Warum Grünes Wachstum ein Mythos ist und was daraus folgt

  • Ich finds witzig das Paech sowohl hier im Forum als auch bei Wohlstand für Alle realitätsferne vorgeworfen insofern sein Ansatz nicht aufgehen würde weil er die Strukturen/Ökonomischen Systeme nicht bedenkt. Woher wissen wir denn ob sein Ansatz eine kritische Masse zu erreichen nicht viel realistischer ist?

    Klar wäre ein sozialistischeres Gesellschaftsmodell das Kapital gerecht verteilt und Klimasünden einfach verbietet super. Aber das ist doch politisch noch viel unrealistischer, das sowas in unserer Gesellschaft jemals auch nur ansatzweise eine Mehrheit bekommt.

  • Paech spricht davon, dass Genügsamkeit hinsichtlich Ressourcen und Energien nur politisch aufgefriffen werden kann, wenn es in der Gesellschaft zuvor Pioniere und Vorreiter (Reallabore) gibt. Es muss also erst eine kritische Masse (eine kritische Masse ist das Gegenteil von "subjektiven Willen der einzelnen Individuen") geben, damit dann diese neuen Lebensformen (die im übrigen gar nicht neu sind, das gabs alles schon mal, hier muss also nichts neu erfunden werden) politisch anklang finden und sich verbreiten können.

    Unterschreibe ich zu 100%. Irgendwie muss man mal anfangen. Der Punkt, den ich nur starkmachen möchte, ist, dass man immer im Hinterkopf behalten muss, wie man seine gesellschaftliche Arbeitsteilung gerade nicht organisieren sollte und welchen Grund das hat. Und dazu kann einem Marx etwas sagen.

    Der Grund, warum er dies tut ist der: Eben weil es keine nachhaltigen Produkte und Technologien gibt (je effizienter die Motoren von Flugzeugen und Pkws sind, desto höher sind die Umweltschäden!), kann ohne einen vorherigen kulturellen Wandel in der Gesellschaft auch kein politischer Wandel stattfinden. So ist die Politik gezwungen, auf technologische Innovationen zu setzen, die aber alles nur noch schlimmer machen.

    Ich glaube, das, was du als "politischen Wandel" beschreibst, entspricht am ehesten meiner Vorstellung von einer Veränderung der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse. Dieser Wandel ist aber noch umfassender zu verstehen, weil er die politischen Strukturen selbst mit einschließt. Die aktuellen politischen Strukturen schaffen durch ihre bürgerliche Gesetzgebung erst die Grundvoraussetzung, dass es "freie" und "gleiche" Privateigentümer gibt, die unbehelligt ihre Arbeitsprodukte zu gleichen "Werten" tauschen können. Weiter ist diese Politik von einem profitablen Funktionieren der so erst ermöglichten kapitalistischen Wirtschaft abhängig, da sie erst daraus ihre eigenen Mittel für eine politische Gestaltung beziehen kann.


    Die jetzige Politik ist aus meiner Sicht gezwungen, hinsichtlich der voranschreitenden Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen, auf technologische Innovationen zu setzen, da sich ausschließlich die vermeintliche Entkopplung des Ressourcenverbrauches von der ökonomischen Wertschöpfung mit der besprochenen Kapitalverwertungslogik vereinbaren lässt. Die Ergebnisse, die eine wachsende Wertschöpfung kombiniert mit einer übermäßigen Effizienzsteigerung, die sich im Kapitalismus durch die Konkurrenz-getriebene Steigerung der Produktivität (Steigerung des relativen Mehrwertes bei Marx) wohl ohnehin schon automatisch einstellt, zeigen sich dann in solchen Absurditäten, wie Rebound-Effekten.

    Wenn sich die Menschen nach dem Paech'schen Modell versorgen und aus Konsumenten Prosumenten werden, sind sie resilienter als je zuvor. Wenn wir unsere Nahrung aus dem Umfeld bekommen (Stichwort Solawi) oder über Gemeinschaftsgärten Nahrung selbst anbauen, sind wir resilienter als je zuvor. Eine Wirtschaftskrise kann mich nur hart treffen, wenn mein Lebensmodell stark abhängig ist von industrieller Fremdversorgung.

