#605 - Ulrike Herrmann über das Ende des Kapitalismus

  • Naja, ein Mangel an Silizium (zweithäufigstes chemisches Element der Erdkruste) oder Aluminium (dritthäufigstes chemisches Element der Erdkruste) ist ziemlich sicher nicht zu erwarten...und das ist es was den größten Teil eines Moduls ausmacht.

    Was langfristig evt ein Problem werden könnte ist das Silber welches in sehr kleinen Mengen zum kontaktieren der einzelnen Zellen im Modul verwendet wird, wobei die notwendige Menge in den letzten Jahren durch technische Entwicklung immer weiter gesunken ist, daher ist das noch nicht so sicher ob es da zwangsweise ein Problem geben wird.

    Aber es gibt sonst dafür auch eine Alternative, man hat das Silber bereits gegen Kupfer austauschen können, daher ist das rein technisch kein Killerargument.


    Ein Problem sehe ich in Ländern wie Deutschland eher beim Mangel an Arbeitskräften, die Produktion der PV Module ist weitgehend automatisiert und braucht nur wenige Menschen, aber irgendwer muss das ganze ja auch installieren...wobei auch das mMn kein unlösbares Problem ist, man muss die Leute halt nur ausreichend gut bezahlen, dann findet man auch Arbeitskräfte...eben das wird aktuell eher nicht gemacht, viele die in diesem Bereich arbeiten kann man eigentlich zum Niedriglohnsektor (oder vllt knapp darüber) zählen, da wundert es mich nicht wenn die Unternehmen nicht ausreichend Arbeitskräfte finden.

    So ähnlich beschreibt es auch immer der nette Herr Quaschning. Dann sollte es doch gehen.


    Die Gigafactories kann man auch bauen. Das beschreibt Ulrike in ihren Buch wie schnell in den USA die Kriegsproduktion von Null auf 100 aus dem Boden gestampft wurde. Man muss nur wollen. (Ich sage natürlich nicht dass es easy ist. Vor allem die Arbeitskräfte. Aber alles ist möglich. Und Maurice kümmert sich ums Geld drucken.)

  • Im Gegensatz zur britischen Kriegswirtschaft kann ja eine grüne Rationierung in einem einzelnen Land nichts, aber auch gar nichts dazu beitragen dieses Land zu retten. Dem Klimawandel sind bekanntlich Grenzen egal. Angesichts einer Tendenz das weltweit Nationen mehr und mehr in Konfrontation gehen oder sogar Krieg führen und ungeheure Ressourcen ins Militär fliessen und Nationalismen angeheizt werden - haben Sie irgendeine Hoffnung das sich so eine steuernde Vernunft einer staatlich initiierten Rationierung über Grenzen hinweg durchsetzen kann? Oder anders gefragt, würde Rationierung in einem einzelnen Land überhaupt möglich sein und irgendeinen Sinn machen?

  • @kira @hansj

    als grosser ulrike herrmann-fan stolpere ich dennoch regelmässig über ihre vehemente abgrenzung von jeglicher (!) kapitalismus-kritik:

    zwar verstehe ich den hinweis, dass masslose ausbeutung auch aus kapitalistischer perspektive nicht sinnvoll ist, weil die resultierende massenverelendung letzlich warenkonsum und -absatz schadet.

    allerdings ist der marxistische ausbeutungs-begriff ja auch kein moralischer, sondern beschreibt lediglich, dass abhängig beschäftigte zur mehrwert-produktion gezwungen sind -

    und dies ist auch unter 'fairsten' arbeitsbedingungen noch der fall. so manifestieren sich bereits auf elementarster ebene machtverhältnisse - wirklich kein grund zur kritik?

    desweiteren verweist ulrike zwar desöfteren auf die gesellschaftliche totalität des kapitalismus (hat verändert wie wir leben, wohnen, heiraten etc.) -

    gerade deshalb würde es mich allerdings interessieren, ob sie wirklich nur positive auswirkungen der waren-logik besonders auf menschliches miteinander (rationalität verdrängt religion, abstammung etc.) sieht - und nicht auch kritikwürdiges zb in bezug auf die unterwerfung eben wirklich aller bereiche des lebens unter markt-prinzipien - mit entfremdung und entsprechenden psychosozialen beschädigungen als deutlich weniger erfreuliche konsequenz.


