Energiekrise 2022/2023

  • Zerschlagung vom Tisch - Bund steigt bei Uniper ein

    Der durch die Gaskrise in Bedrängnis geratene Energieversorger Uniper wird gerettet. Das teilten Kanzler Scholz und das Unternehmen mit. Der Bund steigt demnach mit rund 30 Prozent bei Deutschlands größtem Gasimporteur ein.


    [...] Scholz erklärte, Uniper sei für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands von "überragender Bedeutung". Die nun vereinbarten Maßnahmen seien ein "substanzieller Beitrag für die Rettung des Unternehmens". Uniper könne nun "stabil in die Zukunft blicken".

    Allerdings kommen auf Gaskunden im Zuge des Rettungspakets Preiserhöhungen zu, weil Uniper seine Mehrkosten ab dem spätestens ab dem 1. Oktober weitergeben darf. Daher sollten Menschen mit geringem Einkommen und Bezieherinnen und Bezieher der Grundsicherung weiter entlastet werden, versprach Scholz.

    Instrument dafür sei unter anderem eine Wohngeldreform, bei der Heizkosten integriert würden. "Dass wir zusammenhalten ist entscheidend", so der Kanzler: "You will never walk alone."

    Die Einigung zwischen Bund, Uniper und dessen finnischen Mutterkonzern Fortum war allgemein erwartet worden - zuletzt war bekannt geworden, dass auch Mehrheitseigner Fortum seine Vorbehalte gegen das Rettungspaket aufgegeben hatte. Die Finnen bleiben auch nach dem Einstieg der Bundesregierung Mehrheitseigner - allerdings sinkt ihr Anteil von 80 auf rund 56 Prozent. [...]

    Ich finde es gut, dass wir uns als demokratischer Souverän nun mit 30% am Konzern beteiligen. Das heißt, wenn das Unternehmen dann die Kosten an die EndverbraucherInnen weiter geben darf, dann geben wir uns davon quasi 30% gleich selbst wieder zurück. :S

    So eine Beteiligung haben wir uns damals nach der Finanzkrise auch bei der Commerzbank einfach mal geleistet. Der Staat hatte zwar trotzdem explizit nichts mitzureden, aber für's Gefühl war das schon irgendwie besser, als wenn wir das Geld einfach direkt an die Aktionäre ausgezahlt hätten.

  • Es könnte höchstens sein, dass die polnische Seite nach dem Lieferstopp Ende April (oder schon davor) Schritte gegen Gazprom unternommen hat, auf die wiederum die russischen Sanktionen reagiert haben.

    Da gab es schon ewig Querelen, nachdem Mitte Mai 2021 der Langzeitvertrag auslief und Spotmarkt getätigt wurde. Vermutlich irgendwas mit Geld, irgendwer versuchte irgendwen zu übervorteilen. Polen hatte 2021 für Yamal die Durchleitungsgebühren um einen 2stelligen %-Betrag erhöht. Keine Ahnung, wer die anteilig wie zahlt, liest sich ein bisschen so, als sollten die Russen für Polens Energieunabhängigkeit von RU mitzahlen aber das ist meine gefärbte Brille. Alles in allem war die Pipe in Ost-West-Richtung bestimmt schön unattraktiv. Und Polen hat das Ding ja Q4.2021 lieber für ReverseFlow mit günstigem DE-Gas bestückt.


    Der Kracher ist dann der hier:

    Andere Partner hätten Vorrang: Polen will Gasvorräte ungern mit Deutschland teilen

    Vllt gar nicht schlecht dass nicht alles ins S/W-Schema passt, so müssen die Grünen wenigstens ein bisschen mit der Realpolitik kämpfen.

  • Zitat

    Als anderen Meilenstein sah er eine Entschuldigung Deutschlands dafür, die Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 immer als rein wirtschaftliches Projekt dargestellt zu haben. Polen und andere östliche EU-Länder haben von Anfang an gewarnt, dass die Gasleitungen als politisches Druckmittel Moskaus dienen könnten.


    Ein Druckmittel, wenn man vor hat mit Russland in einen schweren Konflikt zu geraten, darauf haben wir es nie eingelegt, insofern galt diese Kalkulation nicht für uns. Unsere Regierung war halt dumm genug sich reinziehen zu lassen.


