithilfe von Hochöfen, anderen Maschinen und menschlicher Arbeitskraft Stahl erzeugt. Eine Tonne Stahl ist nicht nur in Geld gemessen, sondern auch bezüglich ihrer Nützlichkeit mehr wert, als eine Tonne Eisenerz und Kohle.

    Aus Stahl kann man - wiederum unter Zugabe weiterer Rohstoffe und Arbeitskraft - mithilfe von anderen Produktionsmitteln nützliche Dinge herstellen, die den Menschen das Leben leichter machen. Einen Haufen Kohle und Eisenerz kann man nicht nützlich gebrauchen. Der eigentliche gesellschaftliche Wert des Produktes ist nicht der Preis den die Eigentümer der Produktionsmittel und Arbeitsplätze am Markt dafür aufrufen können, sondern seine Nützlichkeit für die Steigerung der Lebensqualität der in der Gesellschaft lebenden Menschen.


    Im Kapitalismus ist das Kapital allerdings nicht Mittel zur Erzeugung von gesellschaftlichem Mehrwert, also von nützlichen Gütern und Dienstleistungen mit deren Hilfe sich die Lebensqualität ihrer NutzerInnen steigern lässt, sondern zur Produktion von Waren, die am Markt einen guten Preis erzielen.

    Der eigentliche Zweck des kapitalistischen Produktions- und Distributionsprozesses ist nicht die Vermehrung von gesellschaftlichem Wohlstand, sondern von privatem Geldkapital. Die privaten EigentümerInnen von Erz- und Kohleminen und der Mittel zur Stahlproduktion setzten die Arbeitskraft ihrer abhängig Beschäftigten LohnarbeiterInnen nicht dazu ein, nützliche Produkte herzustellen, mit denen den Menschen das Leben leichter gemacht werden kann, sondern dazu, aus ihrem investierten Geld mehr Geld zu machen. Der Antrieb für alle Produktion von nützlichen wie nutzlosen Produkten ist im Kapitalismus nicht mehr Gebrauchswert für die EndverbraucherInnen, sondern mehr Geldwert für die privaten EigentümerInnen der Produktionsmittel.


    Lohn stelle ich mir auch schwierig vor. Gemeinsam entscheiden heißt zuallererst auch, dass jeder über das Gehalt des anderen Bescheid weiß und aktiv den Wert aller Arbeiten sowie den Marktwert der Arbeitenden bemessen muss. Muss das im Konsens geschehen?


    Die Klasse der Nicht-EigentümerInnen der Produktionsmittel hat nichts demokratisches bei der Frage mitzureden, wie unter legaler Aneignung ihrer dazu benötigten Arbeitskraft durch die Klasse der Arbeit(splatz)geber aus investiertem Kapital (das sie nicht hat) noch mehr zu investierendes Kapital gemacht wird.

    Die abhängig beschäftigten Lohnarbeitskräfte haben gegenüber Sklaven oder Leibeigenen lediglich das gute bürgerliche Recht, sich frei dafür zu entscheiden, ob sie sich vertraglich dazu verpflichten wollen den EigentümerInnen ihre Arbeitskraft gegen geldwerte Löhne zu verkaufen, auf welche sie zwingend angewiesen sind, um sich am Markt dafür Waren kaufen zu können, die sie für den Erhalt ihrer Lebens- und Arbeitskraft benötigen, oder ob sie arbeitslos sein, und auf die Geldmittel des Lebensunterhaltes verzichten wollen. Das hat mit Demokratie überhaupt nichts zu tun.


    Demokratisch ist in der kapitalistischen bürgerlichen Gesellschaft lediglich der Prozess des Wählens zwischen unterschiedlichen Varianten von politischen RepräsentantInnen, die alle grundsätzlich das Selbe wollen - nämlich: den kapitalistischen Produktions- und Vermarktungssprozess möglichst ohne große gesellschaftliche Verwerfungen am Laufen zu halten -, und die sich dabei lediglich darin uneins sind, wie das am besten zu erreichen sei, ohne dass zu viele potenzielle Arbeitskräfte ihr Leben nicht mehr bezahlen können - und/oder jetzt neu: ohne dass die Atmosphäre des Planeten sich durch Emission von Treibhausgasen so weit erhitzt, dass er für die arbeitende Bevölkerung weitgehend unbewohnbar wird.


    Wenn man sich also fragt, woher in einer tatsächlich demokratischen - weil nicht-kapitalistischen - Gesellschaft das Kapital für die Beschaffung der Betriebsmittel kommen soll, dann hat man das Pferd schon von hinten aufgezäumt, weil man dann davon ausgeht, dass die Beschaffung von Geldkapital - also des Mittels zur Beschaffung von Betriebsmitteln - in jeder Gesellschaftsform der Ursprung der Produktion des gesellschaftlichen Wohlstandes sei.

    Das erscheint aber nur in einer Gesellschaft so, in der die Herrschaft über die Betriebsmittel in der Hand privater EigentümerInnen liegt, denn die brauchen ja Geldkapital, das sie in produktives Kapital verwandeln können, um daraus noch mehr Geldkapital zu machen, welches sie dann profitabel investieren, oder gegen Zinsen verleihen können.


