Die große Transformation

  • Merkst du nicht wie wir aneinander vorbei diskutiern?

    Ja, du erzählst was von Ökonomie und ich einfach nur von der Technik und der technischen Machbarkeit...die technische Machbarkeit besteht aber auch unabhängig von dem ökonomischen (oder politischen) System dahinter, daher sehe ich das halt etwas anders.

    Du glaubst die Zukunft ist wie die Vergangenheit. Alles geht schön weiter wie bisher.

    Das hast du mit den Ökonomen gemein. Wenn aber rennomierte Wissenschaftler sagen, dass die Zukunft Probleme bringt, weil wir z.B. gerade sehr schnell auf eine Verringerung der Energieproduktion zulaufen, dann nimmst du das einfach nicht zur Kenntnis. Weil "mit dem wie es gerade ist können wir doch..."

    Nein, ich glaube nicht das die Zukunft wie die Vergangenheit wird, du unterstellst mir das einfach.

    Natürlich wird es Probleme geben, ich sehe das auch...aber ich rechne einfach nicht mit einem totalen Zusammenbruch des Systems und dem wegbrechen jeglicher Produktionsmöglichkeiten...und vorallem rechne ich nicht mit dem wegbrechen der Produktion und dem Zubau von PV und WKA.

    Durch die Sanktionen trifft uns die Energieknappheit (insbesondere Gas) tatsächlich schon jetzt. Was wird als erstes gestoppt? Richtig, der Ausbau der Erneuerbaren. Dafür machen wir mehr Kohle, Atom und Öl. Da steht dann der Herr ingenieur mit seinen Plänen einer erneuerbaren Zukunft, aber keiner setzt sie um. Dafür laufen wir umso schneller in die Klima und Energiekrise.

    Der Ausbau der EE wird doch garnicht als erstes gestoppt, er wird sogar massiv hochgefahren(was man ja auch an den Zahlen sieht die ich hier immer wieder anschleppe und die immer wieder ignoriert werden)...die politischen und wirtschaftlichen Entscheider wollen mMn nur einfach möglichst dafür sorgen das so kleine Idioten wie wir hier nicht daran Teil haben können, darum explodiert der Zubau nicht so wie es technisch möglich ist...es soll möglichst eine zentralisierte Energiewende - wie das bisherige System - werden und keine dezentrale, wie schon gesagt, die Bevölkerung soll in Abhängigkeit und unter Kontrolle gehalten werden.

    Woher das kommt, hab ich vergeblich versucht zu dir erläutern. Wir sind nicht bereit zu erkennen welchen Einfluss Klima und Energie auf unsere Wirtschaft haben, weil sie in den Berechnungen der Ökonomen schlichtweg nicht vorkommen. Der wichtigste Input in unsere Wirtschaft ist aber Energie. Sie ist für jeden Produktionsprozess nötig, egal ob wir Windturbinen oder Staubsauger herstellen. Wenn Energieversorgung sinkt, sinkt die Produktion im gleichen Maß.

    Gerade weil Energie der wichtigste Input für dieses System ist und gerade weil die EE zu den Stromerzeugern mit den niedrigsten Kosten gehören ist es ziemlich sicher das man den Ausbau weiterhin massiv hochfahren wird...so wie man es bisher auch bereits gemacht hat, die Anfänge sieht man ja schon.

    Es ging hier nie um eine technische Machbarkeit sondern um Ökonomie. Ökonomie ist wie Ökonomen sagen, der Lehre vom der Distribution knapper Ressourcen. Diese Knappen Ressourcen werden im Kapitalismus da eingesetzt wo Profit winkt, nirgends anders.

    Falsch, mir ging es nie um Ökonomie, nur - wie gesagt - um die Technik und technische Machbarkeit, die besteht unabhängig vom ökonomischen System dahinter. Dir scheint das mit der Ökonomie viel wichtiger zu sein als mir.


