Die Letzte Generation

  • eIch wollte nicht, das du dich abgrenzt, sodern dem bürgerlichen Bernd die Klassenzugehörigkeitsgrenzen deutlich machst. Mit dem Arschloch-Move hatte die Lernfrage, wie ja von mir angemerkt, daher auch gar nix zu tun.

    Was soll ich denn "dem bürgerlichen Bernd" hier für eine Klassenzugehörigkeit abgrenzen?

    Es Ist doch offensichtlich , dass der LKW-Fahrer zur Arbeiterklasse gehört.


    Ob die AktivistInnen da auch dazu gehören oder nicht, weiß ich nicht, aber es ist natürlich anzunehmen, dass sie StudentInnen oder AkademikerInnen sind.

    Was - oder ob - die zu welchen Bedingungen arbeiten müssen, ob sie von reichen Eltern gesponsert , oder ob sie tatsächlich - wie u. a. auch von Dir suggeriert - von irgendwelchen "Arbeitgebern" dafür bezahlt werden, sich auf der Straße von Arschlöchern auf die Fresse hauen zu lassen, die ihre Affekte nicht unter Kontrolle haben, weiß ich ebenfalls nicht, und es ist mir auch relativ egal, weil der einzige Punkt, den ich hierzu zu machen habe der ist, dass ich nicht automatisch auf der Seite des Arbeiters bin, nur weil der ein Arbeiter ist.


    Wenn der Arbeiter sich freiwillig zum Kriegsdienst für das Vaterland meldet, oder bei der Bürgerwehr mitmarschiert und ein Asylantenheim anzündet, oder wenn er eben auf wehrlose Menschen zuerst mit den Fäusten, und dann mit dem 12-Tonner losgeht - ob fahrlässig oder nicht - weil er sich von denen in seinem Privatrecht auf freie Berufsausübung gestört fühlt, und nicht verstehen kann oder will, dass es dabei überhaupt nicht um ihn und seine bürgerliche Freiheit geht, dann ist der nicht mein Genosse, sondern er betreibt - ob gewollt oder nicht - das politische Geschäft der Gegenseite, des Kapitals. Dann macht er sich zum Instrument von dessen Sprachrohren und politischen Ermächtigern. Dann lässt er sich zum Genossen der Poschardts, der Söders und der Höckes machen.


    Warum regt dich das überhaupt so auf. Das ändert doch gar nichts an der Tatsache, dass du da mit zweierleich Maß gemessen hast und man dank deines Herzchens auch weiß, dass dir da nichts durchgerutscht ist, sondern einfach mal wieder eine Gelegenheit genutzt wurde, um gegen jemanden anzustinken, der einem sowieso nicht passt.

    Und selbstverständlich messe ich zwei unterschiedliche Aussagen von zwei unterschiedlichen Leuten mit zweierlei Maß, wenn die eine davon eine offensichtlich eher so dahin geschriebene Meinungsäußerung ist, und die andere daherkommt wie eine juristische Expertise, die dabei auch noch den Anspruch erhebt, die - ebenfalls nur aus der Ferne vorgenommene - Einschätzung eines immerhin öffentlich als praktizierender (und wichtigtuerischer) Rechtsanwalt bekannten Juristen als völlig abwegigen Quatsch abzutun.


    Und ganz sicher mache ich alter Salonmarxist da erst recht einen Unterschied, wenn die behauptete Expertise von Einem geäußert wird, der hier nach seinem kleinen Ausflug ins Reich der Gewaltgeilen NAFO-Incels letzterdings als "FDGO-Ultra" auftritt, und mehrfach ganz klar gemacht hat, dass ihm die Bewahrung "unserer" westlichen #Freiheit, ihrer bürgerlichen Ordnung und ihres dazugehörigen Rechtsstaats wichtiger und sinnvoller erscheint, als eine radikale Kritik am Zustandekommen von Rechten und Gesetzen, zu deren Einhaltung Rechtsstaatliche Institutionen und Behörden die eigenen Staatsbürgerinnen immer häufiger nur mit der Androhung oder ggf. Ausübung staatlicher Gewalt zwingen können, weil die partout nicht einsehen wollen, warum sie sich ihnen überhaupt noch permanent unterwerfen sollen, während Andere sich einfach ihre eigene Gesetzgebung kaufen können.