    Wäre die Gesellschaft tatsächlich demokratisch organisiert, dann würde die Herrschaft über die Betriebsmittel zur Produktion von mehr gesellschaftlichem "Wert" und Wohlstand nicht in den Händen privater EigentümerInnen liegen, sondern sie wäre demokratische Sache der Gemeinschaft, die davon gemeinschaftlich profitieren würde. Das Kapital wäre dann kein "knappes" Gut mehr, für das am Kapitalmark ein möglichst guter Geld-Preis gefunden werden müsste, sondern einfach nur die Gesamtheit der gemeinschaftlichen Produktivkräfte, über welche sich niemand mehr die private Herrschaft verschaffen könnte, um für dessen Nutzung irgendeinen Marktpreis, eine Miete, oder einen Zins zu verlangen und sich in die eigene private Tasche zu stecken.


    Und nur der Vollständigkeit halber: Dass das nicht einfach von heute auf morgen umsetzbar und eine schwierige Angelegenheit wäre ist völlig klar. Aber bevor die Menschen nicht begreifen, dass sie in der kapitalistischen, bürgerlichen Gesellschaft nicht HerrInnen über den gesellschaftlichen Wohlstand für Alle™ sind, sondern dass sie für den Wohlstand der privaten EigentümerInnen arbeiten, und dass sie dabei lediglich mitbestimmen dürfen, welche politische Führung des bürgerliches Staates letztere per Gesetz dazu zwingt, ihnen ein bisschen davon in Form von Arbeitslohn wieder zurück zu geben, damit ihnen dieser fundamentale Widerspruch nicht allzu unangenehm auffällt, wird sich daran auch nichts ändern.

  • Geht's bitte auch etwas konkreter?

    Habe ich deine ausschweifende Antwort auf meine konkrete Frage so zu deuten, dass "organisches" wachsen von demokratischen Betrieben im jetzigen System nicht möglich oder wünschenswert ist (warum?), sondern eine verordnete Systemänderung vorauszugehen hat?

    Unabhängig vom System müssen die Betriebsmittel erstmal vorfinanziert und beschafft werden. Sollte aus deiner Sicht dann der Staat diese bereitstellen? Wäre er dann der Eigentümer und sein Investment müsste refinanziert werden oder "schenkt" er den Arbeitenden die Betriebsmittel?

    Tauschen wir im ersten Fall nicht einfach Privateigentümer gegen Staatsdiener und wäre im 2. Fall das vergleichbare Ergebnis erzielt wenn der Staat alle Aktien aufkauft und an die Beschäftigten verteilt (dann wieder die Frage nach welchem Schlüssel und ob die Schulden des Unternehmens zu den Schulden der Arbeitenden würde)?

    Geld ist eine Form des Kapitals, aber wenn es nicht produktiv investiert wird um daraus mehr Geld zu machen, dann ist es einfach nur ein Tauschmittel und hat keinen eigenen Wert

    Natürlich hat es selbst als Tauschmittel einen Wert, denn weder ist es praktisch für den Stahlarbeiter am Ende des Tages einen Stahlträger mit nach Hause zu bekommen um damit beim Bäcker sein Brötchen zu bezahlen, noch kann der Staat seine Steuern im Form von Gütern eintreiben und verwenden.

    Im Kapitalismus ist das Kapital allerdings nicht Mittel zur Erzeugung von gesellschaftlichem Mehrwert, also von nützlichen Gütern und Dienstleistungen mit deren Hilfe sich die Lebensqualität ihrer NutzerInnen steigern lässt, sondern zur Produktion von Waren, die am Markt einen guten Preis erzielen

    Das ist doch das gleiche.

    Als Marktteilnehmer kaufe ich ein Produkt gerade weil es meine Lebensqualität steigert.

    Jede Transaktion ist die Antwort auf die Frage ob aus der persönlichen Sicht die Lebensqualität nach dem Tausch von X Währungseinheiten für Produkt Y höher ist als wenn man das Geld behält und für andere Güter verausgabt.

    Das gute an der Marktwirtschaft ist, dass für die allermeisten ein passendes Produkt (Qualität, Preispunkt) zur Verfügung steht. Siehst du nicht die Gefahr, dass dein Modell in die Planwirtschaft führen würde und dann eben nur noch ein Produkt für jeden Zweck angeboten würde?

    Falls in deinem Modell der Staat die Produktionsmittel vorfinanziert bzw. besitzt stellt sich eben auch die Frage warum er als Monopol mehrere ähnliche Produkte finanzieren sollte.

    Daran schließt auch auch die Frage an, woher der Anreiz für Produktivitätssteigerung, Kostensenkung und Weiterentwicklung kommt.

    abhängig beschäftigten Lohnarbeitskräfte haben gegenüber Sklaven oder Leibeigenen lediglich das gute bürgerliche Recht, sich frei dafür zu entscheiden, ob sie sich vertraglich dazu verpflichten wollen den EigentümerInnen ihre Arbeitskraft gegen geldwerte Löhne zu verkaufen

    Prinzipiell steht jedem frei selbständig tätig zu werden. Ist dies in deinem Modell weiterhin vorgesehen?



    Vielleicht kannst du dein optimales Betriebsbild mal an einem konkreteren Beispiel beschreiben, wie man sich das vorstellen muss.

  • Ich würde hier auf real existierende bessere Demokratien verweisen. Schweiz, Dänemark. Im Prinzip müsste das basis-demokratische Element verstärkt werden. Volksabstimmungen. Ein weiterer Punkt könnte die Größe sein. Eventuell könnte man Deutschland aufteilen, um kleinere besser funktionierende Demokratien zu erhalten.

