A!448 - Narrativopfer

  • Es wurde ja schon viel gesagt zu der Folge und ich muss auch sagen, dass mich Stefan fast ärgerte in dieser Folge... und ich mag Stefan.


    Eingeleitet wurde ja die Diskussion über den Beitrag der Soldaten, die sich dem Priester anvertrauen. Es war wirklich geschmacklos von Stefan das zu marginalisieren a la Aberglauben und dann sagte er ja Sinngemäß, die jungen Grünen, wären plötzlich ganz heiß darauf Waffen zu liefern... - Das hat mich irritiert. Erstens, wenn Stefan "junge Grüne" als destruktiv offenbaren will, dann sollte er einen entsprechenden Beitrag raussuchen und nicht ein Beitrag der gerade die menschliche verletzliche Seite des Krieges schildert.


    Und zweitens ist es auch paradox: Eben weil Menschen die Soldaten vor Augen haben, die in diesen Krieg gezwungen werden, will man ihnen uneingeschränkt helfen. Sie haben keine Wahl, sie sind diesem Angriffskrieg ausgesetzt.


    Dieses Dilemma zwischen einer Ablehnung von Waffen und Waffenlieferung zur Selbstverteidigung findet ja auf alle diskursiven Ebnen statt. Von Medienberichten bis hin zum Kaffeetisch.


    Was mir fehlte war die Unterscheidung zwischen Waffenexporten (die ja ohne schlechtes gesellschaftliches und politisches Gewissen genehmigt werden) und Waffenlieferungen zu Selbstverteidigung.


    Wo waren da die offenen Briefe und kritischen Bekundungen, als es um Waffenexporte der letzten Jahre ging?


    Grundsätzlich ist eine ablehnende Haltung gegenüber Waffen richtig.

    Hier trifft diese Grundhaltung auf eine (russische) militärische Gewalt. Diese Unterscheidung fehlte bei Stefan.


    Letztendlich müssen wir uns nur konsequent entscheiden. Entweder, ein souveränes Land, dass einfach angegriffen wird und das Recht auf Selbstverteidigung hat, wird unterstützt (auch nach UN-Charta) oder das Land wird nicht unterstützt und Russland hat mit einem Angriffskrieg Erfolg und etliche Abkommen gebrochen.


    Und an der Stelle verstehe ich nicht, warum Journalist_Innen die ganze Zeit um die Panzer rumeiern und nicht danach fragen, ok: Die USA verkündet volle Unterstützung, wenn die Ukraine 300 Panzer braucht, warum werden dann nur 150 geliefert? Ist das eine ernstgemeinte Unterstützung?


    Russland hat auf Kriegswirtschaft umgestellt, d.h. wer hat hier den längeren Atem?

    (Hier auch eine Korrektur zum Zuhörer-Beitrag am Ende: Russland schickte durchaus erst Elite-Einheiten nach Kyiv.)


    Und warum erinnert sich niemand mehr an "Fuck the EU" und Bidens Rolle 2014?


    Die Frage, die hier gestellt werden sollte an Expert_Innen: Wie können Eskalationsspiralen aufgehalten werden? (Unterschiedliche Kriege liefern hier unterschiedliche Beispiele)


    Und, das was Stefan vollkommen vergessen hat: Nach dem letzten Angebot zu Verhandlungen geschah das Massaker von Butscha. Wie jemand das außen vor lassen kann, ist mir absolut schleierhaft. Das wäre die zweite Frage an Expert_Innen: Wie verhandelt man mit jemanden, der nicht verhandeln will und sein Machtstreben gewaltvoll ausbaut?


    Und das hat Stefan auch vergessen: Russland hat keine legitimen Forderungen. Das kann anscheinend in den Debatten nicht oft genug wiederholt werden. Und eben weil Putin keine legitimen Forderungen hat, ist alles was ihm bleibt, seine Brutalität. Verbrannte Erde.


    Auf kurze Sicht, sollte die Ukraine unterstützt werden. Zumindest um ihre Verhandlungsposition zu stärken.

    Auf lange Sicht hilft uns eh nichts anderes als nachhaltige Abkommen, Abrüstungen und Entmilitarisierungen. ...Die kann ich mir mit Putin gerade nicht vorstellen..., was nicht heißt, dass es unmöglich ist.