    Aber anstatt mir hier zum x-ten Mal wegen einer Sache, die Dich eigentlich gar nicht betraf, mein ungebührliches Benehmen und meine mangeldne Klassensolidarität vorzuhalten, könntest Du ja zur Abwechslung mal darlegen, welcher Klassenstandpunkt hier Deiner Meinung nach angebracht wäre. Ich bin gespannt.

  • Mit deinem framing wolltest du ja irgendetwas zum Ausdruck bringen, oder? Adam Tooze - - > gut, Milliardäre - - > schlecht. LG nimmt Geld von Milliardärin - - > Schlecht.

    Falls du Syd sein solltest, dann erinnere ich dich an die ominöse Sippenhaft, die du so gerne kritisierst.

    Manche Codes versteht man wohl erst, wenn man länger im Forum ist: „framing“, „Syd“, auch wenn etwas „satirisch gemeint“ ist scheint das öfter mal für Missverständnisse zu sorgen. Um das zu vermeiden verwende ich für Ironie üblicherweise die dafür vorgesehene Symbolik: ;) oder 😏


    Für die Straßenblockaden der Letzten Generation hege ich keinerlei Sympathie, um das ganz klar und unmissverständlich zu sagen. Mit „Sippenhaft“ hat das nichts zu tun, ich finde einfach die Aktion an sich schlecht, weil gefährlich und am falschen Ort an die falsche Adresse.


    Warum sich die LG auf zivile Straßen klebt und nicht beispielsweise auf die Zufahrt der Airbase Ramstein (Militär ist eine riesige CO2-Schleuder) kann man fragen. Dass das etwas mit ihrer Finanzierung durch Milliardäre (die in Rüstungskonzerne investiert sind?) zu tun haben könnte wäre hingegen reine Spekulation. 8)

  • Solange es dir in dein neoliberales Weltbild passt und dein Lebensstandard unberührt bleibt, dann ist dir wirklich kein Blödsinn zu billig, als dass du ihn hier breittrittst. Von mir aus.

    Entschuldige, was weißt du anhand einiger weniger Beiträge über mein Weltbild? Ein Anhänger des Neoliberalismus bin ich ganz sicher nicht.


    P.S. Um unseren (!) Lebensstandard ist mir tatsächlich ein wenig Bange. Das ließe sich aber besser anhand des Tooze-Interviews verdeutlichen als im LG-Kontext.

  • ... ungebührliches Benehmen und meine mangeldne Klassensolidarität vorzuhalten

    "Mangende Klassensolidarität", ich werd nicht mehr. Nichts liegt mir ferner. Ich hab dir lediglich eine einfache Frage gestellt, völlig wertneutral, um mal von dem Ausgangspunkt weg zu kommen, weil klar war, wie das wieder laufen wird. How dare you? Jedenfalls kein grund, mir die Hand abzubeißen. Beim Fahrer war die Antwort aber leicht. Was ist mit den Klebern?

    Und selbstverständlich messe ich zwei unterschiedliche Aussagen von zwei unterschiedlichen Leuten mit zweierlei Maß, wenn die eine davon eine offensichtlich eher so dahin geschriebene Meinungsäußerung ist, und die andere daherkommt wie eine juristische Expertise, die dabei auch noch den Anspruch erhebt, die - ebenfalls nur aus der Ferne vorgenommene - Einschätzung eines immerhin öffentlich als praktizierender (und wichtigtuerischer) Rechtsanwalt bekannten Juristen als völlig abwegigen Quatsch abzutun.

    Das ist interessant. Saloppe dahergesagte Behauptungen gehen also als zulässige Meinungsäußerung durch. Hingegen sind zwar explizit als eigene Meinung gekennzeichnete aber mit fundierter Begründung vorgetragene Beiträge deswegen nicht legitim, weil sie der Einschätzung eines den eigenen Standpunkt teilenden Anwalts widersprechen.

    Damit kann ich nichts anfangen. Jursitische Bewertung sind immer mit Emessensspielräumen verbunden. Warum soll Kenntnis von Rechtsgrundlagen von Laien negativ zu bewerten sein?

    Zitat

    Aber anstatt mir hier zum x-ten Mal wegen einer Sache, die Dich eigentlich gar nicht betraf,

    Natürlich betrifft mich das, weil das ja keine Einzelfälle mehr sind, sondern Normalität geworden. Folglich nehme ich mir auch die Freiheit darauf hinzuweisen.

    Zitat

    könntest Du ja zur Abwechslung mal darlegen, welcher Klassenstandpunkt hier Deiner Meinung nach angebracht wäre. Ich bin gespannt.

