#632 - China-Experte Frank Sieren

  • Morgen (Montag), ab 16 Uhr, LIVE



    Zu Gast im Studio: Journalist, Korrespondent, Dokumentarfilmer und Autor Frank Sieren. Er lebt und arbeitet seit 1994 in Peking und hat sich durch seine Berichterstattung über die Volksrepublik China und die dortigen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen einen Namen gemacht. Einige seiner Bücher befassen sich mit der weltweiten Expansion der chinesischen Wirtschaft und den Auswirkungen auf andere Volkswirtschaften.


    Habt ihr Fragen zu China? Her damit!


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  • Auf welchen Ebenen findet die Kommunikation zwischen der Chinesischen und der Europäischen Bevölkerung statt?
    Hat Frank Sieren den Eindruck gewonnen, dass die Quantität und Qualität der Kommunikation sich im Laufe seines Aufenthalts in China verbessert oder verschlechtert hat?

    Hintergrund:
    Ich habe den Eindruck gewonnen, dass in Europa hauptsächlich über China gesprochen wird, aber nicht mit China beziehungsweise mit der chinesischen Bevölkerung.
    Ich habe beispielsweise noch keine einzige Unterhaltung mit jemanden aus China geführt. Hingegen gab es schon einige Unterhaltungen mit Menschen aus dem Rest der Welt.
    China schottet sich offensichtlich von den Informationen der Außenwelt ab. Dabei würde mich interessieren, wie gut das wirklich gelingt. Was denkt die chinesische Bevölkerung über den Rest der Welt? Gibt es da bei den ~1,4 Milliarden Menschen eine vorherrschende Meinung gebildet durch die Regierung?

    Ist vermutlich zu allgemein, würde mich aber dennoch interessieren.

  • Würde er es ähnlich sehen?

    "

    Die Systemfrage ist ein zentraler Punkt in der Diskussion zwischen dem Westen und China, und sie gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere in einer Zeit, in der das chinesische Modell des autoritären Kapitalismus immer größere globale Präsenz zeigt. Während sich der Westen weiterhin auf das demokratische System und seine Vorzüge konzentriert, verfolgt China einen anderen Weg, bei dem die Kontrolle der Kommunistischen Partei und die Sicherung der politischen Stabilität im Vordergrund stehen.

    Es wäre jedoch ein Fehler, die Unterschiede zwischen diesen beiden Systemen nur auf ihre politischen Strukturen zu reduzieren. Wir müssen auch die kulturellen, historischen und sozialen Unterschiede zwischen dem Westen und China berücksichtigen, die einen erheblichen Einfluss auf die Art und Weise haben, wie diese Systeme funktionieren und wie sie von ihren Bürgern wahrgenommen werden.

    Das chinesische System hat in den letzten Jahrzehnten beeindruckende wirtschaftliche Fortschritte erzielt und Millionen von Menschen aus der Armut gehoben. Dennoch gibt es nach wie vor Bereiche, in denen das chinesische System kritisiert wird, insbesondere in Bezug auf Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Transparenz.

    Die Systemfrage ist daher keine einfache Gleichung, bei der ein Modell dem anderen überlegen ist. Vielmehr müssen wir die Komplexität der beiden Systeme, ihre Stärken und Schwächen sowie ihren jeweiligen historischen und kulturellen Kontext anerkennen und akzeptieren. Letztendlich sollten wir uns auf den Dialog und das gegenseitige Verständnis konzentrieren, um eine friedliche und produktive Koexistenz der verschiedenen politischen Systeme auf der globalen Bühne zu ermöglichen."

    Jedes Volk hat seinen eigenen Begriff von Gut und Böse.

    Fjodor Michailowitsch Dostojewski

  • Puh. Das ziiiiieht sich. Kann es sein, dass sein Expertentum sich darauf beschränkt, in China zu wohnen?

  • Tja. Die Chinesen, wenn sie ihr System den westlichen Systemen vorziehen und die westlichen Systeme kritisieren, kritisieren nicht wirklich Demokratie an Sich, sie kritisieren die parlamentarisch-repräsentative Demokratie.


    Abgesehen davon: Es mögen zwar die Gesichter regelmäßig ausgetaucht werden im Westen, die Wirtschaftspolitik bleibt aber immer gleich.

  • Die feministische Perspektive auf die Rolle der Frau in China ging leider unter, deswegen wollte ich den Artikel hier empfehlen:


    https://www.zeit.de/kultur/201…bewegung-ein-kind-politik


    Auch von Arte gab es einen Beitrag über den Frauenmangel und Entführungen.

    https://www.youtube.com/watch?v=YnQwBTHP4io&t=1s


    Infolge der Ein-Kind-Politik hat sich das Verhältnis in China zwischen Männern und Frauen derart verschoben, dass es zu wenig Frauen gibt...weil natürlich Jungs bevorzugt wurden und werden. Eine Folge waren Entführungen von Mädchen aus ländlichen Dörfern und auch die Selbstbestimmung wurde eingeschränkt. Das derart auszusparen empfand ich schon als markantes Defizit in der Unterhaltung...


    Aber vielleicht kann es beim nächstes Mal besser thematisiert werden.

  • Puh. Das ziiiiieht sich. Kann es sein, dass sein Expertentum sich darauf beschränkt, in China zu wohnen?

    Na lieber so, als von irgendwelchen Möchtegern-China Experten, die noch nie dort waren, etwas über das Land zu hören und das hier so typische, weil politisch angepasste, China Bashing zu betreiben.