    Aber die Polen sind in letzter Zeit nicht gerade durch ihr diplomatisches Geschick aufgefallen. Zum Beispiel als sie von Norwegen, von denen sie demnächst direkt Gas geliefert bekommen wollen, verlangt haben, dass sie ihre Profite vom Energiemarkt der Ukraine überlassen sollten: RE: Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt


    Also ich könnte mir vorstellen, die polnischen Gasspeicher sind am Ende schneller leer als gedacht, weil soviel ist da nicht drin (dementsprechend könnten sie ehrlich gesagt auch nicht viel an uns abgeben) und die weltweite LNG-Liefersituation sieht auch nicht gerade rosig aus, und dann stehen sie wieder auf der Matte und hätten gerne etwas Soldarität.

  • Habt ihr das auch gehört? Wir sollen jetzt alle weniger Gas verbrauchen? Damit wir für den Winter Reserven aufbauen?

    OK, äh... funktioniert das denn? Nein, funktioniert nicht. Die Stromversorger verbrennen das gesparte Gas, um Frankreichs marode und gerade ausgefallene Atomkraftwerke zu kompensieren.

    Erscheint mir logisch, ich hatte hier in einem anderen Thread vor ein paar Wochen ja auch gepostet das 50% der AKW in Frankreich abgeschaltet sind und wir deswegen mehr Strom exportieren müssen damit das Stromnetz nicht zusammenbricht...und natürlich hat das auch Auswirkungen auf die Preise für Gas und am Strommarkt.


    Aber leider überschattet der Krieg in der Ukraine vieles...eigentlich müsste in den Schlagzeilen der Nachrichten sowas wie "Höhere Gas und Strompreise durch schrottige Atomkraft" zu lesen sein...aber statt dessen bekommt man ja sogar teilweise Atom-Propaganda zu lesen, so vonwegen AKW als Rettung gegen den Gasmangel etc, was für eine verdrehte Darstellung der Realität.

  • Ein Druckmittel, wenn man vor hat mit Russland in einen schweren Konflikt zu geraten, darauf haben wir es nie eingelegt, insofern galt diese Kalkulation nicht für uns. Unsere Regierung war halt dumm genug sich reinziehen zu lassen.

    Ich denke, es war immer allen Beteiligten aller Seiten klar, dass wir nicht souverän genug sind, das zu verhindern, egal wie sehr wir das auch wollten.

  • Mag sein, aber dann hat man zumindestens versucht den Konflikt klein zu halten. Zumal ich aus den Reaktionen in Europa auch den Eindruck gezogen habe, dass man für die geostrategische Dimension kaum Bewusstsein hatte. In der schlimmsten Variante diejenigen, die die eigene Werte-Propaganda glauben und sich allen Ernstes damit die Welt erklären.

  • Also das ist jetzt die keine Ahnung wievielte Wiederholung dieser Botschaft. Irgendwas hakt. Die Frage ist nur, ist es Hinhalten oder wollen sie irgendein weiteres Zugeständnis?


    https://t.me/gazprom/832



    Via Google Translate:


    Zitat

    PJSC Gazprom hat sich wiederholt an Siemens mit der Bitte um Vorlage offizieller Dokumente gewandt, die die Gewährung einer Ausnahme von den geltenden Sanktionsregelungen Kanadas und der Europäischen Union für die Rückgabe eines in Kanada reparierten Gasturbinentriebwerks für die Portovaya CS nach Russland bestätigen, aber Siemens ist immer noch und hat sie nicht zur Verfügung gestellt.


    Angesichts der erheblichen potenziellen Risiken im Falle der Nichteinhaltung aller festgelegten Verfahren im Rahmen der Rückgabe des spezifizierten Triebwerks war Gazprom gezwungen, sich erneut mit einer ähnlichen Anfrage an Siemens zu wenden. "Gazprom" betonte, dass die aktuellen Vertragsbedingungen keine zusätzlichen Verpflichtungen der russischen Seite zur Beschaffung dieses Motors vorsehen.

  • Ich denke, es war immer allen Beteiligten aller Seiten klar, dass wir nicht souverän genug sind, das zu verhindern, egal wie sehr wir das auch wollten.

    Da ist was dran. Manche mussten daran erinnert werden. Ein Weckruf waren wohl immer die Nato-Übungen, die den deutschen Beobachtern die Konsequenzen vor Augen führten. Zwei davon haben das als einschneidende Erfahrung öffentlich verlauten lassen. Dass ein Kanzler für den Ernstfall die Neutralität ausrufen wollte, beantwortete einer von ihnen damit, dass es dann zu spät wäre.