  • Und zweitens ist es auch paradox: Eben weil Menschen die Soldaten vor Augen haben, die in diesen Krieg gezwungen werden, will man ihnen uneingeschränkt helfen. Sie haben keine Wahl, sie sind diesem Angriffskrieg ausgesetzt.

    Nee, da kannst oder willst Du Stefan anscheinend einfach nicht verstehen. Man will, dass der Krieg aufhört und nicht Menschen in den Fleischwolf gejagt werden – für nix und wieder nix. Und ja, auch Weihwasser ist in diesem Kontext nix. Ich sehe nicht, was da Paradox sein soll. Dass sie keine Wahl haben, als sich für Interessen, die nicht ihre sind (sonst müsste man sie nicht zwingen), umbringen zu lassen, ist ungeheuerlich und es ist sehr irritierend, dass Du das einfach so salopp hier reintippst.


    Wo waren da die offenen Briefe und kritischen Bekundungen, als es um Waffenexporte der letzten Jahre ging?

    Kritik unserer Waffenexportpolitik gab es schon immer, gerade auch hier von Tilo in seiner Arbeit. Im Politischen hauptsächlich von den Linken und kurz auch mal von den Grünen. Es gab Anfragen der Fraktionen an die Regierungen, die überhaupt erst den Stoff zu Debatten geliefert haben. Dass die Grünen in ihrem grenzenlosen Opportunismus für nichts zu gebrauchen sind, ist die traurige Erkenntnis der letzten Monate.


    Letztendlich müssen wir uns nur konsequent entscheiden. Entweder, ein souveränes Land, dass einfach angegriffen wird und das Recht auf Selbstverteidigung hat, wird unterstützt (auch nach UN-Charta) oder das Land wird nicht unterstützt und Russland hat mit einem Angriffskrieg Erfolg und etliche Abkommen gebrochen.

    Nee, das ist eben die größtmögliche Simplifizierung eines komplexen Konflikts, die auch StrackZimmerMann schon als propagandistischen Trick verraten hat, um unsere Gesellschaft weiter auf Krieg und Militarismus zu manipulieren.


    Und das hat Stefan auch vergessen: Russland hat keine legitimen Forderungen. Das kann anscheinend in den Debatten nicht oft genug wiederholt werden. Und eben weil Putin keine legitimen Forderungen hat, ist alles was ihm bleibt, seine Brutalität. Verbrannte Erde.

    Ja, das ist das Narrativ. Deshalb redet man auch von Narrativopfern. Deshalb gibt es keine Diplomatie. Das ist das Problem.


    Auf kurze Sicht, sollte die Ukraine unterstützt werden. Zumindest um ihre Verhandlungsposition zu stärken.

    Auf lange Sicht hilft uns eh nichts anderes als nachhaltige Abkommen, Abrüstungen und Entmilitarisierungen. ...Die kann ich mir mit Putin gerade nicht vorstellen..., was nicht heißt, dass es unmöglich ist.

    Das Gegenteil passiert gerade: Aufrüstung und Militarisierung und neues bzw. eskaliertes Blockdenken.


    Edit: ach, und hi. Wilkommen im Forum. :)

  • Ja ja... überaus charmante Begrüßung.


    Sie haben keine Wahl, weil es ein Angriffskrieg ist und es eine Wehrpflicht gibt. Das macht einen Angriffskrieg aus, dass du dich wehren musst - oder ergeben. Ich denke diese Ebene ist nicht schwer zu verstehen und keinesfalls "salopp". Als könnte sich eine Partei aussuchen, ob nun Rakete auf ihr Gebiet fliegen oder nicht...


    Es ist nicht schwer Positionen, die sich für Waffenlieferungen aussprechen in Beiträgen kritisch zu beleuchten - aber genau das hat Stefan nicht gemacht, das ist nun mal meine Kritik an dieser Stelle. Der Beitrag war wichtig, aber sein Bashing nicht pointiert genug.