    Insofern hier weiter auf Handel gesetzt werden soll, dürfte diese Selbstversorgung (in meiner Vorstellung) nicht selbst wieder vom Handel abhängig sein. Es darf nicht wieder die Situation entstehen, dass explizit für einen Markt produziert und hierfür erst wieder Produktionsmittel und Arbeitskräfte eingekauft werden müssen, sodass die Bewegung "kaufen, um zu verkaufen" bzw. Kapital entsteht. Wenn es hingegen beim "Verkaufen, um zu kaufen" bleibt, bzw. hin und wieder mal Überschüsse der Eigenproduktion (die ohne Vorprodukte von externen Lieferanten auskommt) auf einem Markt gehandelt werden, dann mag das ohne eine Verselbständigung funktionieren. Zumindest war das wohl im Feudalismus so. :)

  • Woher wissen wir denn ob sein Ansatz eine kritische Masse zu erreichen nicht viel realistischer ist?

    Das wissen wir natürlich nicht, aber der Umstand, dass Paech schon seit fast 17 jahren mit seinem Ansatz hausieren geht, und bis jetzt noch nicht die geringste Spur einer kritischen Masse erreicht wurde, könnte einen Hinweis dazu geben.


    Davon abgesehen ist die Kritik ja nicht allein darauf bezogen, ob er es schaffen kann, damit so viele Leute zu überzeugen, dass die sich gegen das erklärte Ziel der politischen Klasse stellen, dem Wirtschaftsstandort Deutschland durch stetes Wachstum weiterhin zu einem angenehmen investitionsklima zu verhelfen, sondern auch, ob das was er sich unter Postwachstumsökonomie vorstellt, überhaupt das leisten könnte was er verspricht.

  • Skidrow Ganz konkret bedeutet das, dass wir die Produktionsmittel vergesellschaften müssen. Und das können wir tun, indem wir die Unternehmen demokratisieren. Es geht eben darum, Alternativen zu schaffen. Räume zu schaffen, in denen Menschen sich anders verhalten können und sie auch Anreize haben, sich anders verhalten zu können. Aber Anreize, die auf dem Schaffen von mehr Freiheit basieren und nicht auf z. B. einem liberalen Paternalismus wie Nudging oder Umerziehung oder sowas.

  • Skidrow Im Grunde beißt sich die Katze, hinsichtlich des gesellschaftlichen Wandels, in den Schwanz. Auf der einen Seite bedingt die Organisation der gesellschaftlichen Arbeitsteilung durch unbewusste Kapitalverwertungslogik die Kultur (Konsumsteigerung ist unter diesen Bedingungen rational und notwendig). Auf der anderen Seite kann erst aus einem bewussten Wandel der Kultur eine Veränderung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung stattfinden. Das macht die ganze Sache wohl so ausgesprochen schwierig.

  • Aber wer das wie implentieren und wie das Training der potenziellen kritischen Masse organisiert und finanziert werden soll, darüber schweigt er sich genauso geflissentlich aus, wie darüber, wer die großflächige Abeitszeitverkürzung duchsetzen soll

    Erst kritisierst du Paechs Vorschläge als zu erzieherisch und nun wirfst du ihm vor, sein Konzept sei zu wenig an Menschen oder Gruppen delegiert.

    und durch den Einkommensverlust natürlich auch den enstprechenden materiellen Druck

    Der materielle Druck sinkt, wenn der eigene Lebenstil weniger abhängig ist von kostenintensiven Konsumhandlungen wie Fliegen, Kreuzfahrten und SUV. Ich brauche viel weniger Geld. Und mit einer Regionalökonomie (SOLAWI, nachbarschaftliches Teilen usw.) erhöhe ich meine Resilienz.

    Aber die Frage ist halt, woher die...

    ...kommen soll, um die Gesellschaft zu verändern?

    Bei mir hats durch Aufklärung funktioniert. Gepaart mit Verantwortungsbewusstsein, und davon gibts bestimmt noch mehr Leute.

    Zumindest jeder, der Kinder hat oder vorhat, welche zu bekommen, könnte sich für das Thema interessieren.

    Aber wie gesagt, die Medien erzählen uns ja das Lied, dass all unsere Probleme durch neue Techniken gelöst werden und dass unser Konsumverhalten nicht angepasst werden muss.


    Wieviele Menschen in Deutschland freiwillig ihren Lebensstil anpassen würden - wenn sie erfahren, dass es die Technikinnovationen selbst sind, die die Probleme verursachen und verstärken - können wir wohl höchstens erahnen.

    Warum betreiben Konzerene professionelles Greenwashing, und warum glauben "die Menschen" - also die, die nicht so richtig das Richtige wollen wie Du zum Beispiel - dass sie etwas Gutes für die Umwelt tun, wenn sie das grüngewaschene Zeug kaufen?

    Weil die Menschen in den Konzernen (nicht alle) selbst davon überzeugt sind, dass sie das richtige tun. Sie erkennen es nicht als Green-Washing an (kognitive Dissonanz). Wir alle sind im Zeitalter des Solutionismus aufgewachsen. Das ist tief bis in die feine Unterwäsche des Bewusstseins eingedrungen.