    Das Verhindern lief notgedrungen immer vorausschauend via Diplomatie. Die gesamte Außenpolitik und deren Reputation des Landes basierte auf einer den Umständen entsprechenden Neutralität. Diese Attitüde ging uns sichtbar mit jedem neuen Außenminister immer weiter verloren und damit auch ein Stück Souveränität. Die Steinmeierformel war aber der Beweis, das wir noch nicht abgeschrieben waren. Es hat nicht mehr gereicht, gegen den Druck unserer sogenannten Partner und der Seilschaften im Land, um die europäische Friedensordnung zu bewahren.


    Mit der aktuellen Amtsinhaberin ist ein neuer Tiefpunkt erreicht. Sie wurde samt ihrer russophoben Haltung schon vor dem russischen Einmarsch ins Amt gewählt, was nicht heißt, dass sie dafür noch einen Unterschied gemacht hätte.


    Mit ihr aber liegt die Initiative zur Diplomatie nun auf dem Müllhaufen der Geschichte, obwohl sie noch zu gebrauchen wäre. Isch over.

  • Der Kracher ist dann der hier:

    Andere Partner hätten Vorrang: Polen will Gasvorräte ungern mit Deutschland teilen

    Das könnte vielleicht auch daran liegen, dass die polnische Regierung aus lauter Kriegsbegeisterung etwas vorschnell ihre alten sowjetischen Panzerbestände an die Ostfront gespendet hat und jetzt dafür nicht die geilen, neuen Leoparden aus Deutschland geringtauscht bekommt.

  • Eine Goldmine diese TASS-Meldungen, man sollte sich einzig darüber informieren. :)


    Mitpuzzler Peskow gibt folgendes zu bedenken:


    https://tass.com/economy/1483743


    Zitat

    Peskov also pointed to the data of foreign media sources that claimed the Russian side allegedly did not provide information on where exactly the turbine should be brought to.


    "This is complete nonsense, because Siemens knows perfectly well where this turbine is installed. That is, this is just an absurd report from sources," Putin’s press secretary emphasized.


    Das war aus der Reuters-Meldung:


    https://www.reuters.com/articl…gas-turbine-idUSL8N2Z2644


    Zitat

    One of the sources said Moscow had so far not provided the documents needed to import the turbine into Russia, including details on where exactly to deliver it and via which customs station.


    Klar, die Turbine muss nach Wiborg zur Verdichterstation. Gut da könnte man vielleicht noch sagen, eventuell wird sie vorher nochmal woanders inspiziert. Aber ist nicht auch der Punkt mit der Zollstation Unsinn? Ist der Grenzübergang nicht beliebig, solange dort überhaupt so ein Riesenteil durchtransportiert und verzollt werden kann?


    Sind diese durchgestochenen Informationen also eigentlich Quatsch? Geht es hier in Wirklichkeit darum, dass die Russen schriftlich von den Kanadiern haben wollen, dass sie ihre eigenen Sanktionen brechen, nur genau deshalb hatte man ja den Umweg über Deutschland genommen, um das hinzubiegen. Klingt auch eher nach dem, was Gazprom die ganze Zeit verlangt.

  • Das könnte vielleicht auch daran liegen, dass die polnische Regierung aus lauter Kriegsbegeisterung etwas vorschnell ihre alten sowjetischen Panzerbestände an die Ostfront gespendet hat und jetzt dafür nicht die geilen, neuen Leoparden aus Deutschland geringtauscht bekommt.

    Sind ja gut weiter, die Polen sammeln eh grad Panzerdiversität, zu ihren Leos bekommen sie Abrams dazu und gerüchteweise wolle sie in Korea einkaufen (K2). Schrauber und Logistiker dürften kotzen: ist das Ding metrisch, imperial oder sind koreanische Schriftzeichen drauf?

  • Wieder von Kommersant:


    https://www.kommersant.ru/doc/5479813



    Via Google Translate:


    Zitat

    Nach Informationen von „Kommersant“ hat Siemens Energy am 24. Juli die kanadische Exportlizenz an Gazprom übertragen, die es erlaubt, Gasturbinen für Nord Stream zu reparieren und zu transportieren.


    Wenn es stimmt, mal schauen wie Gazprom darauf reagiert.