    Und rein technisch ist es eher so, z.B. vorallem für die PV gibt es überhaupt keine knappen Ressourcen, wie kommst du da eigentlich drauf...wenn du sowas dann immer behauptest...dann werde doch mal konkret...wo an welcher Stelle wird es woran scheitern?


    Und komm nicht einfach wieder mit allgemeinen Sachen an, werde konkret, ich will mal ein paar präzise Hinweise darauf wo an welcher Stelle der technische Prozess scheitern wird...denn darauf musst du ja eine Antwort geben können wenn du dir da so sicher bist das es nicht klappen wird.

    Bitte nicht wieder ablenken und mit anderen Sachen ankommen, mich würde eine Antwort wirklich sehr interessieren...wenn es sie wirklich gibt.

  • Der Ampel-­Monitor zeigt, dass bei den meisten betrachteten Indikato­ren eine große Lücke zwischen dem aktuellen Stand und den Regierungszielen für das Jahr 2030 klafft. Hier ist eine Auswahl von sieben wichtigen Indikatoren dargestellt. Die Lücken sind bei grünem Wasserstoff und der Elektromobilität am größten, gefolgt vom Ausbau der Windkraft auf See, der Photovoltaik und der Wärmepumpen.


    Das derzeitige Ausbautempo ist zudem bei fast allen Indikatoren deutlich zu niedrig, um die Ziele für 2030 zu erreichen. Vergleicht man den Ausbautrend der vergangenen zwölf Monate mit dem Tempo, das für das Erreichen der 2030­-Ziele nötig ist, bleibt die Windkraft an Land und erst recht die Windkraft auf See derzeit noch hinter der Photovol­taik zurück. Dies weist auf einen besonders akuten Handlungsbedarf bei der Windkraft hin. Auch bei der Elektromobilität ist das Tempo noch deutlich zu langsam, hier muss in den nächsten Jahren das Wachstum sehr stark anziehen.

  • LDR


    Ich hab den Transformationthread gestartet weil ich der Meinung bin, dass wir für ein Leben in den planetaren Grenzen unser Wirtschaftssystem, unser Konsumverhalten und unsere Denkweise ändern müsen. Aber natürlich brauchen wir unbedingt so schnell wie möglich eine Energiewende.


    Manchmal kommt es mir vor als wäre es ein persönlicher Affront für dich und ein Angriff auf Erneuerbare Energien und deren Machbarkeit, wenn ich zu dem Schluss komme, dass eine Energiewende allein uns nicht weiterbringt.


    Ich hab gar nichts gegen erneuerbare Energien und bin voll überzeugt an deren technischen Umsetzbarkeit. Das ändert nichts an der Tatsache, dass eine Sozioökonomische Transformation dazu nötig sein wird, damit wir in den planetaren Grenzen leben.


    Der Hauptgrund dafür, warum ich meine dass es ohne eine Sozioökonomische Transformation nicht weiterkommen, ist dass wenn wir weiter wachsen und der Energiebedarf weiter steigt und nicht sinkt, wir entweder die Klimaziele katastrophal verfehlen oder durch Energiemangel in einen massiven Rückgang unserer Wirtschaftskraft schlittern (oder beides). Dazu habe ich versucht Argumente zu liefern. Wenn du bessere hast , bitte, darum gibt es ja diesen Thread.


    Meinst du, dass wir global tatsächlich nennenswerten Fortschritt in der Einhaltung der Kimaziele machen werden ohne diese sozioökonomische Transformation? Machen wir einfach alles wie bisher, bauen Windkraft und Solarenergie aus und alles wird gut? Grünes Wachstum? Ich glaube ja eigentlich nicht. Wenn du das nicht meinst, warum eigentlich? Warum wärst du für Degrowth, wenn doch Erneuerbare und grünes Wachstum uns unseren Lebensstandard und weiteres Wachstum sichern können?


    Zitat

    Nein, ich glaube nicht das die Zukunft wie die Vergangenheit wird, du unterstellst mir das einfach.

