#576 - Hochschulgründerin Silja Graupe

  • Donnerstag, 2. Juni, ab 16 Uhr, LIVE


    Her mit euren Fragen!



    Zu Gast im Studio: Wirtschaftswissenschaftlerin Silja Graupe. Sie ist seit Mai 2015 Professorin für Ökonomie und Philosophie sowie seit Oktober 2021 Präsidentin der Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung. Sie ist Gründungsmitglied und stellvertretende Vorstandssprecherin der Gesellschaft für sozioökonomische Bildung und Wissenschaft (GSÖBW), Mitglied der Gesellschaft für interkulturelle Philosophie und der Gesellschaft für Bildung und Wissen sowie Senatorin des Senate of Economy Europe

  • - Wäre es ökonomisch möglich, gesamtgesellschaftlich die Arbeitszeit zu reduzieren, indem man z.B. das Wohlstandsmodell überdenkt (weniger Individualverkehr, dafür kostenlosen ÖPNV; Weniger Konsum, mehr Kunst/Kultur, ...).

    - Welche Alternativen zum Kapitalismus gäbe es (für echten Klimaschutz, mehr soziale Gerechtigkeit)

    - Kann Europa ein echtes Lieferkettengesetz für alle Branchen einführen, das an der Ressourcenbeschaffung ansetzt?

  • Die Entdeckung der newtonischen Mechanik im 17. Jahrhundert war auch maßgeblich an der Vorstellung beteiligt, es gäbe für die Gesellschaft gleiche Naturgesetze wie für die Natur. David Ricardo hat von seiner ökonomischen Theorie (dass die Löhne der Arbeiter nie höher als Subsistenzlevel sind) geschrieben, dass sie wie das Gravitationsgesetz sei. Und indem er das behauptet hat, hat er natürlich die herrschende Eigentumsordnung und die Ungleichheit zu seiner Zeit legitimiert. (wink mit dem zaunpfahl, warum versucht wird, bürgerlichen wirtschaftstheorien den charakter von naturgesetzen anzudichten)

  • Die Entdeckung der newtonischen Mechanik im 17. Jahrhundert war auch maßgeblich an der Vorstellung beteiligt, es gäbe für die Gesellschaft gleiche Naturgesetze wie für die Natur. David Ricardo hat von seiner ökonomischen Theorie (dass die Löhne der Arbeiter nie höher als Subsistenzlevel sind) geschrieben, dass sie wie das Gravitationsgesetz sei. Und indem er das behauptet hat, hat er natürlich die herrschende Eigentumsordnung und die Ungleichheit zu seiner Zeit legitimiert. (wink mit dem zaunpfahl, warum versucht wird, bürgerlichen wirtschaftstheorien den charakter von naturgesetzen anzudichten)

    Übrigens entspricht die Behauptung, ökonomische Theorien seien Naturgesetze die Vergöttlichung von Gesellschaftsordnung in der Vormoderne. Gleiches Muster, meistens von Eliten behauptet, um ihre Macht zu erhalten.

  • Ich dachte, ich hätte hier was zum Wachstumsbegriff geschrieben. Anscheinend nicht. (aso mir fällts wieder ein, hab angefangen zu schreiben und hatte dann kein bock mehr)


    Unser heutiger Begriff von Wachstum kommt von verschiedenen Modernisierungstheorien aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Grundidee dabei ist, dass es in der Geschichte ein Land gegeben hat, dass es zum ersten Mal geschafft hat, in eine Phase von kontinuierlichem und selbsterhaltendem Wachstum einzutreten. Und das war England mit der Industriellen Revolution. Die Industrielle Revolution hat sich dann über andere Länder in Europa ausgebreitet. Und was man bei all diesen Ländern gesehen hat, war dass sich in diesen Ländern bestimmten Errungenschaften, die wir heutzutage haben, entwickelt haben. Steigende Löhne, Wohlstand, Elektrizität, Allgemeines Wahlrecht, Parlamentarische Demokratie, Krankenversicherung usw. Zu Ende gedacht, haben sich diese Länder hin zur Sozialdemokratie entwickelt. Und der Grund, warum viele Politiker, Ökonomen usw. so stark am Wachstum festhalten, liegt daran, dass eben diese Errungenschaften mit Wachstum verbunden werden.

    Man hat auch versucht, diese Modernisierungstheorien auf Entwicklungsländer anzuwenden. Da kam man dann auf so Ideen wie z. B. die Einführung der Eisenbahn führt zur parlamentarischen Demokratie und ähnlich absurdes. (ja diese theorien sind stark von marx beeinflusst)


    Weil die Theorien aber so simplistisch sind, sind sie später aus der Mode gekommen. Was aber niemanden, besonders Ökonomen nicht, davon abgehalten hat, sie trotzdem weiter zu verbreiten. Fortschrittsglaube spielt da natürlich noch mit rein.

  • Weil die Theorien aber so simplistisch sind, sind sie später aus der Mode gekommen. Was aber niemanden, besonders Ökonomen nicht, davon abgehalten hat, sie trotzdem weiter zu verbreiten. Fortschrittsglaube spielt da natürlich noch mit rein.

    Und natürlich, weil der Begriff von Wachstum auch eng verbunden ist mit dem Begriff der Moderne, von der niemand weiß, was sie eigentlich ist, er aber trotzdem inflationär im Wissenschaftsbetrieb benutzt wird. Noch schlimmer ist dann Post-Moderne, etwas, von dem niemand weiß, was es ist, das etwas anderem folgt, von dem Niemand weiß, was es ist 🥴

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