Energiekrise 2022/2023

  • Oder so, als wäre ihnen das einfach komplett egal, weil ihnen das Geschäft mit Russland sowieso zu riskant geworden ist.

    Wenn ich das am Rande richtig verstanden habe erledigt sich das wohl eh bald mit Siemens-Turbinen und Russland. Nachdem die Iransanktionen teilweise (öltechnisch, wer hätte das gedacht) aufgehoben wurden hat Siemens im Iran produziert und später wohl das Geschäft verkauft - anscheinend hat der Iran angeboten Russland mit Turbinen zu versorgen.


    Wenn es so weiter läuft wie bisher wird Europa zu einem kalten Armenhaus oder wir drehen NS2 auf, es wäre soooo einfach, niemand würde da nach 2 Wochen noch drüber reden - statt dessen muß die Regierung jede Woche hochnotpeinliche PR-Termine durchführen die dieser Regierung dauerhaft viel mehr schaden.


    Es gibt kein Versorgungsproblem, die Regierung ist das Problem!


    (gut, wenn ich mir die Opposition ansehe, die auch)

  • oder wir drehen NS2 auf, es wäre soooo einfach, niemand würde da nach 2 Wochen noch drüber reden

    Doch, weil nach spätestens zwei Wochen die Liefermengen wieder drastisch reduziert würden, weil Putin 0 Interesse hat, dass die EU Gasspeicher gefüllt sind.


    Egal ob man Putin jetzt für toll oder scheiße hält, er ist kein Dummkopf. Er hat diesen Hebel, und er nutzt ihn (natürlich). Und jeder andere Staatschef an seiner Stelle würde es exakt genauso tun.


    Es-liegt-nicht-an-den-Röhren. Es gibt genug Pipelines.

  • Es-liegt-nicht-an-den-Röhren. Es gibt genug Pipelines.


    Naja, im Süden fließt wohl alles, aber dann fängt es an:


    Nord Stream 2 ist von uns blockiert.


    Jamal ist durch russische Sanktionen blockiert, die wie ich zwischenzeitlich nochmal nachgelesen habe, auf polnische Sanktionen reagiert haben. Das ist also schonmal keine Option für Gazprom, sondern würde eine Einigung zwischen russischer und polnischer Regierung erfordern, um die Pipeline wieder nutzbar zu machen.


    Die Ukrainer blockieren weiter die Route über Sochraniwka. Eventuell könnte man mehr Gas über die andere Route pumpen oder über Urengoi-Pomary-Uschhorod, wo sich die Ukrainer letzte Woche beschwert hatten, dass der Druck unabgesprochen erhöht worden sein soll.


    Nord Stream hat die technisch-regulatorischen Probleme.


    Also wenn man Nord Stream voll und die Route über Sudscha und Urengoi-Pomary-Uschhorod stärker (ggf. als vorgesehen) auslastet, deckt das den Bedarf vermutlich ab, aber was Kapazität angeht, schöpft man da auch nicht mehr aus dem Vollen.

  • Jamal ist durch russische Sanktionen blockiert, die wie ich zwischenzeitlich nochmal nachgelesen habe, auf polnische Sanktionen reagiert haben.


    leie In dem Zusammenhang als Nachtrag zu deiner Aufstellung:


    23.05.2022 - Polen kündigt Gasliefervertrag - PAP wies darauf hin, dass die Kündigung der polnisch-russischen Vereinbarung nicht nur Gaslieferungen an Polen betreffe, sondern auch den Gastransit durch die Jamal-Gasleitung weiter nach Deutschland (Yamal)

    Hier hatte Russland allerdings schon am 11. Mai Sanktionen gegen Europol GAZ verhängt:


    https://tass.com/economy/1449571


    Nochmal davor am 26. April als Gazprom Gaslieferungen an Polen eingestellt hat, weil sie zu dem Stichtag nicht bereit waren auf "Rubelbezahlung" umzustellen, hat die polnische Regierung ihrerseits Sanktionen gegen Gazprom verhängt:


    https://www.reuters.com/world/…rms-oligarchs-2022-04-26/


    Zitat

    WARSAW, April 26 (Reuters) - Poland is imposing sanctions on 50 Russian oligarchs and companies, [...] Poland this month passed a law allowing it to freeze the assets of Russian entities [...]


    Companies on the list released by the interior ministry include the energy giant Gazprom (GAZP.MM) [...]


    [...] Gazprom has a minority stake in EuRoPol Gaz, an entity that owns the Polish section of the Yamal pipeline that carries Russian gas to Europe. [...]


