#583 - Historiker Grzegorz Rossoliński-Liebe

  • Ab Freitag, 16 Uhr, LIVE



    Zu Gast im Studio: Historiker Grzegorz Rossoliński-Liebe, der über den Holocaust, Nationalismus, Antisemitismus und Faschismus in Mittel- und Osteuropa forscht.


    Her mit euren Fragen zu osteuropäische Geschichte, Ukraine, Russland, Polen, Faschismus, Antisemitismus, Holocaust, Bandera, etc!


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  • Was hälst du von der Bedingungs-/Verstärkungsthese von Timothy Snyder aus Bloodlands? Also die Verschiebung der Erklärung für die enorme Kriegsopferzahl im Zweiten Weltkrieg im Osten Europas von den Auswirkungen der ideologisch motivierten Abwertung der dortigen Bevölkerungen durch die Nationalsozialisten zu einer gegenseitigen Bedingung und Verstärkung der Gewalt zwischen Deutschem Reich und Sowjetunion?


    Wie groß ist der Beitrag der ukrainischen Diaspora in Nordamerika zur neueren Nationalgeschichte der Ukraine?


    Kennst du die Vorstellung, dass es eine Verbindung der heutigen ethnischen Ukrainer und der Cucuteni-Tripolje-Kultur mehrere tausend Jahre zurück gibt, und wenn ja woher kommt sie, welche Bedeutung hat sie?

  • Mal abseits vom Thema Ukraine:


    • Hat die Aufnahme der Osteuropäischen Länder in die EU dort (z.B. Polen, Ungarn, Kroatien) zur Zunahme nationalistischer Abgenzungsbemühungen geführt?
      • und wenn ja: Warum hat die Integration in das "gemeinsame Haus Europa" und seinen Freien Markt für freie Bürger dort nicht für mehr kulturelle Weltoffenheit gesorgt?
      • Ist das ein demografisches Problem zwischen einer eher jüngeren, liberalen, urbanen gehobenen Mittelschicht in den großen Städten, und der eher älteren Landbevölkerung?
    • Oder lag das einfach nur am Wegfall der Unterdrückung nationalistischer Tendenzen durch die Sowjetunion?
    • Was ist Kollaboration (Begiffsentwicklung,-definition)?
      • Ist Kollaboration lediglich als eine Form der Kooperation unter Machtasymetrie zu verstehen bzw wie wird Kollaboration von Kooperation abgegrenzt?
      • Welche Faktoren begünstigen/verhindern Kollaboration?
        • Gibt es Anfälligkeiten für Kollaboration über den sozialen Status?
        • ...
      • Gibt es (universelle) Phasen der Kollaboration über den Besatzungszeitraum?
    • War Kollaboration universell in den deutschen/sowjetischen Besatzungsgebieten?
      • Gibt es strukturelle Unterschiede der Kollaboration über die Besatzungsgebiete hinweg?
      • Wodurch unterscheidet sich die Kollaboration im deutschen & sowjetischen Besatzungsgebiet?
      • Worin unterscheidet sich die Bewertung der Kollaboration unter deutscher & sowjetischer Besatzung aus Sicht der Besetzten?
    • Wie unterscheidet sich die deutsche & sowjetische Form der Machtausübung im Besatzungsgebiet?
    • Warum spielte das Konzept Kollaboration bei den Nachkriegsprozessen in der Sowjetunion keine / keine wesentliche Rolle?
  • Tilo

    Hat den Titel des Themas von „#583 - Osteuropa-Historiker Grzegorz Rossoliński-Liebe“ zu „#583 - Historiker Grzegorz Rossoliński-Liebe“ geändert.
  • Gute Besserung Tilo, Hans hat dich gut vertreten. War ein interessantes Gespräch in dem der ganze Komplex mal etwas eingeordnet wurde.


    An einer Stelle bin ich allerdings zusammengezuckt, hansj., nämlich als es um das Gesetz in Polen ging, und die "polnischen KZs". Richtig ist, wie ihr auch angesprochen habt, dass dieses Gesetz ziemlich problematisch ist, weil es verhindert dass über bestimmte Aspekte der Kollaboration und Antisemitismus in Polen während des Zweiten Weltkriegs gesprochen werden kann, daher wurde es ja auch von Israel etc. scharf kritisiert.


    Aber der Aspekt "polnische KZs", die ja eindeutig deutsche KZs waren, passt da nicht rein. Man kann diskutieren, ob das unbedingt unter Strafe gestellt werden sollte, aber zumindest haben die Polen in diesem Aspekt ja durchaus einen Punkt, daher hab ich nicht ganz verstanden warum er als Beispiel angeführt wurde.

  • Das Problem damit:


    https://en.wikipedia.org/wiki/…death_camp%22_controversy


    Zitat

    The amendment also prohibited use of the expression "Polish concentration camp" in relation to camps operated by the Polish government after the war on sites of former Nazi camps. In a court case in January 2018, Newsweek.pl was sentenced for referring to the Zgoda concentration camp, operated by Polish authorities after World War II, as a "Polish concentration camp".


    https://de.wikipedia.org/wiki/Lager_Zgoda


    Zitat

    Das von den Deutschen geräumte Lager wurde am 23. Januar 1945 von der Roten Armee besetzt. Nun wurde es in „Zgoda“ umbenannt und im Februar 1945 der polnischen, kommunistischen Geheimpolizei des Ministerstwo Bezpieczeństwa Publicznego (Ministerium für Öffentliche Sicherheit) in Warschau unterstellt und weiterbenutzt. Es wurde somit zu einem der 1.255 Internierungslager für deutsche Gefangene in Polen, in denen von etwa insgesamt inhaftierten 110.000 Menschen 15 bis 20 % ums Leben kamen.

  • Fand ich sehr interessant bezüglich der historischen Einordnung. Bei der Bewertung des aktuellen Geschehens war es mir dann etwas zu westlich konventionell, was vielleicht auch daran liegt, dass die Ukraine nicht das Forschungsthema geblieben ist und die Beschäftigung schon so viele Jahre her ist. Über diesen konventionellen Stand bin ich persönlich (aus meiner Sicht) schon hinaus. Man hat aber gemerkt, dass durch die historische Einsicht, mit größerer Differenzierung darauf geblickt wird.


    Meine komplexe Timothy Snyder-Frage wurde zwar nicht gestellt, aber ich glaube sie ist mit dem kurzen Hinweis, dass Snyder kein Historiker des Holocaust/Faschismus ist und für feldfremde Definitionen herangezogen werden kann, irgendwie auch beantwortet.

  • Sympathischer Typ und ein für mich guter geschichtlicher Überblick. Konnte gut zuhören und hab viel gelernt. Und top, dass ihr so schnell jemanden gefunden habt, der auch fundiert auf die populistischen unsäglichen Aussagen des inzwischen ja ehemaligen Botschafters reagieren kann.

    Wenn Ihr dazu beigetragen habt - dann :thumbup::saint:

    Danke für das tolle Interview!

  • Ach ja, richtig.


    Leider kam meine Frage nicht. Wäre tatsächlich mal interessant gewesen, wie er die Entwicklung rechter und nationalistischer Strömungen in anderen osteuropäischen Ländern sieht, die bereits Mitglied der EU und der NATO, und nicht seit acht Jahren mit einem von Russland mit angefeuerten Bürgerkrieg konfrontiert sind.

    Man hätte daraus sicher einiges über die europäischen Werte lernen können, die da gerade am Donbass auf Kosten der ukrainischen Bevölkerung verteidigt werden.


    Trotzdem ein interessantes Interview.

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