#628 - Militärexperte Thomas Wiegold (1 Jahr Krieg in der Ukraine)

  • Tilman

    Es ist nicht so, dass du per UKW vorwiegend sachliche Infos erhältst, ich hatte auch nie den Eindruck, dies sei UKW's Anspruch gewesen. Das ist ne Sendung für die WesternHood. Ganz klar. Die hat aber zumindest den Vorteil, dass Leute wie Tim immer mal wieder ihre EInschätzungen revidieren und bspw. ihre mangelnde Vorhersagekraft bzgl. des Kriegsverlaufs eingestehen, so wie in der vorletzten Sendung geschehen, nachdem sie den Sieg der UA schon beinahe als unausweichlich beschrieben haben, dann aber feststellten, schlicht ihrem eigenen Wunschdenken aufgesessen zu sein, die der Realität eben nicht standhält.


    Oder Pavel "NordStream-Lecks könnten auch natürliche Ursachen haben" Mayer. Der macht genau gar keinen Hehl aus seiner Voreingenommenheit und verbiegt die wundersamsten Dinge solange, bis sie ins Narrativ passen.

    Die Sendung ist absolut irreführend, wenn man blind folgt. Die Sendung hat ihren Wert, wenn man mit einbezieht, dass man hier 2 Hobbyanalysten beim Arbeiten und Scheitern zugucken kann, so wie man selbst als Hobbyanalyst am Thema arbeitet und scheitert. Insofern ist die unverhohlenen Nichtneutralität sehr vorteilhaft, weil westliche Narrative von den beiden direkt in die Anwendung gepresst werden und sich konkret beweisen müssen.


    Was sehr unterhaltsam sein kann.

  • Allerdings wurde all das auch von den Amerikanern und ihren Verbündeten während der völkerrechtswidrigen Eroberung und anschliessenden jahrelangen Besatzung des Irak - an der auch ukrainische Truppen als größtes Kontingent eines nicht-NATO-Landes beteiligt waren - verübt.

    Es geht/ ging hier um Putin und den russischen Angriffskrieg und Butscha. Rechtfertigen die Menschenrechtsverletzungen der USA einen russischen Angriffskrieg oder Butscha?


    Diese Kriege der USA und Russland zerren gleichermaßen an der internationalen Ordnung (in Form von UN und Abkommen, internationalen Beziehungen, Militär u.v.m.), was nur bestärkt, wie wichtig eine Reform auf UN Ebene nötig ist und Entmilitarisierung langfristig notwendig macht. Dieses Zerren ist das Problem, dieses gegenseitige Misstrauen und "antagonisieren". Die USA sind nicht unschuldig an den zunehmenden Spannungen, aber sie können nicht allein als Grund für die Kriegsverbrechen und einen Angriffskrieg herangeführt werden, der erfordert aktiv vorzugehen, zu planen, zu organisieren.


    Und noch mal: Es darf nicht einfach Propaganda, Zensur, Verbot von Menschenrechtsorganisationen und Zunahme von nationalen Strömungen in Russland ignoriert werden und den Weg zur Autokratie, im dem Putin auch ein finanzielles System und (Macht)Strukturen errichtet hat, dass sein Machtstreben untermauert.

  • Rechtfertigen die Menschenrechtsverletzungen der USA einen russischen Angriffskrieg oder Butscha?

    Nein. Es geht darum, wie wir damit umgehen und wie wir dem einen eine Singularität zuordnet (weil das Narrativ es jetzt verlangt), die zum damaligen Zeitpunkt und teilweise heute noch als Ausschlusskriterium für Gespräche und Verhandlungen gilt. Es gilt als Argument gegen jeden, der einfach nicht verstehen will, dass wir verflucht nochmal mehr Krieg jetzt brauchen.


    Anders gesagt: Wer US Kriegsverbrechen anerkennt und die USA nicht dafür aus der Staatengemeinschaft isolieren, sanktionieren und zur Rechenschaft ziehen möchte, kann schlecht für solches vorgehen bei Russland argumentieren, ohne sich dabei Heuschlerei preiszugeben.


