Frieden zwischen Russland & der Ukraine

  • Das Problem ist, dass die zentrale Frage des Konflikts nicht geklärt ist: "Gibt es eine eigenständige ukrainische Nationalität". Solange es da keine übereinstimmende Klärung gibt, besteht für eine Aussöhnung keine Basis

    Sehe ich auch so. Diese Frage müsste geklärt sein, sonst würde ein Frieden nur ein Waffenstillstand sein. So nannte es zumindest Kant in "Zum ewigen Frieden".


    Perspektivisch bräuchte es einen Kniefall eines russischen Präsidenten...

    ...und einen westfälischen Frieden 2.0.

  • Aber umgekehrt ist es schwierig, denn von der Entscheidung wie man hilft, kann man nicht ableiten warum man hilft.

    Das "warum" kann man aber z.B. davon ableiten, wie der von den herrschenden politischen Parteien, von der Oppositionsführung, von diversen ExpertInnen aus dem staatstragenden Teil der akademischen Zivilgesellschaft, und nicht zuletzt von der medial veröffentlichten Meinung im freiheitlich demokratischen Deutschland geprägte Diskurs verläuft, und wie damit ein gesellschaftlicher Konsens forciert wird, der jeden Zweifel an der gerechten Sache an den extremistischen Rand zu drängen, oder ihn gar als Kollaboration mit dem russischen Erzfeind zu brandmarken versucht. Wie schon erwähnt, finden sich im "Cold War Reloaded..." Thread unzählige Beispiele für den verlauf dieser unsäglichen Debatte.

    Ich sehe, dass Russland mit seiner politischen Agenda ein Ärgernis, aber nie eine wirkliche Bedrohung für den Westen dargestellt hat.

    Das haben zahlreiche westliche - bzw. amerikanische - SpitzenpolitikerInnen offensichtlich ganz anders gesehen als Du - jedenfalls sofern mann deren öffentlichen Aussagen, und den diversen Strategiepapieren staatsnaher Thinktanks und politischer ExpertInnen aus den letzten Jahrzehnten glauben schenken kann, von denen die sich beraten liessen, und die ganz klar beschreiben, dass eine Annäherung der Russischen Föderation an die EU - und insbesondere an deren größte Volkswirtschaft Deutschland - dem globalen Machtanspruch des US-Imperiums auf der eurasischen Landmasse im Wege stehe, und dass die Ukraine der Keil sei, den man zwischen die russischen Rohstoffe und die deutsche Industrie treiben müsse, um diese Kooperation zu verhindern.


    Sieht man sich an, wie der politische und mediale Mainstream in den USA - deren Staatsführung die mit Abstand größte politische, finanzielle und militärische Unterstützerin "der Ukraine" ist - das Thema verhandelt, wird sogar noch klarer, dass das eigentliche Ziel der - zumindest vordergründig - geradezu unterwürfigen westlichen Parteinahme für die Regierung Selenskyj und die Verherrlichung ihres Staatsführers als Märtyrerfigur des gerechten Kampfes der Freien und Demokraten gegen die Unfreien und Autokraten darin besteht, Russland als geopolitische Macht zu neutralisieren und die EU und ihre (bisherige) deutsche "Führungsmacht" auf US-Kurs zu bringen, um sich endlich mit aller imperialen Macht des kollektiven transatlantischen Blocks dem eigentlichen Endgegner China entgegen stellen, und die Dominanz des westlichen Hegemons im Westpazifik durchsetzen zu können.


    Auch republikanische US-Senatoren haben bei aller innennpolitischen Polarisierung kein Probem damit, den Kriegskurs des demokratischen Präsidenten zu stützen und ganz offen - und von kritischen journalistischen Nachfragen völlig unbehelligt - in die Mikrofone zu verkünden, dass Ukrainer bis zum letzte Mann kämpfen würden, damit Amerikaner es nicht tun müssen. um das gemeinsame Ziel durchzusetzen.

