Energiekrise 2022/2023

  • Die Energiekosten steigen, Vermieter müssen bei den Versorgern in Vorleistung gehen - und haben damit oft zu kämpfen. Eine Wohnungsgenossenschaft im sächsischen Dippoldiswalde unternimmt daher einen drastischen Schritt. Sie stellt den Mietern zu bestimmten Tageszeiten kurzerhand das Warmwasser ab.

    Eine Wohnungsgenossenschaft im sächsischen Dippoldiswalde verringert wegen drastisch gestiegener Energiepreise die Versorgung mit Warmwasser. In den Hauptnutzungszeiten am Morgen (4 Uhr bis 8 Uhr), Mittag (11 Uhr bis 13 Uhr) und Abend (17 Uhr bis 21 Uhr) bleibt es verfügbar, nachts und in Zwischenzeiten kommt das Wasser kalt aus der Leitung. Zudem wird die Heizung bis September nicht mehr angedreht. Die Genossenschaft im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge dürfte eines der ersten Unternehmen bundesweit sein, das so auf die extrem hohen Preise reagiert.

    [...]

    Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, erklärte auf Anfrage: "Die aktuell schwierigen Zeiten erfordern auch schwierige Entscheidungen, die nicht immer nur auf Zustimmung treffen werden." Je nach den Gegebenheiten vor Ort und der Kostensituation seien individuelle Lösungen gefragt. Er verwies darauf, dass die Genossenschaftsmitglieder in Dippoldiswalde die Einsparungen nach Angaben des Vorstands befürworteten.


    Dass sich der Präsident des GdW hier als handlungsbevöllmächtigt sieht ist ja nett, aber das sollte wirklich nur gehen wenn alle Mieter das befürworten, sonst dürfte da jemand die Miete mindern (wär ja auch deppert für einen Schichtarbeiter der da seine Zeit blöd gelegt bekommt).

  • das sollte wirklich nur gehen wenn alle Mieter das befürworten, sonst dürfte da jemand die Miete mindern

    Müsste man natürlich mal rausfinden was das für eine Genossnschaft ist, wie groß die sind und welche Rücklagen die haben.


    Wenn das ein eher kleines Projekt ist, das gerade mal die laufenden kosten aus den Mieten und Nebenkosten decken kann, und der Versorger die Preise für Fernwärme/Gas/Öl drastisch angezogen hat, dann haben die unter Umständen nicht genug Liquidität herum liegen, um für die Heizkosten langfristig in Vorleistung zu gehen und dann zu riskieren, dass sie auf dem Verlust sitzen bleiben, wenn die GenossInnen ihre Nachzahlungen nicht begleichen können. Da wären Mietminderungen durch einige BewohnerInnen womöglich das geringere Übel.


    Idelaerweise ist den GenossInnen auch klar, dass sie selbst die EigentümerInnen sind und alle Verluste in der Bilanz letztendlich sowieso auf ihre Kosten gehen. Also lieber gleich sparen, wenn sich die Mehrheit darüber einig ist. Wer dann die Miete mindert, lässt sich halt vom Rest der Genossenschaft seine Ersparnis subventionieren.

  • Dass sich der Präsident des GdW hier als handlungsbevöllmächtigt sieht ist ja nett, aber das sollte wirklich nur gehen wenn alle Mieter das befürworten, sonst dürfte da jemand die Miete mindern (wär ja auch deppert für einen Schichtarbeiter der da seine Zeit blöd gelegt bekommt).

    Geht das vielleicht jetzt mit Habecks Stufe zwei? Für Hamburg hat der grüne Umweltsenator das auch schon angekündigt.


    Viele Wohnungsbaugenossenschaften im Osten haben ohnehin schon damit zu kämpfen, dass die Mieter wegsterben und Rückbaukosten entstehen bei gleichzeitig geringen Mietpreisen am Markt. Dort dürfte der Spielraum gering sein. Die haben meist auch nicht so die einkommensstärksten Mieter, die das mal so nebenbei bezahlen. Ich denke, das hier ist der Startschuss.

  • Geht das vielleicht jetzt mit Habecks Stufe zwei? Für Hamburg hat der grüne Umweltsenator das auch schon angekündigt.