    Wer US Kriegsverbrechen anerkennt und damit natürlich nicht russische, ukrainische oder überhaupt irgendwelche Kriegsverbrechen rechtfertigen will, stellt sich zwangsläufig die Frage, warum die einen schlimmer als die anderen sein sollen.

  • Es darf nicht einfach Propaganda, Zensur, Verbot von Menschenrechtsorganisationen und Zunahme von nationalen Strömungen in Russland ignoriert werden und den Weg zur Autokratie, im dem Putin auch ein finanzielles System und (Macht)Strukturen errichtet hat, dass sein Machtstreben untermauert.

    Wer ignoriert das?


    Alleine in den letzten 8 Jahren seit dem Maidan-Putsch der Revolution der Würde, der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, und dem von Russland mit befeuerten Bürgerkrieg im Donbass sind deutsche und andere westliche Qualitätsmedien voll mit diesbezüglichen Anklagen gegen Putin und seine Regierung.


    In den USA hat der gesamte liberale Medienapparat im Einklang mit der demokratischen Partei sogar jahrelang an der abenteurlichen, und bis heute nicht zu beweisenden These festgehalten, Putin habe sich mit Donald J, Trump einen eigenen amerikanischen Oligarchen gezüchtet und mitten ins Weiße Haus gesetzt.


    Das ändert alles nichts an der Tatsache, dass "Butcha" mittlerweile zu einem völlig überzeichneten Symbolwort geworden ist, das von der politischen und publizistischen Elite - und von deren twitternden Papageien aus dem "liberalen" Bildungsbürgertum - als Totschlagargument gegen jede Forderung nach mehr Bemühungen um eine diplomatische Lösung ins Feld geführt, und die Opfer damit faktenbefreit für politische Zwecke instrumentalisiert werden.

  • Es ist nicht so, dass du per UKW vorwiegend sachliche Infos erhältst, ich hatte auch nie den Eindruck, dies sei UKW's Anspruch gewesen.

    Das ist richtig, UKW ist natürlich in erster Linie ein persönlicher Laberpodcast von Tim und Pavel. Aber diese eine spezielle Folge unterscheidet sich, weil hier Enno Lenze von seinen Eindrücken berichtet, als er als einer der ersten Bucha und die anderen Vororte von Kiew betrat, noch bevor es im medialen Interesse stand. Ich empfehle diese Folge ja nicht wegen den spannenden Einschätzungen von Tim Pritlove.

  • weil hier Enno Lenze von seinen Eindrücken berichtet, als er als einer der ersten Bucha und die anderen Vororte von Kiew betrat

    Lenze WAR NICHT IN BUTCHA - Jedenfalls nicht damals, kurz nach dem Abzug der Russen.


    Er war - bei der Anreise mit dem Auto zum Kiewer Journalistenhotel - auf der Autobahn BEI Butcha.


    Er schreibt das auch selbst in seinem "Bericht" über seine erste Ukrainereise:


    [...] Weiter vor Kyjiw, neben dem Ort Butscha, trafen wir langsam auf die nächsten Journalisten, welche aus Kyjiw hierher gekommen waren. Ein bizarres Bild, wie Pressevertreter mit Selfiesticks vor zerstörten Fahrzeugen stehen, den besten Winkel für die Leiche und den Panzer suchen, und den Balanceakt zwischen Sicherheit und guten Fotos meistern.

    Für Ausstehende mag das abgebrüht und emotionslos wirken, doch für diese Menschen ist es Alltag. Und ihre Aufgabe ist es, eine ganze Situation in einem Bild einzufangen. Sie sorgen dafür, dass Menschen zuhause verstehen, was hier passiert. Dazu gehört eben auch, eine Leiche anzudeuten, ohne die ekeligen Details zu zeigen. Man muss die Kriegsverbrechen hier in die Wohnzimmer in Deutschland bringen, ohne dabei pietätlos zu werden. Ich beneide diese Menschen nicht um ihre Jobs.

    Wir mussten weiter, um vor Beginn der Ausgangssperre das Hotel in Kyjiw zu erreichen. Kurz nachdem wir durch dieses Gebiet gefahren waren wurde es für zwei Tage für die Durchfahrt gesperrt, damit aufgeräumt werden konnte.[...]