    Sind wir jetzt an der Thälmann-EOS und jeder muss einen Klassenstandpunkt zum Thema vortragen? Da verzichte ich. Ich hab da meinen ganz eigenen.

    Der Vorfall bedarf wohl keiner großen Worte. Der Mann hat offensichtlich massiv überzogen und muss nun völlig zurecht juristische Konsequenzen erwarten. Da er sich gestellt und den Führerschein schon abgegeben musste, wird ihm das wohl auch breits klar sein. Seinen Job dürfte er damit auch erstmal mal los sein.

  • Mangende Klassensolidarität", ich werd nicht mehr. Nichts liegt mir ferner.

    Was wolltest Du Denn damit bezwecken, dass Du mich zweimal dazu aufgefordert hast, da irgendeine Klassenzugehörigkeit zu benennen...

    Welcher Klasse gehören die Beteiligten jeweils an und wie überwindet man den Spalt zwischen ihnen?

    ...bzw. deren Grenzen zu definieren...

    Ich wollte nicht, das du dich abgrenzt, sodern dem bürgerlichen Bernd die Klassenzugehörigkeitsgrenzen deutlich machst.

    Und wenn Du das schon von mir haben willst,...

    Sind wir jetzt an der Thälmann-EOS und jeder muss einen Klassenstandpunkt zum Thema vortragen? Da verzichte ich. Ich hab da meinen ganz eigenen.

    ...warum weigerst Du Dich dann, selbst diese geforderte Klassendefinition, oder -abgrenzung einfach mal darzustellen, wo Du doch selbst behauptest, Du hättest dazu einen "ganz eigenen" Standpunkt?


    Ja wie sieht der denn aus?

  • wenn die eine davon eine offensichtlich eher so dahin geschriebene Meinungsäußerung ist, und die andere daherkommt wie eine juristische Expertise, die dabei auch noch den Anspruch erhebt, die - ebenfalls nur aus der Ferne vorgenommene - Einschätzung eines immerhin öffentlich als praktizierender (und wichtigtuerischer) Rechtsanwalt bekannten Juristen als völlig abwegigen Quatsch abzutun.


    Und ganz sicher mache ich alter Salonmarxist da erst recht einen Unterschied, wenn die behauptete Expertise von Einem geäußert wird, der hier nach seinem kleinen Ausflug ins Reich der Gewaltgeilen NAFO-Incels letzterdings als "FDGO-Ultra" auftritt, und mehrfach ganz klar gemacht hat, dass ihm die Bewahrung "unserer" westlichen #Freiheit, ihrer bürgerlichen Ordnung und ihres dazugehörigen Rechtsstaats wichtiger und sinnvoller erscheint, als eine radikale Kritik am Zustandekommen von Rechten und Gesetzen

    Schau an, unser King Louie der Kommunisten ohne Land hätte gern mehr formalbildungsangepasste Kritik (Schuster bleib bei deinen Leisten), viel bürgerlicher wird es dann heute wohl nicht mehr.


  • Schau an, unser King Louie der Kommunisten ohne Land hätte gern mehr formalbildungsangepasste Kritik (Schuster bleib bei deinen Leisten), viel bürgerlicher wird es dann heute wohl nicht mehr.

    Ja genau. Ich ertrage es einfach nicht, wenn so richtige Rebellen und Freigeister vor meinen Augen ihren radikalen Nonkonformismus ausleben. Das war genau das Problem, das ich damit hatte.


    Aber "formalbildungsangepasste Kritik"...!


    Wirklich sehr geistreich, Herr Bürgermeister. :thumbup:

  • Was wolltest Du Denn damit bezwecken, dass Du mich zweimal dazu aufgefordert hast, da irgendeine Klassenzugehörigkeit zu benennen...

    Ich interessiere mich dafür, wo unser Rotpelz heutzutage so die Grenzen zieht, weil sich die gesellschaflichen Strukturen, seit dem der Zeitzeuge Marx seine Beschreibung des industriellen Zeitalters zu Papier gebracht hat, ja doch ein wenig verändert hat.

    ...warum weigerst Du Dich dann, selbst diese geforderte Klassendefinition, oder -abgrenzung einfach mal darzustellen, wo Du doch selbst behauptest, Du hättest dazu einen "ganz eigenen" Standpunkt?