    Ich glaube, dass man gar kein Interesse an dem Zusammenbruch der russischen Autokratie hat, da man die Folgen des zerbrechenden Machtsystems überhaupt nicht abschätzen kann. Eher ist man an berechenbarer Kontinuität und dem einfrieren von Konflikten interessiert.

    Ganz offensichtlich haben die Führer der freien Welt dieselbe nicht so fest im Griff, wie es sich die Thinktankstrategen und politischen Dampfplauderer vielleicht vorstellen mögen. Niemand konnte vorhersehen, wie sich der Krieg in der Ukraine entwickeln würde.


    In Moskau hatte man sich die "Spezialoperation" mit zemlicher Sicherheit auch wesentlich kürzer und kostengünstiger vorgestellt, und nicht besonders gut darüber nachgedacht, bevor man versuchte Kiew mit einem Blitzkrieg zu erobern, für den man weder das richtige Material, noch die richtige militärische Taktik parat hatte.

    Vermutlich war man auch in Washington D.C. nicht darauf aus, die russische Führung zum tatsächlichen Überfall auf das ukrainische Kernland jenseits der "Volksrepubliken" zu provozieren, um sie dann in einen langen und kostspieligen Zermürbungskrieg zu verwickeln, dem zigtausende ZvilistInnen zum Opfer fallen.


    Aber da es sich nunmal so etwickelt hat, wird es auch so weiter betrieben - nicht zuletzt deshalb, weil die Kriegspropaganda sich auf beiden Seiten längst verselbständigt und in den völlig sensationsgeilen, auf emotionale trigger optimierten Medienapparaten ein Eigenleben entwickelt hat, das vor allem den auf social media aktiven, bessergebildeten Teil der bürgerlichen Mitte längst in die völlige Polarisierung und Kriegparteinahme getrieben hat.


    Bisheriger Höhepunkt dieses Irrsinns war die deutsche Panzerdebatte, in der sich deutsche JournalistInnen selbst dazu berufen fühlten, den ihrer Ansicht nach zu zaghaften Bundeskanzler gemeinsam mit aufmerksamkeitsgeilen KoalitionspolitikerInnen und NATO-affinen KriegsprofessorInnen zu noch mehr commitment für den gerechten Krieg anzutreiben.

    Oder ist die Realität auch einfach ein inkohärentes Gemisch von unterschiedlichen Aspekten?

    Die "Realität" ist das, was die Menschen von der Welt wahrnehmen. Und wenn die Wahrnehmung der Menschen davon geprägt ist, wie ihre politischen Führungen, ihre staatstragenden Medien und omnipräsenten Expertinnen das Weltgeschehen für sie einordnen und bewerten, und wenn sich diese ganze propagandistisch kuratierte Weltwahrnehmung dann auch noch, von algorithmischen Klickzahlenverstärkern potenziert, in medialen Filterblasen und Echokammern immer wieder reproduziert und verselbständigt, dann muss man diese "Realität" als halbwegs rational denkender Mensch einfach anzweifeln, und versuchen zu verstehen, warum sich die politisch relevanten Teile ganzer Nationen davon zu völlig irrationalem Denken verleiten lassen - was selbstverständlich auch in Russland nicht anders geschieht.


    Und damit kommt man dann zu der absurden Situation...

    Oder ich kann beklagen, dass jegliche Sozialleistung nur den Kapitalismus kompensieren soll, also im Sinne der Überwindung des Kapitalismus abzulehnen sei... Ich fürchte ich schweife ab, aber was ich sagen will: Ich kann im Sinne eines Idealismus alles ablehnen, was dem zuwidergeht. Aber realpolitisch muss ich mit Widersprüchen leben.

    ...dass die Irren und Irrationalen sich für die größten PragmatikerInnen und RealistInnen halten, während sie Leuten die den gazen Irrsinn benennen und hinterfragen vorhalten, sie seien naive IdealistInnen, verbohrte IdeologInnen und RealitätsverweigerInnen, die sich dem Feind zu nützlichen IdiotInnen machten, oder gar in seinen Diensten stünden, und seine feindlichen "Narrative" verbreiteten.