    Mehr hatte er zu Butcha nicht zu berichten, weil er halt einfach nicht da war und ansonsten auch nur weitergeben konnte, was er im Internet gesehen hat, oder was er beim Saufen an der Kiewer Hotelbar von richtigen journalistInnen gehört haben will, die von den ukrainischen Behörden ins Sperrgebiet gelassen wurden.


    Wie wollt ihr Euch denn eine begründete Meinung zu diesem fürchterlichen Krieg und zu seinen Auswirkungen auf die ganze Welt bilden, und dabei Fakt und Fiktion auseinander halten, wenn ihr schon solch absolut durchsichtigen Scharlatanen wie Enno Lenze so bereitwillig auf den Leim geht?

  • Das ändert alles nichts an der Tatsache, dass "Butcha" mittlerweile zu einem völlig überzeichneten Symbolwort geworden ist, das von der politischen und publizistischen Elite - und von deren twitternden Papageien aus dem "liberalen" Bildungsbürgertum - als Totschlagargument gegen jede Forderung nach mehr Bemühungen um eine diplomatische Lösung ins Feld geführt, und die Opfer damit faktenbefreit für politische Zwecke instrumentalisiert werden.

    Funktioniert gut oder? Die Mythen, die Propaganda, wenn die Leute schon über die Bedeutung von einem Massaker debattieren wollen.


    In Verhandlungen spielt auch Glaubwürdigkeit eine Rolle. Und du und ich können nicht an einem Tisch sitzen, über die ersten Zugeständnisse und Punkte sprechen, wenn du eine Woche später hinter meinem Rücken ein Massaker anrichtest und deinen Leuten immer noch erzählst du würdest hier jemanden befreien.

  • Du gehst halt einfach davon aus, dass die russische Führung ihre Truppen ganz gezielt dazu angewiesen habe, ukrainische ZivilistInnen zu misshandeln und zu ermorden und ziehst daraus den Zirkelschluss, dass man mit solchen Unmenschen nicht verhandeln könne.


    Dafür musst Du natürlich keine Belege anführen, denn schliesslich behaupten das auch weite Teile der politischen Klasse im Westen und - was noch schlimmer ist - der westlichen Qualitätsmedien, ohne dass sie es irgendwie beweisen könnten.


    Ich sehe nicht, was es bringen soll, über gefühlte Fakten zu diskutieren.

  • Ich behaupte, dass das dazu geführt hat, dass Putins Postion an Glaubwürdigkeit massiv verloren hat, was Friedensverhandlungen erst recht erschwert und das durchaus eingepreist wurde von russischer Seite aus. Das ist deine Fehlannahme daraus zu schließen ich wäre gegen Verhandlungen. Die muss es so oder so geben. Um Verhandlungen voranzutreiben braucht es Machtgleichgewichte und das erfordert ukrainische Unterstützung und internationalen und wirtschaftlichen Druck auf Putin. Noch fordert Putin die Kapitulation.


    Abgesehen davon, glaube ich auch, dass Vergewaltigungen und das Massaker nicht "bloße Unfälle" im Krieg bisher gewesen sind, sondern durchaus von hohen Ebenen gebilligt werden. Um von gewollt zu sprechen ist es noch zu früh, solche Dinge werden oft erst im Nachhinein aufgeklärt. Wie vieles was in Kriegen passiert.

  • Ich behaupte, dass das dazu geführt hat, dass Putins Postion an Glaubwürdigkeit massiv verloren hat, was Friedensverhandlungen erst recht erschwert und das durchaus eingepreist wurde von russischer Seite aus.

    Ja, ich habe schon verstanden, dass Du das behauptest. Aber Belege - oder wenigstens nachvollziehbare und plausible Argumente - für solche Behauptungen hast Du leider bisher nicht vorgebracht, sondern statt dessen...

    Abgesehen davon, glaube ich auch, dass Vergewaltigungen und das Massaker nicht "bloße Unfälle" im Krieg bisher gewesen sind, sondern durchaus von hohen Ebenen gebilligt werden.

    ...lediglich erneut bekundet was Du glaubst.


    Ich wiederhole mich:


    Ich sehe nicht, was es bringen soll, über gefühlte Fakten zu diskutieren.