    Ich bin ja nicht derjenige, der hier in jedem zweiten Beitrag mit dieser doch recht eindimeisonalen Zudordnung um die Ecke kommt. Wer sind denn die Angehörigen der Bourgeoisie, die uns beherrscht. Ist es die Oligarchie/Philantropie oder umfasst das deutlich mehr Menschen oder ist es nur ein abstraktes Konzept im Stile von Schrödingers Katze. Die Zuweisung hast du ja zum Beispiel auch bei den Demonstranten der Corona-Demos gemacht, die allerding wenig Einfluss geltend machen konnten. Gilt das Urteil hier genauso. Mag sein, dass es irgendwo schon mal gesagt wurde. Ich les das nicht mehr alles.


    Es ist hingegen bekannt, dass im Wählerklientel der Grünen neben dem der Union und FDP besonders viele wohlhabende Akademiker zu finden sind und es wirkt so, als sei es bei den Aktivisten der LG und ihrer sozialen Herkunft mehrheitlich nicht anders. Daher kam meine Frage an dich als Experten für Fragen des Bürgertums. In dem Fall würde es zumindest miterklären, warum man speziell dieser Protestbewegung auffällig viel Präsenz in unseren Medien einräumt, deren Mitarbeiter ja heute ja ebenfalls fast ausschließlich aus diesen Millieus rekrutiert werden. Über 5 exklusive Minuten Sendezeit in den Tagesthemen und regelmäßige Einladungen in die wichtigsten Talkformate des Landes zeugen jedenfalls von einer guten Lobby und Vernetzung sowie natürlich ausgezeichneter Öffentlichkeitsarbeit.

  • Über 5 exklusive Minuten Sendezeit in den Tagesthemen und regelmäßige Einladungen in die wichtigsten Talkformate des Landes zeugen jedenfalls von einer guten Lobby und Vernetzung sowie natürlich ausgezeichneter Öffentlichkeitsarbeit.

    Die LG hat eine gute Lobby😅 😅 Das zeigt nicht, dass die LG eine gute Lobby oder Kontakte bis in die Medien oder zu Politikern hat (was für eine absurde Vorstellung). Das zeigt einfach, wie unsere Medien funktionieren, nämlich so dass kontroverse Themen, welche die Leute aufregt und spaltet immer Priorität hat. Genau so funktioniert auch social-media. Wegen Einschaltquoten, Klicks, Werbung, nenn es wie du willst. Gibt mittlerweile auch unendlich viele Studien dazu, die das belegen.

  • Ich interessiere mich dafür, wo unser Rotpelz heutzutage so die Grenzen zieht, weil sich die gesellschaflichen Strukturen, seit dem der Zeitzeuge Marx seine Beschreibung des industriellen Zeitalters zu Papier gebracht hat, ja doch ein wenig verändert hat.

    Die Grenze zwischen den Klassen ist immer noch genau da, wo sie schon vor 150 Jahren war: zwischen Menschen, die aufgrund ihres Mangels an Privateigentum dazu gezwungen sind, sich ihren Lebensunterhalt mit Lohnarbeit zu verdienen, und jenen, die sich ihren wachsenden Wohlstand von Ersteren verdienen lassen, weil sie über das dazu nötige Privateigentum an profitablem Kapital verfügen.

    Wer sind denn die Angehörigen der Bourgeoisie, die uns beherrscht. Ist es die Oligarchie/Philantropie oder umfasst das deutlich mehr Menschen oder ist es nur ein abstraktes Konzept im Stile von Schrödingers Katze. Die Zuweisung hast du ja zum Beispiel auch bei den Demonstranten der Corona-Demos gemacht, die allerding wenig Einfluss geltend machen konnten. Gilt das Urteil hier genauso. Mag sein, dass es irgendwo schon mal gesagt wurde. Ich les das nicht mehr alles.

    Ja wenn du nicht alles liest, dann denkst Du Dir halt was aus.


    Ich habe hier nirgendwo die Demonstranten der Corona-Demos als Angehörige der "Bourgeoisie" bezeichnet, oder ihnen irgendeine "Zuweisung" diesbezüglich angedichtet. Ich habe sie vielmehr des öfteren als "besorgte BürgerInnen" tituliert, weil sie sich zum Staat, von dem sie ihre bürgerlichen Freiheiten unrechtmäßig beschnitten sahen, genauso verhielten, wie es eben "freie" BürgerInnen tun, denen das Grundgesetz doch ihrer Auffassung nach ihre individuelle Freiheit garantiere, und die nun erstmalig zu der Erkenntnis gelangt waren, dass ihre Vorstellung davon, was dieses Freiheit überhaupt ist, nicht mit deren tatsächlicher Natur überein stimmte.