    Natürlich wird es Probleme geben, ich sehe das auch...aber ich rechne einfach nicht mit einem totalen Zusammenbruch des Systems und dem wegbrechen jeglicher Produktionsmöglichkeiten...und vorallem rechne ich nicht mit dem wegbrechen der Produktion und dem Zubau von PV und WKA.


    Wenn ohne eine gewollte Transformation das System trotzdem weiter super Funktioniert, dann auch die Frage, brauchen wir sie denn dann überhaupt. Dann haben doch die Verfechter grünen Wachstums recht. Dass ist es was meiner Meinung nach deine Aussage bedeutet, dass wir nicht auf einen Kollaps zusteuern und weiterhin jede Menge Erneuerbare produzieren können.


    Mit dieser Aussage stellst du dich auf Seiten der Verfechter eines grünen Wachstums. Das kannst du ja gerne tun, aber technologische Argumente reichen mir da einfach nicht aus .

  • Das ist der Verbrauch fossiler Primärenergie in Deutschland, wo wir tatsächlich vorreiter sind. Durchaus eine positive Entwicklung. Sieht das aus als würden wir unsere Ziele erreichen? Das erste drittel ist einfach. Weiter gegen null kommen die wirklichen Probleme. Trotzdem haben wir für das erste drittel viel zu lange gebraucht.


  • Und rein technisch ist es eher so, z.B. vorallem für die PV gibt es überhaupt keine knappen Ressourcen, wie kommst du da eigentlich drauf...wenn du sowas dann immer behauptest...dann werde doch mal konkret...wo an welcher Stelle wird es woran scheitern?


    Und komm nicht einfach wieder mit allgemeinen Sachen an, werde konkret, ich will mal ein paar präzise Hinweise darauf wo an welcher Stelle der technische Prozess scheitern wird...denn darauf musst du ja eine Antwort geben können wenn du dir da so sicher bist das es nicht klappen wird.

    Bitte nicht wieder ablenken und mit anderen Sachen ankommen, mich würde eine Antwort wirklich sehr interessieren...wenn es sie wirklich gibt.

    ?


    Da reden wir einfach aneinander vorbei. Wo machst du fest, dass meiner Meinung nach ein technischer Prozess scheitet, wenn ich davon rede, dass durch einen Rückgang der Energieverfügbarkeit, auch (oder vor allem?) die Produktion von Solaranlagen, Windturbinen und Speichertechnologien betroffen sein wird, weil der Kapitalismus das nicht für "profitabel" hält und lieber auf weiter auf die Produktion von Handys und SUVs setzen wird?


    Ich spreche von einem Wirtschaftssystem das systemische Zwänge hat die verhindern, dass wir freiwillig eine Transformation zu einem System in planetaren Grenzen schaffen können und nicht von technologischer Machbarkeit. Ist denn das so schwer zu verstehen?


    Klar wird es manche geben die ihren Profit in erneuerbaren Energien oder E-Mobilität machen werden. Die Profitmaximierung wird aber auch da wieder zu völlig falschen Entwicklungen führen. Beispiel die Erwartung jetzt riesige Flotten von Elektro SUVs betreiben zu können.


    Der Einbruch der verfügbaren Energie wird alle Teile der Wirtschaft betreffen, ebenso wie der Einfluss des Klimawandels. Der Kapitalismus, so mein Argument, wird immer kurzfristigen Profit verfolgen und deshalb an den Problemen des Klimawandels und der Energieverfügbarkeit scheitern.


    Darüberhinaus ist ein Rückgang der Energieverfügbarkeit für den Kapitalismus als Wirtschaftsystem nicht verkraftbar. Wachsende Verfügbarkeit billiger Energie hat den Kapitalismus ermöglicht, bleibt diese aus, muss er daran zugrunde gehen.

  • Zum Kollaps des Kapitalismus:

    Weil wir in der Lage sind weiterhin auf einen westlichen Imperialismus zur Befriedigung unseres Energiebedarfs zu setzen wird der Kapitalismus erst in der Peripherie zusammenbrechen. Man kann das heute schon gut beobachten.


