#635 - Soziologe Harald Welzer

  • Karfreitag, ab 15 Uhr, LIVE



    Zu Gast im Studio: Harald Welzer, Soziologe und Sozialpsychologe. Er arbeitet heute als Publizist.


    Zuletzt veröffentlichte er gemeinsam mit Richard David Precht das Buch "Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist" (S. Fischer Verlag, 2022)


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  • Was sind aus Deiner Sicht die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Euren Thesen in "Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist" und denen von Chomsky in „Manufacturing Consent”?


    Hatten Chomskys Analysen Einfluss auf Eure Arbeit am Buch?


    Danke.

  • Ich habe das aktuelle Buch nicht gelesen, gibts da einen Teil der sich mit dem Internet beschäftigt?

    Ansonsten eine Frage zur „Zensur” im Internet, „unserer“, „der Mainstream“, eigentlich meiner Bewertung bestimmter Sachverhalte dort, wobei mein Eindruck ist, dass die meisten dass so sehen.


    1.1 Rolle der sozialen Medien beim Arabischen Frühling - gut

    1.2 Rolle der sozialen Medien beim 6. Januar - schlecht


    2.1 China gibt seinen Bürgern keinen Zugang zu unseren Informationen zum Tiananmen Massaker - Zensur, schlecht

    2.2 Die EU gibt uns keinen Zugang zu Informationen aus Russland zum Ukraine Krieg - keine Zensur, gut


    Die Unterschiedliche Bewertung rührt wohl daher, dass wir uns als demokratisch und China und die Monarchien nicht als demokratisch sehen.


    Auf Welzers letztes Buch bezogen: Welchen Einfluss haben sozialen Medien dabei wie „Mehrheitsmeinung gemacht” wird?

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

    Einmal editiert, zuletzt von Adelheid ()

  • Harald Welzer hat er Mal ein Buch mit Sönke Neitzel zusammen geschrieben, Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben, es ist eine Auswertung von (rechtswiedrigen) britischen Abhörprotokolle deutscher Kriegsgefangener. Darin geht es darum wie der Referenzrahmen zu Richtig und Falsch bei Soldaten während des Zweiten Weltkriegs war, wie er sich durch den Krieg verschoben hat (Beispiel: Frauen und Kinder töten, absolutes nogo. Frauen vergewaltigen, völlig ok. Natürlich war der Referenzrahmen damals nicht bei jedem gleich, aber innerhalb einer Bevölkerungsgruppe doch sehr ähnlich.)


    Haben sich, wenn ja wie, die Referenzrahmen zu Richtig und Falsch durch den Ukrainekrieg verschoben? Bei uns, in der Ukraine, in Russland, jeweils bei Zivilisten und beim Militär? (Am intressantesen fände ich dabei die Betrachtung der deutsche Zivilgesellschaft).


    Kontext:


    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

    Einmal editiert, zuletzt von Adelheid ()

  • Wieso lassen sie sich auf Einladungen zu Talkshowformaten wie Markus Lanz ein, wo man doch weiß, dass es hier nicht um einen Diskurs im Sinne des Erkenntnisgewinns geht, sondern eben nur um die Show selbst.


    Hätten nicht einschlägig und zugleich völlig unbekannte Medienwissenschaftler*innen an ihrer Statt (Precht/Welzer) die Thesen aus ihrem Buch und deren Inhalte nicht viel besser Vertreten können, um den völligen Personifizierungskult der Medien zu entgehen?

  • Welche Erkenntnis hast du aus den Interviews zum und der medialen Behandlung des Buches gewonnen?

    Was würdest du in der Rückschau, mit den jetzigen Erkenntnissen, anders machen? Sowohl im Umgang mit den Medien, als auch eventuell inhaltlich im Buch.

  • Herr Welzer hat als ausgebildeter Geisteswissenschaftler auch die Funktion von technischen Bauwerken beurteilt und maßgeblich unterstützt. Die "Idee", einen sogenannten Pflanzenfilter zur Reinigung von hochvergiftetem Flusswasser einzusetzen, bezeichnete er als „intelligenten technischen Eingriff“. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass dies eine Anwendung wäre, die sogar Menschenleben gefährden kann.


    Äußert sich Herr Welzer fachlich zu Themen, für die er keine Expertise hat?

  • H. Welzer hat in der Sendung vom Markus Lanz, 29.09.2022, Minute 21:09 zu dem Buch „Die vierte Gewalt“ und der Frage nach dem empirischen Hintergrund zu den Behauptungen des Buches, erwähnt, dass die empirische Untersuchung in Arbeit sei und die Ergebnisse im Dezember (2022) erscheinen werden. Was sind die Ergebnisse und vwo wurde diese publiziert? Wir würden gerne die Diskussion dieser Erkenntnisse hören sowie eine Stellungnahme, warum das Buch vor Abschluss der Studie veröffentlicht wurde.

