#607 - Ralf Fücks (Zentrum Liberale Moderne)

  • Dienstag (8. November), ab 16:30 Uhr, LIVE



    Zu Gast im Studio: Politiker, Publizist und Sachbuchautor Ralf Fücks. Er war von 1991 bis 1995 Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz in Bremen, ab 1993 auch Bürgermeister, und von 1997 bis 2017 Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung. Zusammen mit seiner Frau Marieluise Beck gründete er 2017 den Thinktank "Zentrum Liberale Moderne".


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  • Jesus Fucking Christ!

    das dacht ich auch.


    Als Co-Vorstizender der Heinrich Böll Stiftung, warst du einer der ersten der grünes Wachstum als Programm der Grünen Partei formuliert hat. Das ist jetzt 10 Jahre her. Bisher ist von grünem Wachstum nirgends was zu sehen und in der Wissenschaft wird grünes Wachstum meist als unerfüllbare Wunschvorstellung gesehen. Ist dir jemals gekommen dass du damit dem Klimaschutz mehr geschadet haben könntest als alle Klimaleugner zusammen?


    Was mich irgendwie interessiert aber was wohl keine stellbare Frage ist, wie ist Ralf Fücks zu einem der wichtigsten Apologeten des Kapitalismus geworden?


    Ist das Ideologische Prägung?


    Wurde er gekauft?


  • Eine fällt mir doch ein. Muss man in einer Demokratie nicht damit leben dass es vielfältige Medien mit den unterschiedlichsten Ausrichtungen gibt? Warum sind die „nachdenkseiten“ ein „Gegner“? Warum müssen solche „Gegner“ mit „Staatsknete“ bekämpft werden?


    Das bezieht sich hierauf:


  • • Welchen Einfluss hatte die Fusion von "Die Grünen" und "Bündnis 90" auf die politische Ausrichtung Deiner Partei?


    • Erzähl was über Petra Kelly !


    • Warum könnte Willy Brandt auch heute noch Vorbild sein?


    • Was muss Brasiliens Lula da Silva tun, um es sich mit "dem Westen" zu verscherzen?

  • In Autokratien hat man mittlerweile das Werkzeug NGO sehr gut durchschaut, was glaubt er wie die Zukunft von NGOs ist? China hat angekündigt massiv gegen alle westlichen NGOs vorgehen, Russland tut es schon und Lukashenko sagt im BBC-Interview:


    "We'll massacre all the scum that you've been financing. Your NGOs... the people who got your assistance, funding from you..." Lukashenko.


    Bedrückt es ihn das wir die Verlierer dieses Konflikts sein werden und das wir seeehr viel verlieren werden? Mit guter Diplomatie hätten wir sooo viel mehr erreichen können, für alle.

  • Noch eine: Was sagst Du zu der am 2. März 2022 verabschiedeten Resolution der UNO Generalversammlung: "sofortige friedliche Beilegung des Konflikts (...) durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel"? Verzögern bedingungslose Unterstützung und Waffenlieferungen an die Ukraine nicht die Aufnahme von Verhandlungen, und widerspricht deine Politik damit nicht direkt dem UNO Auftrag "SOFORTIGE friedliche Beilegung des Konflikts"? Oder pfeifst Du auf die UNO?


    Edit: Muss die jetzige Kriegsführungspolitik nicht dringend durch eine Friedenspolitik zumindest ergänzt werden? Leider sehe ich diese Ansätze weder in der deutschen Politik, noch in Ausssagen des ZLM.

  • LibMod ist zwar gemeinnützige GmbH, schüttet also keine Gewinne an die Gesellschafter aus, hat aber trotzdem einen Geschäftsführer. Was verdient der?

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

  • Was ist eine "liberale Wertordnung?"


    Warum sind transatlantische Beziehungen auch mit Donald Trump für diese nötig?


    Sind die USA ein verlässlischer Partner für Deutschland, oder nur ein notwendiger Partner für die deutsche Wirtschaft?


    Hat der durch Trump initiierte Sturm auf das Kapitol nicht gezeigt, das die USA nicht unbedingt "für liberale Demokratie und gegen Faschismus" stehen?


    Haben die USA mit ihrer Aussenpolitik für oder gegen eine "liberale Weltordnung" gearbeitet?