  • Unabhängig vom System müssen die Betriebsmittel erstmal vorfinanziert

    Das ist was eben bestritten wird bzw was nach den Überlegungen falsch ist. Es muss nichts finanziert werden, da das System nicht mehr auf Kapital, auf welches ja die Finanzierung basiert, beruht.


    Sollte [...] dann der Staat diese bereitstellen?

    Es soll keinen Staat, in der Form eines Herrschaftssystems in welchem Macht zentriert und verteilt wird, mehr geben.

    Wenn du Staat als eine eher reine Organisationsstruktur begreifst, dann vermutlich ja.


    Wäre er dann der Eigentümer und sein Investment müsste refinanziert werden

    Es gibt keine Eigentümer mehr, da dies ein Rechtskonstrukt des kapitalistischen Systems ist.

    Ebenso Investment und Finanzierung.



    So mein Verständnis und damit und darauf als Grundlage solltest du dann deine weiteren Überlegungen und Fragen aufbauen bzw dir teils schon selbst beantworten können.

    Daraus würde dann das Gespräch über alternative Systeme entstehen.

    Was sich hier bisher aufbaut ist das Gespräch über eine Anpassung oder generell mögliche Organisation und Gestaltung innerhalb des bestehenden kapitalistischen Systems.

  • Habe ich deine ausschweifende Antwort auf meine konkrete Frage so zu deuten, dass [...]

    Unabhängig vom System müssen die Betriebsmittel erstmal vorfinanziert und beschafft werden. Sollte aus deiner Sicht dann der Staat diese bereitstellen? Wäre er dann der Eigentümer und sein Investment müsste refinanziert werden oder "schenkt" er den Arbeitenden die Betriebsmittel?

    Du kannst das natürlich deuten wie Du willst, aber geschrieben habe ich das überhaupt nicht.


    Ich bin absolut nicht der Meinung, dass der Staat Eigentümer werden sollte, und dann sein Investment refinanzieren müsste. Ich habe lediglich versucht zu erklären, dass es aus meiner Sicht völlig vergebens ist, über eine demokratische Staatsform zu reden, wenn man dabei nicht darüber redet, wie antidemokratisch das kapitalistische System und seine bürgerliche Gesellschaft - und somit auch der moderne "demokratische" Staat, der dafür sorgt, dass beides weiterhin Bestand hat - tatsächlich sind, weil darin die Herrschaft über die materiellen Produktionsmittel - auf deren Produkten unser aller Wohlstand beruht - jeglicher demokratischen Mitbestimmung entzogen sind, indem der Staat das private Eigentum an ihnen legalisiert und die privaten EigentümerInnen gegebenenfalls auch mit staatlicher Gewalt davor schützt, ihres Privateigentums und seines gesetzlich garantierten Verwertungspotenzials verlustig zu gehen.

    Das gute an der Marktwirtschaft ist, dass für die allermeisten ein passendes Produkt (Qualität, Preispunkt) zur Verfügung steht. Siehst du nicht die Gefahr, dass dein Modell in die Planwirtschaft führen würde und dann eben nur noch ein Produkt für jeden Zweck angeboten würde?

    Mal abgesehen davon, dass ich mir recht sicher bin, dass es in nicht allzu ferner Zukunft zu einer Planwirtschaft kommen muss, weil der Klimawandel der Menschheit gar keine andere Wahl mehr lassen wird, um ihre materielle Lebensgrundlage noch irgendwie zu sichern, sehe ich die Gefahr nicht in einer planvollen Koordination von demokratisch organisierten Betrieben und Wirtschaftszweigen, sondern eher darin, dass die Planung irgendwann entweder von autoritären Staaten oder von nicht minder autoritären Monopolkonzernen mit Gewalt oktroyiert werden wird, weil man bis zuletzt an der wahnsinnigen Idee festghalten hat, dass nur eine private Marktwirtschaft den Menschen ein Leben in Wohlstand und Freiheit bescheren kann.

    Falls in deinem Modell der Staat die Produktionsmittel vorfinanziert bzw. besitzt stellt sich eben auch die Frage warum er als Monopol mehrere ähnliche Produkte finanzieren sollte.

    Daran schließt auch auch die Frage an, woher der Anreiz für Produktivitätssteigerung, Kostensenkung und Weiterentwicklung kommt.

    Wie schon erwähnt, halte ich den bürgerlichen Nationalstaat so wie wir ihn kennen für absolut unfähig, das in irgendeiner Form tatsächlich demokratisch zu organisieren.

    Was mich allerdings immer wieder erschreckt ist, wie reflexhaft Kritik am Kapitalismus und seiner proftigetriebenen, wachstumssüchtigen Marktwirtschaft quasi automatisch zur Befürwortung einer Autoritären Staatswirtschaft umgedeutet wird, um sie dann als völlig realitätsfern abzutun.

    Fast genauso erschreckend ist der Umstand, dass es den meisten Menschen in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft offenbar unvorstellbar ist, dass Menschen sich auch ohne finanzielle Anreize weiter entwickeln könnten, obwohl sie das über zweihunderttausend Jahre lang bereits taten, bevor die Industrielle Revolution ihren Taten- und Entwicklungsdrang so gewaltig potenzierte.