    Es geht nicht darum mit Waffenlieferung und Unterstützung die Militarisierung voran zutreiben. In dieser Eskalationsspirale des gegenseitigen Wettrüsten befinden wir uns seit Truman. Gegenseitiges Misstrauen, gegenseitiges Aufrüsten haben Konflikte und Kriege verschärft. Dieser Prozess war nie unterbrochen. Bemühungen zu Abrüstungen wurden sogar gebremst (Vgl. Chomsky/ Waterstone 2022; Lunz 2022). Und das ist das, was ich als Dilemma bezeichne. Es muss langfristig um Entmilitarisierung gehen, das große Problem ist, das Sicherheit entlang von Militarisierung gedacht wird. - Drei Szenarien: UA konnte sich RUS zu wehr setzen; UA hat verloren und wird von RUS eingenommen; Stand bleibt Jahrzehnte unverändert (Freeze). Jeder Krieg endet zwar mit Verhandlungen, aber ich habe Zweifel würde UA verlieren, dass russ humane Maßnahmen einleiten würden...


    Der Beitrag über die Soldaten hat das doch ganz deutlich gezeigt: Wie sieht die Lebensrealität gerade aus? Es gibt eine Datenbank, die bereits über 25000 (potentielle) Kriegsverbrechen gesammelt hat. Es gibt deutliche Hinweise auf Völkermord. Und Vergewaltigungen. - In aller Deutlichkeit: Russland hat in diesem Angriffskrieg keine legitimen Forderungen.

    Es hat UN-Charta und etliche Sicherheitsabkommen gebrochen. Russland hält sich an keine Regeln. (Die Methode ist bekannt aus Tschetschenien und Georgien.) = Das ist kein Narrativ, das ist ein völkerrechtlicher Fakt. Die russischen Kriegsverbrechen an der ukrainischen Bevölkerung sind kein Narrativ, sondern Fakt.


    Das Blockdenken wird hier von russischer Seite militärisch und gewaltvoll forciert (mind. seit 2008) und steht ganz in der Tradition des gegenseitigen Misstrauens. "Wandel durch Handel" hat hier nicht funktioniert.


    NATO Erweiterungen hin oder her - niemand hat Putin gezwungen mit militärischer Gewalt nach Georgien, Bergkarabach oder der in die Ukraine einzumarschieren. All diese Fakten machen es schwer Putin als Verhandlungspartner zu vertrauen. Das ist kein Blockdenken, auch das sind Fakten.


    Meine Kritik an Stefan ist einfach, dass all die genannten Komplexe weggelassen werden, bei der vereinfachten Forderung: Verhandelt doch mal! - Ja, wie?


    Es schließt sich nicht aus Waffen zur Selbstverteidigung nach Völkerrecht zu liefern, um damit die Position der UA zu stützen und gleichzeitig immer die Bereitschaft für Verhandlungen zu signalisieren. (Und nach der letzten UA Bereitschaft wurde ein Massaker angerichtet - nur fürs Detail.) + potentielle Vermittler Staaten = Das ist die internationale Ebne.


    UA innenpolitische Ebene ist ziemlich klar: Grenzen in Ruhe lassen, Waffenstillstand und Souveränität, Reparationen. +EU-Mitgliedschaft - Was irgendwie auch alles selbstverständlich ist.


    RUS innenpolitische Ebene: Verzerrt von Propaganda, "Spezialoperation", "Befreiung".


    Die Propaganda, die hier auf einem Serviertablett geliefert wird und sämtliche gebrochene Abkommen, machen die Verhandlung schwierig, sodass es ein berechtige Frage ist, was ist Putins Ziel? (Win-Set?)


    Legitime Ansprüche auf irgendein Gebiet der UA hat RUS nicht. Fakt.

    Die russische militärische Gewalt hat nun Tatsachen geschaffen. Hätte Putin "nur" den Donbaz und Krim gewollt, hätte es zusammen mit der OSZE anerkannte Referenda geben können - Putin entschied sich für Krieg. Er ist ein klarer Aggressor. Seine Verhandlung muss er unter seiner Propaganda verkaufen können.


    Was ist also realistisch?

    Vgl. Pazifikkrieg. - Ich denke, das mindeste ist Waffenstillstand. (Den der autokratische Aggressor Russland in der Vergangenheit auch schon gebrochen hat.) Und die derzeit völkerrechtswidrigen Besatzungen im Osten und auf der Krim bleiben eingefroren. - Sicherheitsinteressen? Es gab einen NATO-RUS-Rat (was eine Form der Diplomatie war). UA war ebenfalls mit in einem Sonderrat, blieb neutral und Putin hat von selbst Sicherheitsgarantien gebrochen, allein die EU Mitgliedschaft will er nicht. UA Bürger_Innen haben aber dafür gestimmt. Auch ein Fakt.