    Wie sind Todesstrafe, Abtreibungsverbot, Wahlmanipulation, religiöser oder verschwörungstheoretischer Wahn von Parlamentariern, Masseninhaftierung, Militarismus, Korruption im Parteiensystem, Ausschluss von Wählern, Rassismus und Klassismus in den USA mit deiner Vorstellung von einer "liberalen Weltordnung" unter einen Hut zu bringen?


    Für wen gilt diese "liberale Weltordnung", nur für Unternehmen und Unternehmer oder für die breite Bevölkerung?


    Was bestimmt die Aussenpolitik der USA: imperialistische Machtpolitik, die Interessen der Waffenindustrie, die Ölindustrie und die Sicherung der Ressourcen oder eine "liberale demokratische Weltordnung"?

  • Und noch eine: Ist der vom ZLM propagierte Liberalismus ein ökonomischer Liberalismus oder ein politischer Liberalismus? Oder beides? Widerspricht nicht der ökonomische Liberalismus (der im Kapitalismus zur Anhäufung enormer Vermögen bei einigen wenigen führt, und diese Vermögen garaniert der Staat) diametral einem politischen Liberalismus (denn der Kapitalismus ist nicht egalitär sondern hierarchisch, also mit Demokratie eigentlich nicht vereinbar)?

  • Zum Liberalismus

    So mögen denn alle wissen, die es ignorieren, die Feinde Gottes und der Menschheit, welchen Namen sie sich auch geben, dass zwischen dem Starken und dem Schwachen, zwischen dem Reichen und dem Armen, zwischen dem Herrn und dem Knecht, es die Freiheit ist, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit.

  • Zum Liberalismus

    Wenn man zum Feudalismus zurück will, dann passt das Zitat.

  • JonnyMadFox Bist du nicht Historiker? Was hat dein Gehirn da zusammengesponnen? Das ist so ein seltsamer Kommentar zu dem Zitat, dass mir der Mund offensteht ob der bösartig verwinkelten Denkprozesse die dazu geführt haben könnten.


    Was man auch aus dem Zitat lesen könnte ist, dass der Begriff "Freiheit" schon vor über 180 Jahren dazu missbraucht wurde um Rechte von Arbeitern (hier die freien Sonntage) als Einschränkung freier Kapitalakkumulation und Ausbeutung umzudeuten.


    Ich würde aber noch weiter gehen. Im Kapitalismus wird im Namen des Liberalismus durch das Gesetz häufig der Starke vor den Schwachen geschützt. Dadurch wird Unterdrückung unter dem Label der "Freiheit" vorangetrieben. Dass war vor 200 Jahren so, das macht die FDP auch heute (und andere diie sich Liberal nennen, wie z.B. Ralf Fücks).


    Liberalismus ist eine Autoritäre Ideologie.

  • Der Liberalismus besteht nicht nur aus Wirtschaftsliberalismus. Dazu gehören auch Ideen wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsrecht, parlamentarische Regierungsform, Verfassung, Bürgerrechte, Säkularisation, Nationalismus. Das waren alles Ideen, die von dem liberalen Bürgertum gefordert wurden und sie waren Teil von einem Freiheitsbegriff, der sich emanzipiert sah von alten feudalen Strukturen.

    Besonders die Kirche sah sich durch diese Forderungen bedroht. Immerhin wurden große Teile vom Landeigentum der Kirche enteignet und unter staatliche Verwaltung gestellt. Aber die Kirche wurde nicht nur enteignet. Der moderne Staat hat der (meistens katholische) Kirche viele frühere Rechte wie Bildung und Ehe streitik gemacht und sie in ihrer Autonomie eingeschränkt.


    Die Kirche war Teil von anti-modernistischen Einstellungen der Restaurationszeit und viele Intellektuelle von ihr haben sich die alte Feudalordnung zurückgewünscht und das Mittelalter romantisiert (deswegen nennt man die Gegenbewegung zur Aufklärung auch Romantik). Der Grundherr und der Bauer im Mittelalter hätten eine auf Gegenseitigkeitigkeit beruhende Beziehung in der traditionellen Dorfgemeinschaft gehabt, in der die christlichen Werte ihre volle Entfaltung gehabt hätten. Und zu dieser Ordnung, wo der Herr immer nur das Beste für seinen Untertan angeblich gewollt hätte, wollten viele intellektuellen der Kirche zurück. Genauso wie Henri Lacordaire. Er kritisiert den Begriff von Freiheit seiner Zeit, weil er bedeutet hat, dass diese alte Feudalordnung, in der jeder seinen Herren hat und beide in Harmonie in der Gemeinschaft (wichtiger Begriff, man denke an ca. 100 Jahre später) leben, nicht mehr existiert. Und da kommt eben seine Kritik an den Arbeitsverhältnissen her. Wenn der Arbeiter wieder einen richtigen Herr wie im Feudalismuss hätte der für ihn sorgt, dann müsste der Arbeiter sich nicht mehr der kalten Rationalität des profitmaximierenden Arbeitgebers aussetzen, sondern er würde in fröhlicher Eintracht mit seinem Herren in der christlichen Gemeinschaft leben. Das ist eine konservative Kapitalismuskritik, die mehr Hierarchie und Autorität fordert, nicht weniger.


