Die große Transformation

  • Was auch interessant ist an der Tatsache, dass Menschen eine sehr hohe Ausdauer haben, ist, dass Menschen dadurch in der Lage sind, sehr lange arbeiten zu können. Sogar so lange, dass die Produktion von Gütern weit über das notwendige Subsistenzniveau hinausgeht. Und das legt die Grundlage für die Extraktion von Überschussproduktion oder auch Mehrwert genannt. Dadurch ist die Bildung von Klassen wie Adel, Klerus, oder Kapitalisten möglich, die nicht direkt von ihrer eigenen Arbeit leben müssen, sondern von der Arbeit anderer leben können. Diese Klassen können sich anderen Tätigkeiten wie Krieg, Kultur, Wissenschaft oder Staatsorganisation widmen. Deswegen ist die große Frage, die sich die Menschheit stellen muss: Wie wird in einer post-neolithischen Gesellschaft Mehrwert verteilt? Und diese Frage verfolgt uns bis heute.

    Im weiteren Verlauf der Serie von Vorträgen von Nate Hagen geht es unter anderem darum wie die evolution unseres Gehirns in der moderne Industriegesellschaft bestimmte Verhaltensweisen fördert die uns heute auf die Füße fallen.


    Die gesamte Vortragsreihe ist im Grunde eine Einführug in die Gesamtheit der Probleme die zu dem führt was Hagen "the great simplification" nennt. Er fängt bei der Funktionsweise unseres Gehirns an, weil wir bestimmte Verhaltensweisen, die uns vor allem mittels Dopamin Ausschüttung zur Übernutzung des Planetens motivieren, überwinden müssen.


    Die Aussicht auf Belohnung die das Konsumverhalten antreibt ist psychologisch ein massives Hindernis in der Überwindung unseres Ressourcenhungers. Ich würde da hinzufügen, dass es ebenso ein Mechanismus ist der die Überwindug des Kapitalistischen Systems so schwierig macht.


    Kapitalismus dient nicht nur der kurzfristigen Profitmaximierung der Kapitalisten auf Kosten der Zukunft oder ausgebeuteter Arbeiter. Kapitalismus ist auch das System, dass die Dopaminausschüttung durch Systeme kurzfristiger Belohnung durch Konsum am besten befriedigt.

  • Wir müssten also ein System schaffen, dass nicht kurzfistigen Dopamin Kick als Grundlage gesellschaftlicher Praxis im Mittelpunkt hat, sondern die langfristige Befriedigung die Serotonin auslöst, beispielsweise durch soziale Interaktion, Sex, Körperkontakt, usw.


    Serotonin wird übrigens auch mit "Fairness" und sozialem ausgleich in Verbindung gebracht. Wenn also Dopamin das Hormon ist, dass den Kapitalismus vorantreibt, wäre Serotonin das Hormon des Sozialismus :)

  • Die Prämisse in meinem opener ist, dass die Schaffung eines Systems das innerhalb der planetaren Grenzen operiert nicht optional ist. Es wird passieren, wahrscheinlich durch eine fortgesetzte Folge erzwungener Anpassungen an die Realität planetarer Grenzen die wir im Moment ausblenden.


    Ich sehe den Krieg in der Ukraine als unausweichliche Folge davon, dass wir im Moment gegen die Wand planetarer Grenzen gefahren sind und als einen Konflikt von vielen der um die verbleibenden Ressourcen von den Imperialisten geführt werden wird.


    Ob wir daher früher oder später feststellen, dass wir nicht mehr genug Energie für unsere verschwenderische, Imperialistische Konsumgesellschaft zur Verfügung haben spielt für mich keine große Rolle. Wahrscheinlich ist es Langfristig für uns besser wenn wir schon diesen Winter einen Vorgeschmack davon bekommen was die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wirklich für uns bedeutet.

  • Dass die Anpassung an die Realität planetarer Grenzen uns passiert ist bestimmt nicht was ich mir wünsche oder man sich generell wünschen sollte. Die Motivation der Veröffentlichungen von "Limits to growth" war, dass wir uns der Gefahr Bewusst werden und deshalb den Weg in eine Gesellschaft die innerhalb planetarer Grenzen funktioniert rechtzeitig planen und gestalten.


    Das ist nicht passiert und das wird auch nicht passieren. Die Folgen dieser ungeplanten Anpassung an die Realität planetarer Grenzen wird nur wenn wir Glück haben nicht mit der totalen Auslöschung der Menschheit oder der Regression in die Steinzeit enden.