    auch bin ich nicht überzeugt, dass man alle gesellschaftlichen fortschritte, die zwar unter kapitalistischen bedingungen erkämpft werden konnten (ulrike nennt hier mitunter demokratie, frauen-wahlrecht etc.), aber keineswegs notwendige folgen kapitalistischer logik sind, dann trotzdem einfach diesem system zuschlagen kann.

    im gegenteil: weisen gerade sie nicht eher über den kapitalismus hinaus - weil eben auch diese gesellschaft bereits mit der ihr folgenden gewissermassen 'schwanger geht' (marx)? zivilisatorische errungenschaften und kapitalismus als notwendige voraussetzung für ihre erreichung liessen sich so durchaus würdigen und verteidigen - aber aufgrund ihrer unvollkommenheit die weiterhin unverminderte notwendigkeit von kritik sogar unterstreichen.


    sicher zu viel text um es vorzulesen (pardon!) - aber die tendenz dürfte klar sein. würde mich sehr freuen, wenn die thematik grob zur sprache kommen könnte, da mich -wie gesagt- die frage nach ulrikes grundsätzlicher haltung hierzu bereits seit längerem beschäftigt. vielen dank! :-)

  • Ja, sehe ich auch so und auch ich bin "Fan".


    Aber natürlich ist die Ausbeutung von Arbeitern ganz klar ein Systemzwang des Kapitalismus, nicht eine "politische Fehlentscheidung". Keine unserer Lieferketten kommt ohne massive Ausbeutung (oder Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Sklaverei) aus. Dass das bei uns nicht mehr in den Maß stattfindet heisst nicht, dass sich daran seit Marx und Engels Zeiten was geändert hat. Und ja, auch dieser Aspekt des Kapitalismus ist nicht Nachhaltig und muss zu Ende gehen (so wie auch der Kolonialismus zu Ende ging).


    Womit wir auch zum zusammenspiel von Demokratie und Kapitalismus kommen. Was Ulrike irgendwie fehlt ist Weltsystemtheorie. Ich empfehle ihr mal Imanuel Wallerstein. Es gab keinen Zeitpunkt des Kapitalismus in dem "der Westen" nicht über Imperiale Ausbeutung und Autoritäre Systeme (die durch und für den Kapitalismus geschaffen wurden) seinen Reichtum sicherte.


    Der Kapitalismus hat nicht den Feudalismus beerbt, sondern den Kolonialismus. Daher würde ich auch ein wenig Postkoloniale Theorie empfehlen. Demokratie war eher eine "Errungenschaft" der Kolonialzeit und des massiven Influxes an Ressourcen und Ideen aus anderen Erdteilen in Europa.


    (Siehe dazu auch "Die Externalisierungsgesellschaft" (Prof Stephan Lessenich), "Imperiale Lebensweise" Prof Ulrich Brand, "Dawn of everything" Prof. D. Graeber/ D. Wengrow )


    Trotz allem und auch wenn sie heute schon etwas Müde und ausgebrannt von den vielen Interviews wirkte, bin ich extrem Dankbar dass es sie gibt und die Themen anspricht.

  • stockh0lm  @Blechmann


  • @AlienObserver

    bin auch immer wieder sehr dankbar für ulrikes texte, vorträge usw - auch und gerade weil ihre perspektive so stark das ökonomische fokussiert - lange zeit bei mir ein einziger grosser blinder fleck (und, um ehrlich zu sein, wohl heute noch). ;-)


    ja, dein punkt ist ein weiterer: hatte mich schon gefragt, ob man die notwendigkeit der ausbeutung tatsächlich so nonchalant in frage stellen kann - oder ob sie nicht einfach nur outgesourcet wurde.