    Und das bedeutete, dass Gazprom seine Rechte als Mitbesitzer von Europol Gaz nicht ausüben konnte und darauf haben dann wohl die russischen Sanktionen in diesem Fall reagiert.

  • Egal ob man Putin jetzt für toll oder scheiße hält, er ist kein Dummkopf. Er hat diesen Hebel, und er nutzt ihn (natürlich). Und jeder andere Staatschef an seiner Stelle würde es exakt genauso tun.

    Vor dem Hintergrund ist die Frage, mit welchem Kalkül der Westen die "unprecedented sanctions" ausgespielt hat.

  • Um ein unpopuläres Wort zu benutzen: das ist schlicht alternativlos. Von beiden Seiten. Wir reden hier von einem richtigen, großen Krieg, die beiden größten Europäischen Staaten führen gerade Krieg gegeneinander. Europa und der Westen kann die russische Aggression nicht unbeantwortet lassen, auch wenn es ihm selbst massiv schadet. Umgekehrt muss Russland Ressourcen und Energie soweit möglich abstellen, da der Westen die Ukraine mit Waffen unterstützt. Das sind Zwänge, die existieren, und keinen wirklichen Handlungsspielraum bieten.


    Selbst wenn man den feuchten Traum einiger hier durchspielt, Deutschland hält sich einfach komplett raus, bricht mit seinen Verbündeten der NATO, ist innerhalb der EU komplett isoliert. Würde Putin uns Gas schicken? Vermutlich. Aber der Schaden mit den vielen anderen Staaten, auf die wir durch umfangreiche Handelsbeziehungen und politisch wie kulturell eng vernetzt sind, wäre noch viel größer. Da wäre absolut nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, dass ein solches Szenario Putin tatsächlich das Signal gäbe, dass er alles tun kann. Nach Moldawien greifen, nach dem Baltikum*.


    (*da stand zuerst Balkan, war natürlich ein Tippfehler)

  • Also West spielt die "unprecedented sanctions" aus - wohl wissend, dass Putin den wirtschaftlichen KillSwitch für DE und damit einen saftigen ökonomischen Downgrade der EU in der Tasche trägt - weil sie nicht anders können?


    Um dann 5 Monate später genau in die vorhersehbaren und vorausgesagten Effekte zu laufen, vor denen sogar China vor Beginn des Krieges sorgenvoll und lautstark gewarnt hat - Effekte wie "Volksaufstände", Wirtschaftskrise, politische Krise der Nationalstaaten und natürlich umso abrupter nachlassende Kriegsbegeisterung etc pp, die in der Konsequenz vor allem dazu führen, dass die Ukraine trotz aller Beteuerungen vollständig unter den Bus geworfen wird/werden muss?


    Und damit genau das konterkarieren, weswegen sie eingangs nicht anders konnten?


    :/ Klingt irgendwie nicht überzeugend.

  • Also mir kommt es halbwegs plausibel vor, wenn der Westen tatsächlich dachte, Russland könnte den wirtschaftlichen Schock seiner Sanktionen nicht überstehen. Gut möglich, wenn man zum Beispiel daran denkt, dass das Kappen der SWIFT-Anbindung unter dem Stichwort "nuclear option" diskutiert wurde. Die deutsche Regierung war sowieso ihrerseits im Schock, weil sie nicht mit dem Krieg gerechnet hatte, und war empfänglich dafür alles mögliche in Frage zu stellen. Die Gefahr für die deutsche Wirtschaft war zwar klar - deswegen waren wir trotz allem zurückhaltender beim Gas - aber mit der Perspektive, dass innerhalb kurzer Zeit die russische Regierung fällt oder zu Verhandlungen gezwungen ist, hat man sich darauf eingelassen.

  • Ich würde hier "der Westen" nicht mit Deutschland gleichsetzen. Deutschland kann sich schlicht nicht gegen die USA bzw eher die 5 eyes stellen. Neutralität war wohl schlicht auch keine Option und bei aller grüner Kriegsrhetorik, hat sich Deutschland bei den wirklichen Handlungen doch eher möglichst passiv gegeben und möglichst viel heiße Luft produziert. Bis auf halt da wo es wohl "aus Gründen" nicht anders ging.