    Weil wir z.B. für unser "grünes Wachstum" in Deutschland den Ländern des globalen Südens nicht mehr genug vom Energiekuchen überlassen werden und sie von den Folgen des Klimawandels am stärksten betroffen sind, wird dort die Produktion, insbesondere auch die der Nahrungsindustrie, als erstes zusammenbrechen, was in Folge massive politische Verwerfungen wie Bürgerkriege etc. auslösen wird.


    Das Beispiel dazu ist Syrien. Am Anfang des Konfliktes in Syrien standen massive Missernten und durch den Klimawandel bedingte Trockenheit, die aber natürlich gepaart waren mit geostrategischen (Ressourcen-) Interessen der Imperialen Mächte.


    Wenn wir also in Deutschland weiterhin "grünes Wachstum" verfolgen, keine Transformation angehen, dann wird das nicht als erstes zu einem Kollaps in Deutschland kommen, sondern vielleicht in Indien, oder in den ärmeren Ländern Afrikas und Südostasiens. Es ist gut möglich, dass Deutschland dann eine sogenannte "Energiewende" schafft ohne dass hier die Wirtschaft massiv angepasst werden muss.


    Diese Entwicklung ist aber natürlich schlimmer als wenn die industrienationen ihren massiven Energieverbrauch zuerst zurückfahren würden. Wie lange sich die Festungen des Kapitalismus halten können wage ich nicht abzuschätzen. Ich persönlich komme aber mit dieser Form der Politik nicht zurecht.


    Wenn wir unsere sog. "humanistischen Werte" aufgeben und uns gegen Flüchtende einmauern während wir unseren Wohlstand zum Leid der ärmeren Weltbevölkerung sichern, die wir an unseren Grenzen sterben lassen, dann führt das unweigerlich in ein faschistisches System. Auch diese Entwicklug kann man im Moment global gut beobachten.


    Vielleicht sollte ich also sagen, dass eine global gerechte und soziale Welt in den planetaren Grenzen nicht ohne eine Transformation möglich ist. Die alternative ist vielleicht aber ebenso eine Transformation, hin in eine Klimahölle geführt von faschistischen Gewaltherrschern um eine kleine Elite von Neofeudalen Superreichen die Mensch und Planet bis aufs Blut ausquetschen. Ob das passieren kann, weiss ich nicht.


    Das wäre dann aber auch kein Kapitalismus mehr.

  • gezwungenermassen optimistisch die Maja.

    Ich habe leider nicht die Zeit mir das Video anzugucken, aber bisher ist mir Maja Göpel auch nicht unbedingt als größte Kritikerin des Kapitalismus aufgefallen. Sie mag es anders formulieren, weil ihre "Transformationsforschung" offenbar vor allem darauf ausgerichtet ist, Sprache zu transformieren, aber so wie ich sie verstehe, glaubt sie eigentlich auch daran, dass man aus dem Kapitalismus mit den richtigen Stellschrauben und Anreizen zur Förderung nachhaltigerer Technoligien eine grünsoziale Marktwirtschaft machen könnte, wenn man nur endlich mal die ganzen alten weißen Männer loswürde, die den gierigen Hals nicht voll genug bekommen.

  • Ich habe leider nicht die Zeit mir das Video anzugucken, aber bisher ist mir Maja Göpel auch nicht unbedingt als größte Kritikerin des Kapitalismus aufgefallen. Sie mag es anders formulieren, weil ihre "Transformationsforschung" offenbar vor allem darauf ausgerichtet ist, Sprache zu transformieren, aber so wie ich sie verstehe, glaubt sie eigentlich auch daran, dass man aus dem Kapitalismus mit den richtigen Stellschrauben und Anreizen zur Förderung nachhaltigerer Technoligien eine grünsoziale Marktwirtschaft machen könnte, wenn man nur endlich mal die ganzen alten weißen Männer loswürde, die den gierigen Hals nicht voll genug bekommen.