  • Zu dem was Chomsky über das sich kurz-fassen geschrieben hat:

    Ich denke, dass nicht nur die Medien so funktionieren. Unser Wirtschaftssystem/Kultursystem funktioniert ähnlich. Man muss verstehen, dass wir in einer Massengesellschaft leben. Und wenn du Erfolg haben willst in einer Massengesellschaft, dann musst du so viel "Masse" d. h. so viele Menschen wie möglich erreichen. Und wie erreichst du so viele Menschen wie möglich? Indem du den kleinsten gemeinsamen Nenner anbietest. Egal wobei. Essen, Filme, Musik, Autos, Literatur, Kultur, Politik ect. In fast allem findet man diese Verengung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Ich finde das a little funny, weil das den Individualismus untergräbt, für den unsere Gesellschaft doch eigentlich steht ;)

  • Mit dem Klimawandel - da ist man sich einig - wird einfach nicht ernsthaft genug umgegangen. Die politische Führung nimmt das nicht ernst. Die Gegenpropaganda ist ständig am gegenpropagieren. Die Leute können sich einfach nicht vorstellen, was da auf uns zukommt.


    Ganz anders verhält es sich mit dem brutalen, grausamen Angriffskrieg - in EUROPA - der Russen gegen "Die Ukraine". Da ist alles ganz klar und unzweifelhaft. Da handelt die Regierung grundsätzlich richtig - wenn auch oft zu zögerlich - da gibt es gar keinen Zweifel am Kriegsziel der politischen Führung: Der Russe darf nicht gewinnen!


    Das muss natürlich intepretationsfähig bleiben, denn es könnte ja auch schief gehen. Da braucht die Regierung ein Kriegsziel-Ausstiegszenario. So ist das nun mal in der Geopolitik™.


    (Ab 1:59:52)


    TJ: Wer ist denn da nicht dafür? Wer ist denn nicht für Diplomatie? Selbst im politischen Berlin kenne ich keinen der nich für Diplomatie wäre, wenn sie möglich wäre.


    HW: Ja aber das ist doch auch 'ne Behauptung das sie nicht möglich wäre. [...] Also der alte Satz ist doch ein ganz einfacher. Ich brauche doch nicht Diplomatie, wenn die [Kriegs]Parteien Verhandlungsbereit sind, sondern ich brauche Diplomatie wenn sie nicht verhandlungsbereit sind. Das ist die Aufgabe von Diplomatie. [...]


    TJ: Nee aber ich mein', Du hast Dich vor 'nem Jahr schon gegen die Lieferung von schweren Waffen ausgesprochen. Die sind jetzt aber geliefert worden und werden geliefert.


    HW: Ja aber jetzt könnt' ich natürlich einfach sagen, und das war ja...


    TJ: ...Hast Du Dich vielleicht geirrt, und das was Du befürchtet hast, ist ja bisher nicht eingetreten?


    HW: Ich könnte sagen, an der Stelle habe ich mich geirrt, weil der dritte Weltkrieg nicht eingetreten ist. Okay, bin ich dann total froh, dass ich mich geirrt habe, weil der dritte Weltkrieg nicht eingetreten ist. Es ist aber was anderes eingetreten, was wir damals gesagt haben - also Reinhard Merkel, oder ich, oder Alexander Kluge, die sich damals diesen Brief unterschrieben haben und sich auch öffentlich dazu geäußert haben -, denn die...


    TJ: ...Du meinst die Weltweite Rüstungsspirale...


    HW: ...einmal das, [...] und wir haben damals dann auch...


    TJ: ...Damals mit Alice Schwarzer schon, seh' ich gerade. Hmm...


    HW: ...Ja das war ja in der Emma veröffentlicht...


    TJ: ...Hmnja...


    HW: ...deshalb ist...


    TJ: ...geht ja nur...


    HW: ...es naheliegend, dass Frau Schwarzer mit dabei war [...] Was ich zum Beispiel in öffentlichen Diskussionen gesagt habe, dass die Befürchtung besteht, dass die ständige Fütterung dieses Krieges mit mehr Waffen dazu führen wird, dass man in einen Zermürbungskrieg eintritt, dass man in eine Situation kommt, wo ein... eine Situation entsteht - ähnlich wie im ersten Weltkrieg - dass man einen lang dauernden, theoretisch endlosen Abnutzungs- und Zermürbungskrieg hat, wo sozusagen sich das festfrisst und es nicht mehr vor und nicht mehr zurück geht, was aber bedeutet, dass permanent mehr Zerstörung angerichtet wird, permanent mehr Menschen sterben, und dass die Eskalationsgefahr - eben die Entgrenzung des Krieges - permanent aufrecht erhalten wird. Und da würd' ich jetzt doch mal sagen: Is so passiert. Genau das ist die Situation wie wir sie jetzt haben - Bakhmut und so weiter - und auch diese... wie soll man sagen...auch diese, dieses, dieses Furchtbare einer - jeden Tag, auch wenn wir hier jetzt sprechen - steigenden Zahl von Menschen die getötet werden, auf beiden Seiten, plus Zivilbevölkerung, in einem Zermürbungskrieg, von dem wir nicht wissen, wie eine Lösung militärisch da entstehen soll - das ist ja nicht absehbar - ja? Das ist für mich etwas wo ich dann sagen würde: okay, an diesem Punkt waren wir nicht so verkehrt, und dann würd' ich doch gerne mal hören, ähm...was die anderen jetzt für Argumente haben, was denn die Waffenlieferungen dazu beigetragen haben, dass diese Pattsituation nicht entsteht? Spannend. Und die andere Frage ist, dass wir immer noch nicht - das war... habe ich damals auch schon moniert - : Was sind die Kriegsziele? Was sind die Kriegsziele?


