Es gibt vor allem keinen Beleg dafür, dass die Mehrheit der lohnarbeitenden Bevölkerung 100% von ihrem Gehalt für sinnlosen und schädlichen Konsum verschwendet.
Hier wird halt so getan, als würde in Deutschland jeder ein dickes SUV fahren, in einem viel zu großen Eigenheim mit Gas- oder Ölheizung leben, dreimal am Tag ein Kilo Fleisch essen, dreimal im Jahr um die halbe Welt in den Urlaub fliegen und regelmäßig Kreuzfahrten in der Karibik machen, und dann wird angesichts dieser lasterhaften Völlerei der heilige Verzicht gepredigt.
Ich wage zu zweifeln, dass die Aussage in dieser Absolutheit verstanden werden wollen wurde.
Man sollte aber zumindest zur Kenntnis nehmen:
- Länder weltweit mit den höchsten internationalen Tourismusausgaben im Jahr 2023
- Fleischverbrauch in Deutschland pro Kopf in den Jahren 2010 bis 2023
- der sinkt zwar, aber wenn man mal den Vergleich zum weltweiten Konsum (von den Entwicklungsländern gar nicht zu sprechen) anstellt, bekommt man ein Gefühl für die Dimensionen: Prognostizierter Pro-Kopf-Konsum von Fleisch weltweit nach Ländergruppen in den Jahren 2024 bis 2033
- Anzahl der Kreuzfahrtpassagiere* aus Deutschland von 2004 bis 2023
- zu der unvermindert steigenden Menge an zugelassenen PKW brauche ich wohl nicht extra eine Statistik heraussuchen, dass SUV dabei die beliebteste Kategorie sind, ist ebenfalls bekannt
- dass hierzulande aufgrund günstiger Beschaffungsmöglichkeiten viel zu lange auf Gas und Öl als Heizmittel gesetzt wurde, ist auch kein Geheimnis
Also nein, natürlich fährt nicht jeder ein dickes SUV, frisst pausenlos Fleisch usw. aber in der Tendenz leider eben deutlich mehr als der Rest der Welt (Ausnahmen bestätigen die Regel).
Wenn dann ein Herr Schulz in einem der letzten 20er Podcasts im Brusttone der Überzeugung verkündet, die Umwelt wäre gerettet, wenn nur alle so wären wie der normale Deutsche ohne Riesenvermögen, muss man doch konstatieren, das ist grober Unfug und die Welt wäre schlicht und ergreifend am Arsch, wenn das so wäre (kein Vorwurf an Dich, ist ja nicht Deine Aussage! Ich musste mich nur mal darüber aufregen.).
Gerade die unteren Bevölkerungsschichten verbrauchen ihr Einkommen komplett für notwendigen Konsum (Miete, Essen etc.), was genau spricht dafür, dass die sich nicht auch was gönnen würden, wenn sie denn (finanziell) könnten? Aus der Soziologie wissen wir doch, dass das Vorgelebte auf die Bewertung des Selbst wirkt. Vorgelebter Konsum wird mMn also wohl eher zum Wunsch führen, das selbst auch zu tun.