    Hab ich kein Problem mit. Irgendwie muss man anfangen. Vielleicht stimmt ja ihre Herangehensweise. So lange sie nicht behauptet dass wenn wir alle Papierstrohhalme benutzen wirds gut, bin ich schon zufrieden


    Was da übrigens super ist, ist das Video mit George Montbiot über die Ökologie der Papierstrohhalme. Sehr schöner Rant.

  • Die Frage, die du aufwirfst, lautet in etwa so:

    Ist die Herrschaft des Menschen über Menschen und die Herrschaft des Menschen über die Natur eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung der Moderne, Wirtschaftswachstum, Fortschritt usw.? Ist die Menschheit nur auf irgendeine Weise aus ihrer egalitären Jäger und Sammlergesellschaft herausgestolpert im Angesicht von Hierarchien und Herrschaft als Voraussetzungen für Wachstum und Forschritt und muss sie sich jetzt wieder mühsam gegen diese Machtstrukturen behaupten, um wieder in eine egalitäre Phase zu gelangen?


    Und ich denke, dass das kein bisschen wahr ist. Diese Narrative sind so voller Lügen. Es gab sehr viele mögliche Wendepunkte in der Geschichte wie unsere Gesellschaft heutzutage ist, ist nur ein lächerliches Abziehbild davon, wie wir wirklich sein könnten. Schaut man sich die Geschichte seit der neolithischen Revolution an, dann sieht man klar, dass es eine Kurve hin gibt zu immer mehr Freiheit. Klar gibt es Rückschläge, in denen soziale Kämpfe ausgetragen werden. Aber nach jedem dieser Kämpfe beginnt eine neue Epoche auf einem höheren Niveau der Freiheit, weil signifikante Siege errungen wurden, bis es erneut zu Kämpfen kommt und der Zyklus erneut beginnt. Diesmal setzt der Klimawandel halt sehr enge zeitliche Grenzen.

  • Möglicherweise sehen wir auch derzeit wieder ein Erwachen der Arbeiterbewegung, besonders in den USA und auf globalerem Maßstab. Das ist auch charakteristisch für diese Zyklen der sozialen Kämpfe. Die Arbeiterbewegung erkämpft Siege, dann Mobilisiert sich die Unternehmerklasse und die Arbeiter sind lethargisch, fast nicht aktiv. Nach einer Weile erwachen sie aber wieder, erringen Siege, dann mobilisiert sich die Unternehmerklasse wieder usw.

  • Die Frage, die du aufwirfst, lautet in etwa so:

    Ist die Herrschaft des Menschen über Menschen und die Herrschaft des Menschen über die Natur eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung der Moderne, Wirtschaftswachstum, Fortschritt usw.? Ist die Menschheit nur auf irgendeine Weise aus ihrer egalitären Jäger und Sammlergesellschaft herausgestolpert im Angesicht von Hierarchien und Herrschaft als Voraussetzungen für Wachstum und Forschritt und muss sie sich jetzt wieder mühsam gegen diese Machtstrukturen behaupten, um wieder in eine egalitäre Phase zu gelangen?


    Und ich denke, dass das kein bisschen wahr ist. Diese Narrative sind so voller Lügen. Es gab sehr viele mögliche Wendepunkte in der Geschichte wie unsere Gesellschaft heutzutage ist, ist nur ein lächerliches Abziehbild davon, wie wir wirklich sein könnten. Schaut man sich die Geschichte seit der neolithischen Revolution an, dann sieht man klar, dass es eine Kurve hin gibt zu immer mehr Freiheit. Klar gibt es Rückschläge, in denen soziale Kämpfe ausgetragen werden. Aber nach jedem dieser Kämpfe beginnt eine neue Epoche auf einem höheren Niveau der Freiheit, weil signifikante Siege errungen wurden, bis es erneut zu Kämpfen kommt und der Zyklus erneut beginnt. Diesmal setzt der Klimawandel halt sehr enge zeitliche Grenzen.