    TJ: Die kennst Du immer noch nicht?


    HW: Nee.


    TJ: Wirklich?


    HW: Ja was sind sie denn?


    TJ: Von wem jetzt? Von Putin, oder von der Ukraine oder dem Westen...?


    HW: Von dem Westen.


    TJ: Der Angreifer darf nicht gewinnen.


    HW: Und, was heißt das? Was bedeutet das? Fünf Jahre lang Bakhmut, oder was...?


    TJ: Das ist, das ist jetzt... ja das...Du wollt'st...hast nach dem Ziel gefragt. Ist doch'n Ziel.


    [Afghanistan-exkurs]


    TJ: Aber wir führen ja keinen Krieg. Du betonst ja auch immer wieder: Wir sind nicht Kriegspartei.


    HW: Ja wir sind nicht Kriegspartei, aber wir haben 'ne bestimmte Position in...äh zu diesem Krieg, der sich auch in bestimmten Handlungen manifestiert... die sich auch in bestimmten Handlungen manifestiert.


    TJ: Aber ich bin wirklich 'n bisschen überrascht, dass Du meinst, dass es - also quasi jetzt von deutscher Regierungsseite - kein Kriegsziel formuliert wurde.


    HW: Aber was denn?


    TJ: Die Russen dürfen nicht gewinnen!


    HW: Ja aber das heißt ja nichts.


    TJ: Ja äh... das kann man verschieden interpretieren...


    HW: ...ja...


    TJ: ...weil, äh... du musst natürlich auch für den Fall der Fälle, dass Dein... dass das schief geht, musst Du natürlich immer ein out haben. Ich mein', also kann ja sein dass...


    HW: Aber weißte [...] das ist mir viel zu unernst.


    TJ:...okay...


    HW: ...ja und zwar deswegen, weil es geht hier nicht - wir hatten vorhin schon das Thema, dass es dann immer darum geht, wer kommt hinterher wieder wie gut raus und was ist Politikerpolitik und was is sachlich...


    TJ: ...aber das is Geopolitik.


    HW: ... hier geht es... aber hier geht es um was unfassbar Ernstes. Hier geht es um was unfassbar Ernstes.


    ________________________________________


    Danke Harald.


    Mein neues Lieblingswort ist übrigens Vertretungsheldentum.

  • Dieses iView war eine Art "Manufacturing consent" als liveDemo.


    Welzer, das kann doch nicht wirklich Ihre Haltung ein.

    Welzer, erklären Sie sich mal zu diesen Formfehlern.

    Welzer, das hier hört sich wie VT an.

    Welzer, hier besteht Kontaktschuld.


    Nicht zu fassen, selbst Intellektuellen wie Welzer muss man "richtiges Denken" nahe bringen. Und dann gähnt der Lümmel auch noch so demonstrativ - alle 10 Minuten. Zeiten sind das...

  • Nicht zu fassen, selbst Intellektuellen wie Welzer muss man "richtiges Denken" nahe bringen. Und dann gähnt der Lümmel auch noch so demonstrativ - alle 10 Minuten. Zeiten sind das...

    Ich fand sie Stellen, wo er sich ein wenig über die Länge des Verhörs beschwert hat am besten^^


    Danke, dass deine letzte Frage so ein wenig in die Stoßrichtung ging, die ich hier formuliert hatte Tilo . Ich fand seine Antwort da etwas zu unreflektiert und flapsig, wo er doch selbst die Ernsthaftigkeit bzgl. der Medienkritik vermisst hat. Aber naja, er war da auch schon wirklich sehr, sehr müde. Bin mal gespannt, was seine Empiriestudie so raushaut. Wobei, das Ergebnis kennen wir eigentlich alle🤷

  • Ein wenig ratlos lässt mich das Interview zurück, muss ich ganz ehrlich gestehen.

    War hier noch Informationsgewinn das Ziel?

    Die schiere Menge der "Ja, aber..."-Repliken - und zwar des Interviewers und nicht des Interviewten - lässt mich ein wenig zweifeln.

    Zum Stil lasse ich mich jetzt mal nicht weiter aus, dazu hat leie schon geschrieben.

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