  • ... dass man das Symbol- und Gruselwort "Butcha" als seriöser Journalist - für den ich z.B. Thomas Wiegold, prinzipiell schon noch halten würde - einfach nicht kritiklos als Argument dafür akzeptieren sollte, dass man mit solchen Kriegsverbrechern nicht zivilisiert verhandeln könne.

    Für die westlichen Unterstützer der Ukraine wäre das gewiß kein Hindernis. In der Ukraine war das Aufdecken dieser Verbrechen vor den Toren Kiews, gepaart mit der Euphorie über das erstmalige Zurückdrängen der russischen Invasoren dagegen von großer psychologischer Bedeutung. Einerseits förderte es den Kampfeswillen der Bevölkerung, andererseits beschränkte es die Möglichkeiten der ukrainischen Regierung, gegenüber der russischen Führung Kompromissbereitschaft zu signalisieren.

  • Und Butcha war vor allem der Grund, warum damals die Gespräche die bereits stattfanden abgebrochen wurden. Butcha heißt natürlich nicht, dass Gespräche für immer unmöglich sind, aber in dem Moment waren die Ukrainer verständlicherweise nicht mehr bereit über harte Kompromisse á la "wir geben die Krim auf" zu diskutieren.


    Und was die Frage der Glaubwürdigkeit angeht, das ist auch keine Frage von Ideologie. Es geht hier nicht darum, dass die Russen barbarische Orks sind mit denen man nie wieder reden kann. Es geht darum, dass die Regierung Putin sich auf eklatante Weise gegen Verträge (Budapester Memorandum) und das Völkerrecht im allgemeinen gewendet hat, und dass mögliche Kompromisse und Verträge die Menschen überzeugen müssen. Die Menschen in der Ukraine müssen überzeugt davon sein, dass ein Waffenstillstand nicht lediglich der Versuch Putins ist, seine Kräfte zu erneuern und einen weiteren Angriff zu planen - nur dann werden sie darauf eingehen. Das ist doch vollkommen nachvollziehbar. Und bevor hier jetzt wahtaboutism (Kosovo, Irak, Drohnen) kommt: ob andere auch das Völkerrecht brechen, ändert an der Betrachtung in der Ukraine über die Verlässlichkeit eines Kompromisses nichts.

  • Butcha heißt natürlich nicht, dass Gespräche für immer unmöglich sind, aber in dem Moment waren die Ukrainer verständlicherweise nicht mehr bereit über harte Kompromisse á la "wir geben die Krim auf" zu diskutieren.

    Warum?


    Es geht darum, dass die Regierung Putin sich auf eklatante Weise gegen Verträge (Budapester Memorandum) und das Völkerrecht im allgemeinen gewendet hat, und dass mögliche Kompromisse und Verträge die Menschen überzeugen müssen.

    Das Budapester Memorandum haben doch die USA zuvor schon mit dem Maidan Putsch gebrochen - nur eben im Sinne der UKR Opposition zu der Zeit.


    Die Menschen in der Ukraine müssen überzeugt davon sein, dass ein Waffenstillstand nicht lediglich der Versuch Putins ist, seine Kräfte zu erneuern und einen weiteren Angriff zu planen - nur dann werden sie darauf eingehen.

    Du meinst so, wie Minsk von UKR benutz wurde, um sich Hochrüsten zu lassen und Menschen im Osten zu töten?


    ... ändert an der Betrachtung in der Ukraine über die Verlässlichkeit eines Kompromisses nichts

    Ist halt die Frage, was hier der Kompromiss sein soll. Man könnte auch sagen, dass Russland ziemlich verlässlich die UKR Aufrüstung und Einbindung in Natostrukturen als Kompromiss ablehnt.

  • Und bevor hier jetzt wahtaboutism (Kosovo, Irak, Drohnen) kommt: ob andere auch das Völkerrecht brechen, ändert an der Betrachtung in der Ukraine über die Verlässlichkeit eines Kompromisses nichts.