    Letztendlich reicht es noch weiter, bis hin zur UN.

    Die ist so gut wie Handlungsunfähig. Hier braucht es Reformen. Für den Sicherheitsrat, für internationale Abkommen... Die Blockaden durch China und RUS sind gleichermaßen die Quittung, dafür das westliche Staaten südamerikanische und afrikanische Staaten nicht auf Augenhöhe behandelt haben, weder wirtschaftlich noch politisch. Ich denke nämlich Wandel durch Handel ist nicht so falsch, wie es erscheinen mag. Nur hat der kapitalistische Handel auch eine Ebene in diesem Krieg und unterm Schnitt, wären wir alle besser dran mit mehr Neuen Energien, auch die fossilen Ressourcen spielen also eine Rolle.


    Wer hat vom verlockend billigen Gas die letzten Jahre profitiert? ...Wir.


    Es muss auf so vielen Ebenen ein Umdenken stattfinden.

    In der gegenwärtigen Realität sehe ich eine russische Aggression, die ohne Regeln, ohne Pardon, mit Kriegsverbrechen eine ganze Gesellschaft tyrannisiert. Daher, so meine Sicht zum jetzigen Zeitpunkt, halte ich es für erforderlich, die UA zu unterstützen, um genügend Druck für Verhandlungen zu erreichen. Mindestanforderung ist der Waffenstillstand. Und im einen nächsten Schritt muss das gesamte Sicherheitsdenken rund um Militarisierungen überdacht werden. Das steht außer Frage, wie oben schon genannt. - Was wir dann machen mit russischen, iranischen und nord-koreanischen Militär? idk. Und nirgends steht, die 100 Milliarden für die Bundeswehr würden irgendwo dazu beitragen. Nicht zu vergessen, die prominenten offenen Briefe muss ich wohl bei den vergangenen Waffenexporten irgendwo übersehen haben...


    Im Fokus stehen hier auch die Menschenrechte der ukrainischen Bevölkerung.

    Hier würde die alleinige Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen nicht mehr ausreichen.


    Ich denke nicht, dass ich etwas vereinfacht habe. Es lässt sich eben an Stefan ablesen, wie vereinfacht Forderungen in den Raum gestellt werden. Der Krieg ist eine Zäsur. Für die internationale Ordnung, für die Philosophie von Wandel durch Handel, für die gegenseitigen Garantien und Sicherheitsabkommen. Für fossile Energien, die hier einen wesentlichen Antrieb darstellen und für Verletzung von Menschenrechte durch einen russischen Angriffskrieg. Bisher gab es in den meisten Kriegen geheime Verhandlungen (Vgl. Ursula Schröder). Zum anderen sind die offiziellen Kanäle derzeit offen.

  • Ja ja... überaus charmante Begrüßung.

    :)

    Sie haben keine Wahl, weil es ein Angriffskrieg ist und es eine Wehrpflicht gibt. Das macht einen Angriffskrieg aus, dass du dich wehren musst - oder ergeben. Ich denke diese Ebene ist nicht schwer zu verstehen und keinesfalls "salopp". Als könnte sich eine Partei aussuchen, ob nun Rakete auf ihr Gebiet fliegen oder nicht...

    Da haben wir eben schon fundamentale Unterschiede in der Bewertung der Legitimation der Sache. Dieser „Angriffskrieg" kam nicht aus heiterem Himmel. Die Vorgeschichte gehört zur Analyse und zur Wahrheit dazu.


    Und ich muss leider dabei bleiben: Zu sagen, Menschen müssen halt in den Fleischwolf gegen ihren Willen geworfen werden, weil es halt eine Wehrpflicht oder ein Kriegsrecht gibt, ist sehr salopp und ehrlich gesagt auch menschenverachtend. Es ist die Logik der Eskalation, des Krieges und des Sterbens. Das ist keine Rechtfertigung für irgendwas.


    Es ist nicht schwer Positionen, die sich für Waffenlieferungen aussprechen in Beiträgen kritisch zu beleuchten - aber genau das hat Stefan nicht gemacht, das ist nun mal meine Kritik an dieser Stelle. Der Beitrag war wichtig, aber sein Bashing nicht pointiert genug.