    Viele Wohnungsbaugenossenschaften im Osten haben ohnehin schon damit zu kämpfen, dass die Mieter wegsterben und Rückbaukosten entstehen bei gleichzeitig geringen Mietpreisen am Markt. Dort dürfte der Spielraum gering sein. Die haben meist auch nicht so die einkommensstärksten Mieter, die das mal so nebenbei bezahlen. Ich denke, das hier ist der Startschuss.


    Eigentlich sind Haushalte besonders geschützt im Notfallplan Gas:


    Haushaltskunden sind gemäß § 53a i. V. m. § 3 Nr. 22 EnWG Letztverbraucher, die Energie für den Eigenverbrauch im Haushalt nutzen oder deren Jahresverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke 10.000 Kilowattstunden (kWh) nicht übersteigt.


    Aber das scheint wohl nur für das Gas selbst zu gelten, nicht für die Wärme.

    Fuck you Etagenheini in der Wohnanlage, und Streicheleinheiten für das Gasbeheizte Eigenheim...

  • Scheint jedenfalls mit 600 wohnungen in 4 Objekten eine eher kleine Genossenschaft zu sein.


    Eine Bilanzssumme von 30 Mio. inklusive Investitionen in Sanierungen (in 2021) ist auch ziemlich klein für eine Wohnungsgenossenschaft. (liegt natürlich auch an den niedrigen Immobilienwerten in der sächsischen Schweiz).


    Vorstand und Aufsichtsrat scheinen ebenfalls recht beliebt zu sein, wenn man nach der Abstimmung zur Entlastung in der Mitgliederversammlung geht.


    Quelle: https://www.wg-dipps.de/files/…EZ-mieterinfo-01-2021.pdf

  • Eigentlich sind Haushalte besonders geschützt im Notfallplan Gas:



    Aber das scheint wohl nur für das Gas selbst zu gelten, nicht für die Wärme.

    Fuck you Etagenheini in der Wohnanlage, und Streicheleinheiten für das Gasbeheizte Eigenheim...

    Man wird die herkömmlichen 08/15-Gaszähler nicht dreimal am Tag an- oder ausschalten können. Man kann jedoch ein Fernwärmenetz zentral 3mal am Tag aufheizen oder abkühlen lassen. Von daher etwas was sich jeder Fernwärmenetzbetreiber jetzt überlegen kann. Ich fände Warmwasserzeiten aktuell zumutbar. Man hat bei einem Sommerbetrieb von so einem Netz (vor allem Nachts) prozentual mehr Netzverluste als alles andere.

  • Man wird die herkömmlichen 08/15-Gaszähler nicht dreimal am Tag an- oder ausschalten können. Man kann jedoch ein Fernwärmenetz zentral 3mal am Tag aufheizen oder abkühlen lassen. Von daher etwas was sich jeder Fernwärmenetzbetreiber jetzt überlegen kann. Ich fände Warmwasserzeiten aktuell zumutbar. Man hat bei einem Sommerbetrieb von so einem Netz (vor allem Nachts) prozentual mehr Netzverluste als alles andere.

    Die Stromnetzbetreiber sind da schon weiter richtung Marc Elsberg gerückt ;-) nächster Halt smarte Gaszähler/Hähne.


    Wie kann man sich denn diese "dreimal-am-Tag-Absenkung" technisch vorstellen?

    Bekommen die an jeden Objekt über nen Wärmetauscher ihren jeweiligen Heizkreis warm?

    Gehört denen ein eigenes kleines Nahwärmenetz?

    Kann man da so dynamisch 3h, 4h und 7h, ab- und ankoppeln dass das was bringt?

    10 von 24 h warmes Wasser (im Sommer), wer hätte das vor ein paar Wochen für möglich gehalten?


    Ich glaub ich muss raus auf einen Stein, den Frederick machen...

  • Man kann sogenannte HASTen (Hausübergabestationen) auch aus unserer Leitwarte heraus abschalten.