    Nach deiner und Paechts Auffassung, hängt es nur "vom guten Willen" der Leute ab, um die Welt zu ändern. Das funktioniert aber nicht, weil die ökonomische Struktur dadurch nicht geändert wird. Die Gesellschaft und die Menschen passen ihr Leben und ihre Institutionen dieser Struktur an. Um die ökonomische Struktur zu ändern, müssen wir die Form unserer Arbeit ändern. D. h. die Produktionsverhältnissen ändern.

    Dann sag, wie das gehen soll. Und sag, in wie fern sich das auf die Wünsche nach Flugreisen etc. auswirken soll.

    Ganz konkret bedeutet das, dass wir die Produktionsmittel vergesellschaften müssen.

    Wer ist "wir"? Und wer beginnt damit?

    Das wissen wir natürlich nicht, aber der Umstand, dass Paech schon seit fast 17 jahren mit seinem Ansatz hausieren geht, und bis jetzt noch nicht die geringste Spur einer kritischen Masse erreicht wurde, könnte einen Hinweis dazu geben.

    Seit wann sind die Marxianer am hausieren?

    "Es gibt keine nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile."

    "Wir müssen die Lüge dekonstruieren, dass es eine technische Lösung für dieses soziale Problem gibt."

    (Niko Paech)

    Einmal editiert, zuletzt von Skidrow () aus folgendem Grund: Letztes Zitat und Kommentar eingefügt

  • Skidrow Der Logik meiner gesamten Argumentation in diesem Thread folgend, kann ein Konsumverzicht innerhalb kapitalistischer Produktionsverhältnisse nur dann funktionieren, wenn sich dieser auf eine kleine Minderheit der Konsumenten beschränkt. Der Umsatzverlust, der so für die kapitalistische Wirtschaft entstanden ist, kann dann an anderer Stelle durch die Steigerung des Konsums (bspw. auch durch die Entstehung komplett neuer Branchen und Technologien, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können) wieder kompensiert werden. Wenn allerdings global alle Konsumenten innerhalb einer kapitalistischen Wirtschaft ihren Konsum einschränken, dann gibt es keine lohnenden Investitionsmöglichkeiten mehr für das Kapital. Dann krachts.

  • Der Umsatzverlust, der so für die kapitalistische Wirtschaft entstanden ist, kann dann an anderer Stelle durch die Steigerung des Konsums (bspw. auch durch die Entstehung komplett neuer Branchen und Technologien, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können) wieder kompensiert werden.

    Dann werden uns die Umweltkrisen, Rohstoffkrisen oder Energiekrisen (oder ein Mix daraus) den garaus machen.

    Wenn allerdings global alle Konsumenten innerhalb einer kapitalistischen Wirtschaft ihren Konsum einschränken, dann gibt es keine lohnenden Investitionsmöglichkeiten mehr für das Kapital. Dann krachts.

    Das Krachen wird auf jeden Fall dann kommen, wenn wir so weiter konsumieren, wie bisher.

    "Es gibt keine nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile."

    "Wir müssen die Lüge dekonstruieren, dass es eine technische Lösung für dieses soziale Problem gibt."

    (Niko Paech)

  • Der Umsatzverlust, der so für die kapitalistische Wirtschaft entstanden ist, kann dann an anderer Stelle durch die Steigerung des Konsums (bspw. auch durch die Entstehung komplett neuer Branchen und Technologien, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können) wieder kompensiert werden.

    Noch mal extra, weil's mir echt wichtig ist: Eigentlich belegt das Zitat, dass du das Problem, was ich mit diesem Thread aufdecken wollte, noch gar nicht verstanden hast. Lies doch noch mal meinen Eingangsthread und die drei Links.

    Die Anstalt hatte sich letzten Mai mit diesem Thema beschäftigt. Und wer genau hinhört weiß: Die haben's verstanden. Friedrich Merz löst die Klimakrise durch grünes Wachstum | Die Anstalt

    "Es gibt keine nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile."

    "Wir müssen die Lüge dekonstruieren, dass es eine technische Lösung für dieses soziale Problem gibt."

    (Niko Paech)

  • Erst kritisierst du Paechs Vorschläge als zu erzieherisch und nun wirfst du ihm vor, sein Konzept sei zu wenig an Menschen oder Gruppen delegiert.

    Nein, das habe ich nicht geschrieben. Ich habe kritisiert, dass er einen Haufen Vorschläge dazu macht, was eigentlich mal gemacht werden müsste, aber sich überhaupt nicht weiter dazu äußert, wie genau das eigentlich umzusetzen sei. Er überlässt das eben dem Individuum, das sich gefälligst selbst ein individuelles...