    Ein etwaiger Kompromiss müsste aber auch von Russland getragen werden, und die Verlässlichkeit eines jenen hängt leider eklatant von den dir genannten Whataboutismen ab. Es wurde in der Vergangenheit schon viel zu viel Scheiße gebaut, als dass es jetzt mehr oder weniger schnell zu einer diplomatischen Lösung kommen wird. Russland scheint offenbar willens zu sein, seine Soldaten an den Frontlinien weiter zu verheizen, und die Ukraine scheint auch noch nicht bereit zu sein, diese Frontlinien aufzugeben. Die Kriegsziele, die ausformuliert sind, lassen dementsprechend kaum Raum für Diplomatie. Ich bin da sehr pessimistisch, und das nicht mal aus Angst vor einer Eskalation, die hier hinüberschwappen könnte.


    Hinzu kommt, dass es jetzt wieder ein scheinbares Momentum für die russischen Streitkräfte gibt. Ich maße mir nicht an, irgendetwas von der Sache zu verstehen, aber wenn jetzt schon auf Zeit gepokert wird, dann heißt das effektiv mehr Zerstörung, mehr Leid, mehr Tote in den nächsten Monaten/Jahren mit der beschissenen Konsequenz, dass Russland sich am Ende dennoch durchgesetzt hat. Dann war all der slava Ukraini Patriotismus hinfällig, und man weint nicht mehr nur den verschleppten Kindern hinterher (dessen Umfang und Wahrheitsgehalt ich hier ebenfalls nicht einschätzen kann), sondern hat 3 Generationen an Menschen verheizt. Dankenswerterweise ist der Krieg ja nun auch emanzipiert, so dass man nicht nur Witwen zurücklässt, sondern auch Witwer.


    Ich kann mir wirklich nur ein Szenario in Form eines ukrainischen Völkermordes durch Russische Besatzung vorstellen, was die Ukraine mehr beuteln könnte, als der Status-Quo über mehrere Jahre. Und für dieses Szenario sehe ich irgendwie keine Anhaltspunkte, auch nicht nach Butscha.

  • Die Menschen in der Ukraine müssen überzeugt davon sein

    Welche Menschen müssen überzeugt sein?

    Also der Erzählung, dass des ne Entscheidung der (aller oder zumindest meisten) Menschen in der Ukraine, was eigentlich mit denen die nicht mehr in der Ukraine sind, ist kann ich nich so ganz folgen. Klar kann man dann wieder darauf verweisen, dass Demokratie und die Vertreter ja in deren Namen, aber auch diese Story kauf ich nicht, die zieht auch bei uns nicht, was hier auch bei genügend anderen Sachen deutlich gezeigt wird. Als nächstes kann dann noch auf ne Umfrage verwiesen werden, bei der nicht klar ist unter welchen Umständen da eigentlich wer wie befragt wurde. Also nach den Meldungen wie mit vermeintlichen Dissidenten umgegangen wurde würde ich mir schon auch stark überlegen was ich da so bei ner Befragung antworte. Btw im Zweifel sogar dann, wenn ich es noch aus dem Land hätte geschafft haben sollen, es sei denn ich könnte wirklich sicherstellen, dass niemand mehr auf den das zurückfallen könnte davon entsprechend bedroht wäre, auch was künftige Repressionen angeht.


    Es geht hier nicht darum, dass die Russen barbarische Orks sind mit denen man nie wieder reden kann

    Ist aber nicht genau das das Bild, dass "den Menschen" vermittelt wird und auf das sie eingeschworen bzw wovon sie überzeugt werden bzw schon überzeugt wurden?!?


    Und bevor hier jetzt wahtaboutism (Kosovo, Irak, Drohnen) kommt: ob andere auch das Völkerrecht brechen, ändert an der Betrachtung in der Ukraine über die Verlässlichkeit eines Kompromisses nichts.

    hmm das mag vllt, auch in Anbetracht der dortigen "Überzeugung", stimmen, aber könnte es eventuell einen Einfluss auf die Überzeugung "der Menschen in Russland" haben?