    In dem Artikel erklären sie auch noch, dass die normale Prozedur sein soll, dass Gazprom die Gasturbine am kanadischen Werk abnimmt und dann selbst zurücktransportiert, was nun von Siemens Energy übernommen wurde. Sie sagen das Gerät hätte durch die Querelen mit den Unterlagen die Fähre von Lübeck nach Helsinki verpasst, die es am 23. Juli nehmen sollte. Dann sagen sie es gäbe sogar 9 Einheiten in der Portowaja-Kompressorstation, eine von den weniger leistungsstarken Gasturbinen mehr. Aber sie sagen auch drei von den anderen Einheiten sind in Betrieb (es sollten nur zwei sein). Und schließlich um weitere Einheiten zu reparieren, benötigt man angeblich drei Monate.


    Sie wirken besser informiert als die meisten Medien, aber ich weiß nicht, ob alles davon hinhaut.

  • Wenn es stimmt, mal schauen wie Gazprom darauf reagiert.


    Hat wohl gestimmt:


    https://t.me/gazprom/834



    Via Google Translate:


    Zitat

    Gazprom hat von Siemens Unterlagen der kanadischen Behörden erhalten. Gazprom hat diese Dokumente geprüft, muss jedoch feststellen, dass sie die zuvor identifizierten Risiken nicht beseitigen und zusätzliche Fragen aufwerfen.


    Darüber hinaus gibt es noch offene Fragen von Gazprom zu EU- und UK-Sanktionen, deren Lösung für die Lieferung des Triebwerks nach Russland und die dringende Überholung weiterer Gasturbinentriebwerke für die Portovaya CS wichtig ist.


    Unter diesen Umständen bat Gazprom Siemens erneut um sofortige Unterstützung bei der Bereitstellung der erforderlichen Dokumente und Klarstellungen zur Lösung der verbleibenden offenen Fragen.


    Naja, zufrieden klingt anders. Hm, ich frage mich, was das für EU-/UK-Sanktionen sein sollen. Ich hatte irgendwo gelesen, dass der andere Turbinentyp nicht in Kanada sondern in Großbritannien, Aberdeen oder so, gewartet wird.



    Gut, ich bin nicht wirklich sicher, dass das zutrifft.


    https://tass.com/economy/1484447


    Zitat

    MOSCOW, July 25. /TASS/. Kremlin Spokesman Dmitry Peskov has struck back at German Chancellor Olaf Scholz’s remark that Moscow is allegedly an unreliable provider of gas, [...]


    "These remarks completely contradict the reality and history of the supplies. Even during the most difficult times, the Russian side continued to fulfill its obligations. And the fact that the volume of supplies has currently decreased is due to those illegitimate restrictions that Europeans, particularly, Germany, had imposed themselves," the Kremlin official told journalists on Monday.


    Auch hier frage ich mich, ob das nur so dahin gesagt ist. Ich hätte gedacht, Deutschland hat noch mit am wenigsten Hürden errichtet, aber wir haben auch irgendwelche Unternehmen sanktioniert, eine ganze Ex-Gazprom-Tochter gekapert und sowas, vielleicht gibt es objektive Hürden zumindestens aus Sicht irgendwelcher Regularien.

  • https://tass.com/economy/1484555


    Zitat

    "I must reiterate that this refers to obvious security problems, and we therefore are not furnishing any information on where the turbine is located," Baron insisted. All the legal requirements were satisfied, the spokesperson said. "Legal matters related to EU sanctions have priority," she noted.


    Das sollte sich auf diese Frage beziehen:


    https://www.youtube.com/watch?v=677csGDgmq8&t=2103s



    Aber wo sagt sie den markierten Satz?


    Übrigens bei der Nachfrage weicht sie eindeutig aus. Ob die Einheit sich aktuell in Deutschland befindet, ist im Gegensatz dazu, wo sie sich genau befindet, wohl kaum eine Sicherheitsfrage. Aber man könnte auch ohne weiteres erklären, was die ausstehenden Probleme sind, ohne überhaupt darauf einzugehen.

  • Na, wenigstens die Russen scheinen noch gewillt, sich an die Sanktionen gegen sie bestmöglich zu halten.


    Also wenn man an diese These glaubt, dass wir zu unserem Glück gezwungen werden sollen, dann würde es Sinn ergeben jetzt möglichst alles zu klären, was für den Weiterbetrieb nötig ist, wo wir gerade etwas von den Russen wollen und kooperativer sind.

  • ja, und vom wem geht die Gefahrenlage aus? Den Polen? Exil-Ukrainern? Den USA?

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