    Ich denke, Stefan hat den Fokus genau auf das Wesentliche gelegt. Es widerspricht natürlich oben genannter Logik aber das ist eben auch genau richtig und wichtig so. Denn wenn kein Respekt mehr vor dem Leben, und zwar dem der eigenen und anderen Bevölkerung gegenüber, besteht, dann sind wir am Abgrund. Und das ist die Eskalationsspirale, vor der wir Lumpenpazifisten seit Tag 1 unermüdlich gewarnt haben und warnen und die Richtigkeit derer bewahrheiten sich jeden Tag aufs neue.


    Der Beitrag über die Soldaten hat das doch ganz deutlich gezeigt: Wie sieht die Lebensrealität gerade aus? Es gibt eine Datenbank, die bereits über 25000 (potentielle) Kriegsverbrechen gesammelt hat. Es gibt deutliche Hinweise auf Völkermord. Und Vergewaltigungen. - In aller Deutlichkeit: Russland hat in diesem Angriffskrieg keine legitimen Forderungen.

    Es zeigt ganz deutlich, was Krieg ist und was Krieg macht. Da gibt es nichts heldenhaftes. Es gibt Leid und Kriegsverbrechen; auf russischer und auf ukrainischer Seite. Das bleibt unbestritten.


    Ob Du sagst, Russland hätte keine legitimen Forderungen, ist völlig unwichtig. Russland sagt, es hätte diese und handelt danach. Ob wir deren Sichtweise teilen, spielt auch keine Rolle. Aber wir müssen sie wahrnehmen im Sinne der Ukraine für einen Interessenausgleich sorgen, um das Töten zu beenden. Da kannst Du Dich auf den Kopf stellen, es wird nicht anders gehen.


    Das Blockdenken wird hier von russischer Seite militärisch und gewaltvoll forciert (mind. seit 2008) und steht ganz in der Tradition des gegenseitigen Misstrauens. "Wandel durch Handel" hat hier nicht funktioniert.

    Doch, hat es. Die roten Linien Russlands waren und sind bekannt. Die Eskalation, die wir heute sehen, hätte es auch früher schon geben können. Gab es aber nicht, weil verhandelt wurde. An den roten Linien hat sich aber nichts geändert. Geändert hat sich offensichtlich nur das Vertrauen der Russen, in uns einen ehrlichen Verhandlungspartner zu sehen. Und egal wie man zur Ukraine, Russland oder der Nato steht, sie haben da einen Punkt.


    NATO Erweiterungen hin oder her - niemand hat Putin gezwungen mit militärischer Gewalt nach Georgien, Bergkarabach oder der in die Ukraine einzumarschieren. All diese Fakten machen es schwer Putin als Verhandlungspartner zu vertrauen. Das ist kein Blockdenken, auch das sind Fakten.

    Georgien ist jetzt ein anderes Thema aber auch hier hat Russland nicht aus heiterem Himmel gehandelt. Über Saakaschwili könnte man problemlos einen eigenen Thread füllen.


    Du nennst hier keine Fakten, sondern höchstens Buzzwords, die ein ganzen Geflecht an Kontext einfach weglässt. Ich weiss, so macht man das heute eben, aber überzeugend wird es dadurch nicht.


    Es schließt sich nicht aus Waffen zur Selbstverteidigung nach Völkerrecht zu liefern, um damit die Position der UA zu stützen und gleichzeitig immer die Bereitschaft für Verhandlungen zu signalisieren. (Und nach der letzten UA Bereitschaft wurde ein Massaker angerichtet - nur fürs Detail.) = Das ist die internationale Ebne.

    Wir signalisieren aber gleichzeitig eben keine Verhandlungsbereitschaft, sondern torpedieren diese seit Beginn des Krieges (siehe Boris Johnson, Bennet etc). Nach Völkerrecht bewegen wir uns - gelinde gesagt - schon längst in sehr grauem Territorium. Das Ausbilden von Soldaten, die strategische Aufklärungsarbeit samt Zulieferung von Zieldaten haben nichts mehr mit dem Selbstverteidigungsrecht nach Völkerrecht zu tun. Das hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages schon vor etlichen Monaten klargestellt.


    UA innenpolitische Ebene ist ziemlich klar: Grenzen in Ruhe lassen, Waffenstillstand und Souveränität, Reparationen. (+EU-Mitgliedschaft) Was irgendwie auch alles selbstverständlich ist.