    Was nicht nur Du, sondern auch so mancher radikale Linke Großdenker hier im Forum leider offenbar nicht verstehen (wollen), ist, dass man die klassische Unterscheidung zwischen den Klassen in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, in einer der höchstentwickelten Nationen der Welt, zwar immer noch materialistisch (s.o.) vornehmen kann, dass sie aber (real-)politisch überhaupt keine Relevanz mehr hat, weil es seit dem Ende des zweiten Weltkrieges parteiübergreifendes Ziel der bundesdeutschen Politik war, jenen Unterschied zu negieren, indem auch der Arbeiterklasse ein wachsender Wohlstand beschert wurde, der es ihr leicht machte, sich nicht mehr als der herrschenden kapitalistischen Klasse antagonistisch gegenüber stehende, und ihr untergeordnete Klasse zu begreifen, sondern als nationale Gemeinschaft mündiger, freier BürgerInnen, die vor dem Gesetz allen anderen BürgerInnen gleichgestellt sind, sich an freien Wahlen ihrer politischen Führung beteiligen, und natürlich jederzeit selbst zu KapitalistInnen werden dürfen, sofern sie sich dafür nur engagiert genug ins Zeug legen.


    Das hat nicht nur hier in Deutschland, sondern eigentlich in allen hochentwickelten liberal-demokratischen Volkswirtschaften des globalen Westens dazu geführt, dass sich auch der einfachste Arbeiter als freier Bürger fühlt, sofern er noch dazu in der Lage ist, mit seinem Arbeitslohn seine Rechnungen zu bezahlen - insbesondere dann, wenn ihm irgend etwas widerfährt, das ihm wider diese Ordnung gerichtet erscheint und wovon er seine individuelle Freiheit bedroht sieht. Das sieht er auch dann so, wenn er das Grundgesetz nie gelesen hat und gar nicht weiß was das bürgerliche Gesetzbuch ist, weil das schlicht und einfach Teil der herrschenden bürgerlichen Ideologie und somit des gesellschaftlichen Bewusstseins geworden ist.


    Tatsächlich besteht seine Freiheit aber vor allem darin, seine Privatinteressen in der freien Konkurrenz - sei es um Arbeitsplätze, um Marktanteile, oder um die Pole-Position im Stau vor der Ampel - gegen alle anderen freien BürgerInnen zu behaupten, sofern er sich dabei in dem geltenden rechtlichen Rahmen bewegt, mittels dessen der demokratische Gesetzgeber festlegt, wie der Wettbewerb der konkurrierenden Privatinteressen seiner freien BürgerInnen von statten zu gehen hat.


    Auch der Protest der Letzten Generation ist ein Protest freier - und sehr besorgter - BürgerInnen, die ihre eigenen Interessen - in diesem Fall an einem zukünftigen Leben ohne Klimakatastrophe - gegen den bürgerlichen Staat geltend machen wollen. Im Unterschied zu den meisten anderen BürgerInnen sind sie allerdings zumindest zu der Erkenntnis gelangt, dass demokratische Willensbekundung und wütender Protest im Rahmen der rechtlich garantierten Demonstrations- und Versammlungsfreiheit alleine offenbar nicht ausreicht, um den Staat und seine führung dazu zu bewegen, ihnen ihre bürgerlichen Ansprüche zu erfüllen.

    In der Folge haben sie sich deshalb mit vollem Vorsatz aus dem geltenden rechtlichen Rahmen heraus bewegt, und sich somit alle rechtschaffenen BürgerInnen zum Feind gemacht, die immer noch der Auffassung sind, dass man sich daran gefälligst in jedem Fall zu halten habe.


    Auch der LKW-Fahrer aus diesem Video hat sich sehr wahrscheinlich in irgendeiner Form - und sei es nur wegen des Überfahrens einer roten Ampel - aus dem geltenden rechtlichen Rahmen heraus bewegt. Aber im Unterschied zu den auf der Straße klebenden BürgerInnen, hat er das nicht getan, um die Unterstützung des Staates gegen eine die ganze Menschheit bedrohende Katastrophe zu erzwingen, sondern um sein ganz individuelles Privatinteresse durchzusetzen.