    Man kann aber auch den kompletten Heizkreis abkühlen lassen indem man die Wärmeerzeuger "per Hand" außer Betrieb nimmt. "Per Hand" heißt in diesem Fall die Automatik außer Betrieb zu nehmen.

  • Ich bin gespannt. Habeck verspricht erstmal Geld.


    Perfektes Beispiel dafür, wie eine Regierung mit aller ihr übertragenen Staatsmacht einfach ein Ideologisches Ziel setzt und zur ultimativen Guten Sache erklärt - völlig egal wie realistisch es zu erreichen ist - und dann dem Pöbel, der davon direkt betroffen ist (mit ganz besorgtem Gesicht, natürlich) verkündet, dass er sich darüber nicht beschweren soll, weil es ja schliesslich um eine gute Sache geht.

    Da muss man dann als großer Volkskommunikator schon mal die Wahrheit ein bisschen verbiegen und einfach behaupten, dass die Sanktionen der Guten Sache dienlich seien, obwohl sie den Übeltäter und seine Böse Sache bisher noch überhaupt nicht beeindruckt haben.


    Unsere Gaslieferanten aus dem hohen Norden sind da allerdings nicht so zimperlich und diskutieren nicht lange rum, um dann trotzdem einfach zu machen, was als Staatsräson dekretiert wurde:

    Intervention der Arbeitsministerin - Norwegische Regierung stoppt Streik der Öl- und Gasarbeiter

    Ein Ausstand norwegischer Öl- und Gasarbeiter drohte, die Energiekrise in Europa zu verschärfen. Nun interveniert die Regierung. Die Arbeitsministerin sagt, sie habe keine andere Wahl.


    Die norwegische Regierung hat den Streik der Öl- und Gasarbeiter schon am ersten Tag direkt gestoppt. Das bestätigen ein Gewerkschaftsführer sowie das Arbeitsministerium des Landes. Demnach habe die Regierung von ihrem Interventionsrecht Gebrauch gemacht.

    Die etwas mehr als 70 Öl- und Gasarbeiter hatten ihren Streik am Dienstagmorgen begonnen. Dabei ging es um Gehaltsforderungen. Weil der Arbeitskampf die Gasexporte des Landes aber deutlich zu senken drohte, griff die Regierung ein.

    »Die Arbeiter werden so bald wie möglich wieder an die Arbeit gehen«, sagte Audun Ingvartsen, Vorsitzender der Gewerkschaft Lederne, laut der Nachrichtenagentur Reuters. Auf die Frage, ob der Streik beendet sei, antwortete er: »Ja«.

    Das Arbeitsministerium bestätigte, dass es von seinem Interventionsrecht Gebrauch gemacht habe. »Wenn der Konflikt so schwerwiegende Folgen für ganz Europa haben kann, habe ich keine andere Wahl, als einzugreifen«, sagte Arbeitsministerin Marte Mjøs Persen einer Erklärung zufolge. [...]

    Fun Fact: Das "demokratischste Land der Welt" erfreut sich - genau wie das gerne als "sozialistisch" missverstandene Nachbarland Schweden - vor allem deshalb immer noch eines der besten Sozialsysteme, weil es seinen Staatshaushalt mit einem Staatsfond querfinazieren kann, der mit dem Erlös aus dem Verkauf fossiler Brennstoffe in die ganze Welt gefüllt wird, und sein Staatskapital dann z.B. großflächig in Immobilien in anderen Ländern investiert und dort die Bodenpreise und Mieten in die Höhe treibt.


    P.s.: Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die norwegische Regierung so eine Art Rot-Grüne Minderheitskoalition, und dass die streikbrechende Arbeitsministerin selbstverständlich Sozialdemokratin ist.

  • ZEITENWENDE :saint:

  • Noch fünf Tage bis zur kontrollierten Panik und dann nochmal zehn Tage bis eventuell unkontrollierte Panik ausbricht. Wenn letzteres ausbleibt, sehen wir dann vielleicht Bewegung bei der Gasturbine. Nicht ganz sicher.

  • Perfektes Beispiel dafür, wie eine Regierung mit aller ihr übertragenen Staatsmacht einfach ein Ideologisches Ziel setzt und zur ultimativen Guten Sache erklärt - völlig egal wie realistisch es zu erreichen ist...