    Und das führt mich zu Deiner ersten Frage zurück:


    Habe ich deine ausschweifende Antwort auf meine konkrete Frage so zu deuten, dass "organisches" wachsen von demokratischen Betrieben im jetzigen System nicht möglich oder wünschenswert ist (warum?), sondern eine verordnete Systemänderung vorauszugehen hat?

    Auch das habe ich so nicht geschrieben. Ich habe behauptet, dass...

    [...] die Menschen nicht begreifen, dass sie in der kapitalistischen, bürgerlichen Gesellschaft nicht HerrInnen über den gesellschaftlichen Wohlstand für Alle™ sind, sondern dass sie für den Wohlstand der privaten EigentümerInnen arbeiten, und dass sie dabei lediglich mitbestimmen dürfen, welche politische Führung des bürgerliches Staates letztere per Gesetz dazu zwingt, ihnen ein bisschen davon in Form von Arbeitslohn wieder zurück zu geben [...]

    Damit meine ich, dass die Menschen selbst begreifen müssen, wo das Problem liegt, ohne dass ihnen das jemand verordnet, bevor sich irgend etwas "organisch" - von mir aus bitte gerne in Form demokratischer Betriebe - tatsächlich aus dem Kapitalismus heraus entwickeln kann, ohne dass dabei die selben Fehler gemacht werden, die uns heute an den Rand des Abgrundes gebracht haben.

    Und dazu gehört eben leider auch, dass man erst mal die Kritik am Kapitalismus als solche akzeptiert, ohne sie daran zu messen, ob die Kritiker überhaupt wüssten wie man es denn jetzt ganz konkret besser zu machen habe, oder ihnen gar zu unterstellen, sie wollten den totalitären Staatssozialismuskapitalismus des kalten Krieges wieder aufleben lassen.

  • Schlimm nicht, aber sicher nicht einfach.

    Erstmal braucht es Kapital zum beschaffen der Betriebsmittel. Bürgt da jeder für den gleichen Schuldenanteil, oder muss hier Konsens für unterschiedliche Anteile gefunden werden? Partizipiert man dann am Gewinn proportional zum Kreditanteil?


    Lohn stelle ich mir auch schwierig vor. Gemeinsam entscheiden heißt zuallererst auch, dass jeder über das Gehalt des anderen Bescheid weiß und aktiv den Wert aller Arbeiten sowie den Marktwert der Arbeitenden bemessen muss. Muss das im Konsens geschehen?

    Ähnliche Unternehmen gibt es bereits schon. Die Probleme, die du angibst, stimmen vielleicht in den Theorie, in der Praxis haben sie aber wenig Relevanz. Die Probleme die solche Unternehmen haben, liegen eher an der Tatsache, dass sie im Wettbewerb zu kapitalistischen Unternehmen stehen, die massiven Schutz von dem Staat bekommen.

  • Interessant. Lernfrage: Meint das die Kooperation zwischen verschiedenen Branchen? Also zum Beispiel Stahlerzeuger im Unterschied zu Windradherstellern? Oder meint das auch die Kooperation von mehreren Stahlerzeugern untereinander, und die Kooperation mehrerer Windradhersteller untereinander? Wenn letzteres auch gelten soll, hieße das: Kein Wettbewerb mehr um die umweltfreundlichste Stahlerzeugung; kein Wettbewerb mehr um die wirksamste Windradtechnik. Stattdessen sollen die Firmen der selben Branche gemeinsam die besten Techniken entwickeln? Wäre das nicht auch wiederum eine Form von Wettbewerb, nur diesmal halt nicht in der Öffentlichkeit, sondern zwischen den verschiedenen Köpfen innerhalb der Branche, wo dann diese Branchen-Leute untereinander debattieren, und deren beste Köpfe im internen Wettbewerb gewinnen?


    Dass ist eine Frage, ob man Marktsysteme haben will, oder nicht. Marktsysteme können auch ohne Kapitalismus (Privateigentum an den Produktionsmitteln) bestehen. Ich bin kein fan von Marktsystemen, weil jedes Marktsystem destruktive Konsequenzen für die Gesellschaft hat, weil es in Marktsystemen immer Gewinner und Verlierer gibt und die Menschen in einem Marktsystem ihren Wert darin messen, wie weit sie im Wettbewerb zu anderen bestehen können (rat-race), sie nicht den Menschen als Wert an sich sehen. Eine Lösung im Gildensozialismus wäre z. B. einen Kompromiss zwischen Kollektivismus und Syndikalismus herzustellen. D. h. man schafft demokratische Institutionen, in denen die Konsumenten in den Nachbarschaften organisiert werden und gleichzeitig schafft man demokratische gewerkschaftsähnliche Institutionen in der die Arbeiter organisiert werden (wobei es da überschneidungen geben kann von den Leuten her). Und beide Institutionen entscheiden demokratisch miteinander, was hergestellt wird. Das garantiert, dass die Interessen von Arbeitern und Konsumenten gleichwertig in den Produktionsplan miteinfließen. Man könnte auch über die Rolle eines staatsähnlichen Gebildes nachdenken, einer Nationalen Gilde, die aber ausschließlich eine koordinative Funktion hat. Bei der Ungarischen Räterepublik existierte auch eine Institutionen, die sich nur damit beschäftigt hat, sich Pläne auszudenken. Über sowas kann man auch nachdenken. Produziert werden sollte aber nicht nach Profit, sondern nach Bedarf. Viel mehr Details zum Gildensozialismus findest du in dem maßgeblichen Buch von Cole - Guildsocialism Restated. Übrigens war der berühmte Mathematiker Bertrandt Russel ein Befürworter des Gildensozialismus ;)