    Ich halte den staatsgläubigen Idealismus der letzten Generation auch für fehlgeleitet und das Auftreten so mancher AktivistInnen für mitunter höchst peinlich. Ich denke mir auch oft im ersten Moment, dass viele von denen sich dabei benehmen, wie verwöhnte Kinder, die nie richtig gelernt haben, dass man das Eis auch dann nicht bekommt, wenn man sich im Supermarkt schreiend auf den Boden wirft. Vielleicht ist das falsch, und ich bin da Opfer meiner eigenen autoritären Erziehung.


    Aber im Gegensatz zu den Corona-DemonstrantInnen, sind diese AktivistInnen dazu bereit, ihre eigene Gesundheit, eventuell auch ihr Leben, und - vor allem - ihre ganz materielle persönliche Freiheit für ihre GuteSache zu riskieren, und ihr Ziel als Bürgerbewegung(!) ist es eben nicht, ihre individuellen, bürgerlichen Privatinteressen durchzusetzen, sondern eine ganz materielle globale Bedrohung für die menschliche Zivilisation abzuwenden, vor der wir als solche nur deshalb stehen, weil die bürgerliche Ideologie uns über Generationen hinweg eingetrichtert hat, dass privates Profitinteresse und freie Konkurrenz am Markt das Fundament einer freien, liberalen Gesellschaft und des wachsenden WohlstandFürAlle™ seien.

  • P.s.: Ich zitiere dazu nochmal, was ich hier im thread vor acht Monaten schon mal zitiert habe:

  • Die LG hat eine gute Lobby😅 😅 Das zeigt nicht, dass die LG eine gute Lobby oder Kontakte bis in die Medien oder zu Politikern hat (was für eine absurde Vorstellung). Das zeigt einfach, wie unsere Medien funktionieren, nämlich so dass kontroverse Themen, welche die Leute aufregt und spaltet immer Priorität hat. Genau so funktioniert auch social-media. Wegen Einschaltquoten, Klicks, Werbung, nenn es wie du willst. Gibt mittlerweile auch unendlich viele Studien dazu, die das belegen.

    Das mag schon sein Jonny, aber Gelegenheit sich selbst in die dem Ausmaß zu äußern ist dann doch ein besonderes Privileg. Nach ihren eigenen Kriterien ist das dann ein riesen Erfolg.

    Grundsätzlich ist die Abbildung der Themen, die das Land bewegen, auch nachvollziehbar. In Zeiten des Haltungsjournalismus wird das dann unter Umständen problematisch.

  • Die Grenze zwischen den Klassen ist immer noch genau da, wo sie schon vor 150 Jahren war: zwischen Menschen, die aufgrund ihres Mangels an Privateigentum dazu gezwungen sind, sich ihren Lebensunterhalt mit Lohnarbeit zu verdienen, und jenen, die sich ihren wachsenden Wohlstand von Ersteren verdienen lassen, weil sie über das dazu nötige Privateigentum an profitablem Kapital verfügen.

    Ja wenn du nicht alles liest, dann denkst Du Dir halt was aus.

    Dir ist aber schon klar, dass der Brummi-Fahrer heutzutage genauso der Getriebene ist, wie dessen Chef, gegen den er, wenn es nach dir geht, seine Wut richten soll.

    Der kann sich ja wiederum auch nur an seine Auftraggeber richten kann. Das Ende dieses Liedes ist: Spedition insolvent, Fahrer arbeitslos. So einfach ist es dann also auch nicht. Dass der wirtschaftliche Druck überhaupt die Ursache für die Reaktion war, ist auch nur Spekulation. Deswegen flippt man normalerweise nicht so aus. Aber es zeigt halt deutlich, wie der Spalt verläuft, den man in die Gesellschaft treibt.


    Ab der Ebene Auftraggeber wird das ganze dann abstrakt genug, um konkreten Verantwortlichen nicht mehr benennen zu können.


    Deines ist dann im Grunde das gleiche Argument, das gegen die Aktivisten nach solchen Aktionen ins Feld geführt wird. Nur das man denen dabei nicht nahelegt, für ihren Protest zum Spediteur zu gehen, sondern an die Orte der Finanz- und Machtzentren. Es hieß ja damals nicht ohne Grund Occupy Wallstreet.


    Ich habe hier nirgendwo die Demonstranten der Corona-Demos als Angehörige der "Bourgeoisie" bezeichnet, oder ihnen irgendeine "Zuweisung" diesbezüglich angedichtet. Ich habe sie vielmehr des öfteren als "besorgte Bürger" tituliert, weil sie sich zum Staat, von dem sie ihre bürgerlichen Freiheiten unrechtmäßig beschnitten sahen, genauso verhielten, wie es eben "freie" Bürger tun, denen das Grundgesetz doch ihrer Auffassung nach ihre individuelle Freiheit garantiere, und die nun erstmalig zu der Erkenntnis gelangt waren, dass ihre Vorstellung davon, was dieses Freiheit überhaupt ist, nicht mit deren tatsächlicher Natur überein stimmte.