    Man muss sich eben deutlich abgrenzen von diesen ganzen Autokratien...

    P.s.: Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die norwegische Regierung so eine Art Rot-Grüne Minderheitskoalition, und dass die streikbrechende Arbeitsministerin selbstverständlich Sozialdemokratin ist.

    Versteht sich von selbst.

  • Perfektes Beispiel dafür, wie eine Regierung mit aller ihr übertragenen Staatsmacht einfach ein Ideologisches Ziel setzt und zur ultimativen Guten Sache erklärt - völlig egal wie realistisch es zu erreichen ist - und dann dem Pöbel, der davon direkt betroffen ist (mit ganz besorgtem Gesicht, natürlich) verkündet, dass er sich darüber nicht beschweren soll, weil es ja schliesslich um eine gute Sache geht.

    Genauso wohlfeil ist es aber auch, wenn man als jemand, der sich nicht in irgendeiner staatlichen Verantwortung sieht, genüsslich in den "die da oben machen ja doch, was sie wollen"-Song einstimmt und in einer zynischen Geste das sinnbildliche Popcorn raus holt. (Damit meine ich nicht nur Utan …)


    Schwedt's Ölindustrie ist totgeweiht. Das weiß man nicht erst seit Russlands Angriffskrieg. Und ja, das ist 'ne verdammt gute Sache! Schließlich bedroht fossile Energie unser aller Lebensgrundlage! (Und je kleiner der Geldbeutel, desto gravierender in der Regel die diesbezügliche Bedrohungslage!)


    Auf einem anderen Tableu steht die Frage, wie man mit Arbeitenden umgeht, deren Arbeit überflüssig wird, mehr noch: überflüssig werden muss! Die Zeit wird zeigen, ob man ihnen mit Respekt begegnet, ob man den Strukturwandel ernsthaft angegangen ist oder ob man sie einfach hat fallen lassen. Für letzteren Fall stimme ich dann gerne in Deinen Song mit ein, aber so weit sind wir noch nicht.


    Kleine Nebenbemerkung: Sicherlich gibt es unter den Arbeitenden in Schwedt auch intelligentere Leute, die sich nicht in trotzig-dummer Borniertheit in aller Öffentlichkeit vor die Bühne stellen und mit einem Russland-Fähnchen wedeln. Aber man sieht auf dem Video, dass es sie gibt. Man kann von Habeck halten, was man will: Sich vor solche Leute zu stellen und ihnen versuchen, klar zu machen, dass die Lösung, die sie präferieren (alles einfach so weiter machen, wie bisher), keine gangbare Lösung ist, ist erstmal keine Angenehme Sache und auch eine, für die nicht jedeR die Nerven hätte.

  • Kleine Nebenbemerkung: Sicherlich gibt es unter den Arbeitenden in Schwedt auch intelligentere Leute, die sich nicht in trotzig-dummer Borniertheit in aller Öffentlichkeit vor die Bühne stellen und mit einem Russland-Fähnchen wedeln. Aber man sieht auf dem Video, dass es sie gibt.

    Ist die jetzt auch schon verboten? Wir kämpfen doch gegen Putin und nicht gegen Russland, dachte ich.

  • Ja, Du hastvollkommen recht, Mitsch.

    Robert Habeck hat sehr starke Nerven.


    Der Rest ist halt so eine wohlfeile Verteidigung von Top-Down Regierungspolitik, weil einem das politische Endziel gut in den Kram passt.


    Kann man natürlich machen. Ich bin auch dafür, so schnell wie möglich aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen.


    Aber man könnte auch mal darüber nachdenken warum irgendwelche deutschen Arbeiter da überhaupt mit Russland-Fähnchen auflaufen. Glaubst Du die machen das, weil Putin so geil mit nacktem Oberkörper durch die Tundra reiten, oder so süß mit kleinen Katzen schmusen kann?


    Oder drücken die damit vielleicht einfach nur möglichst provokativ aus, dass die sich von deutschen Politiker*innen und ihren hehren Werten nicht erst seit dem 24. Febtuar 2022 komplett verarscht fühlen?

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