    Verantwortungsbewusstsein

    ...für den Klima- und Naturschutz zulegen soll.


    Was man vielleicht noch am ehesten als politische Forderung verstehen könnte, ist sein Aufruf, die Wirtschaft massiv zu deindustrialisieren, denn anders als Du es hier darstellst...

    Der materielle Druck sinkt, wenn der eigene Lebenstil weniger abhängig ist von kostenintensiven Konsumhandlungen wie Fliegen, Kreuzfahrten und SUV.

    ...folgt auch bei Niko Paech nicht weniger materieller Druck aus einem zuvor auf Postwachstum und Gemeinwohl umgewandelten Lebensstil, sondern durch die mit der Deindustrialisierung dann reduzierte Erwerbsarbeit entsteht ein individueller Druck, sich mehr um alternative Subsistenz- und Tauschwirtschaft zu bemühen.


    Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das schreibt er sogar selbst im letzten von mir bereits zitierten Artikel:

    [...] Soziale Stabilität in einer Postwachstumsökonomie bedeutet zuvorderst, die nach einer schrittweisen Reduktion des Verkehrs- und Produktionsvolumens verbliebene Erwerbsarbeit so zu verteilen, dass weiterhin Vollbeschäftigung herrscht, wenngleich auf Halbtagsbasis.

    Die damit einhergehende Einkommensverringerung wäre durch ergänzende Subsistenzleistungen auszugleichen; erstens durch Nutzungsdauerverlängerung, zweitens durch eigene Produktion und drittens durch Gemeinschaftsnutzung. Neben kooperativen Nachbarschaften und lokalen Netzwerken erweisen sich verdichtete Formen des gemeinschaftlichen Wohnens als geeignete Ansatzpunkte. Letztere können den oft hohen Einkommensanteil für Mieten mildern, weil sie den Bedarf an eigener Wohnfläche reduzieren. Dazu tragen auch Maßnahmen zur optimierten Wohnraumausnutzung bei.[...]

    Aber auch da belässt er den Adressaten seiner ökonomischen Beratung im Ungefähren. Die Schritte zur "schrittweisen Reduktion des Verkehrs- und Produktionsvolumens" werden einfach irgendwie von irgendwem durch igendwas vollzogen, und die verbliebene Erwerbsarbeit (also der Tausch von Arbeitskraft gegen Lohn) wird dann ebenfalls von irgendwem irgendwie so verteilt, dass weiterhin Vollbeschäftigung herrscht - dass also alle weiter Lohnarbeiten und ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, aber halt nur noch Halbtags, also nicht mehr in ausreichender Menge, um davon leben zu können, so dass dann alle urban gardening oder sonstwas betreiben müssen, um die fehlende Kaufkraft duch Selbstversorgung zu kompensieren.


    Aber wessen unsichtbare Hand das alles bewirken soll, verrät uns der Herr Ökonomieprofessor leider nicht.

    Seit wann sind die Marxianer am hausieren?

    Seit ungefähr 150 Jahren.


    Ein paar von denen haben sogar die eine oder andere Revolution angezettelt, und damit den Kapitalisten in anderen Ländern eine solche Angst eingejagt, dass die sich tatsächlich auf Kompromisse mit der Arbeiterklasse eingelassen haben. Aber seit dem Ende der Geschichte gilt das natürlich alles nichts mehr.

  • folgt auch bei Niko Paech nicht weniger materieller Druck aus einem zuvor auf Postwachstum und Gemeinwohl umgewandelten Lebensstil, sondern durch die mit der Deindustrialisierung dann reduzierte Erwerbsarbeit entsteht ein individueller Druck, sich mehr um alternative Subsistenz- und Tauschwirtschaft zu bemühen.

    Das stimmt. Dieser Druck entsteht. Da der Druck aber flächendeckend entsteht, stehen alle vor den selben Herausforderungen.

    Aber all das existiert ja schon. Alles, was Paech beschreibt, existiert irgendwo schon. Schau dir bei Youtube eine Doku über das Wohnprojekt Kalkbreite in Zürich an. Das ist ein Blick in die Zukunft. Ein Beispiel: Wohnprojekt Kalkbreite Zürich. Die Leute kommen mir nicht vor, als stünden sie unter enormen Druck, im Gegenteil.


    Aber wie gesagt, du hast Recht, zu einer radikalen Lebensstiländerung gehören auch radikale, individuelle Anpassungen. Deswegen war ja schon mehrfach meine Frage, wie euer Weg aussieht zu einer drastischen Reduzierung des Konsums. Ein typischer Deutscher (zwei Flugreisen im Jahr, SUV in der Garage, Wohnfläche pro Kopf bei 50 qm, jedes Jahr das neue Iphone) wird sich so oder so drastisch umstellen müssen, darum kommt er nicht herum. Dafür kann aber Niko Paech nichts.


