#616 - Justizexperte Ronen Steinke

  • Noch eine naive Frage:


    Sind die in deinem aktuellen Buch dargelegten Einzelfälle nicht vielmehr Ausdruck einer Klassengesellschaft als einer Klassenjustiz? Also liegt das Problem nicht vielmehr in der immer weiter fortschreitenden ungleichen Verteilung von Vermögen in der Gesellschaft; die Justiz dagegen nur ein Ort, an welchem das ganz besonders deutlich und nach außen erkennbar wird?

  • Jo gutes Interview. Leider keine philosophische Diskussion über das Recht an sich.


    Warum das Strafrecht so ist wie es ist, dazu müssen sich mal jmd in den Quellen vergraben und raussuchen, durch welchen Denker im Fall von Deutschland das System beeinflusst wurde und wie da bestimmte Vorstellungen von Klassen, Armut usw. eine Rolle gespielt haben. Es gibt jedenfalls bei vielen Vordenker der politischen Theorie die Ansicht, dass Teile der Bevölkerung, die untersten Schichten, diszipliniert werden müssen und dass sie eine Gefahr für die Stabilität des Systems darstellen.


    https://www.oxfordreference.co…9D0099BD073E97C92EDA88873


    A term taken from the title of the book (The Dangerous Classes of New York) published in 1872 by the American social reformer Charles Loring Brace. His ‘dangerous classes’ included the vagabonds, waifs, predatory criminals, vagrants, and prostitutes that emerged out of the poor underclass in late 19th-century New York city. Sociologists and criminologists have sometimes argued that contemporary policing policies (for example in relation to drugs control) are still informed by this concept, and contain a hidden agenda which aims either to identify ‘public enemies’ who can be blamed for various economic and social problems, or to suppress members of today's ‘dangerous classes’ (immigrants, youths, various minority groups) in the interests of public order and security (see, for example, Diana Gordon, The Return of the Dangerous Classes, 1994).


    In wie weit davon etwas in das deutsche Strafrecht reindiffundiert ist, müsste man mal recherchieren. Wenn dann wahrscheinlich über anglo-amerikanische Denker oder aus der Zeit der Weimarer-Republik oder früher aus der Zeit der Sozialen Fragen während der industriellen Revolution.

  • Schon interessant, dass er sagt, dass die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen in den letzten Jahren massiv gestiegen ist. Vor einiger Zeit habe ich mal recherchiert, ob es in De analoge Entwicklungen zu denen in den USA gibt, wo die Zahl der für kleinst- und drogendelikte Inhaftierten seit der neoliberalen Wende durch die Decke gestoßen ist. Klar, dass die Bedingungen in De sich in vielerlei Hinsicht von denen in den USA unterscheiden, von daher gibt es keine gleiche Entwicklung wie in den USA. Aber vielleicht ist ja die Ersatzfreiheitsstrafe das analoge zu den Entwicklungen in den USA in De. Man sagt ja immer, alles von den USA kommt 10 Jahre später nach De, wie z. B. die neoliberalen Reformen. Das stimmt auch oft, in De werden die neoliberalen Reformen allerdings nicht so knallhart durchgeprügelt und sie haben eine abgeschwächtere Form. Diese Ersatzfreiheitsstrafen haben schon etwas von Klassenkampf gegen die ärmere Bevölkerung. Auf jeden Fall ziemlich wichtiges Buch, das er geschrieben hat.

  • Ich meine er hätte auch gesagt, dass die Anzahl der verhängten Freiheitsstrafen massiv zurückgegangen sei und heute viel mehr Geldstrafen verhängt würden. Habe mich daher gefragt, ob die Anzahl der Ersatzfreiheitsstrafen im Allgemeinen oder auch im Verhältnis zu den verhängten Geldstrafen gestiegen ist. Dass mehr Ersatzfreiheitsstrafen mit mehr Geldstrafen einhergehen, wäre ja irgendwie nachvollziehbar.

    Schon interessant, dass er sagt, dass die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen in den letzten Jahren massiv gestiegen ist. Vor einiger Zeit habe ich mal recherchiert, ob es in De analoge Entwicklungen zu denen in den USA gibt, wo die Zahl der für kleinst- und drogendelikte Inhaftierten seit der neoliberalen Wende durch die Decke gestoßen ist. Klar, dass die Bedingungen in De sich in vielerlei Hinsicht von denen in den USA unterscheiden, von daher gibt es keine gleiche Entwicklung wie in den USA. Aber vielleicht ist ja die Ersatzfreiheitsstrafe das analoge zu den Entwicklungen in den USA in De. Man sagt ja immer, alles von den USA kommt 10 Jahre später nach De, wie z. B. die neoliberalen Reformen. Das stimmt auch oft, in De werden die neoliberalen Reformen allerdings nicht so knallhart durchgeprügelt und sie haben eine abgeschwächtere Form. Diese Ersatzfreiheitsstrafen haben schon etwas von Klassenkampf gegen die ärmere Bevölkerung. Auf jeden Fall ziemlich wichtiges Buch, das er geschrieben hat.

    Mal gucken, vielleicht bin ich schlauer wenn ich das Buch ganz durch hab…

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