  • Für die westlichen Unterstützer der Ukraine wäre das gewiß kein Hindernis. In der Ukraine war das Aufdecken dieser Verbrechen vor den Toren Kiews, gepaart mit der Euphorie über das erstmalige Zurückdrängen der russischen Invasoren dagegen von großer psychologischer Bedeutung. Einerseits förderte es den Kampfeswillen der Bevölkerung, andererseits beschränkte es die Möglichkeiten der ukrainischen Regierung, gegenüber der russischen Führung Kompromissbereitschaft zu signalisieren.

    Das mag sein oder nicht, Wir wissen absolut gar nichts darüber, was "die ukrainische Bevölkerung" tatsächlich will, wie gut informiert ihre politische Willensbildung ist und ob das wirklich eine so homogene Masse ist, die so geschlossen hinter den Zielen ihrer - weitgehend von ernsthafter Opposition bereinigten - politischen Klasse steht, wie die ukrainische Kriegspropaganda es der Welt täglich präsentiert, und wie es dann von deutschen Medien mit moralischem und emotionalem Hochdruck an die hiesige Bevölkerung durchgereicht wird.


    Wir wissen eigentlich nur, was die ukrainische Regierung will. Mein Problem ist, dass dieser erklärte Wille der ukrainischen Regierung, nebst sämtlicher Berichte ukrainischer Regierungsverteter und Behörden, hier in Deutschland von der Mehrheit der politischen Klasse und des medialen Mainstreams - und im Fall von "Butcha" leider auch von sich selbst als unabhägig begreifenden Journalisten wie T. Wiegold - einfach kritiklos als der kollektive Volkswille "der Ukraine" angesehen, und der ukrainische Staatsführer ganz selbstverständlich als dessen heldenhafte Verkörperung akzeptiert und glorifiziert wird.


    Nicht mal in den USA - wo schwülstigstes nationalistisches Pathos zwar zur Pop-Kultur gehört, wo man aber immerhin kein "kollektives nationales Gedächtnis" (H. Jessen) an eine Diktatur im historischen Gepäck mit sich herum schleppen muss, in welcher der Wille des Fühers und seiner Führungsriege zur völligen Vernichtung aller inneren wie äußeren Feinde unter Strafe des eigenen Unterganges als absolute Staatsräson und heilige Pflicht eines jeden Volksbürgers galt - bildet man sich ein, dass der Amerikanische Präsident die Stimme des Volkes sei.


    Das gesteht man allerdings den Ukrainerinnen nicht nur zu, sondern sieht es gar als ihre völlig freie Entscheidung als freie BürgerInnen einer souveränen liberalen Demokratie an, weil man sich - wiederum in größter politischer Einigkeit über (fast) alle Parteigrenzen hinweg - nicht den geringsten Zweifel daran erlaubt, dass der russische Füher ein fürchterlicher Imperalist und Faschist sei, dem aus reinem Größenwahn nichts widerlicheres im Sinn stehe, als die ukrainische Zivilbevölkerung ihrer Freiheit und Souveränität zu berauben, und sie mit äußerster Gewalt zu unterwerfen, zu knechten und zu vergewaltigen, wenn sie sich seinem eigenen Willen nicht beugen wollte.


    Ich verstehe nicht, wie man sich noch irgendwie als "liberal", als "links" oder gar als "AntifaschistIn" sehen kann, wenn man sich gleichzeitig diese völlig binäre Sichtweise einer führenden politischen Klasse zu eigen macht, und jeden öffentlichen Widerspruch dagegen zur potenziellen Kollaboration mit dem Feind erklärt.

  • A propos Kriegsverbrechen und whatabouttheamericansism:

    Pentagon Blocks Sharing Evidence of Possible Russian War Crimes With Hague Court

    President Biden has not acted to resolve a dispute that pits the Defense Department against other agencies.


    Also im weißen Haus sagt man: "Wir erkennen den Interationalen Strafgerichtshof zwar nicht als zuständig für mutmaßliche Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen unserer eigenen politischen und militärischen Führungen an, aber wenn es darum geht, die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen anderer Staatsführungen anzuprangern, die sich den von uns selbst aufgestellten Regeln unserer Regelbasierten Ordnung widersetzen, dann helfen wir dem ICC natürlich gerne dabei."


    Im Pentagon sind sie immerhin so ehrlich, diese politische Heuchelei aus ganz banalem Eigeninteresse rund heraus abzulehen.

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