    Den Sieren könnt Ihr gern nochmal einladen.

  • Am besten gefallen mir die Fragen des Live-Publikums am Ende.


    Da versucht Sieren zweieinhalb Stunden lang standhaft, sich nicht auf eine westliche Sichtweise festnageln zu lassen und zu erklären, warum man China nicht aus einer eurozentrischen Perspektive betrachten sollte, und dann wird ihm - von Hans natürlich nur ganz nüchtern aus wertneutraler Chronistenpflicht übermittelt - vorgehalten, er habe sich nicht ausreichend von der autoritären chinesischen Staatsführung distanziert.


    :S

  • Während in den meisten Vergleichen zwischen China und dem "Westen" eher "Autokratie" und "Demokratie" verglichen werden um den Erfolg Chinas zu erörtern, kommt meines erachtens eine andere Diskussion viel zu kurz.


    In China, völlig ungeachtet der Staatsform, ist der Staat Handlungsfähig gegenüber Reichen und Konzernen, im Westen ist der Staat das nicht. Das scheint mir der wesentliche unterschied.


    Kapitalismus hat immer dann noch einigermassen Funktioniert wenn staatliche Regularien auch wirksam die Macht der Konzerne und der Überreichen im Zaum halten konnten. Die Macht des Geldes konnte die Demokratie leicht korrumpieren, aber auch die Autokratie ist nicht immun gegen so eine Entwicklung. In der Zukunft könnte sich in China ebenso eine neofeudale Oligarchie entwickeln wie im Westen. Wenn dort der Aufstieg der Megareichen ebenso stattfindet wie hier, dann ist das mmn sogar sicher dass das passieren wird.

  • In China, völlig ungeachtet der Staatsform, ist der Staat Handlungsfähig gegenüber Reichen und Konzernen, im Westen ist der Staat das nicht. Das scheint mir der wesentliche unterschied.

    Schon, aber in unsererm Propaganda Neusprech ist doch genau das Autokratie. Gerade gut zu sehen in unserer Ampel, wo man sich gerne auch mal deshalb mit Putin vergleicht. Alles was das private Kapital an seiner Blüte hindert ist Autokratie. Wie in sämtlichen Demokratien in Südamerika, Asien, Afrika … alles Autokratien. Wenn zB in Frankreich das Volk niedergeknüppelt wird, ist das etwas ganz anderes. Das ist regelbasierte Freiheit.

  • Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität aller Länder

    Kann man nur aus westlicher Perspektive auf Russland beziehen.

    Zum chinesischen Territium gehört eine Insel, auf der die Souveränität und IntegritätChinas verletzt wird.

    Der Köder ist Russland und die Maus ist Taiwan.

  • "Die Sicherheit einer Region sollte nicht durch die Stärkung oder den Ausbau von Militärblöcken erreicht werden."

    Auch hier sollte man wieder mal die chinesische Perspektive einnehmen, denn das hat nur bedingt mit der Nato zu tun.

    Je mehr Länder sich von westlichen Nationen schützen lassen, desto weniger Nationen können unter den direkten Einfluss Chinas fallen.

    Teile und herrsche.

    Sunzi sollte nun langsam neben Makiavelli zur Pflichtlektüre für Poitiker werden.

  • Im nächsten Gespräch würde mich auch mehr die Rolle von Tibet interessieren und die der Uiguren.


    https://www.youngausint.org.au…nkfN0pLa6aWW451BPswPGpnlc

  • Auch ich habe sehr lange dort gelebt. Meine Erfahrungen sind oft fundamental anders als von Herrn Frank Sieren beschrieben.

    Die Partei in China tut alles um an der Macht zu bleiben. Wenn dieses e-Autos erfordert wird es halt gemacht, aber nur so lange es vorteilhaft ist. Meine Erfahrung ist, dass sobald man etwas sich aus den Städten herausbewegt, es fast nur Verbrenner gibt und zwar auch neue Autos, nicht nur die alten.


    Ich fahre viel durchs Land, man muss nur sich die neuen Gebäude ansehen, dort wo eine Klimaanlage hängt, leben auch Menschen. Gefühlt sind 80 % der neuen Gebäude fertig, aber unbewohnt. Das kann nicht gutgehen. Aussagen sind, dass 80 mio Wohnungen leerstehen. Diese Wohnungen sind meist privat finanziert und die Menschen haben sich Geld von der Bank geborgt. Auch hier wieder, ich habe keine Beweise oder Statistiken dazu, aber man liesst genug hierzu, selbst im China Daily.


    Meine Erfahrung ist es auch, dass die Ellenbogengesellschaft viel aggressiver und ausgeprägter ist als in Europa. Viele nutzen nur andere aus um einen Vorteil zubekommen, ohne Rücksicht auf Verluste.


    Ein weiteres Beispiel ist die Inflation, die mag zwar nur offiziell bei 2 % sein, aber wie bei uns, eine Gurke kostet das Doppelte als vor 5 Jahren und einen Kaffee bezahlt man mit fast 20 % mehr.


    Natürlich, es sind alles Anekdoten die ich berichten kann, aber zu vielen Aussagen von Herr Sieren, habe ich einfach total andere Erfahrungen gemacht.


    Bin überhaupt kein Freund von einem Bashing, aber man muss beide Seiten sehen.


    Eine Buch Empfehlung von mir: "The World According to China" von Elizabeth C. Economy. Auch zu empfehlen "The surveillance State" von Josh Chin und Liza Lin, "The Avoidable War" von Kevin Rudd.

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