    P.S.: A propos Narrative...

    Wenn die Ukraine ihre Unabhängigkeit von Russland durch einen Anschluss an das System der Abhängigkeit des westlichen Globalisierungsregime erreichen will, so geht es immer noch um die Unabhängigkeit und Freiheit der Ukraine sich selbst für ein System zu entscheiden.

    Ich frage einfach nochmal:

    1. Wer ist "Die Ukraine" und was bedeutet "Souveränität"?

    ...und gebe folgendes zu bedenken:


    [...] Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht. [...]

  • Wie friedlich so eine multipolare Weltordnung aus demokratischen und autokratischen Staaten ist, haben wir schließlich von 1900 bis 1945 erlebt. Da bricht sicher der Weltfriede aus, sobald die US-Hegemonie erst mal aus dem Weg geräumt ist.

    Mal abgesehen davon, dass das natürlich schon wieder ein völlig hanebüchener Vergleich ist, weil sich da vor allem europäische Mächte bekriegten, die das auch schon in den tausend Jahren zuvor ständig getan hatten, und weil nach 1945 nur deshalb in Europa kein faschistisches deutsches Imperium herrschte, weil sich die beiden Pole USA und Sowjetunion trotz aller Ideologischen Differenzen darauf einigen konnten, die deutschen Faschisten gemeinsam zu bekämpfen, finde ich es gut, dass Du Dich so offen dazu bekennst, dass sich alle aufrechten, demokratischen und "souveränen" Nationen dieser Welt der ökonomischen und militärischen Dominanz des US-Hegemons unterwerfen sollten.

  • Dann sind die Jungs im Kreml allerdings schon sehr naiv, wenn sie das geglaubt haben. Schon komisch, die Russen sind doch selber nationalistisch und den Ukrainern so ähnlich. Haben beste Verbindungen in die Ukraine. Eigentlich hätte den Jungs im Kreml doch klar sein müssen, wie das ablaufen würde, wenn zwei nationalistische Staaten ihre territorialen Differenzen klären. Klar, die Ukraine begrenzt ihr Militär, damit die dritte Invasion+Annexion später etwas einfacher wird für Russland. Klingt wie eine gute Idee, das machen sie bestimmt.


    Wäre vielleicht naiv, wenn sie geglaubt hätten, dass das auf jeden Fall so abläuft. Aber als Möglichkeit, wie es laufen könnte, weiß ich nicht.


    Ich würde zum Beispiel nicht sagen, dass das Umfallen von Deutschland bei den Waffenlieferungen definitiv war. Ich hatte erwartet, dass wir uns sehr viel mehr raushalten, als wir es letztlich getan haben. Einer der Gründe: Das Ausmaß an Kriegspropaganda, das hier in Deutschland seit Beginn des Krieges aufrechterhalten wurde, hatte ich nicht vorhergesehen. Oder anderes Beispiel diese Abkopplung von SWIFT wurde vorher als dramatisch effektiv dargestellt und deshalb als ein zu tiefer Eingriff, als dass man ihn durchführen könnte. In Wirklichkeit hat man dann recht schnell dazu gegriffen und der Effekt lässt sich beim wirtschaftlichen Schaden kaum von anderen Sanktionen trennen.


    Mit anderen Worten, es gab da sehr viele Unwägbarkeiten. Man sollte sich einfach nochmal Selenskyj anhören, bevor die westliche Unterstützung so richtig reingerollt ist und danach.


    Allerdings lässt sich die Unterstützung eines Regimes im Krieg auch indirekt ablesen, an Dingen wie Kampfmoral.


    Falls du damit sagen willst die ist hoch, dann würde ich anhand der Videoevidenz sagen, dass sie nicht durchgängig für Selenskyjs Regime spricht.

  • […] Das Problem ist, dass die zentrale Frage des Konflikts nicht geklärt ist: "Gibt es eine eigenständige ukrainische Nationalität". Solange es da keine übereinstimmende Klärung gibt, besteht für eine Aussöhnung keine Basis.