    Was die Frage der Innovation angeht: Ich denke nicht, dass das besonders relevant ist. Erstmal haben wir schon sehr viel Technologie durch den Kapitalismus. Diese Technologien sind aber derzeit nur der Profitmaximierung untergeordnet. Wenn wir sie nach Bedarf umstrukturieren (z. B. Arbeitszeitverkürzung), könnten wir sicherlich einiges an effizienz herausholen, die dem Menschen dient und nicht dem Profit für einige wenige. Abgesehen davon gab es in der Geschichte immer technologische Innovation. In der Antike, im Mittelalter usw. Mag sein, dass die Innovation dann langsamer geht. Aber wenn das der Nachteil sein soll, dann finde ich diesen Nachteil um einiges akzepabler als die Nachteile der derzeitigen kapitalistischen Todesmaschine.


    Hmm. Da müsste die Zufallswahl dann aber mindestens in eine vorgefilterte Menge greifen, oder? Sonst bestünde weiterhin die Gefahr, dass Dilettanten oder Narzisten an die Macht kommen. Und wenn das vorgefiltert würde, wäre das auch schon wieder eine Abkehr vom Zufallsprinzip, die außerdem die Frage aufwirft, welche Ebene sie verbessern will: Ist es die "Fairness"-Ebene, die allen Menschen gleiche Chancen bereiten will? Oder ist es die "Wahrscheinlichkeits"-Ebene, die die Beste-Köpfe-Trefferquote statistisch erhöhen will?


    Eine vorgefilterte Menge in dem Sinn, dass nach sozio-ökonomischen Kriterien per Zufall und Repräsentativ der Bevölkerung nach ausgewählt wird. Solche Zufallsräte gibt es ja schon. Z. B. der Bürgerrat Klima. Wo die Teilnehmer representativ per Zufall ausgewählt wurden. Mit KI und Big Data könnte man so eine Zufallsauswahl noch besser machen. Aber da gibts viele Modelle und Möglichkeiten.

  • Typischer Marner Trollkommentar. Kann man ignorieren. Übrigens gibt es schon Unternehmen die so funktionieren.

    Wo er Recht hat, hat er aber nunmal Recht. Unternehmen sind keine Staaten. In Unternehmen wird man nicht, ohne gefragt zu werden, hineingeboren und Unternehmen haben auch keine Verantwortung für Staatsaufgaben & Staatsgewalt.

  • Wo er Recht hat, hat er aber nunmal Recht. Unternehmen sind keine Staaten. In Unternehmen wird man nicht, ohne gefragt zu werden, hineingeboren und Unternehmen haben auch keine Verantwortung für Staatsaufgaben & Staatsgewalt.

    Was hat das mit dem zu tun was ich geschrieben hab? Repräsentanten sollten aus der gleichen Klasse kommen wie die, die sie repräsentieren. Oder willst du das es wie heutzutage ist? Wo deine Interessen von einer elitären verantwortungslosen Politikerklasse angeblich "repräsentiert" werden, die keine Ahnung von dem Leben eines normalen Arbeiters haben.



    Ich hab nix gegen Kritik. Aber dann bitte mehr elaboriert und ausführlicher und nicht einfach nur einen Satz.


    (wobei ich den Unterschied zwischen Staat und Unternehmen nicht so groß machen würde, aber darum ging es ja nicht)

  • Was hat das mit dem zu tun was ich geschrieben hab? Repräsentanten sollten aus der gleichen Klasse kommen wie die, die sie repräsentieren. Oder willst du das es wie heutzutage ist? Wo deine Interessen von einer elitären verantwortungslosen Politikerklasse angeblich "repräsentiert" werden, die keine Ahnung von dem Leben eines normalen Arbeiters haben.



    Ich hab nix gegen Kritik. Aber dann bitte mehr elaboriert und ausführlicher und nicht einfach nur einen Satz.


    Ich seh deine Interpretation von Repräsentation als deppert an.

    Warum sollte ich gezwungen sein jemanden meiner Klasse und meines Betriebs und meiner Nachbarschaft und gleichem Arbeitsentgelts zu wählen? Wer sagt denn dass da Schluss ist, vielleicht darf ich nur Menschen wählen die die gleiche Sexualität haben und das gleiche Geschlecht, ganz egal ob ich der Meinung bin, dass die die ich dann noch wählen darf beim öffnen des Mundes dämlicher klingen als ein Scheitl Holz beim Umfallen.

    Wenn man den Kriterienkatalog breit genug macht muss eh jeder selber hingehen weil sonst schlecht repräsentiert wird...

    Da kommt doch erst richtig Stimmung bei den Klientelpolitikern auf bei so einem Unsinn, im Moment besteht wenigstens der Anspruch das Volk zu repräsentieren.

  • Diese Repräsentationsfrage halte ich für eine identitätspolitische Stolperfalle. Dann doch lieber zufällig auslosen. Zudem, wie genau stellst Du Dir das vor? Ich darf dann nur noch wählen, wen Du (bzw. irgendjemand sonst) für mich klassengerecht bereitstellst? Da rollen sich die freiheitlich demokratischen Fußnägel hoch.