  • Um ein unpopuläres Wort zu benutzen: das ist schlicht alternativlos. Von beiden Seiten. Wir reden hier von einem richtigen, großen Krieg, die beiden größten Europäischen Staaten führen gerade Krieg gegeneinander. Europa und der Westen kann die russische Aggression nicht unbeantwortet lassen, auch wenn es ihm selbst massiv schadet. Umgekehrt muss Russland Ressourcen und Energie soweit möglich abstellen, da der Westen die Ukraine mit Waffen unterstützt. Das sind Zwänge, die existieren, und keinen wirklichen Handlungsspielraum bieten.


    Wir leben allerdings in einer Welt, wo den Großteil der Arbeit die westlichen Sanktionen gemacht haben. Ich meine worin besteht der Beitrag von Gazprom/russische Regierung jenseits der Sanktionen letztlich? Sie kommen uns und den Ukrainern nicht entgegen, indem sie die möglicherweise existierende Möglichkeiten nutzen, mehr Gas über die Ukraine zu leiten trotz der blockierten Route. Der russische Regulator war bei der Inspektion im Juni vielleicht besonders kritisch und besteht eventuell mehr als sonst auf der Einhaltung der Wartungszeiträume. Schließlich bei der Lösung der Probleme rund um den Betrieb von Portowaja scheint man eher unkooperativ.


    Wenn man im Westen einig gewesen wäre, die Gaseinfuhr aus Russland maximal zu schützen und die Sanktionen sorgsam davon ferngehalten hätte, dann wäre die Jamal-Pipeline aktuell nutzbar und die Wartung der Gasturbinen würde reibungslos laufen. Um die jetzigen geringen Flüsse zu erreichen, bräuchte es also sehr viel mehr Maßnahmen der Russen. Insofern finde ich es nicht offensichtlich, dass wir in der gleichen Versorgungssituation wären.


    Selbst wenn man den feuchten Traum einiger hier durchspielt, Deutschland hält sich einfach komplett raus, bricht mit seinen Verbündeten der NATO, ist innerhalb der EU komplett isoliert. Würde Putin uns Gas schicken? Vermutlich.


    Nun mit der Gasversorgung könnte es dennoch Probleme geben. Man sieht ja die Abhängigkeiten bei Nord Stream, die Pipeline hätte von den Kanadiern ein stückweit blockiert werden können. Und Polen und die Ukraine hätten dann vielleicht auch den Transit über ihre Länder unterbunden. Wobei Nord Stream 2 und ein Restbetrieb bei Nord Stream wahrscheinlich genügen, um das zu kompensieren.

  • Das gesagt, laut einem weiteren Kommersant-Artikel, die wieder Einblicke in die Vorgänge behaupten, scheint im Hintergrund weiterhin an der Rückführung gearbeitet zu werden. Unter anderem:


    https://www.kommersant.ru/doc/5492859


    Fiel mir noch ein, fast wichtiger könnte das hier sein (Möglichkeit 3 vorausgesetzt):



    Via Google Translate:


    Zitat

    Darüber hinaus haben Gazprom und Siemens Energy keinen Vertrag über die außerplanmäßige Wartung von Triebwerken, aber das Unternehmen erklärt sich bereit, Ausrüstungsunterstützung gemäß dem Vertrag über die Bereitstellung eines Resident Engineer zu leisten.


    Das betrifft, wenn ich es richtig verstehe, Reparaturen vor Ort.

  • Also mir kommt es halbwegs plausibel vor, wenn der Westen tatsächlich dachte, Russland könnte den wirtschaftlichen Schock seiner Sanktionen nicht überstehen. Gut möglich, wenn man zum Beispiel daran denkt, dass das Kappen der SWIFT-Anbindung unter dem Stichwort "nuclear option" diskutiert wurde. Die deutsche Regierung war sowieso ihrerseits im Schock, weil sie nicht mit dem Krieg gerechnet hatte, und war empfänglich dafür alles mögliche in Frage zu stellen.

    Es gibt die Idee, dass Sanktionen verhängen nicht das verhindert wogegen man sie verhängt. Es wird aber trotzdem gemacht, um die Glaubwürdigkeit aufrechtzuerhalten um in Zukunft weiterhin glaubwürdig mit Sanktionen drohen zu können.


    Also man droht mit Sanktionen in der Hoffnung, dass der Andere das macht was man will, so dass die Sanktionen gar nicht verhängt werden müssen.

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

  • Um ein unpopuläres Wort zu benutzen: das ist schlicht alternativlos. Von beiden Seiten. Wir reden hier von einem richtigen, großen Krieg, die beiden größten Europäischen Staaten führen gerade Krieg gegeneinander. Europa und der Westen kann die russische Aggression nicht unbeantwortet lassen, auch wenn es ihm selbst massiv schadet. Umgekehrt muss Russland Ressourcen und Energie soweit möglich abstellen, da der Westen die Ukraine mit Waffen unterstützt. Das sind Zwänge, die existieren, und keinen wirklichen Handlungsspielraum bieten.