    Das Problem ist die Forderung nationalstaatlicher Identität; insbesondere, wenn sie auf Zuschreibungen basiert, die eher ein leicht instrumentalisierbares Kollektiv im Sinn haben, als das individuelle Recht auf Selbstbestimmung.

    Solange nach derlei Zwangskollektivierungen gerufen wird, gibt es für Aussöhung keine Basis.


    Die Kölner inszenieren im Karneval seit 200 Jahren, dass sie sich nicht mit dem von Berlin aus regierten preußisch-deutschen Natioalstaat identifizieren. Südtiroler sind auch Ialiener, aber schwärmen noch heute eher für Andreas Hofer als Vittorio Emanuel.

  • Ich würde zum Beispiel nicht sagen, dass das Umfallen von Deutschland bei den Waffenlieferungen definitiv war. Ich hatte erwartet, dass wir uns sehr viel mehr raushalten, als wir es letztlich getan haben.

    Das ist aber eine ganz andere Frage. Die deutschen Waffenlieferungen sind nicht kriegsentscheidend. Solange die Amis liefern, geht der Krieg weiter. Wenn es an den deutschen Waffenlieferungen hängen würde, also Scholz die westliche Koalition anführen würde, dann hätten da vielleicht Chancen bestanden.

    Das Ausmaß an Kriegspropaganda, das hier in Deutschland seit Beginn des Krieges aufrechterhalten wurde, hatte ich nicht vorhergesehen.

    Ich finde die deutsche Propaganda ziemlich verhalten. Ich schaue ab und zu diesen polnischen Nachrichtenkanal auf Englisch. Die ziehen richtig vom Leder.

    Falls du damit sagen willst die ist hoch, dann würde ich anhand der Videoevidenz sagen, dass sie nicht durchgängig für Selenskyjs Regime spricht.

    Videoevidenz ist das, was Tilo anekdotische Evidenz nennt, nehme ich an. Ich beurteile die Kampfmoral am Kriegsverlauf. Sich einem materiell turmhoch überlegenen Gegner erfolgreich entgegen zu stellen, der 3000 Kampfpanzer hat und Artillerie ohne Ende, dazu braucht man Kampfmoral. Bisher sehe ich keinen Anlass anzunehmen, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht hinter Selenskyjs Kriegskurs steht.


    Das Problem ist die Forderung nationalstaatlicher Identität; insbesondere, wenn sie auf Zuschreibungen basiert, die eher ein leicht instrumentalisierbares Kollektiv im Sinn haben, als das individuelle Recht auf Selbstbestimmung.

    Solange nach derlei Zwangskollektivierungen gerufen wird, gibt es für Aussöhung keine Basis.

    Deutsche und Dänen scheinen da keinerlei Probleme zu haben mit der Aussöhnung, auch ohne solch ein individuelles Recht auf Selbstbestimmung. Falls du sagen willst, dass Nationalstaaten nicht friedlich koexistieren können. Bin mir nicht ganz sicher, ob ich deinen Ausführungen folgen kann. ^^'


    Mal abgesehen davon, dass das natürlich schon wieder ein völlig hanebüchener Vergleich ist, weil sich da vor allem europäische Mächte bekriegten,

    Ich meine mich vage zu erinnern, dass Amis, Türken, Japaner, Chinesen da auch fröhlich mitgemacht haben.

  • Ich habe nicht geschrieben, es braucht eine geopolitische Polizei, sondern dass es Polizei braucht, obwohl diese auch nur als Stütze des kapitalistischen Systems angesehen werden kann.

    Etwas kann im allgemeinen Interesse sein und Gleichzeitig ein Instrument der Unterdrückung.

    Aha und wie würdest Du dieses Beispiel jetzt auf die aktuelle Situation anwenden wollen?

    Man muss Unterscheiden zwischen Propaganda und Dingen, die vielleicht in der Wirklichkeit passieren.

    Unabhängig von den aktuellen Ereignissen. Nehmen wir an ein Land nutzt tatsächlich unerlaubte Waffen, ist die Klage darüber automatisch Propaganda?