    Aber eigentlich war meine Antwort auch eher auf Punkte I. und III. gemünzt, was soll das überhaupt heißen, die Person müsse zu jeder Zeit rückrufbar und austauchbar sein? Wer wird denn dann irgendetwas vielleicht auch mal kontroverses entscheiden? Und wer soll überhaupt darüber entscheiden, wer und warum dann zurückgerufen wird? Selbiges für Punkt 3, völlig absurd. Und da kommen wir dann eben doch zum fundamentalen Unterschied zwischen Staat und Unternehmen. Einen dauernörgelnden Querulanten behält man nicht lange im Unternehmen, egal in welcher Organisationsform das geführt wird, weil er alles und alle ausbremst und belastet. Aus einem Staat kann man aber nicht einfach jemanden rausschmeißen.

  • Ich seh deine Interpretation von Repräsentation als deppert an.

    Warum sollte ich gezwungen sein jemanden meiner Klasse und meines Betriebs und meiner Nachbarschaft und gleichem Arbeitsentgelts zu wählen? Wer sagt denn dass da Schluss ist, vielleicht darf ich nur Menschen wählen die die gleiche Sexualität haben und das gleiche Geschlecht, ganz egal ob ich der Meinung bin, dass die die ich dann noch wählen darf beim öffnen des Mundes dämlicher klingen als ein Scheitl Holz beim Umfallen.

    Wenn man den Kriterienkatalog breit genug macht muss eh jeder selber hingehen weil sonst schlecht repräsentiert wird...

    Da kommt doch erst richtig Stimmung bei den Klientelpolitikern auf bei so einem Unsinn, im Moment besteht wenigstens der Anspruch das Volk zu repräsentieren.

    Spar dir deine ganzen herbeifantasierten Strohmänner. Nie habe ich hier irgendwo von Zwang gesprochen. Es wird auch nicht nach einem exakt definierten Muster gewählt. Es geht hier um freiwilliges WÄHLEN und nicht darum jemanden nach bestimmten vorgegebenen Kriterien exakt zu bestimmen. Es muss ein Gesamtbild der Person sein, die ich wählen KANN. Das nennt man auch gesunden Menschenverstand.


    Die Idee dahinter, ist dass man eben nicht in der Situation ist, jemand wählen zu müssen, der einem einfach vorgesetzt wird oder der 1000* reicher ist als man selbst. Wenn ich in einem Handwerksbetrieb arbeite, wen wähle ich dann? Wähle ich einen reichen Jurist, der aus einer ganz anderen Stadt kommt wie ich und der sein Leben noch nie schwere Handarbeit gemacht hat und noch nie auf irgendwas verzichten musste. Oder wähle ich einen anderen Arbeiter, der aus dem gleichen Betrieb kommt wie ich? Der aus dem gleichen Ort kommt wie ich und aus der gleichen Nachbarschaft kommt und der genau weiß wie es ist, schwer zu arbeiten und verzichten zu müssen? Oder der sogar insgesamt, man würde es kaum glauben, die gleichen Interessen hat wie ich😲


    Aber Marner wählt natürlich den Jurist. Weil er es liebt Autorität anzubeten und Füße zu küssen. Die allwissende Autoritär wird es schon hinbekommen, immerhin ist die Autorität so schlau und reich.

    Was kann da schon schiefgehen 😜 Und wenn das dann jeder so macht, dann hast du im selben Augenblick eine Elite geschaffen, die sich um alles andere kümmert außer um deinen Interessen. Was man auch jeden Tag in der Politik sieht, wie die Politiker an den Interessen der Bevölkerung vorbeiregiert.

  • Das kannst Du jetzt wohl nicht? :/

  • Aber eigentlich war meine Antwort auch eher auf Punkte I. und III. gemünzt, was soll das überhaupt heißen, die Person müsse zu jeder Zeit rückrufbar und austauchbar sein? Wer wird denn dann irgendetwas vielleicht auch mal kontroverses entscheiden? Und wer soll überhaupt darüber entscheiden, wer und warum dann zurückgerufen wird? Selbiges für Punkt 3, völlig absurd. Und da kommen wir dann eben doch zum fundamentalen Unterschied zwischen Staat und Unternehmen. Einen dauernörgelnden Querulanten behält man nicht lange im Unternehmen, egal in welcher Organisationsform das geführt wird, weil er alles und alle ausbremst und belastet. Aus einem Staat kann man aber nicht einfach jemanden rausschmeißen.

    Du denkst hier in den Kategorien unserer derzeitigen Gesellschaft. Dass ein Staat wie in unserer Gesellschaft existiert ist kein Naturgesetz. Man kann sich Gesellschaften vorstellen, die ohne Staat auskommen. Es kann staatenlose Gesellschaften geben die z. B. in förderale Strukturen auf lokaler Ebene organisiert sein können. Die Z. B. organisiert sind nach Kommune oder Nachbarschaften (Syndikate, Gewerkschaften, Gilden wie im Gildensozialismus) oder Organisationen die sich organisch durch freiwillige Assoziation bilden. Meine drei Punkte waren keinen Vorschlag dafür, wie ein moderner (und immer repressiver) Staat heutzutage organisiert werden soll. Das wäre aufgrund seiner Struktur nicht möglich. Meine drei Punkte waren eher Vorschläge dazu, nach welchen Prinzipien idealerweise eine post-staatliche Demokratie funktionieren sollte. Unsere derzeitige liberale Demokratie und der dazugehörige Staat funktionieren nach ganz anderen, autoritären und repressiven Prinzipien, die einer wirklichen Demokratie im Weg stehen. Und deswegen muss der Staat und die liberale Demokratie überwunden werden, zugunsten einer wirklichen Demokratie.



    was soll das überhaupt heißen, die Person müsse zu jeder Zeit rückrufbar und austauchbar sein?