    Aber wir wollen ja nicht zurück zum Feudalismus, wir wollen den Kapitalismus überwinden. Und das wollten auch einige Leute im 19. Jahrhundert, die aber etwas neues wollten, ohne wieder in die agraische feudalen Ordnung des Mittelalter zurückzukehren. Da gibts genug Leute, die man zitieren kann. Wieso zitierst du ausgerechnet Henri Lacordaire? Der übrigens, genau in dem von mir beschriebenen Sinn, wieder zurück zur alten Ordnung wollte. Er war zwar etwas liberaler, aber nur im Bezug auf die Kirche. Er war gegen Demokratie und für die Autorität der Kirche.


    Was du zu "Freiheit" sagst, stimmt zwar, und man hat im Laufe der Zeit auch eingesehen, dass die "freien" Arbeiter zu unmenschlichen Bedingungen leben und arbeiten, was dann zur Sozialen Frage wurde. Aber deswegen muss man nicht komplett den Begriff von Freiheit als pure Ideologie abtun. Es gibt verschiedene Freiheitsbegriffe. Im liberalismus bedeutet Freiheit die Freiheit von Intervention (meistens ist damit die Freiheit von Interventionen des Staates gemeint). Der republikanische Freiheitsbegriff aus der Antike bedeutet, dass du, wenn du auch nur in kleinster Weise dem Willen einer anderen Person unterworfen bist, in einem Zustand der Unfreiheit bist. Vielleicht sollten wir diesen Freiheitsbegriff mal wieder popularisieren.

  • Ja schön und gut, aber Lacordaire war kein Monarchist und hat die Werte die du nennst gegen die Angriffe der Konservativen und "Liberalen" verteidigt..


    Aus der Biographie von Lacordaire:


    Nach der Julirevolution von 1830 und dem Sturz der Monarchie gründet er gemeinsam mit Lamennais und Montalembert die Zeitschrift „L’Avenir – Gott und die Freiheit“. Darin setzt er sich nicht nur für das allgemeine Wahlrecht, soziale Rechte, Pressefreiheit ein, sondern für eine grundsätzliche Meinungsfreiheit, die auch den Irrtum mit einschließt, und für eine Trennung von Kirche und Staat. Die Freiheit ist es wert, auf jede Annehmlichkeit und Hilfe zu verzichten. Nur so kann eine Instrumentalisierung der Kirche durch die Machthaber ausgeschlossen werden. 1832 wird L’Avenir vom Papst verboten. Lamennais bricht darauf mit der Kirche, Lacordaire führt dieses Ereignis noch tiefer in die Kirche hinein.


    1834 erhält er das Angebot zu predigen. Mit viel Einfühlungsvermögen geht er auf seine Zuhörer ein. Ganz Paris spricht von ihm. Doch man unterstellt anarchistische Tendenzen und denunziert ihn bei seinem Bischof und in Rom. Eher ist er bereit, seine Predigten einzustellen als seinen Stil zu ändern. Der Hunger der Menschen nach der Verkündigung der Frohen Botschaft ist ihm wichtiger als Anpassung. Er hat damit faktisch Predigtverbot.

    So ist es äußerst erstaunlich, dass ihn der Bischof von Paris 1835 als Fastenprediger nach Notre-Dame ruft. Diese Fastenpredigten machen ihn zu einem der berühmtesten Prediger seiner Zeit. In seinen Predigten, die mehrere Stunden dauern, versteht er es, die Menschen in ihrem innersten Kern anzusprechen. Bischöfe, Politiker, Ungläubige und vor allem viele junge Menschen kommen, um ihn zu hören. Auf den Höhepunkt des Erfolges bricht Lacordaire ab, es geht ihm nicht darum, Karriere zu machen.

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