    Oder auf die aktuellen Geschehnisse bezogen: Schreiben dann hier viele User Propaganda gegen die USA?

    Nun was war dieser "Bericht" für Dich?



    ... eine Tatsachenbeschreibung? Die Geschehnisse in Katyn waren freilich real. Trotzdem war es gleichzeitig eine äußerst verlogene Propaganda. Man muss nicht lügen um Propaganda zu betreiben. Es genügt völlig einzelne Ausschnitte aus einem Krieg zu vergrößern und andere einfach nicht zu erwähnen.


    Auf Twitter sah ich neulich ein Video auf dem zu sehen war wie einzelne russische Soldaten in einem Bach mit Giftgas bekämpft wurden. Es wirkte authentisch und ich gehe davon aus, dass tatsächlich seitens der Ukraine auch Giftgas eingesetzt wird. Man hört davon natürlich nichts...


    Niemand schreibt Russland wolle aktuell keinen Krieg

    Niemand schreibt die USA wäre alleine für den Krieg verantwortlich

    Niemand dämonisiert annähernd Joe Biden so wie es mit Putin getan wird

    Niemand behauptet Russland verfolge edle Ziele

    Niemand unterstellt der Ukraine wissentlich Grausamkeiten gegenüber russischen Soldaten.... zumindest keine, die im Rahmen eines Krieges nicht zu erwarten wären. Krieg ist immer grausam und das wissen wir.

    Niemand behauptet, dass die Ukraine immense Opfer zu beklagen hätte während Russland nur geringe Opfer hätte. Ich vermute sogar, dass die Russen tatsächlich höhere Verluste haben, als die Ukrainer. Vielleicht doppelt so hohe.... ich weiß es aber ehrlich gesagt nicht... und fände es so oder so schrecklich.


    .... und wenn Du jetzt unsere "Propaganda in Zweifel ziehst" bist Du in unseren Augen vielleicht ignorant, aber kein "Verräter".


    Also kurz gesagt: Was hier im Forum passiert und wofür ich mich IMMMER einsetzen möchte ist, dass wir hier im Kleinen Kriegspropaganda in Deutschland benennen, erklären und verurteilen.

    Beteiligt sind TV-Moderatoren oder Akteure, die sich im Mantel der Wissenschaft geben, aber pure Kriegspropaganda verbreiten. Eine Claudia Major bspw., die erst gestern wieder in den Spätnachrichten interviewt wurde macht sich Sorgen über "Kriegsmüdigkeit" in Deutschland. Das finde ich absolut widerwärtig. Will diese Frau etwa Krieg?... sonst würde ihr "Kriegsmüdigkeit" ja auch keine Sorgen bereiten. Und natürlich feiere ich Tilo Jung für sein Interview mit Melnyk, aber noch viel, viel mehr für den letzten Aufwachen Podcast in dem er so Kollegen wie A. Kynast einfach als das entblößte was sie waren: Aktivisten, die sich für Kampfpanzer in der Ukraine einsetzten. Da gab es keine Tatsachenbeschreibung mehr. Sie haben vor einem Millionenpublikum Lügen verbreitet um Einfluss auf die Regierung zu nehmen. Und das gehört, wenn es denn sonst keiner mehr tut in diesem Land, scharf kritisiert. Wegen dieser Woche müsste er in meinen Augen eigentlich zurücktreten und sich bei seinem Publikum entschuldigen.


    Was in Russland passiert, bleibt da und soll bitte auch dort kritisiert werden. Das, was hier gerade passierte finde ich aber wirklich schon crazy genug um es nicht unkommentiert zu lassen. Ich bin, um ehrlich zu sein, sogar fassungslos mit welchem Ausmaß aktuell für mich offensichtlichste Kriegspropaganda verbreitet wird von Leuten, die sich gleichzeitig aber auch noch für besonders schlau halten. Carlo Masala gilt ja in manchen Kreisen mittlerweile schon als intellektueller. Was soll das? Was ist nur aus diesem Land geworden?