    Ich verstehe das du meinst - interpretiere das aber komplett anders. Das Wesen des Menschen in seiner "Kulturschaffenden", zeitgenössischen Form ist auf Herrschaft, Besitz, Gewalt, Ausgrenzung, Hierarchie und vor allem auf Besitz und auf das "Oben" konstruiert und ausgerichtet. Im Kern unseres Wesens befinden wir immer uns noch genau da, wo das Rudel Affen seit der Erkenntnis, dass ein Knochen = Werkzeug = Waffe = Herrschaft = Ressourcensicherung ist. Abgesehen von beheizten Lenkrädern und etwas Mitbestimmung sind wir in unserer Selbstwahrnehmung und im Umgang mit anderen Lebenswesen so ziemlich noch genau an diesem Wasserloch.


    Nicht falsch verstehen - Ich sehe z.B. das, was du unter Erwachen einer neuen Gewerkschaftsbewegung bezeichnest und beobachte mit Hoffnung auch zB. das, was da so in Südamerika geschieht. Und verstehe mich da bitte auch nicht falsch, als dass ich vermeintlich nur meckere; ich unterstütze und verstärke und pushe da wo ich kann. Es ist nur so, dass seit dem ich mich aus den Linken Bubbles etwas mehr rausbewegt habe, die Erkenntnis über die "eigentliche" Mentalität da draussen doch sehr brutal ernüchternd ist. Zumindest was so das Ruhrbegiet angeht. Das, was du als "Arbeiterklasse" ansprichst existiert schon lange nicht mehr. Das teilt sich in etwa auf in vorwurfsvoll mockernde, das "Früher" anbetende Ex-Opelaner mit Schrebergarten und latenter AfD Tendenz ("die Komischen da mit ihrem Kimazeug"), einigermaßen ansprechbar bis total desolates Prekariat (die im schlimmst-grotesken Fall sogar FDP wählen), Wagenknecht Fans und eben den linken Bubbles (die idR so ziemlich rein gar nichts mit irgendwelcher Arbeiterkultur/Geschichte gemein haben). Die letzten beiden Gruppen stehen sich im Leben-des- Brian-Stil zum Teil bis zur Lächerlichkeit unversöhnlich gegenüber.


    Die Versuche, da jeweils für eine der anderen Gruppen Verständnis zu sensiblisieren, ausserhalb von "Wir erklären denen, dass wir mehr recht haben als die" und wie wichtig Gemeinschaftsgefühl wäre und über seinen eigenen Schatten zu springen etc sind unfassbar brutal ernüchternd. Was nicht heiss, dass ich das sein liesse - aber da rollt man schon jeden Tag den Stein in neuem den Berg rauf.


    Das alles auf Basis einer unfassbaren Verdrängung der genannten Probleme in einem grossteil der augeführten Gruppen. Die Lössung kann nur sein, dass die Menschheit die Initiative hin zu einer Mündigkeit bewegt - Ich (Wir) begreifen unsere Existenz im hier und jetzt und die Verantwortung, die wir als Einzelpersonen und als Gruppe tragen. Es tut mir wirklich und ehrlich leid, ich kann fast allerorten eher das Gegenteilige beobachten. Teile mir da doch gerne mal mit, in welchen gesellschaftlichen Bereichen du dich so bewegst. Ganz ernst gemeint und ohne jede Ironie.


    Wir benötigen zwei Dinge:

    1. Eine einigende Idee, deren Realität alle miteinbezieht und die in ihrer Klarheit für alle verständlich ist

    und

    2. Einen auslösenden Impuls


    Klar, das ist keine Entschuldigung bestehende Projekt nicht weiter voranzutreiben. Aber solange diese beiden Punkte nicht "einrasten", wird kein gemeinsamer Nenner entstehen.


    Der Punkt ist: Uns läuft die Zeit weg.

    - Klima

    - Soziale Spaltung/ Verrohung

    - Zerfall Europas und Aushöhlung der Demokratien

    - Abbau staatlicher Gewalt (im konstruktiven, regulierenden und sorgenden Sinne) durch die neoliberale Agenda

    - Zunehmend durch Kriege und Klimakatastrophe in Bewegung geratende Menschenmassen und die Spannungen, die daraus resultieren

    - Die weltweite Eskalation, basierend auf dem ganz grossen Geoschach (Ukraine/Taiwan, nicht in eine Richtung wertend gemeint)


    Ich muss immer sehr bitter schmuzeln, wenn da so von den "nächsten Generationen" gesprochen wird.

