#625 - Dierk Hirschel (Chefökonom verdi)

    • Sieht er irgendeine Möglichkeit, die Relevanz (im Sinne von Verbreitung und Mitgliederzahlen) von Gewerkschaften wieder zu erhöhen?
      • dass gerade in Ostdeutschland Gewerkschaften kaum eine Rolle spielen, ist ja eigentlich ein historischer Treppenwitz
    • Wie bewertet er die Diskrepanz des Einsatzes der Gewerkschaften bezüglich der sozialen Frage von Arbeitnehmern vs. nicht arbeitenden (was Rentner & Schüler inkludiert)?
    • Warum agieren Gewerkschaften immer (zumindest ist das meine Sicht) kurzsichtig in Bezug auf die Bewahrung von Arbeitsplätzen und schützt z. B. aus der Zeit gefallene Industriezweige (Paradebeispiel Kohle) anstatt sich proaktiv für Transformation (auch der Arbeitsplätze) einzusetzen?
    • Ist er Vertreter der Ideologie des protestantischen Arbeitsethos (der Wert eines Menschen wird durch seine Erwerbstätigkeit gebildet)?
      • Ich frage das, weil mit Sicherheit das ein oder andere Mal im Gespräch der Aspekt, dass Menschen aus ihrer Arbeitstätigkeit Selbstwert schöpfen, postuliert werden wird...
    • Wie begegnen Gewerkschaften der Digitalisierung?
  • Was sind seiner Meinung nach die grössten Fehler und Versäumnisse der Gewerkschaften in den letzten 30 Jahren?


    Warum bzw wie begründet er seine Antwort?


    Wie fühlt er sich, wenn er Bilder aus England und Frankreich sieht mit mehrfach um die 2 Millionen Protestierenden?


    Sind traditionelle Gewerkschaften in der Lage, eine ins Prekariat erosierende Arbeitnehmerwelt zu vertreten?


    Wenn ja, wie?

  • laut zahlen mit denen pispers damals schon immer hantiert hat und die seitdem meines wissens nach keinesfalls besser geworden sind drohen uns in deutschland bald 40% von altersarmut betroffene menschen. warum haben die gewerkschaften das zugelassen?

    Naja, sind zwar alles Prognosen, aber um dazu mal ein paar Zahlen in den Raum zu werfen, es gibt sogar welche die behaupten es werden grob 50% im Alter in Armut leben, zumindest haben die beim WDR mal diese Zahl verbreitet, wollte es eigentlich direkt von dort zitieren, aber auf der Seite vom WDR ist der Artikel leider gelöscht, daher hier über die WaybackMachine bzw archive.org:

    Fast jedem Zweiten droht eine Armutsrente

    Diese Prognose stützt sich auf den heutigen Arbeitsmarkt und die derzeitige Verteilung der Bruttoeinkommen. Insgesamt verdient demnach heute fast jeder zweite zu wenig, um höhere Rentenansprüche zu erwerben. Von heute 53,7 Millionen Beschäftigten droht ab 2030 etwa 25,1 Millionen eine Armutsrente. Ursache dafür sind nicht nur niedrige Löhne etwa im Einzelhandel oder im Gastgewerbe, sondern auch die hohe Zahl von Teilzeitbeschäftigten, Solo-Selbständigen oder Mini-Jobbern. Gerade in diesen Gruppen dürfte das künftige Armutsrisiko im Alter massiv sein. Auch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist bei weitem kein Garant für einen finanziell abgesicherten Lebensabend. Zumal auch die private Altersvorsorge beim Schließen dieser Lücke nur bedingt helfen kann. Denn viele der von der Altersarmut bedrohten Menschen können sich während ihres Arbeitslebens nicht leisten, Geld fürs Alter anzusparen.

    ...

    Wie dort ja erwähnt wird hängt dieses Problem auch mit den niedrigen Löhnen etc zusammen, die Frage...

    warum haben die gewerkschaften das zugelassen?

    ...sollte sich also nicht alleine auf die Altersarmut beschränken, man sollte diese Frage direkt im Zusammenhang mit den Löhnen und damit zusammenhängend auch der Vermögensverteilung stellen, wenn man sich die oberen 10% gegen die unteren 50% der deutschen Bevölkerung anguckt wird der extreme Unterschied sehr deutlich.

    Absolutes_Verm%C3%B6gen_deutscher_Haushalte_nach_Verm%C3%B6gensgruppe.png

    Würde mich freuen wenn die Frage "warum haben die gewerkschaften das zugelassen?" also in diesem gesamten Kontext gestellt wird, Altersarmut und Niedriglohn und extrem ungleiche Vermögensverteilung hängt schließlich am Ende alles zusammen.