    hier mag es so sein, dass die löhne nicht (mehr) unter ein niveau fallen, dass den kauf eines iphones verunmöglichen würde -

    am produktionsort führt jedoch nicht einmal der massenweise suizid von arbeitskräften zur veränderung der bedingungen.

    ist das nun wirklich 'nur' eine "politische Fehlentscheidung", weil apple eigentlich viel mehr verdienen würde wenn sich chinesische arbeiter ebenfalls iphones kaufen könnten statt aus dem fenster zu springen - oder ist es nicht eben genau diese 'aufgabenteilung', die das geschäft erst richtig profitabel macht?

    verstehe ich richtig, dass dein "Weltsystemtheorie"-hinweis in diese richtung ging?


    was ich eigentlich meinte war zudem: habe manchmal den eindruck, dass ulrike einen recht verkürzten begriff von gesellschaft hat.

    in einem (wie sie selber konstatiert) so 'totalen system' wie zb dem kapitalismus sogenannte "politische Fehlentscheidungen" einfach mal von einer angenommenen idealform eines offenbar sonst ganz vorrangig ökonomischen normal-betriebs abzuspalten, erschliesst sich mir überhaupt nicht:

    wie wahrscheinlich ist es, dass jene "Fehlentscheidungen" nicht ebenfalls zumindest in engerem zusammenhang mit der generellen funktionsweise des programms zu sehen sind? ;-)

    auch bedauerlich, dass beide dies lediglich auf die arg verkürzte frage 'sind die leute manipuliert oder nicht' runtergebrochen haben, die man in dieser eindimensionalität eigentlich nur falsch beantworten kann.

    ergänzend zu deinem literatur-tip könnte man ulrike (und tilo) zur erweiterung des kapitalismus-begriffs also auch erkenntnisse der kritischen theorie empfehlen. :-)


    die generelle wertschätzung für ulrikes arbeit schmälert das in der tat nicht - wer kann heute schon expertin 'für alles' sein?

    und allein die tatsache, dass sie ökonomische zusammenhänge so erklären kann, dass ich mir zumindest einbilde, etwas verstanden zu haben, nötigt tiefen respekt ab! :-)


    ps: gerade erst den Wallerstein-post gesehen.

  • Also Eigentum und Wettbewerb und die sich daraus entwickelnde Technik hat schon dazu geführt, dass sich die Produktivität erhöht hat. Und nur dadurch wird der Kuchen im Verhältniss zur arbeitenden Bevölkerung größer. Wie sagt Hans-Werner Sinn so schön? Der Markt ist effizient, aber nicht gerecht. Der Markt sorgt dafür, dass Leute insgesamt das Herstellen, was die Leute haben wollen. Gerechtigkeit muss der Staat dann durch Umverteilung schaffen.

    Freihandel schafft auch Win-Win Situationen.


    Allerdings ist es schon richtig, das es auch Win-Lose Situationen gibt. Externalitäten, wie Umweltverschmutzung sind ja bekannt. Andere Win-Lose Situationen wurden angesprochen, wie Lohndrückerei zur Gewinnmaximierung die dann die Gesamtgesellschaftliche Nachfrage reduzieren. Bei Isabelle Weber letznes das Unternehmen, das die Produktion einstellt, weil es Verluste macht, dadurch aber bei Unternehmen die Kunden sind zu Verlusten führt.


    Ich sehe nicht, wie ohne Eigentum, Wettbewerb und Marktpreise Innovationen entstehen sollen.

    Wenn der Staat die Unternehmen direkt leitet, ist das kein Unterschied, als würden die Manager den Staat leiten.


    Beispiel VW

    Planwirtschaft ist noch mehr Vetternwirtschaft als Markt. Es werden Arbeitsplätze erhalten an denen Sachen hergestellt werden die keiner braucht. Und sowas wie Tesla die die Alten mal wachrütteln würde nie enstehen...Könnte ja Arbeitsplätze gefährden und damit die gesamtgesellschaftliche Nachfrage reduzieren.


    Anderer Vergleich, Katapult, Falter, Übermedien vs ÖRR. Sehe nicht wie das ohne Eigentum, Wettbewerb und Markt möglich wäre.