    Es kann sich ein jeder versuchen ausmalen, was passiert, wenn sich zwei dieser Krisen zu einer Megakrise fusionieren.


    Ich gebe uns 10 Jahre.

  • Ich verstehe das du meinst - interpretiere das aber komplett anders. Das Wesen des Menschen in seiner "Kulturschaffenden", zeitgenössischen Form ist auf Herrschaft, Besitz, Gewalt, Ausgrenzung, Hierarchie und vor allem auf Besitz und auf das "Oben" konstruiert und ausgerichtet. Im Kern unseres Wesens befinden wir immer uns noch genau da, wo das Rudel Affen seit der Erkenntnis, dass ein Knochen = Werkzeug = Waffe = Herrschaft = Ressourcensicherung ist. Abgesehen von beheizten Lenkrädern und etwas Mitbestimmung sind wir in unserer Selbstwahrnehmung und im Umgang mit anderen Lebenswesen so ziemlich noch genau an diesem Wasserloch.

    Es gab eben sehr viele Kulturen, die sich von Herrschaft bewusst befreit haben und einen respektvollen Umgang mit der Natur pflegten. Nicht weil sie "primitiv" waren, sondern weil sie sozial hochentwickelt waren, weit mehr als die Europäer von denen sie dann kolonisiert wurden. Ich hatte ja schon die Irokesisch sprechende Bevölkerung Nordamerikas erwähnt und das Zitat von Kanatiyosh (Graydeer), einer Zeitgenössischen Intellektuellen und Künstlerin der Haudenosaunee:


    "In my opinion, Native American Indian traditional

    teachings hold the key to continuity of life on this planet, if

    we do not incorporate these traditional laws, ecological

    knowledge, beliefs, and spirituality back into our

    communities and laws, no one will survive."


    Weil der Drang zur Herrschaft in Europa so groß war und wir alle anderen Kulturen und soziale Herrschaftsfreie System unterdrückt haben, sind wir jetzt da wo wir sind, ich weigere mich aber zu glauben, das das irgendwie eine Einbahnstraße ist oder unausweichlich. Wir Menschen sind in der Lage es besser zu machen.


    Auch die Pariser Kommune, die Münchner Räterepublik, die spanische Revolution sind Beispiele dass eben eine Systemische Vernichtung andere Ideen uns da hingebracht hat wo wir jetzt sind. Ich habe auch Hoffnung das wir es diesmal schaffen die Transformation zuzulassen.

  • Romantic medievalists like Chesterton and Belloc recounted a process in the high Middle Ages by which serfdom had gradually withered away, and the peasants had transformed themselves into de facto freeholders who paid a nominal quit-rent. The feudal class system was disintegrating and being replaced by a much more libertarian and less exploitative one. Immanuel Wallerstein argued that the likely outcome would have been "a system of relatively equal small-scale producers, further flattening out the aristocracies and decentralizing the political structures."131


    Although such medievalists no doubt idealized that world considerably, it was still far superior to the world of the sixteenth and seventeenth centuries. Kropotkin described, in terms evocative of William Morris, the rich life of the High Middle Ages, "with its virile affirmation of the individual, and which succeeded in creating a society through the free federation of men, of villages and of towns.132"In those cities, sheltered by their conquered liberties, inspired by the spirit of free agreement and of free initiative, a whole new civilization grew up and flourished in a way unparalleled to this

    day."133


    The free cities were virtually independent; although the crown "granted" them a charter in theory, in reality the charter was typically presented to the king and to the bishop of the surrounding diocese as a fait accompli, when "the inhabitants of a particular borough felt themselves to be sufficiently protected by their walls...."134


    The technical prerequisites of the industrial revolution had been anticipated by skilled craftsmen in the urban communes, scholars in the universities, and researchers in the monasteries;135 but the atmosphere of barbarism following the triumph of the centralized state set technical progress back by centuries. The nineteenth century was, in a sense, a technical and industrial "renaissance," built atop the achievements of the High Middle Ages after a prolonged hiatus; but because of the intervening centuries of warfare on society, industrial technology was introduced into a society based on brutal exploitation and privilege, instead of flowering in a society where it might have benefited all.