  • Die Kölner inszenieren im Karneval seit 200 Jahren, dass sie sich nicht mit dem von Berlin aus regierten preußisch-deutschen Natioalstaat identifizieren. Südtiroler sind auch Ialiener, aber schwärmen noch heute eher für Andreas Hofer als Vittorio Emanuel.

    "Die Bayern" halten sich auch heute noch auf höchster Regierungsebene für einen "Freistaat", dessen seit einer halben Ewigkeit das Land regierende "christlich"-sozialekapitalistische Einheitspartei sich sogar das recht heraus nimmt, zu Bundestagswahlen anzutreten, an Regierungskoalitionen beteiligt zu werden, Bundesministerien zu besetzen, und sogar Kanzlerkandidaten aufzustellen, obwohl die Überwältigende Mehrheit der Wahlberechtigten BundesbürgerInnen diesen Verein rechtspopulistischer Bierzeltdemagogen und Spezlwirtschafsexperten selbst dann gar nicht wählen könnten, wen sie es wollten.

  • Das ist aber eine ganz andere Frage. Die deutschen Waffenlieferungen sind nicht kriegsentscheidend. Solange die Amis liefern, geht der Krieg weiter. Wenn es an den deutschen Waffenlieferungen hängen würde, also Scholz die westliche Koalition anführen würde, dann hätten da vielleicht Chancen bestanden.


    Vielleicht sind am Ende keine der westlichen Waffenlieferungen kriegsentscheidend. Der Punkt ist aber eher, dass wenn sich Deutschland verweigert hätte, die Dynamik im Westen durchaus eine andere hätte sein können. Ich will die Rolle nicht übertreiben, die wir spielen, aber es hat schon seinen Grund, dass wir ein ständiges Ziel von Vorwürfen sind.


    Ich finde die deutsche Propaganda ziemlich verhalten. Ich schaue ab und zu diesen polnischen Nachrichtenkanal auf Englisch. Die ziehen richtig vom Leder.


    Nur eine Frage des Kontextes.


    Videoevidenz ist das, was Tilo anekdotische Evidenz nennt, nehme ich an. Ich beurteile die Kampfmoral am Kriegsverlauf. Sich einem materiell turmhoch überlegenen Gegner erfolgreich entgegen zu stellen, der 3000 Kampfpanzer hat und Artillerie ohne Ende, dazu braucht man Kampfmoral. Bisher sehe ich keinen Anlass anzunehmen, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht hinter Selenskyjs Kriegskurs steht.


    Ich glaube, ich seid alle etwas davon geschädigt, dass wir unser System unzutreffend als Demokratie bezeichnen. Bevölkerungen gerade in Kriegszeiten werden gemanagt, nicht gefragt.

  • Bisher sehe ich keinen Anlass anzunehmen, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht hinter Selenskyjs Kriegskurs steht.

    Zur Zeit sind laut UNHCR ca. 8 Millionen von ursprünglich (ein paar Jahre vor dem Krieg) mal knapp 43 Millionen UkrainerInnen ins europäische Ausland geflohen - die weitaus größte Gruppe davon (ca. 2,8 Millionen) in die russische Föderation.


    Laut eurostat sind das aktuell schon mal ca. 19% der Bevölkerung, die offenbar nicht so begeistert hinter Selenskyjs Kriegskurs stehen, als dass sie sich für ihn freiwillig zum Kriegsdienst oder zu sonstigen Diensten für das Vaterland gemeldet hätten.


    Das sind allerdings größtenteils (zu 87%) nur die Großmütter, Mütter, Frauen und Kinder, die das Land überhaupt verlassen durften, während ihre Väter, Männer, Söhne und Enkel sich mit Begeisterung und voller Kampfmoral etweder bereits in die Schlacht gestürzt haben, oder freudig darauf warten, endlich zum Kriegsdienst eingezogen zu werden.

    Einer Umfrage des UNHCR zufolge wollen ca 80% der ins Ausland geflüchteten UkrainerInnen bis auf weiteres erst mal nicht in die Heimat zurückkehren.