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

  • Wie sagt Hans-Werner Sinn so schön? Der Markt ist effizient, aber nicht gerecht. Der Markt sorgt dafür, dass Leute insgesamt das Herstellen, was die Leute haben wollen.

    Hans-Werner Sinn ist leider nicht nur ein staatstragender Ideologe Vetreter der völlig selbstreferenziellen neoklassischen Wirtschaftstheorie, sondern auch ein totaler Vollpfosten, und es ist eine absolute Tragödie, dass Leute ihn selbst nach seinem Rückzug aus der aktiven Politikberatung immer noch als Kronzeugen für die Effizienz des Marktes herbei zitieren.


    Der Markt sorgt in einer kapitalistischen Marktwirtschaft überhaupt nicht dafür, dass Leute insgesamt das herstellen, was die Leute haben wollen, sondern er sorgt dafür, dass private Unternehmen die Waren produzieren, von deren Absatz am Markt sie sich den größten Profit versprechen.

    Und weil keine noch so kluge Marktforschung und kein noch so ausgefeiltester Algorithmus beim Online-Verkäufer wirklich wissen können, was die Leute - abseits von Gütern und Dienstleistungen, die sie zum Überleben brauchen - eigentlich wirklich haben wollen, weil die ja nur das kaufen und bestellen können, was auch am Markt angeboten wird, sorgt der Markt dafür, dass die Unternehmen immer mehr Geld für Marketing und Werbung ausgeben, um den Leuten "Bedürfnisse" aufzuschwätzen und "Lösungen" für Probleme anzubieten, die sie ohne diesen ganzen Propagandaaufwand überhaupt nicht hätten.

  • Diese Kapitalismus Diskussion im Interview ist etwas schräg. Eigentlich besteht Ulrike auf ihrer eigenen Definition von Kapitalismus (Einsatz von Technik und Energie) und will andere Aspektre (Kapitalakkumulation) nicht sehen, obwohl diese doch offensichtlich sind. Dabei schliesst das eine das andere ja nicht aus. Komisch.


    Edit: Und dass Lobbyismus nicht wirklich schlimm sei und dass die Leute sich freiwillig und unbeeinflusst entscheiden neoliberalen Theorien Glauben zu schenken, das ist doch auch Quatsch.


    Und gleich am Anfang enttäuscht sie sehr bei der Diskussion der Lebenserwartung. Sie sagt richtigerweise dass diese vor langer Zeit nur 35 Jahre betrug. Dann sagt sie dass sie selber schon lange tot wäre, und Tilo auch schon fast. Allerdings sagt sie ja auch richtigerweise dass die kurze Lebenserwartung an einer sehr hohen Kindersterblichkeit lag. Wenn also ein Mensch damals erstmal 5 Jahre alt wurde, dann war die Wahrscheinlichkeit doch recht alt zu werden gar nicht so gering. Nur mal so ein Beispiel: Zum Zeitpunkt seines Todes war Ötzi zum Beispiel etwa 46 Jahre alt. Mir fallen solche Fehler immer unangenehm auf. Vereinfacht sie hiert nur (was ich nicht gut fände, weil es falsch ist), oder versteht sie nicht was sie da sagt? Ich frage mich dann ob solche Fehler auch in ihrer restlichen Argumentation stecken. Fehler die ich nicht selber schnell aufdecken kann. Das wäre ja dann doof.

  • Ihre Kritik am 9€ Ticket find ich auch etwas seltsam...

    Schlecht weil Gießkanne, hat auch der was von, der es sich auch ohne leisten kann. Ja und?!? Das Argument versteh ich ganz grundsätzlich immer nich so ganz, zumindest solange nicht, solange nicht der ganze Überwachungsapparat mit berechnet wird, welcher für die Kontrolle der Berechtigung zur Begünstigung notwendig ist dann.

    Schlecht weil Züge waren dann zu voll...