    The Renaissance as it happened, G.K. Chesterton argued, was only an anemic ghost of what it might have been had it taken place under a democracy of guilds and peasant proprietors. Had Wat Tyler and John Ball been successful, Chesterton speculated,

    our country would probably have had as happy a history as is possible to human nature. The Renascence, when it came, would have come as popular education and not the culture of a club of aesthetics. The New Learning might have been as democratic as the old learning in the old days of mediaeval Paris and Oxford. The exquisite artistry of Cellini might have been but the highest grade of the craft of a guild. The Shakespearean drama might have been acted by workmen on wooden stages set up in the street like Punch and Judy, the finer fulfillment of the miracle play as it was acted by a guild.136


    The real advancement, the real humanism and progress of the High Middle Ages, has been neglected, and the barbarism and regression of the age of the absolute state disguised as a rebirth of civilization. In short, history has been not only rewritten, but stood on its head by the victors.


    "How many lies have been accumulated by Statist historians, in the pay of the State, in that period!

    Indeed have we not all learned at school for instance that the State had performed the great service of creating, out of the ruins of feudal society, national unions which had previously been made impossible by the rivalries between cities?...."


    And yet, now we learn that in spite of all the rivalries, medieval cities had already worked for four centuries toward building those unions, through federation, freely consented, and that they had succeeded.137

    By 1650 the earlier egalitarian trend Wallerstein remarked on had been reversed. In the meantime, what he calls the "capitalist world-system" had been established in response to the crisis of feudalism and rising wages.


    Kevin A. Carson. Studies in Mutualist Political Economy

  • Ich lese einen Grossteil deiner Beiträge mit ehrlicher Begeisterung und bin überrascht, wie häufig sie mich positiv inspirieren.


    In einem elementaren Punkt entscheiden wir uns aber leider elementar:


    Ich habe keine Hoffnung mehr.


    Das meine ich nicht in dem Sinne eines misantrophischem Alles-verweigern. Sondern durchaus sehr konstruktiv. Die fatale Erkenntnis, dass da niemand kommt und uns retten wird, dass es irgendwie noch gut gehen wird, diese anonyme Illusion, die ist bei mir komplett weg. Das war am Anfang echt fies, auf Dauer jedoch sehr klärend und öffnend.


    Das ist im Prinzip Zizeks Idee "There is no higher it". Das glauben-wollen an etwas Höheres, Erlösendes, einen Anführer - auch das ist wieder so ein "Oben", welches im Kern sehr bürgerlich ist: "Es ist schon immer noch irgendwie gutgegangen". Nimm mich an die Hand und zeig mir den Weg.


    Bei vielen Einzelgesprächen bei Menschen, die zumindest einugermaßen die aktuelle Lage anerkennen, kommt bei den oben angesprochenen Punkten eigentlich immer ein Blick ins Leere, eine regelrechte Schockstarre. Ich vermute, dass das genau der Punkt ist, wo wir uns selber den Weg versperren. Anstelle sich einzugestehen, dass wir gescheitert sind und neu denken müssen bleiben die meisten in einem "Wer rettet mich, wer übernimmt die Verantwortung?" Tunnel hängen. Manchmal kommt dann - gerade bei bürgerlich-Liberalen, FFF-Szene - so ein "aber ich brauche doch etwas an das ich glauben kann, was soll mir denn sonst Kraft geben" Zusatz. Das habe ich in der Tat so ähnlich recht häufig gehört.


    Vergesst diesen Hoffnungsmist.

    Lasst uns mündig sein.

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