    Schon oft gesagt: Diese Ebene scheint sehr fluide. Laut Insidern hätte es einen Waffenstillstand zu mindestens 50 % bereits vor Monaten geben können. Nur „wir” wollten das nicht. Das ist Fakt.


    Die Propaganda, die hier auf einem Serviertablett geliefert wird und sämtliche gebrochene Abkommen, machen die Verhandlung schwierig, sodass es ein berechtige Frage ist, was ist Putins Ziel? (Win-Set?)

    Verstehe die Frage nicht. Russlands Ziele sind seit Jahren bekannt, klar kommuniziert und kein Geheimnis. Die Methoden zum Erreichen dieser Ziele ändern sich seit Beginn des Krieges. Und auch das mit Ansage. Auch das ist Fakt.


    Legitime Ansprüche auf irgendein Gebiet der UA hat RUS nicht. Fakt.

    Die russische militärische Gewalt hat nun Tatsachen geschaffen. Hätte Putin "nur" den Donbaz und Krim gewollt, hätte es zusammen mit der OECD anerkannte Referenda geben können - Putin entschied sich für Krieg. Er ist ein klarer Aggressor. Seine Verhandlung muss er unter seiner Propaganda verkaufen können.

    Das hat nun gar nichts mehr mit historischen Fakten zu tun, Jasmin. Referenden wurden von der Ukraine abgelehnt, Minsk wurde nicht gewürdigt - im Gegenteil. Stattdessen wurden in der Ostukraine Massaker angerichtet, Zehntausende Menschen getötet und das Militär mit westlicher Hilfe auf einen Showdown mit Russland vorbereitet. Fakt.


    Wer hat vom verlockend billigen Gas die letzten Jahre profitiert? ...Wir.

    Ja, unsere gesamte Energietransformation war darauf ausgerichtet. Unsere Industriestandort davon abhängig. Du sagst das jetzt so, als ob das was schlechtes war.


    In der gegenwärtigen Realität sehe ich eine russische Aggression, die ohne Regeln, ohne Pardon, mit Kriegsverbrechen eine ganze Gesellschaft tyrannisiert. Daher, so meine Sicht zum jetzigen Zeitpunkt, halte ich es für erforderlich, die UA zu unterstützen, um genügend Druck für Verhandlungen zu erreichen.

    Das ist leider irrationales Pie-in-the-Sky-Denken und kostet tausenden Ukrainern das Leben. Nochmal zur Sicherheit: Niemand leugnet, dass es im Krieg auch Kriegsverbrechen gibt. Nur die einen wollen trotzdem mehr Krieg (Du zB) und die anderen eben keinen Krieg (ich zB).


    Es gab Verhandlungen, mit denen die Ukraine (erste Recht aus heutiger Sicht) verhältnismäßig gut aus der Nummer rausgekommen wäre. „Wir” wollten das nicht. Und „wir” argumentieren immer noch, dass sich an der Situation für die Ukraine irgendwas verbessert, um eine Verhandlungsposition zu erreichen, die nicht mal annähernd so gut sein kann, wie die, die sie zu Beginn schon hatte und die „wir” torpediert haben.


    Was soll genügend Druck denn noch bewirken, ausser dass das Land noch mehr zerbombt wird? Denn, und auch das steht ausser Frage und wurde auch von unseren Experten nie geleugnet, das Eskalationspotential hat Russland.


    Im Fokus stehen hier auch die Menschenrechte der ukrainischen Bevölkerung.

    Ja, und für Russland eben auch die Menschenrechte der ostukrainischen Bevölkerung. So kommen wir nicht weiter. Wir müssen jetzt sicher auch nicht unser ambivalentes Verhältnis zu Menschenrechten in anderen Teilen der Welt diskutieren. Wichtig ist jetzt, dass das Sterben und Töten aufhört. Dafür ist es entscheidend Perspektiven und Realitäten zu akzeptieren, die nicht dem hiesigen Narrativ entsprechen. Denn durch Luftanhalten, auf den Boden Stampfen und ganz viel Beschwören von „Gerechtigkeit" helfen wir den Menschen da nicht, sondern pampern nur unsere eigene Hybris.

  • Es gab Verhandlungen, mit denen die Ukraine (erste Recht aus heutiger Sicht) verhältnismäßig gut aus der Nummer rausgekommen wäre.

    Ich wollte fragen, welche du hier meinst... aber es ist eigentlich auch egal.