    Fakt ist: Wenn Krisen wie Dürre, Überschmemmungen, Hitze und Rohstoffmangel kommen, wird noch ein ganz anderer Druck auf uns zu kommen. Frag mal Inselbewohner oder Küstenbewohner in Europa, was sie tun, wenn ihr Dorf oder ihre Stadt bald zu Meeresboden wird. Aber sag ihnen bitte auch gleich, dass du es nicht zumutbar findest, wenn Leute selbstständig auf Flugreisen verzichten und sich in Gemeinschaftsgärten organisieren. Ich bin auf deren Blicke gespannt.


    Die Schritte zur "schrittweisen Reduktion des Verkehrs- und Produktionsvolumens" werden einfach irgendwie von irgendwem durch igendwas vollzogen, und die verbliebene Erwerbsarbeit (also der Tausch von Arbeitskraft gegen Lohn) wird dann ebenfalls von irgendwem irgendwie so verteilt, dass weiterhin Vollbeschäftigung herrscht -

    Schreib Herrn Paech doch eine Email und frag ihn. Er antwortet recht zügig.

    Ich habe nicht den Anspruch an ihn, mir eine Schritt für Schritt Anleitung vorzulegen. Ich habe jedenfalls meine Arbeitszeit reduziert indem ich zu meinem AG gengangen bin und dies beantragt habe. Dafür brauchte ich niemanden sonst. Im Gegenteil, durch die SOLAWI habe ich viele neue Leute kennengelernt, alle sehr hilfsbereit.

    Das ist die Zukunft.

    Aber wessen unsichtbare Hand das alles bewirken soll, verrät uns der Herr Ökonomieprofessor leider nicht.

    Das Warten auf eine Person, eine Institution oder was auch immer, ist in meinen Augen eine Ausrede, um bloß nichts am eigenen Lebensstil ändern zu müssen.


    Ich bitte dich, mir mal ganz konkret zu erläutern, wie du von geschätzten* durchschnittlichen 17-25 T CO2-Äquivalenten pro Kopf und pro Jahr in Deutschland auf 1-2 T runter kommen willst.


    Wie genau sehen deine Vorschläge aus, dass die Menschen all die ganzen Konsumtätigkeiten drastisch reduzieren?


    * Der in Deutschland gemessene CO2-Ausstoß liegt derzeit lt. Umweltbundesamt bei 11-12 T Äquivalenten pro Kopf und pro Jahr. Aber: Seit 1990 hat vor allem eine Verlagerung CO2-intensiver Bestandteile unserer Wertschöpfungsketten und -lieferketten stattgefunden: Die Produktion unserer Konsumgüter findet ganz wo anders statt, in China, Bangladesh oder Indien usw. Wenn also in China Kohlekraftwerke gebaut werden, dann nicht nur für die Chinesen, sondern auch für unsere Konsumgüter, die dort produziert werden.

    Schweden plant, die Emissionen von Importwaren im eigenen Land anzurechnen.

    Täten wir dies auch, würde der tatsächliche Wert auf 17-25 T steigen. Das heißt: Eigentlich rechnet sich das Umweltbundesamt und die gesamte Politik die Zahlen schön.

    "Es gibt keine nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile."

    "Wir müssen die Lüge dekonstruieren, dass es eine technische Lösung für dieses soziale Problem gibt."

    (Niko Paech)

  • Fakt ist: Wenn Krisen wie Dürre, Überschmemmungen, Hitze und Rohstoffmangel kommen, wird noch ein ganz anderer Druck auf uns zu kommen. Frag mal Inselbewohner oder Küstenbewohner in Europa, was sie tun, wenn ihr Dorf oder ihre Stadt bald zu Meeresboden wird. Aber sag ihnen bitte auch gleich, dass du es nicht zumutbar findest, wenn Leute selbstständig auf Flugreisen verzichten und sich in Gemeinschaftsgärten organisieren. Ich bin auf deren Blicke gespannt.

    Ich vestehe nicht, warum Du mir jetzt unterstellst, ich fände es "nicht zumutbar", wenn Leute selbständig auf Flugreisen verzichten. Sollen sie doch bitte gerne machen.


    Das Warten auf eine Person, eine Institution oder was auch immer, ist in meinen Augen eine Ausrede, um bloß nichts am eigenen Lebensstil ändern zu müssen.

    Du hast offenbar immer noch nicht verstanden, dass ich hier mit keinem Wort gefordert habe, es müsste irgendeine Person oder Institution dafür sorgen, dass irgendwer seinen eigenen Lebensstil verändert.