    Ich denke jeder einzelne von uns kann dazu beitragen ob und wie wir diese ziemlich traumatische Zeit überstehen. Es ist aber ziemlich sicher, dass aufgrund der Versäumnisse der Vergangenheit diese Transformation sehr schmerzhaft wird.


    Wenn wir beispielsweise unsere Nahrungsproduktion nicht schnell genug nachhaltig gestalten, können wir nur 1,5 Milliarden Menschen ohne den Input von fossilen Energien ernähren. Was passiert wenn 8 milliarden Menschen hungern ist für mich schwer vorstellbar. Dass es aber passieren kann weil die Julia Glöckners dieser Welt zu Ignorant waren ist leider die Realität.

  • Bullshit. Der Krieg in der Ukraine ist in erster Linie die Folge geopolitischer Machtspiele, außerdem von kleinkariertem, nationalistisch-rassistischem Denken. Und natürlich knallharter wirtschaftlicher Interessen.

    Alle geopolitischen Machtspiele im Zeitalter fossiler Energien hatten als bedeutendste Ursache immer die Kontrolle über diese Ressourcen als Ziel. In diesem Fall natürlich die Pipelines die den Zugang zum zentralasiatischen Öl und Gas für Europa bedeuten.


    Nationalistische Strömungen sind ein Mittel, dass die Kapitalisten schon immer genutzt haben um sich eine Machtbasis zu sichern. Es ist aber natürlich so, dass der Militärisch Industrielle Komplex schon immer auch den Zugang zu Energieressourcen als den eigentlichen Grund für Aufrüstung offen genannt hat um durch Kriege Geschäft zu machen. Aber ich muss dich nicht überzeugen. Wenn du das alles für Unsinn hältst dann gehörst du damit zur Mehrheit der reaktionären Interessen.

  • Wir müssten also ein System schaffen, dass nicht kurzfistigen Dopamin Kick als Grundlage gesellschaftlicher Praxis im Mittelpunkt hat, sondern die langfristige Befriedigung die Serotonin auslöst, beispielsweise durch soziale Interaktion, Sex, Körperkontakt, usw.

    Klingt ein bisschen Sektenhaft. :D


    Und der Fokus auf Serotonin oder andere Botenstoffe erinnert mich dezent an Brave New World.


    Aber ich sehe was du meinst, die Soziale Sphäre verlagert sich immer mehr ins Netz und es fehlt uns an echter Nähe und gegenseitigem Verständnis.


    Vernetzungen über Ländergrenzen hinweg, die nicht gerade in Twitter-Atmosphäre passieren können vielleicht auch helfen.


    Ein Mensch ist ja so viel mehr als er in einem bestimmten Moment zu sein glaubt, oder auch mehr als er in einem bestimmten Moment in einer aufgeheizten Atmosphäre sagt. Das können soziale Netzwerke oder das Internet allgemein vielleicht nicht sehr gut abbilden. Aber es ist auch ein Problem, dass Algorithmen solche Umfelder befördern.


    Wir könnten ja versuchen, dezentrale Netwerke zu entwerfen, die da besser sind. Die Frage ist trotzdem, wie schafft man es, attraktiver zu sein als der Dopamine-Rush, ohne zu manipulieren?

  • Wie gesagt, das mit dem Dopamin ist der Anfang einer Serie von 34 Videos von Nate Hagens.

    Es handelt sich dabei um einen Kurs den er an der Uni Minnesota für Erstsemester gibt (Reality 101).


    Es ist ein Kurs den jeder in jedem Studiengang besuchen sollte.

  • Am Anfang erklärt Varoufakis noch mal zusammenfassend, wie wir dahin gekommen sind, wo wir jetzt sind, und welche weitere Entwicklung er aus Sicht des erratisch-marxistischen Makroökonomen für wahrscheinlich hält. Leider ist die Zoom-Qualität zum teil unterirdisch. Danke, Bill Gates!



    TL/DW: "Europe is caput!". Die Transformation Europas ist bereits in vollem Gange und sie war es eigentlich auch schon seit der Finanzkrise - lange bevor der Russenhitler seinen Großangriff auf unsere "Freiheit" gestartet hat. Es wird jetzt nur langsam den Leuten klar.


    Auch die anderen Beiträge sind interessant.

  • Die Hilflosigkeit die bei den durchaus tapferen Mitgliedern von DIEM24 rüberkommt, ist genau was ich meine. Die Hoffnung, dass durch unsere repräsentative Demokratie dem kommenden Kollaps irgendetwas entgegengesetzt wird, beispielsweise durch die Wahl einer Grünen Partei in die Regierung, hat sich als naive Wunschvorstellung erwiesen.