    Hinzu kommen sicher ein paar Millionen Leute, die in den russisch neu besetzten Gebieten und in den beiden, schon vor dem Einmarsch der Russen nicht mehr unter ukrainischer Kontrolle stehenden "Volksrepubliken" leben, und die zur Zeit wohl von keiner Statistik sinnvoll erfasst werden können, die aber gleichwohl weiterhin völkerrechtlich offiziell BewohnerInnen des ukrainischen Staatsgebietes sind.

    Laut Wikipedia waren die beiden Oblaste (allerdings in den offiziellen Grenzen, also auch über die "Volksrepubliken" hinaus) Donetzk (~4,4 Mio.) und Luhansk (~2,3 Mio.) noch 2015 zusammen mit ca. 6,7 Millionen Menschen bevölkert.


    Innerhalb der Ukraine kommen - ebefalls laut UNHCR - nochmal gut 5,9 Millionen Menschen hinzu, die aus dem Kriegsegbiet in andere Teile des Landes geflohen sind und sich somit also offenbar auch nicht mit der Waffe in der Hand an der Verteidigung des ukrainischen Staatsterritoriums beteiligen wollten oder konnten.


    Wenn man also nur die offiziellen Zahlen zugrunde legt, dann sind von aktuell knapp 41 Millionen UkrainerInnen schon mal 13,9 Millionen - also genau ein Drittel (33%) - offenbar nicht willens oder in der Lage, sich von der Regierung in den Kampf gegen die Invasion der russischen Barbarenhorde treiben zu lassen.


    Im weniger dicht besiedelten zentralen und westlichen Teil der Ukraine, wo es bisher nach dem anfäglichen, gescheiterten Sturm auf Kiew, abgesehen von den russischen Raketenagriffen auf die Infrastruktur, noch überhaupt keine direkten Kampfhandlungen zwischen den Armeen gab, und wo sich vor allem um die westliche Metropolregion um Lwiw der ukrainische Nationalismus ganz besonders gut eingenistet hat, lebt der Großteil der UkrainerInnen überhaupt nicht im Kriegsgebiet, und man hat bisher nicht gehört, dass sich von dort die Massen auf den Weg gemacht hätten, um ihre Landsleute bei der heldenhaften Verteidigung der heiligen ukrainischen Erde im Osten des ziemlich große Landes mit dem Einsatz ihres eigenen Lebens zu unterstützen.


    Mit Sicherheit wird die Mehrheit von denen - genau wie ihre geflüchteten Landsleute im Ausland - auf Nachfrage antworten, dass der Russe besiegt werden müsse, und aus dem Land gejagt gehöre, und dass sie selbstverstädlich voll hinter dem Präsidenten und seiner Armee stünden, und vielleicht sogar noch ein leidenschaftliches "Slava Ukraini" hinterher rufen. Aber den Heldentod dafür zu sterben überlässt man dann doch lieber erst mal anderen Leuten.


    Wenn man jetzt also irgendwelche ukrainischen Ex-Botschafter, SchriftstellerInnen, JournalistInnen, Regierungspolitiker, Deutsch-ukrainische Ex-PiratInnen oder prominente Hauptstadtbürgermeister und ihre Brüder - die alle offenbar gerade lieber im deutschen Fernsehen oder in deutschen Zeitungen über irgedwelche Lumpenpazifisten und Putinknechte herziehen, als sich selbst auf den Weg an die Front im Donbass zu machen - davon reden hört, dass "Die Menschen" in der Ukraine lieber sterben würden, als sich dem Russen zu unterwerfen, dann ist das erstmal überhaupt kein Beweis dafür, dass in der Ukraine eine besonder hohe "Kampfmoral" herrscht, oder dass das ganze Volk geeint bis zum äußersten hinter seinem Präsidenten und seinen erklärten Kriegszielen steht, wenn der seinen westlichen Verbündeten bei seiner täglichen Zoom-Moralpredigt versichert, dass "die Ukraine" weiter kämpfen wird, bis der Russe endgültig geschlagen ist, sondern nur dafür, dass Propaganda wirkt, und dass das ganze Geschwätz von der bis in den Tod zu verteidigenden Nationalen Identität und Souveränität schon immer besonders gerne von Leuten besorgt wurde, die dafür nicht den eigenen Kopf hinhalten mussten.