    Ich denke, was hier außen vor gelassen wird ist die Entwicklung von Russland zu einer Autokratie. Putins Ziel ist allgemein gefasst sein Machtstreben. Um Verhandlungen zu führen gehört es aber dazu wie eine Zwiebel zu schälen, von Punkt zu Punkt, um die Interessen auf einen klaren Punkt zu bringen. Daher spricht man in der Politikwissenschaft von Vetospielern und Win-Sets. Ausgehend von seiner Rede Februar 22 ist sein Ziel die Vernichtung der ukrainischen Bevölkerung.


    Um Menschenrechte in Russland zu stärken müssen zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt werden. Seit letztem Jahr wurde fast alle Menschenrechtsorganisationen in Russland unter Putin verboten und sind im Exil.


    Mir ist die Vorgeschichte durchaus bewusst. Es ist eine Sache rhetorische Linien zu formulieren, es ist eine andere gewaltsam und militärisch vorzugehen. Das ist immer wieder ein Problem. Ich bin niemand, der die NATO als Verteidungsbündnis beschönigt, es ist ein Militärbündnis. Ob das nun als Rechtfertigung für einen gewaltsamen militärischen Einmarsch und für Kriegsverbrechen ist, würde ich stark anzweifeln.


    Im Begriff Eskalationsspirale und das bereits oben benannte gegenseitige Misstrauen, impliziert bereits, dass es sich hier um Wechselbeziehungen handelt. Aber gewaltsam militärisch vorzugehen und Kriegsverbrechen zu begehen entbehrt jeder Notwendigkeit. Deshalb: Angriffskrieg. Das ist hier ein faktischer Begriff, nicht nur irgendeine Bezeichnung.


    Ich denke, ich habe meine Punkte genug ausgeführt und wir müssen hier nicht weiter dieses albere Tänzchen machen. Meine Perspektive akzeptiert eben die Gleichzeitig von gegenwärtiger Gewalt und Problemen. Deine versucht Russland zu verstehen und bleibt sehr grundsätzlich. - Belassen wir es dabei.

  • Ausgehend von seiner Rede Februar 22 ist sein Ziel die Vernichtung der ukrainischen Bevölkerung.

    Diese Analyse müsstest Du dann Anhand von Zitaten belegen. Die Vernichtung der ukrainischen Bevölkerung als Ziel aus besagter Rede zu identifizieren, ist hanebüchen.

    Um Menschenrechte in Russland zu stärken müssen zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützt werden. Seit letztem Jahr wurde fast alle Menschenrechtsorganisationen in Russland unter Putin verboten und sind im Exil.

    Ja, sicher. Ich würde auch nicht in Russland leben wollen. Aber ich würde auch nicht in den Krieg gegen Russland ziehen, weil mir der Staat nicht gefällt.


    Mir ist die Vorgeschichte durchaus bewusst.

    Davon ging ich auch aus.


    Es ist eine Sache rhetorische Linien zu formulieren, es ist eine andere gewaltsam und militärisch vorzugehen. Das ist immer wieder ein Problem. Ich bin niemand, der die NATO als Verteidungsbündnis beschönigt, es ist ein Militärbündnis. Ob das nun als Rechtfertigung für einen gewaltsamen militärischen Einmarsch und für Kriegsverbrechen ist, würde ich stark anzweifeln.

    Es geht auch nicht darum, dass zu rechtfertigen. Aber als pragmatischer Beobachter von aussen - und das sind wir hier nunmal - wird man anerkennen, dass rote Linien existieren und aus einem Grund definiert werden. Wir haben diese Linien auch. Es liegt dann an der Politik entlang dieser Linien Diplomatie zu betreiben und Interessenausgleiche zu realisieren. Ob wir das jetzt „Wandel durch Handel” oder anders nennen, ist mir egal. Moral und eine wie auch immer zurecht formulierte Gerechtigkeit sind solange kein Argument, wie sie nicht universell gelten.


    Aber gewaltsam militärisch Vorzugehen und Kriegsverbrechen zu begehen entbehrt jeder Notwendigkeit. Deshalb: Angriffskrieg. Das ist hier ein faktischer Begriff, nicht nur irgendeine Bezeichnung.

    Ja, ich möchte auch, dass das stimmt. Und doch ist es anders.