    Schlecht weil es den Leuten als Signal gibt, Kampf dem Klimawandel ist billig....wtf

  • Diese Kapitalismus Diskussion im Interview ist etwas schräg. Eigentlich besteht Ulrike auf ihrer eigenen Definition von Kapitalismus (Einsatz von Technik und Energie) und will andere Aspektre (Kapitalakkumulation) nicht sehen, obwohl diese doch offensichtlich sind. Dabei schliesst das eine das andere ja nicht aus. Komisch.


    Edit: Und dass Lobbyismus nicht wirklich schlimm sei und dass die Leute sich freiwillig und unbeeinflusst entscheiden neoliberalen Theorien Glauben zu schenken, das ist doch auch Quatsch.


    Und gleich am Anfang enttäuscht sie sehr bei der Diskussion der Lebenserwartung. Sie sagt richtigerweise dass diese vor langer Zeit nur 35 Jahre betrug. Dann sagt sie dass sie selber schon lange tot wäre, und Tilo auch schon fast. Allerdings sagt sie ja auch richtigerweise dass die kurze Lebenserwartung an einer sehr hohen Kindersterblichkeit lag. Wenn also ein Mensch damals erstmal 5 Jahre alt wurde, dann war die Wahrscheinlichkeit doch recht alt zu werden gar nicht so gering. Nur mal so ein Beispiel: Zum Zeitpunkt seines Todes war Ötzi zum Beispiel etwa 46 Jahre alt. Mir fallen solche Fehler immer unangenehm auf. Vereinfacht sie hiert nur (was ich nicht gut fände, weil es falsch ist), oder versteht sie nicht was sie da sagt? Ich frage mich dann ob solche Fehler auch in ihrer restlichen Argumentation stecken. Fehler die ich nicht selber schnell aufdecken kann. Das wäre ja dann doof.

    Dass das Smartphone ja gar nicht so viel Energie verbrauche, war auch so eine abenteuerliche Behauptung. Klar, das Smartphone selbst nicht unbedingt (im Vergleich mit einem alten Handy hingegen natürlich schon), aber was genau macht man denn mit Smartphones 24/7 und welche Infrastruktur steht hinter dem ganzen Streaming und was verbraucht die so?


    Eine Stunde habe ich gehört, dann wurde es mir ein bisschen zu merkwürdig.

  • ulrich777 Die "politische Fehlentscheidung" war auch der Punkt, über den ich am meisten gestolpert bin. Es mag sein, dass der Kapitalismus ohne Ausbeutung besser laufen würde, aber würde er auch für die Ausbeuter besser laufen ohne Ausbeutung? Und sind nicht die Ausbeuter diejenigen, die die politischen Entscheidungen treffen? Würde der Kapitalismus nicht einfach abgeschafft, wenn die Mehrheit der Ausgebeuteten die politische Macht hätten, diese Entscheidung zu treffen?


    Ich könnte beispielsweise sagen: Der Feudalismus würde besser laufen, wenn die Adligen nicht alle dem Müßiggang frönen würden, sondern hart arbeiten würden, wie die Bauern. Der Müßiggang der Adligen ist also ein politische Fehlentscheidung und dem Feudalismus nicht inhärent. Aber da die Adligen, die diese "politische Fehlentscheidung" treffen, davon profitieren, wird der Müßiggang eben doch inhärent.

  • Ulrike:

    Ausbeutung zuzulassen ist eine politische Entscheidung. Der Kapitalismus an sich kann nichts dafür, im Gegenteil: Er funktioniert nur dann perfekt, wenn die Arbeitenden gut bezahlt werden. Denn sie sind gleichzeitig auch Kunden, und ihre Nachfrage hängt nun mal ab vom verfügbaren Einkommen. Wenn das schrumpft - beispielsweise aufgrund einer neoliberalen Niedriglohnpolitik -, dann sinkt die Nachfrage, die erzeugten Güter werden nicht mehr verkauft, der Produzent oder schlimmstenfalls die ganze Volkswirtschaft kommt in eine Krise.