    Ich werfe vielmehr Niko Paech vor (der Dir persönlich offenbar eine so wichtige Person und ein so großes Vorbild ist, dass Du hier jetzt alle möglichen Strohmänner abfackeln musst, um Dich nicht mit der eigentlichen kritik auseinanderzusetzen, die Dir hier jetzt mehrfach und zur genüge von verschiedener Seite erörtert wurde), dass er sich als Ideologe einer neuen Genügsamkeit in Eigenverantwortung betätigt, aber keinen Plan hat, wie er ausreichend Leute von seiner guten ideologie überzeugen soll, damit sie dann aus dem Kapitalismus eine private Gemeinwohlökonomie machen - außer indem er dafür plädiert, die Wirtschaft zu deindustrialisieren und die Leute so zu ihrem Glück zu zwingen.

    Ich bitte dich, mir mal ganz konkret zu erläutern, wie du von geschätzten* durchschnittlichen 17-25 T CO2-Äquivalenten pro Kopf und pro Jahr in Deutschland auf 1-2 T runter kommen willst.


    Wie genau sehen deine Vorschläge aus, dass die Menschen all die ganzen Konsumtätigkeiten drastisch reduzieren?

    Da gebe ich gerne die Frage zurück: Wie genau und ganz konkret sieht denn Niko Paechs Plan aus, um eine ausreichend "kritische Masse" an sich selbst ganz eigenverantwortlich zu einer Avantgarde resilienter ProsumentInnen erziehenden BürgerInnen zu erzeugen, die dann die Tansformation in die Postwachstumsökonomie einleitet? Wie gesagt, er predigt das seit gut 17 jahren.


    Veilleicht machen Leute wie Paech ja im Grunde auch nichts anderes als die Konzerne mit ihren greenwashing-Kampagnen, und verkauft den Individuen die illusion, dass es an ihnen selbst läge, sich zu besseren Menschen zu transformieren. Und vielleicht ist genau das der Grund dafür, dass sich niemand mehr mit der eigentlichen Ursache dafür beschäftigt, warum sie überhaupt zu so schlechten Menschen geworden sind, oder sich gar irgendwer daran macht, diese Ursache an der Wurzel zu beseitigen, anstatt weiter an ihren Symptomen herum zu laborieren.

  • Dann sag, wie das gehen soll. Und sag, in wie fern sich das auf die Wünsche nach Flugreisen etc. auswirken soll.

    Wer ist "wir"? Und wer beginnt damit?

    Das habe ich schon geschrieben. Den Menschen müssen Alternativen angeboten werden. Das ist aber nicht leicht zu erreichen, weil die notwendigen Alternativen nicht profitabel sind (weil wir derzeit noch im Kapitalismus leben halt).


    Wer ist "wir"? Und wer beginnt damit?


    Wir, die Gesellschaft. Wer damit beginnt? Eine neue soziale Bewegung (les bei punkt "historische und aktuelle beispiele" , um zu verstehen, was das ist) ähnlich wie Extinction Rebellion oder der Aufstand der letzten Generation usw. Diese Bewegung soll dann zb die Idee der Demokratischen Betriebe verbreiten, Aktionen dazu machen, die Massen mobilisieren. Das gab es in der Vergangenheit immer und immer wieder und mit Erfolg. Also warum nicht wieder in der Gegenwart? Es gibt keine andere Möglichkeit. Außer über autoritäre Maßnahmen, die grundsätzlich abzulehnen sind, weil sie mit Repression und nicht mit Demokratie arbeiten.

  • Noch mal extra, weil's mir echt wichtig ist: Eigentlich belegt das Zitat, dass du das Problem, was ich mit diesem Thread aufdecken wollte, noch gar nicht verstanden hast. Lies doch noch mal meinen Eingangsthread und die drei Links.

    Die Anstalt hatte sich letzten Mai mit diesem Thema beschäftigt. Und wer genau hinhört weiß: Die haben's verstanden. Friedrich Merz löst die Klimakrise durch grünes Wachstum | Die Anstalt

    Je mehr ich mir hier bei der wiederholten Neuformulierung meiner Argumente über meine eigenen Gedanken und deren Konsequenzen im Klaren werde, umso mehr hoffe ich, dass du damit recht hast und ich einfach nur alles grundlegend falsch verstanden habe. :)

  • Skidrow Unabhängig davon, dass ich anhand deiner Aussagen vermute, dass du mein wesentliches Argument bisher nicht vollständig nachvollzogen hast, möchte ich es mittlerweile selbst etwas relativieren. :)