    Unsere gewählten Repräsentanten haben die Bevölkerung im Stich gelassen und sie den Konzernen zum Fraß vorgeworfen. Es scheint keinen politischen Handlungswillen zu geben, bzw, die tatsächliche politische Gestaltungsmacht der Politik ist für mich nicht mehr erkennbar.

    In den letzten Wochen haben (gefühlt oder wirklich?) die Mineralölkonzerne und die Hersteller von Mordwerkzeugen einfach mal eben so die Regierungsgewalt übernommen.


    Die wichtigsten Institutionen der Macht des kapitalistischen Sytems, wie die EZB, haben sich schon lange der demokratischen Mitbestimmung entzogen, und zeigen jetzt deutlich auf wessen Seite sie stehen.


    Anstatt angesichts des offensichtlich alarmierenden Zustands der Natur umzusteuern, wurde jetzt ein Run auf die verbliebenden Ressourcen in Gang gesetzt. Ein grüner Wirtschaftsminister lässt im Wattenmeer nach Erdgas bohren und kauft Flüssig-gas aus Qatar und den USA. Atomkraft und Erdgas wird als "grün" erklärt und Kohlekraftwerke als unsere Rettung propagiert. Es ist klar, dass diese Regierung das System der Externalisierung nicht nur nicht in Frage stellt, sondern es auch um den Preis der eigenen zentralen politischen Positionen am leben erhalten wird.


    Während dessen kollabiert aber die Ökosphäre schon jetzt. Die Ozeane versauern, Millionen von Spezies werden für immer von dieser Erde verschwinden und unumkehrbare tipping points in den Klima-Kollaps sind jetzt schon ausgelöst.

  • Zitat

    Fuck It All Fridays

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    This is a new kind of ritual. Friday is a protest day now.

    We're in the planetary endgame, so it's time to stand in solidarity with each other and fight the systems that keep us oppressed. If you can march to protest climate inaction today, do it. If you can walk out with your coworkers to show your company that workers hold the power, do it. If you can put your body between police batons and land defenders today, do it. If you can poster walls with a warning to weak-willed politicians and soulless corporations tonight, do it. It's time for our governments, for corporations, to remember why they should be afraid of us, the people. Happy #FuckItAll Friday. Go fuck up the systems holding us back.


  • Es scheint keinen politischen Handlungswillen zu geben, bzw, die tatsächliche politische Gestaltungsmacht der Politik ist für mich nicht mehr erkennbar.

    Nicht dass ich Dir da gfrundsätzlich widersprechen würde, aber seit der Pandemie - und gerade im Moment noch verstärkt - sehen wir eigentlich eher, wie die völlig der Realität entrückte politische Klasse - hierzulande insbesondere die Grüne und die gelbe Partei - relativ verzweifelt versucht, sich politische Gestaltungsmacht zurück zu erobern, obwohl ihr dafür jede Grundlage fehlt.


    Die einen machen's wie die Fürsten früherer Zeiten und führen ohne Rücksicht auf Verluste einen Kreuzzug der Mächte des Guten gegen die Ungläubigen in der östlichen Finsternis, und die anderen halten sich - wie die ertrinkenden Flüchtlinge im Mittelmeer an ihren maroden Booten - nicht weniger rücksichtslos an längst obsoleten Dogmen aus der ordoliberalen Mottenkiste fest, die im Rest der Welt schon lange aufgegeben wurden weil sie nicht mehr funktionieren, oder denen in der europäischen Peripherie nur noch zwangsweise unter deutschem Diktat gefolgt wird.


    Das macht natürlich nichts besser , sondern alles nur noch schlimmer, weil mit dieser scheinbaren Selbstermächigung der politischen Klasse die lange gepflegte politische Grundlage der kapitalistischen Weltordnung sabotiert wird.


    Manch einer mag da triumphieren und den Advent des Unterganges jener Ordnung heraufziehen sehen. Aber die Geschichte hat gezeigt, dass der Kapitalismus und seine Profiteure so leicht nicht tot zu kriegen sind - ganz im Gegensatz zu dem bisschen Demokratie das wir im Moment noch haben.

  • Vielleicht gibt es ja den geheimen Plan der Grünen, dass wir durch die Sanktionen in eine so schwere Energiekrise geraten, dass damit der Untergang der Energiehungrigsten Deutschen Betriebe vonstatten geht ohne dass sie Schuld sind (sondern Putin). Das wäre natürlich Verdammt gerissene Scheiße. :)

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