    Der Gedanke ist ebenso einleuchtend wie irrelevant, denn kein Kapitalist denkt volkswirtschaftlich. Der nächste Quartalsbericht ist wichtiger als der in 20 Jahren und zur kurzfristigen Gewinnmaximierung ist eben Lohndrückerei ein probates Mittel, insbesondere dann, wenn der Konkurrent auch kaum was zahlt und, sofern Löhne trotz Automatisierung noch einen relevanten Kostenfaktor darstellen, damit einen Wettbewerbsvorteil hat.

  • Ihre Erklärung dazu, warum sie eigentlich gar nicht gegen Kapitalismus wäre, wenn er das Klima nicht zerstören würde ist einfach ein kompletter Zirkelschluss.


    Der kapitalismus ist gut, weil er am besten funktioniert wenn alle davon profitieren.


    Das ist ja ähnlich sinnlos wie das neoklassische Märchen von den Märkten im Gleichgewicht. Das ist eine schöne Theorie die aber bisher noch in keiner Praxis jemals empirisch nachzuweisen war, und die sie ja auch zu recht ablehnt. Aber dass im Kapitalismus einfach alle immer reicher werden könnten, wenn man ihn nicht ständig durch politische Fehlentscheidungen daran hindern würde, den Wohlstand für alle zu befördern, schlägt einfach in die selbe hohle Kerbe. Da könnte man auch - genauso falsch - behaupten, zentralisierte Planwirtschaft und Verstaatlichung aller Produktionsmittel sei eigentlich eine tolle Sache, aber sie wurde halt durch politische Fehlentscheidungen in der Sowjetunion nicht richtig umgesetzt.


    Sie hätte auch einfach sagen können "Der Kapitalismus ist gut, weil er gut ist" und es wäre nicht weniger hirnrissig gewesen.

  • Schlecht weil es den Leuten als Signal gibt, Kampf dem Klimawandel ist billig....wtf

    Das fand ich auch seltsam. Es ist doch schließlich billiger wenn alle Bus und Bahn fahren statt Auto. Sowohl für den Einzelnen, als auch für die Gesellschaft. Und gerade die finanziellen Vorteile herauszuarbeiten, als Gegengewicht zum Verlust an Individualität, muss doch das Interesse sein. Und wenn mehr Leute Bus fahren und der Bus dadurch immer verstopft ist, steigt doch der Druck, mehr Busse zu kaufen. Wenn ständig wütende Leute im Rathaus anrufen, weil der Bus sie nicht mitgenommen hat, darauf reagiert doch die Politik.

  • Vor allem gestört hat mich dieses ewige Herumreiten auf ihrem Kapitalismusverständnis am Anfang: Ja, theoretisch hat sie ja Recht mit ihren Argumenten, der Kapitalismus an sich bräuchte keine Ausbeutung, nur geht das doch praktisch an der Lebenswirklichkeit vorbei. Natürlich ist ein gut bezahlter Mitarbeiter volkswirtschaftlich betrachtet ein Gewinn, betriebswirtschaftlich aber eben nicht und da die eigenen Mitarbeiter idR nicht die Primärkunden sind (im Gegenteil, durch Mitarbeiterkonditionen verdient man an deren Einkäufen im eigenen Laden nichts), ist diese Argumentation eine rein theoretische. Sie basiert auf dem Gedanken, dass alle ihre Mitarbeiter gut bezahlen sollten, dann ginge es auch allen gut. Tatsächlich ist der Markt aber keine Genossenschaft, sondern ein Konkurrenzinstrument, somit kollidiert die volkswirtschaftliche und die betriebswirtschaftliche Seite fortwährend auf der individuellen Ebene und kein Unternehmen, das seine Angestellten besser bezahlt als die Konkurrenz, daher höhere Preise aufrufen muss und daher eben nur das (preislich) weniger attraktive Produkt anbieten kann, kann sich irgendwas davon kaufen, dass es "Deutschland" damit besser geht.


    Vor allem stößt solche einseitige und theoretische Argumentation sauer auf, wenn man dann auf der anderen Seite verlauten lässt, der Sozialismus wäre gescheitert, weil die halbgaren Versuche einer Parteiendiktatur im Osten das in der Geschichte gezeigt hätten... Da soll es dann das positivistische Argument sein? Naaaaa ja...

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