    Selbst wenn man den feuchten Traum einiger hier durchspielt, Deutschland hält sich einfach komplett raus, bricht mit seinen Verbündeten der NATO, ist innerhalb der EU komplett isoliert. Würde Putin uns Gas schicken? Vermutlich. Aber der Schaden mit den vielen anderen Staaten, auf die wir durch umfangreiche Handelsbeziehungen und politisch wie kulturell eng vernetzt sind, wäre noch viel größer. Da wäre absolut nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, dass ein solches Szenario Putin tatsächlich das Signal gäbe, dass er alles tun kann. Nach Moldawien greifen, nach dem Baltikum*.


    (*da stand zuerst Balkan, war natürlich ein Tippfehler)

    Würde ich nicht so sehen. Der Westen liefert auch Waffen, wenn Russland keine Energie und Ressourcen mehr liefert. Insofern bringt das Russland nicht wirklich viel.


    Die EU traut sich nichtmal Orban zu isolieren, weil er die Sanktionen ablehnt. Jeder weiß eben, dass man Deutschland ungestraft als Leberwurst bezeichnen kann, also macht es auch jeder. Praktische Konsequenzen hat das keine. Allerdings wird Deutschland militärisch von der USA verteidigt. Insofern kommen wir um gewisse Vasallen-Pflichten nicht herum.


    Ich stimme allerdings zu, dass der Westen die Tatsache, dass Putin versucht in Europa ein Land von der Größe Frankreichs zu erobern, nicht einfach ignorieren kann.

  • Die neuste Gazprom-Telegram-Meldung zu dem Thema klingt nach auf der Stelle treten:


    https://t.me/gazprom/844


    Aber mir ist klar geworden, warum sie sich auf diese aktualisierte EU-Verordnung von 2014 berufen: https://eur-lex.europa.eu/lega…T/?uri=CELEX%3A32014R0833 Es ging schon damals um bestimmte Geräte als sanktioniertes Gut bei Lieferungen allerdings nur auf die Krim. Turbinen von Siemens, die über Umwege doch dort gelandet sind, waren einige Jahre danach schonmal ein Politikum und haben zur Nachschärfung geführt: https://www.tagesschau.de/wirt…ktionen-turbinen-101.html


    Die Ironie ist, dass die Gasturbinen für Nord Stream zur Instandhaltung aus Russland von und nach Kanada gebracht wurden, bedeutete, dass die EU-Verordnung keine Rolle gespielt hat. Jetzt wo sie in Deutschland sind, stellt sich die Frage, ob sie bedeutsam ist, was wir wohl verneinen. Denke der Teil ist eine Retourkutsche.


    Weiterhin unklar in welche Richtung es geht.

  • Welcher Teil von "Russland wird die Turbine nicht ins Land lassen" ist dir unklar?


    невозможный


    https://en.wiktionary.org/wiki…E%D0%B6%D0%BD%D1%8B%D0%B9


    Zitat

    1. impossible (not possible)


    nicht возможный


    https://en.wiktionary.org/wiki…E%D0%B6%D0%BD%D1%8B%D0%B9


    Zitat

    1. possible, probable (able but not certain to happen)


    Nicht wahrscheinlich.


    Kleiner Scherz. невозможный als abschließende Antwort wäre klar. невозможный bei Auflistung der Probleme, ist eine Einladung sie zu beseitigen. Wie ehrlich ist die Einladung? Nun:


    Weiterhin unklar in welche Richtung es geht.

  • Mann, зрада links und rechts dieser Tage:


    https://www.bloomberg.com/news…lternative-to-nord-stream


    Zitat

    Prime Minister Justin Trudeau’s top energy official defended his country’s decision to release a sanctioned turbine for the key Nord Stream 1 gas pipeline, saying the government was not convinced by Ukraine’s arguments there were alternative options.


    In testimony to lawmakers in Ottawa, Natural Resources Minister Jonathan Wilkinson said leaving Germany to rely more on an existing pipeline through Ukraine -- as a replacement for Nord Stream -- was deemed unworkable in part because of capacity constraints.


  • Warum liest man sowas in dieser Tiefe eigentlich von ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Linken und nicht von denen die noch Diäten dafür bekommen, sich politisch zu betätigen?

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