    Es muss gesichert sein, dass die Interessen der Leute, die die Person gewählt haben, von der Person auch immer gewahrt bleiben. Die Idee des jederzeit möglich abrufes, bedeutet einfach nur, dass die Person, sobald sie gegen die Interessen der Leute, die sie gewählt haben handelt, dass dann die Person von ihrer Position abgerufen und durch eine andere ersetzt werden kann (es mindestens ein von jedem wahrnehmbares Veto-Recht gibt), was auch gegen Korruption schützt. Und natürlich können kontroverse Themen ausgehandelt werden. Weil die gewählte Person steht immer im Kontakt zu den Leuten, die sie gewählt haben. Und ich glaube kaum, dass Menschen es nicht verstehen würden, wenn es um komplexe und kontroverse Themen geht. Das ist auch nur in der Theorie ineffizient. Weil Leute die solche Systeme kritisieren glauben, dass dann darüber diskutiert wird, wo der Stuhl steht oder so ein nonsense. In der Realität wissen die Leute aber sehr genau, was wichtige Themen sind und was nicht.


    Das Problem, das du und Marner haben, ist dass ihr euch das wie ein starres autoritäres von oben herbeidiktiertes System vorstellt. Weit davon entfernt. Es geht darum, einen institutionellen Rahmen zu schaffen, in dem es Ideen gibt, die dafür sorgen, dass das System demokratisch ist und bleibt. Einzelne Details können immer ausgehandelt werden. Die Details sollen gerade deswegen ausgehandelt werden können, weil eben gerade KEIN Dikator das einfach von oben herab festlegen können soll.


    Ganz nebenbei: In einen Betriebsrat werden auch nur Leute gewählt, die aus dem selben Betrieb kommen.

  • Jonny, ich finde diese Ideen wirklich inspirierend. Wurden in diese Richtung schon mal praktische Experimente durchgeführt, mit realen Menschen verschiedenster Interessen und Temperamente, also vielleicht mit 1000 Leuten aus verschiedenen Denkrichtungen, deren Mischungsverhältnis ungefähr dem von Deutschland oder was auch immer einem Staat entspricht? Und dieses Experiment vielleicht drei Jahre lang laufen lassen, wobei sich die Versuchsleute in einem geografisch begrenzten Gebiet real aufhalten und dort mit Modellen hantieren, oder einfach in einer virtuellen Computerwelt miteinander kommunzieren. Wurde das schon mal gemacht?


    Man muss sich ja schon fragen, wo die kritischen Massen, die kritischen Kippunkte sind, wo so ein System hinken würde, also wenn beispielsweise zu viele Alphatierchen im System sind, die ihre Mentalität schlichtweg nicht ändern, ab wieviel Prozent dieser und jener Einflüsse muss das System mit dieser und jener Funktion stabilisierend eingreifen, und so weiter. Solche praktischen Fragen, meine ich. Sozialpsychologische Empirie ...

  • Wer sagt denn dass da Schluss ist, vielleicht darf ich nur Menschen wählen die die gleiche Sexualität haben und das gleiche Geschlecht, ganz egal ob ich der Meinung bin, dass die die ich dann noch wählen darf beim öffnen des Mundes dämlicher klingen als ein Scheitl Holz beim Umfallen.

    Ja genau!!! Die Interessen von Frauen werden natürlich immernoch am aller Besten von Männern dargestellt. Jeder weiß doch, dass nur Männer wissen, was am Besten für Frauen ist. Frauen können doch noch nicht mal Auto fahren. Wieso dürfen die überhaupt wählen? 😜 Das gleiche gilt auch für Schwarze. Da wissen am besten alte weiße (und besonders reiche) Männer was die wollen. War doch schon immer so. Wo wir damals die ganzen Wilden aus Afrika in die Modernität versklavt haben. Die müssten uns noch heute eigentlich danken. Und nur die Reichen wissen, was die armen faulen Obdachlosen wollen usw. genug jetzt davon 😄

  • Wo er Recht hat, hat er aber nunmal Recht. Unternehmen sind keine Staaten. In Unternehmen wird man nicht, ohne gefragt zu werden, hineingeboren und Unternehmen haben auch keine Verantwortung für Staatsaufgaben & Staatsgewalt

    Er hat halt leider überhaupt nicht recht.


    Du wirst zwar nicht in ein Unternehmen hinein geboren (es sei denn Du übernimmst den Betrieb, die Kanzlei, die Artzpraxis Deiner Eltern), aber sofern Du nicht staatsbedienstet bist, einen Haufen Geld geerbt, oder ausreichend Kapital hast, um von der Rendite leben zu können, wirst Du durch den schieren Zwang der herrschenden Verhältnisse dazu gezwungen, für private Unternehmen zu arbeiten, weil Du sonst kein Geld verdienst und dann keine Miete bezahlen, und Dir nichts zu essen oder zum anziehen kaufen kannst.