    Da war sie dann endlich mal zu gebrauchen, die Staatsgewalt, nicht wahr?

    Ein leidiges Thema, aber dass der Staat da in vielerlei Hinsicht ebenfalls massiv überzogen hat, bezweifeln wohl heute nur noch die wenigsten. Insofern ist diese pauschale Aburteilung dann auch noch alberner als damals. Dass du sie nicht direkt ins bürgerliche Lager gepackt hast, sondern als Gehirngewaschene dargestellt, klingt für mich jetzt nicht unbedingt besser.

    Was nicht nur Du, sondern auch so mancher radikale Linke Großdenker hier im Forum leider offenbar nicht verstehen (wollen), ist, dass man die klassische Unterscheidung zwischen den Klassen in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, in einer der höchstentwickelten Nationen der Welt, zwar immer noch materialistisch (s.o.) vornehmen kann, dass sie aber (real-)politisch überhaupt keine Relevanz mehr hat, weil es seit dem Ende des zweiten Weltkrieges parteiübergreifendes Ziel der bundesdeutschen Politik war, jenen Unterschied zu negieren, indem auch der Arbeiterklasse ein wachsender Wohlstand beschert wurde, der es ihr leicht machte, sich nicht mehr als der herrschenden kapitalistischen Klasse antagonistisch gegenüber stehende, und ihr untergeordnete Klasse zu begreifen, sondern als nationale Gemeinschaft mündiger, freier Bürger, die vor dem Gesetz allen anderen Bürger gleichgestellt sind, sich an freien Wahlen ihrer politischen Führung beteiligen, und natürlich jederzeit selbst zu Kapitalisten werden dürfen, sofern sie sich dafür nur engagiert genug ins Zeug legen.

    Danke für die Blumen, aber ich sehe mich weder als radikalen Großdenker, noch habe ich den Marx inhaliert, wie der Pfarrer die Bibel. Das Linke in mir treiben Leute wie du mir schon zuverlässig aus. Der Wertewandel eines Großteils derjenigen, die sich heute als links Identifizierenden tut sein Übriges.


    Alt-Linker würde ich durchgehen lassen. Mit den identitären Linken kann ich nichts mehr anfangen. Mir ist auch nicht wohl dabei eine Ideologie gegen eine andere zu tauschen, selbst wenn deren zugrundeliegende Analyse der bestehenden Ordnung richtig erscheint, aber ansonsten eigentlich nur mit Parolen hantiert wird, die denen der Marktgläubigen in nichts nachstehen. Irgendeine Ideologie brauchen die Menschen wohl, soviel steht mal fest.


    Erfahrungsgemäß legen sich die Leute auch nicht dafür ins Zeug, um besonders gute Kapitalisten zu werden. Das Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung und materieller Absicherung ist uns auch innewohnend.

    Dass in unserer Welt die falschen Anreize gesetzt werden ist klar. Die Chinesen haben ihr Sozialkreditsystem, die haben aber auch keine so ausgeprägte Zivilgesellschaft.


    Zitat

    Aber im Gegensatz zu den Corona-Demonstranten, sind diese Aktivisten dazu bereit, ihre eigene Gesundheit, eventuell auch ihr Leben, und - vor allem - ihre ganz materielle persönliche Freiheit für ihre GuteSache zu riskieren, und ihr Ziel als Bürgerbewegung(!) ist es eben nicht, ihre individuellen, bürgerlichen Privatinteressen durchzusetzen, sondern eine ganz materielle globale Bedrohung für die menschliche Zivilisation abzuwenden, vor der wir als solche nur deshalb stehen, weil die bürgerliche Ideologie uns über Generationen hinweg eingetrichtert hat, dass privates Profitinteresse und freie Konkurrenz am Markt das Fundament einer freien, liberalen Gesellschaft und des wachsenden WohlstandFürAlle™ seien.


    Das sind dann auch Idealisierungen nach persönlichen Vorlieben und Vorurteilen und natürlich einfache Schuldzuweisung. Die Gute Sache, da ist sie wieder, die schon in der Vergangenheit die Sinne vernebelt hat.