  • Man sollte auch nicht vergessen, dass es schließlich dem großen, nein, riesigen Zuspruch für Voldemorts Regierung zu verdanken ist, dass nicht die komplette politische Opposition gleich zu Kriegsbeginn mit einen Handstreich verboten und verfolgt wurde ... Halt, Moment. =O

  • Und falls die westliche Analyse General Milley sein soll, dann sollte man ihm genau zuhören. Insbesondere sein klares Statements zuletzt, dass Russland den Krieg bereits verloren hat...

    War es nicht. Aber auch bei Deinem Beispiel lohnt es genau zuzuhören und zu verstehen, was er genau sagte. Als Milley sagte „Russia has lost!” bezog er sich nicht auf den Krieg, sondern das vorher gesagte: auf die (aus seiner Sicht) gestärkte NATO und angebliche Isolation Russlands in der Welt und das Nichterreichen seiner Kriegsziele bisher. ... Wie wahr selbst diese Analyse ist, wird die Zukunft zeigen. Ich halte es, verglichen mit der Realität auf dem Boden, mehr für eine Durchhalteparole.

  • ...dass die Irren und Irrationalen sich für die größten PragmatikerInnen und RealistInnen halten, während sie Leuten die den gazen Irrsinn benennen und hinterfragen vorhalten, sie seien naive IdealistInnen, verbohrte IdeologInnen und RealitätsverweigerInnen, die sich dem Feind zu nützlichen IdiotInnen machten, oder gar in seinen Diensten stünden, und seine feindlichen "Narrative" verbreiteten.

    ...und wer eine ander Meinung hat ist doof. Das muss der Höhepunkt an Hirnverbranntheit sein.


    Selbe Sche... wie die Maobibelschwenker während der Kulturrevolutionen...

  • "Die Bayern" halten sich auch heute noch auf höchster Regierungsebene für einen "Freistaat", dessen seit einer halben Ewigkeit das Land regierende "christlich"-sozialekapitalistische Einheitspartei sich sogar das recht heraus nimmt, zu Bundestagswahlen anzutreten, an Regierungskoalitionen beteiligt zu werden, Bundesministerien zu besetzen, und sogar Kanzlerkandidaten aufzustellen, obwohl die Überwältigende Mehrheit der Wahlberechtigten BundesbürgerInnen diesen Verein rechtspopulistischer Bierzeltdemagogen und Spezlwirtschafsexperten selbst dann gar nicht wählen könnten, wen sie es wollten.

  • Getroffene Äffchen kreischen...


    Nur weiter Textwände produzieren auf auf, hier könnt ihr paar wannabe-Revoluzzer euch weiter gegenseitig eurer Gesinnung vergewissern (genug zuspammen würdet ihr euch gegenseitig); aber mit der Weltrevolution schaut's eher schlecht aus mit diesem Kapitulieren in Maximalgeschwindigkeit bei Handfestem Widerstand...

  • Nur weiter Textwände produzieren auf auf, hier könnt ihr paar wannabe-Revoluzzer euch weiter gegenseitig eurer Gesinnung vergewissern (genug zuspammen würdet ihr euch gegenseitig); aber mit der Weltrevolution schaut's eher schlecht aus mit diesem Kapitulieren in Maximalgeschwindigkeit bei Handfestem Widerstand...

    Viel mutiger als solches Wannabe-Revoluzzertum ist es natürlich, den Status quo mit dem virtuellen inneren Kampfpanzer gegen lumpenpazifistische Feiglinge vor dem Feinde und ihre wehrkraftzersetzende Gesinnung zu verteidigen, und sich dafür zu begeistern, wenn anderswo andere Menschen mit geilstem deutschem Rüstungsgut ihr eigenes Heldenblut für "unsere" Freiheit vergießen.

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