    Die herrschenden Eigentumsverhältnisse zwingen Dich (und mich, und alle anderen, die kein ausreichendes privates Eigentum haben) dazu, Dich als Wettbewerber am Arbeitsmarkt gegen konkurrierende ArbeitskraftanbieterInnen zu betätigen und permanent Deine individuelle Produktivität zu optimieren, damit Du attraktiver dafür wirst, in den Dienst am Profit anderer Menschen gestellt zu werden, und Dir damit einen möglichst hohen Arbeitslohn zu erarbeiten.

    Es herrscht nicht der Unternehmer für den Du arbeitest, sondern der Sachzwang der Verhältnisse, von denen er profitiert und für deren Erhalt sein Untenehmerverband politische Lobbyarbeit betreibt, die Du Dir nicht leisten kannst und gegen deren prall gestopfte PR-Budgets auch Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbände nicht ansatzweise vergleichbare Mittel zur Verfügung haben.


    Der bürgerliche Staat und seine Staatsgewalt werden in der liberalen Demokratie nicht direkt von Unternehmen gesteuert und deshalb opponieren die Unternehmerverbände auch regelmäßig gegen seine wechselnden politischen Führungen, und schreiben ihnen die Verantwortung dafür zu, dass ihre Profite nicht so hoch sind, wie die EigentümerInnen sich das wünschen.

    Aber auch dieser Staat ist essenzieller Teil der herrschenden Verhältnisse. Die Unternehmerverbände wissen das auch ganz genau und stützen ihn - voller Verantwortungsbewusstsein für den Erhalt der freiheitlich demokratischen Grundordnung - nach Kräften, weil er mit seiner Verfassung, seiner Gesetzgebungsmacht und seinem gewaltsamen Schutz des Privateigentums dafür sorgt, dass es überhaupt private Unternehmen gibt, und weil es gleichzeitig seine parteiübergreifende Staatsräson ist, die kapitalistische Konkurrenz in geordnete Bahnen zu lenken und einen fairen Wettbewerb zu veranstalten, damit dass auch so bleibt und nicht im Chaos endet.


    Die meisten BürgerInnen der bürgerlichen Gesellschaft wollen auch gar nichts anderes. Sie haben den Zwang der herrschenden Verhältnisse verinnerlicht wie ein Naturgesetz und halten radikale Kritik daran für gefährliches Querulantentum und abstruse Ideologie, die den Gesetzen der Natur widerspricht.

    Genau wie die Unternehmerverbände wettern sie zwar gerne und ausgiebig gegen die wechselnden politischen Führungen des Staates und deren unzureichendes Management, und wünschen sich vielleicht sogar mehr demokratische Teilhabe an der Organisation des Staatswesens, aber die parteiübergreifende Staatsräson des Systemerhalts stellen sie nicht in Frage, denn als abhängig beschäftigte Arbeit(splatz)nehmerInnen entspricht es - unter den verinnerlichten Sachzwängen der herrschenden Eigentumsverhältnisse! - ihrem individuellen materiellen Interesse, dass der Staat die kapitalistische Konkurrenz unter Kontrolle, und den marktwirtschaftlichen Wettbewerb am laufen hält, von dessen Gelingen ihre Arbeitsplätze und ihr Lebensunterhalt abhängig sind.

    Dass der bürgerliche Staat damit aktiv ihre Abhängigkeit von den privaten EigentümerInnen der Produktionsmittel aufrecht erhält, kommt ihnen nicht in den Sinn, denn sie sind ja per definitionem und qua Grundgesetz freie und mündige BürgerInnen, die den demokratischen Souverän des Volkes bilden, und sie bezahlen schliesslich mit ihren Steuergeldern die unverschämt hohen Diäten und Spesenzulagen der VolksvertreterInnen, damit die ihre Interessen vertreten.


    Und das beste Beispiel dafür, dass es dem mündigen Bürger ein tatsächliches Anliegen ist, seine verkehrte Weltsicht - sein falsche Bewusstsein - für den gesündesten aller Menschenverstände zu halten, und ihn gegen Querulanten, realitätsverweigernde Ideologen und Häretiker wider den rechten Glauben zu verteidigen, liefern immer wieder zielsicher die Beiträge unseres rechtsgläubigen Staatsgewaltfreundes mit dem niedlichen NAFO-Maskottchenhündchen im Avatar.

  • seine verkehrte Weltsicht - sein falsche Bewusstsein -


    Hab ich mich endlich für Direktive 1/67 qualifiziert?

    Ich wünsch euch zwei Spezln viel Spaß in eurer Betriebskampfgruppe, mal sehen wie Anarchokätzchen und Monkeymarx so zusammen gehen...


    Die Idee die Gesellschaft in gleichartige (gegenseitig repräsentationsfähiger?) sich wählenkönnende Grüppchen zu zerteilen, was soll da schon schief gehen...


    "Einigkeit macht stark" steht auf dem Maibaum und wir kloppen uns nicht jedes Jahr nur weil es im Kalender steht. Aber das bekommt ihr bestimmt auch noch aus dem neuen Menschen programmiert.

  • "Einigkeit macht stark" steht auf dem Maibaum und wir kloppen uns nicht jedes Jahr nur weil es im Kalender steht.

    Kloppt Ihr Euch mit den Deppen vom Nachbardorf, weil ihr glaubt, es sei die "Natur des Menschen" die Einigkeit seiner Gruppe dadurch zu definieren, dass man einer anderen Gruppe gemeinschaftlich zünftig auf's Maul haut, oder seid ihr einfach nur generell ein bisschen gewaltgeil?

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