    Mein wesentliches Argument bestand darin, dass die von dir bemängelte ständige Steigerung des Konsums eines vermeintlich durchschnittlichen deutschen Privathaushalts, das notwendige Resultat einer systemimmanenten Eigenlogik des Kapitals, sich selbst zu vermehren, ist. Die Existenz dieses Kapitals mit seiner Eigenlogik, sich selbst zu vermehren, habe ich wiederum auf eine besondere Form der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die im allseitigen Äquivalententausch von privat produzierten Waren besteht, zurückgeführt. Demnach wäre eine Beendigung des Zwangs zur Profitmaximierung nur durch eine Veränderung dieser Organisation der gesellschaftlichen Arbeitsteilung möglich. Das bedeutet, die gesellschaftliche Arbeitsteilung dürfte nicht mehr über den Äquivalententausch von privat produzierten Waren vermittelt sein. Die ganze Tragweite dieses letzten Punkts ist dir hierbei evtl. entgangen bzw. sollte noch etwas tiefer durchdacht werden.


    Hier wäre allerdings erstmal zu differenzieren, inwiefern ein Zwang zur Profitmaximierung des Kapitals notwendigerweise eine Steigerung des Konsums der Privathaushalte nach sich zieht bzw. ob so eine Notwendigkeit überhaupt existiert. Dementsprechend wäre dann auch der Umkehrschluss zu bewerten, eine allgemeine Verringerung des Konsums der Privathaushalte würde zu einer Behinderung dieser Profitmaximierung führen und ggf. eine Wirtschaftskrise auslösen, da so angeblich keine lohnenden Investitionsmöglichkeiten für das Kapital mehr vorhanden wären. Weiter wäre noch genauer zu erklären, inwiefern sich überhaupt ein Zwang zur Profitmaximierung einzelner kapitalistischer Unternehmen in ein gesamtwirtschaftliches Wachstum des BIP übersetzt.


    Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich erst ein Beginner in marxscher Theorie bin und mir selbst erst über diese Fragen im Klaren werden muss. :)

  • Ich werfe vielmehr Niko Paech vor (der Dir persönlich offenbar eine so wichtige Person und ein so großes Vorbild ist, dass Du hier jetzt alle möglichen Strohmänner abfackeln musst, um Dich nicht mit der eigentlichen kritik auseinanderzusetzen, die Dir hier jetzt mehrfach und zur genüge von verschiedener Seite erörtert wurde), dass er sich als Ideologe einer neuen Genügsamkeit in Eigenverantwortung betätigt, aber keinen Plan hat, wie er ausreichend Leute von seiner guten ideologie überzeugen soll, damit sie dann aus dem Kapitalismus eine private Gemeinwohlökonomie machen - außer indem er dafür plädiert, die Wirtschaft zu deindustrialisieren und die Leute so zu ihrem Glück zu zwingen.

    Nenn es Strohmänner. In meinen Augen sind es Argumente.

    Ich bekomme es echt nicht in den Sinn, wie eine Transformation der Gesellschaft stattfinden soll, wenn nicht einzelne Leute beginnen, woraus sich dann eine kritische Masse bildet, woraus sich dann eine Transformation auf politischer Ebene vollzieht. Das ist mir eigentlich erst im Verlaufe dieses Threads klar geworden.

    So schwer und unrealistisch dies auch zu sein scheint, das ist mir bewusst.

    Wie genau und ganz konkret sieht denn Niko Paechs Plan aus, um eine ausreichend "kritische Masse" an sich selbst ganz eigenverantwortlich zu einer Avantgarde resilienter ProsumentInnen erziehenden BürgerInnen zu erzeugen, die dann die Tansformation in die Postwachstumsökonomie einleitet? Wie gesagt, er predigt das seit gut 17 jahren.

    Wie ich schon sagte, ich habe nicht diesen Anspruch an Paech. Paech ist ein Wissenschaftler, der seine Ergebnisse kundtut. Er ist kein Messias, kein Politiker, er ist nicht mal Transformationsforscher. Ich nehme von ihm mit, was mir einleuchtet, anderes, lass ich liegen. Er sagt selbst, und das zurecht, dass es ihm nicht darum gehe, Mehrheiten mit seinen Vorschlägen zu generieren.


    Es ist doch so: Egal was wir uns wünschen, egal was wir uns vorstellen, wie es weitergehen soll: ALLE Wege dorthin, die wir uns nur ausdenken können, erscheinen derzeit unrealistisch.

    Den Menschen müssen Alternativen angeboten werden.

    Was für Alternativen?

    Diese Bewegung soll dann zb die Idee der Demokratischen Betriebe verbreiten, Aktionen dazu machen, die Massen mobilisieren.