    Ich denke, ich habe meine Punkte genug ausgeführt und wir müssen hier nicht weiter dieses albere Tänzchen machen. Meine Perspektive akzeptiert eben die Gleichzeitig von gegenwärtiger Gewalt und Problemen. Deine.. versucht Russland zu verstehen und bleibt sehr grundsätzlich. - Belassen wir es dabei.

    Schade, dass Du das albern nennst aber gut. Schade auch, dass Du den Versuch „Russland zu verstehen” als Gegensatz zur „Anerkennung von gegenwärtiger Gewalt und Problemen” siehst. Es sind keine Gegensätze. Es sei denn man verfolgt eine andere Agenda, als den Wunsch nach Frieden und dem Ende des Tötens. ... Belassen wir es dabei.

  • Ich bin dir gegenüber nicht verpflichtet zu antworten oder zu reagieren. In dem Moment, wo sich für mich der Eindruck verstärkt, dass du nur diskutieren willst, um zu diskutieren, bin ich eben raus. Wenn ich mehr damit beschäftigt bin zu erklären wie was gemeint ist und sich Perspektiven eben einfach unterscheiden, ist das keine konstruktive Diskussion mehr für mich. - Musst du an der Stelle akzeptieren, dass ich eine Diskussion mit Dir nicht weiter führen will.

  • Wenn ich mehr damit beschäftigt bin zu erklären wie was gemeint ist und sich Perspektiven eben einfach unterscheiden, ist das keine konstruktive Diskussion mehr für mich.

    Aber ist nicht eben gerade das der Kern einer fruchtbaren Diskussion? Natürlich gepaart mit dem Willen sich auch gegenseitig zu Verstehen und eben auch verständlich zu machen.

    Ansonsten führt man, jeder für sich, Vorträge.

  • Jasmin hat einfach keinen Bock auf Karusselfahren, was ich total nachvollziehbar finde. Dementsprechend kann ich weder den SARS-CoV, noch den Cold-War-Thread empfehlen. Oder Diskussionen über Wokeness, Identity Politics und wie es von Rechten Medien bespielt wird :P


    Ob man das Forum nun als Meinungsbekundungs- oder Diskussionsplattform versteht, das ist jedem selbst überlassen....

  • Aber ist nicht eben gerade das der Kern einer fruchtbaren Diskussion? Natürlich gepaart mit dem Willen sich auch gegenseitig zu Verstehen und eben auch verständlich zu machen.

    Ansonsten führt man, jeder für sich, Vorträge.

    Perspektiven sind Echo Kammern.

    Diskussionen sind Selbstbestätigung.

    Konstruktiv ist Gleichschaltung.

    Krieg ist Frieden.


    … don’t you see?

  • Ich verstehe vollkommen wenn man nicht Karussell fahren will. Das passiert aber ja vor allem dann, wenn man aneinander vorbei diskutiert, also eigentlich eben Vorträge hält und einfach nur eigene Meinung(en) platziert, und eben nicht ein gemeinsames Verstehen als Ziel verfolgt. Aber gerade letzteres geht halt auch wirklich nur, wenn es von beiden Seiten angestrebt wird. Und gerade das habe ich bisher bei Roy so nicht wahrgenommen, dass er das nicht möchte und auch hier sah ich das bisher nicht. Das ein wirklicher Austausch, bei dem sich auch gerieben wird, sehr anstrengend ist, gerade eben dann wenn beide Seiten nicht der gleichen Meinung sind, ist auch vollkommen klar.

  • Ich denke nicht, dass ich mich für irgendwas rechtfertigen und erklären muss, wenn ich einfach nicht möchte. In einem Forum.

    Ich weiß jetzt nicht wo hier deinem Verständnis nach her kommt, du müsstest dich rechtfertigen müssen, aber leicht passiv aggressiv kommst schon rüber...

    Du musst hier halt erstmal garnix, nichmal da sein.

    Wenn man aber von diskutieren spricht, dann gehört da halt was dazu. Wenn du einfach nur deine Meinung platzieren willst und maximal Zuspruch und ansonsten Schweigen erwartest, dann kannst das auch dazu schreiben, steigert dann zumindest die Chance darauf. Aber natürlich musst du auch das nicht, aber was du dann definitiv musst, ist mit entsprechenden Antworten rechnen und leben. Kannst sie dann ja einfach ignorieren.

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