    Es sind unbestreitbar Idealisten, professionell organisiert, teilweise gegen Bezahlung, getrieben von einer Angst, nicht von einer unmittelbaren Bedrohung für Leib und Leben, welches sie aber bereit sind zu zerstören. Die LG ist eine Dachorganisation, die ihre Mitglieder danach bewertet, ob sie bereit sind ins Gefängnis zu gehen, damit Aktionen viel Medienresonanz erzeugen.

    Man muss aufpassen, dass man sich bei sowas nicht zum Werkzeug machen lässt oder zu weit abdriftet.



    Dem herrschenden System die alleinige Verantwortung zu geben ist natürlich nötig, wenn man die eigene Ideologie als Lösung präsentieren möchte und deswegen so tut, als gäbe es die Probleme sonst nicht. Beweise braucht es dafür nicht, aber wieviele Beispiele aus der Menschheitsgeschichte kennst du, die am Ende nicht in der Ausbildung unterschiedlicher sozialer Schichten mit unterschiedlichen Rechten endeten und die die Umwelt nicht ausbeuteten, sie sich nicht unterntan machten.

    Deswegen waren die erkämpfen universellen Rechte der bürgerlichen Revolution ja auch so eine große Sache, ohne jetzt die erkämpften Sozialsysteme gegen sie ausspielen zu wollen oder so zu tun als würden Besitzverhältnisse diese nicht unterlaufen.


    Der Kapitalismus hat im Westen tatsächlich ein bisschen Wohlstandverteilung geliefert, indem er den Rest der Welt ausbeutete. Liefern musste auch sein Gegenmodell und als es damit zunehmende Schwierigkeiten bekam, bröckelte auch die Legitimität.

    In solchen Situationen hilft dann oft nur noch Autoritäre Gewalt, die wir ja bei uns gerade vorausschauend ausbauen.


    Was die Ausbeutung betrifft, kann man ihm aber in dieser Hinsicht wirklich keine Exklusivität oder Vorreitertum attestieren.

  • Ja. Alles so wohlwollende Artikel 😅Die müssen wirklich gut vernetzt sein bis zum Ökodiktator Habeck selbst, so wie die nötigen Reformen eine nach der anderen eingeführt werden.

    Niemand hat behauptet, dass es nur wohlwollende Berichterstattung gäbe, sondern dieAussage war, dass man ihnen viel Sendezeit einräumt und zwar mit ihnen und nicht, wie sonst bei Berichterstattung über Herrschaftskritik üblich, über sie. Das ist in Anbetracht dessen, dass es sich eigentlich um eine eher kleine Gruppierung handelt, die auch nicht repräsentativ für eine Generation steht dann insofern bemerkenswert, weil man ja sonst auch gerne das False Balancing bemüht.



    Bezüglich der Sympathien gab dazu meines Wissens sogar mal eine Umfrage unter Medienschaffenden, die dies belegte, insbesondere im öffentlich rechtlichen Rundfunk. Dass ändert natürlich nichts daran, dass auch in diesem Punkt keine Einigkeit herrscht zwischen den alten Konservativen Kreisen und ihren Nachfolgern.


    Zitat

    Der geforderte Gesellschaftsrat kommt sofort als nächste.

    Der geforderte Gesellschaftsrat kommt erstmal nicht, denke ich. Aber wenn das mit dessen Beratern dann so ähnlich läuft, wie mit der Besetzung des Ethikrats oder den Wirtschaftsweisen, und am Parlament vorbei Notfallbeschlüsse erarbeiten werden, bin ich dem gegenüber auch erstmal skeptisch. Dort gibt es ja bereits die Ausschussarbeit. Hier hätte man nur einen weiteren Verktor für die Einflussnahme geschaffen, dessen Arbeit dann nicht mal der parlamentarischen Kontrolle unterliegen würde.

    Die für die Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zu wirklich harter Lohnarbeit Gezwungenen würden in so einem Gremium vermutlich aus nachvollziehbaren Gründen auch deutlich unterrepräsentiert sein, im Gegensatz zu den Vertretern der Laptop-Klasse.

  • Da war sie dann endlich mal zu gebrauchen, die Staatsgewalt, nicht wahr?

    Nicht war?


    Nein. Und solange Du mir keinen Beitrag von mir zitieren kannst, in dem ich es irgedwie für gut befunden, oder gar befürwortet hätte, dass die Staatsgewalt denen das Demonstrieren verbietet, musst Du Dir eine andere Projektionsfläche für diese albernen Unterstellungen suchen.

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