    Finde ich gut.

    Nur verstehe ich immer noch nicht, wie und warum Menschen dadurch ihre Lebensstile drastisch verändern sollten.

    "Es gibt keine nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile."

    "Wir müssen die Lüge dekonstruieren, dass es eine technische Lösung für dieses soziale Problem gibt."

    (Niko Paech)

  • Mein wesentliches Argument bestand darin, dass die von dir bemängelte ständige Steigerung des Konsums eines vermeintlich durchschnittlichen deutschen Privathaushalts, das notwendige Resultat einer systemimmanenten Eigenlogik des Kapitals, sich selbst zu vermehren, ist.

    Das klingt so, als seien die konsumierenden Menschen dazu gezwungen, zu fliegen, so kreuzfahren und zo SUVfahren.

    Ich vestehe nicht, warum Du mir jetzt unterstellst, ich fände es "nicht zumutbar", wenn Leute selbständig auf Flugreisen verzichten.

    Du hast mir bzw Paech doch unterstellt, er bzw ich würden damit lediglich das Individuum ansprechen. Was du doch für grundfalsch ansiehst. In wie fern irre ich mich da, deiner Ansicht nach?

    Ich bitte dich, mir mal ganz konkret zu erläutern, wie du von geschätzten* durchschnittlichen 17-25 T CO2-Äquivalenten pro Kopf und pro Jahr in Deutschland auf 1-2 T runter kommen willst.


    Wie genau sehen deine Vorschläge aus, dass die Menschen all die ganzen Konsumtätigkeiten drastisch reduzieren?

    Es würde mich freuen, wenn du darauf eingehen würdest. Ohne auf Paech oder mich zu verweisen. Einfach deinen Plan offenlegen, wie das geschehen soll.

    "Es gibt keine nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile."

    "Wir müssen die Lüge dekonstruieren, dass es eine technische Lösung für dieses soziale Problem gibt."

    (Niko Paech)

  • Verzeih mir meine Polemik:

    Das bedeutet, ein Drogenabhängiger übernimmt keinerlei Verantwortung für seinen Drogenkonsum, solange es Drogendealer gibt?

    Insofern weiterhin die kapitalistische Produktionsweise vorherrscht.

    Noch eine Frage: Was schlägst Du konkret vor, um die kapitalistische Produktionsweise abzuschaffen (was ich mir sehr wünsche)?

    "Es gibt keine nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile."

    "Wir müssen die Lüge dekonstruieren, dass es eine technische Lösung für dieses soziale Problem gibt."

    (Niko Paech)

    Einmal editiert, zuletzt von Skidrow ()

  • Verzeih mir meine Polemik:

    Das bedeutet, ein Drogenabhängiger übernimmt keinerlei Verantwortung für seinen Drogenkonsum, solange es Drogendealer gibt?

    Das Problem ist, dass die Deckung der Grundbedürfnisse durch die Drogendealer kontrolliert wird. Man kann seine Bedürfnisse also nur decken, wenn man die Bedingungen der Dealer akzeptiert. Die Dealer können dabei nicht zwischen "sinnvollem" Grundbedürfnis und exzessiven Drogenkonsum unterscheiden. Für sie sieht alles wie eine Droge aus.

    Noch eine Frage: Was schlägst Du konkret vor, um die kapitalistische Produktionsweise abzuschaffen (was ich mir sehr wünsche)?

    Wie ich an anderer Stelle schon beschrieben habe, ergibt sich aus der Abschaffung der Warenproduktion das Problem, dass es dann keine automatische Regulation der gesellschaftlichen Arbeitsteilung mehr gibt. Damit stellt sich nun die Frage:

    • Wer soll was wie in welcher Menge produzieren?

    Das naheliegendste wäre, diese Frage durch eine zentrale Planung zu beantworten, deren Vorgaben auf demokratischem Wege durch alle Gesellschaftsmitglieder mitbestimmt werden können. Das Problem mit diesem Ansatz ist, dass hier die genaue Funktionsweise der gesamten Wirtschaftsstruktur verstanden werden muss, die aber in der bekannten Marktwirtschaft ultrakomplex ist. In einer Marktwirtschaft organisiert sich diese Wirtschaftsstruktur dagegen selbst. Es gibt hier nichts und niemanden, der die genaue Funktionsweise dieser Gesamtstruktur versteht und es funktioniert trotzdem. Deswegen halte ich es für sinnvoll, nach alternativen, selbstorganisierten Wirtschaftsformen zu suchen, die aber eben nicht auf allgemeinem Äquivalententausch privat produzierter Waren basieren.


    Hierzu gibt es auch schon erste Ansätze.

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