  • Eigentlich macht er ja im ersten Moment einen netten Eindruck und vieles von dem was er sagt ist ja auch nicht falsch, aber als der Teil mit der sPD - die Partei in der er Mitglied ist - anfing, an dem Punkt wurde mir klar warum dieser Mann Teil vom Problem und nicht Teil der Lösung ist.


    Wie unkritisch er mit der sPD umgeht ist für einen Chefökonom einer Gewerkschaft unwürdig, er müsste da viel mehr Kritik an sich und seiner Partei üben, aber er nimmt die sPD sogar noch in Schutz und tut so als wäre sie ja eigentlich garnicht verantwortlich für die üble Niedriglohnsklaverei, die Verantwortung müsse man ja angeblich ganz generell bei dem "neoliberalen Zeitalter" suchen, so als hätte die sPD keine anderen Optionen gehabt...was für eine billige Ausrede.


    Und er behauptet lächerlicherweise auch noch dieses Zeitalter wäre jetzt vorbei, er sagt neoliberales Denken würde jetzt nicht mehr dominieren, er behauptet es sind jetzt nur noch "Einzelfälle", die Neoliberalen wären angeblich eine "Minderheit"...dabei ist das einfach nur übler Bullshit, ich würde gerne wissen woher er diesen Unsinn hat, die Realität sieht anders aus.


    Mal direkt zur Einordnung, der rechtskonservative neoliberale Flügel der sPD - also der Seeheimer Kreis - ist stärker als je zuvor, die Politik der sPD ist nicht sozialer sondern sogar noch deutlich neoliberaler geworden, daher wird auch absolut nichts besser, es wird im Gegenteil alles noch schlimmer...sogar die von Axel Springer freuen sich seit einiger Zeit darüber wie die rechtskonservativen Neoliberalen in der sPD die Macht übernehmen:

    Konservative in der SPD-Fraktion gewinnen deutlich an Macht

    Der konservative Flügel in der SPD-Bundestagsfraktion ist stark gewachsen. 92 Abgeordnete gehören dem Seeheimer Kreis an – fast so viele wie der Parlamentarischen Linken.

    ...

    Die Seeheimer waren zuletzt vor knapp 40 Jahren die stärkste Strömung in der SPD-Fraktion.

    ...Zuletzt gab es mehrere direkte Wechsel vom linken zum rechten Flügel.

    Wenn ein Chef einer Gewerkschaft sowas nicht sehen will/kann ist er Teil vom Problem, ob er das als eine Art U-Boot - also mit Absicht - oder einfach nur aus Dummheit macht/erzählt kann und will ich nicht beurteilen, aber egal was der Grund ist, solche Typen müssen dringend von ihrer Position entfernt werden, da müssen richtige linke Gewerkschafter kommen, sonst müssen sich die Gewerkschaften nicht wundern wenn keiner mehr zu ihnen kommt, bei so einem Chefökonom einer Gewerkschaft kann man nur jede Hoffnung verlieren und sich von dem Trauerspiel abwenden...genau wie bei der sPD, der Spruch "aussen rot, innen tot" gilt leider noch immer, auch für diesen Dierk Hirschel.

  • Wichtig, was er zur Preispolitik der Unternehmen sagt. Die Unternehmen müssen nicht die Preise erhöhen. Sie können auch einen kleineren Profit akzeptieren und die Preise wie vor-covid/krieg halten. Aber wenn die Atmosphäre eine ist, in der alle von höheren Kosten reden, dann fällt es halt nicht so auf, wenn die Unternehmen die Preise für alle ihre Waren erhöhen. Das Problem ist der Kapitalismus und das System von Angebot und Nachfrage, welches es ohne Kapitalismus nicht geben würde. Die Unternehmen müssen endlich kritisiert werden. Was leider sehr verbreitet ist, dass es, jedenfalls habe ich oft die Erfahrungen gemacht, verbreitet ist, dass die Leute glauben, der Staat (die Regierung) setze irgendwie die Preise. Dann heißt es "ja DIE machen die Preise, wie so wollen" und damit sind dann nicht die Unternehmen gemeint, sondern die Regierung.


    Er hat recht, wenn er sagt, dass wir in einer Art mixed-economy leben, was Besitz von Eigentum angeht.Aber 1. Sind die Produktionsmittel nicht in der Hand der Arbeiter. 2. Produktionsmittel in der Hand des Staates aber trotzdem kapitalistische Produktion ist immernoch Kapitalismus, egal ob der Staat das Eigentum hat. Den Chef mit einem staatlichen Beamten ersetzen, ändert nichts an der Tatsache, dass das trotzdem Kapitalismus ist.

    2 Mal editiert, zuletzt von JonnyMadFox () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von JonnyMadFox mit diesem Beitrag zusammengefügt.

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