"Wirtschaftsbriefing" mit Maurice

  • Das ist aber aufgrund menschlicher Entscheidungen und nicht aufgrund irgendwie gearteter Systemzwänge.

    Ja, das waren politische Entscheidungen. Die haben aber den Rahmen des Kapitalismus nie verlassen, und deswegen ist die Entwicklung immer hin zu Manchester-Kapitalismus. Es ist nur eine Frage der Zeit. Vermögens- und Einkommensungleicheit ist notwendig im Kapitalismus. Es gibt im Kapitalismus immer eine duale Struktur, ganz nach Brecht: Wärst du nicht reich, wär ich nicht arm. Das gilt für Volkswirtschaften und auch International zwischen Ländern. Das ist heute so und war seit Beginn des modernen Kapitalismus so. Der Kapitalismus ist nicht dafür da, dir ein schönes Leben zu bereiten. Du bist Mittel zum Zweck von abstraktem Wachstum, nicht mehr, nicht weniger. Wer sich weigert, Teil davon zu sein, der wird physisch und psychisch platt gemacht.

  • Ja, das waren politische Entscheidungen. Die haben aber den Rahmen des Kapitalismus nie verlassen, und deswegen ist die Entwicklung immer hin zu Manchester-Kapitalismus. Es ist nur eine Frage der Zeit. Vermögens- und Einkommensungleicheit ist notwendig im Kapitalismus. Es gibt im Kapitalismus immer eine duale Struktur, ganz nach Brecht: Wärst du nicht reich, wär ich nich arm. Das gilt für Volkswirtschaften und auch International zwischen Ländern. Das ist heute so und war seit Beginn des modernen Kapitalismus so. Der Kapitalismus ist nicht dafür da, dir ein schönes Leben zu bereiten. Du bist Mittel zum Zweck von abstraktem Wachstum, nicht mehr, nicht weniger. Wer sich weigert, Teil davon zu sein, der wird physisch und psychisch platt gemacht.

    Ersteres ist sicher so, stellt aber auch überhaupt kein ernsthaftes Problem dar bzw. sorgt nicht für soziale Verwerfungen, wenn die Ungleichheit nicht Ausmaße annimmt, dass zweiteres daraus wird.

    Und das ist eben ein politisches Problem, kein systemisches.

  • Ersteres ist sicher so, stellt aber auch überhaupt kein ernsthaftes Problem dar bzw. sorgt nicht für soziale Verwerfungen, wenn die Ungleichheit nicht Ausmaße annimmt, dass zweiteres daraus wird.

    Und das ist eben ein politisches Problem, kein systemisches.

    Das ist nur kurzfristig ein politisches Problem. Langfristig sind es immer die gleichen Tendenzen hin zu Sozialabbau, Liberalisierung von Arbeitsrechten, Privatisierung, Sinken des Lebensstandard der Bevölkerung usw.

    Es gibt in den Politikwissenschaften das Konzept der Varieties of Capitalism, in dem man im Wesentlichen mit zwei Formen des Kapitalismus arbeitet: Auf der einen Seite die CMEs (Coordinated Market Economies) und LMEs (Liberal Market Economies). Das Deutschland der Nachkriegszeit war eine CME. CME bedeutet, dass es einen in Institutionen integrierten Kapitalismus gibt, der stark reguliert wird, um soziale Ziele wie zum Beispiel einen funktionierenden Wohlfahrtsstaat zu erreichen. Das hat zu Wohlstand geführt. Die deutsche Mittelklasse ist entstanden. Aufstieg wurde möglich. Lange hat man angenommen, dass in einem solchen institutionellen Framework die Arbeitgeber diese Institutionen verteidigen würden, weil sie durch die internationalen Wettbewerbsvorteile von diesem System die Akkumulation von Profit sichern. Allerdings haben einige Untersuchungen gezeigt, dass selbst in dieser Art von Kapitalismus die Arbeitgeber mit allen Mitteln versuchen, die Institutionen zu untergraben, zu gunsten der Liberalisierung. Das ist kein rein politisches Problem. Es ist ein systemisches Problem. Das kann nur gelöst werden, indem man das System grundlegend ändert. Abgesehen davon: Ein Leben, in dem du als Arbeitnehmer zwar einigermaßen gut leben kannst, aber trotzdem Jahrzehnte lang einen großen Teil deines Alltags auf der Arbeit das Arschloch für jemand anderen spielen musst, würde ich nicht als erstrebenswert empfinden.

  • Das ist nur kurzfristig ein politisches Problem. Langfristig sind es immer die gleichen Tendenzen hin zu Sozialabbau, Liberalisierung von Arbeitsrechten, Privatisierung, Sinken des Lebensstandard der Bevölkerung usw.

    Es gibt in den Politikwissenschaften das Konzept der Varieties of Capitalism, in dem man im Wesentlichen mit zwei Formen des Kapitalismus arbeitet: Auf der einen Seite die CMEs (Coordinated Market Economies) und LMEs (Liberal Market Economies). Das Deutschland der Nachkriegszeit war eine CME. CME bedeutet, dass es einen in Institutionen integrierten Kapitalismus gibt, der stark reguliert wird, um soziale Ziele wie zum Beispiel einen funktionierenden Wohlfahrtsstaat zu erreichen. Das hat zu Wohlstand geführt. Die deutsche Mittelklasse ist entstanden. Aufstieg wurde möglich. Lange hat man angenommen, dass in einem solchen institutionellen Framework die Arbeitgeber diese Institutionen verteidigen würden, weil sie durch die internationalen Wettbewerbsvorteile von diesem System die Akkumulation von Profit sichern. Allerdings haben einige Untersuchungen gezeigt, dass selbst in dieser Art von Kapitalismus die Arbeitgeber mit allen Mitteln versuchen, die Institutionen zu untergraben, zu gunsten der Liberalisierung. Das ist kein rein politisches Problem. Es ist ein systemisches Problem. Das kann nur gelöst werden, indem man das System grundlegend ändert. Abgesehen davon: Ein Leben, in dem du als Arbeitnehmer zwar einigermaßen gut leben kannst, aber trotzdem Jahrzehnte lang einen großen Teil deines Alltags auf der Arbeit das Arschloch für jemand anderen spielen musst, würde ich nicht als erstrebenswert empfinden.

    Das ist natürlich ziemlich kurz gedacht, falls nach dem Ende des Merkantilismus tatsächlich ein relevanter Teil der Arbeitgeber so gedacht haben sollte, spätestens mit transnationalen Konzernen muss diese Einstellung logischerweise überholt sein.


    Letztlich ist es eine Binsenweisheit: Arbeitgeber sind Betriebswirte, keine Volkswirte.


    Aber genau das macht es eben sehr wohl zu einem politischen Problem: Die Rahmenbedingungen werden in einem souveränen Nationalstaat von der Politik bestimmt, nicht von Arbeitgebern (und ja, selbstverständlich ist mir das Ausmaß heutiger Einflussnahme seitens Interessengruppen vollkommen klar, aber auch das, also das Ausmaß an, von mir aus auch erzwungener, Transparenz in Bezug auf Einflussnahme, ist ein politisches Problem). In der (funktionierenden) Demokratie hat ein Arbeitgeber so viele Stimmen, wie ein Arbeitnehmer.


    Und so aufgeschlossen ich einem Systemwechsel gegenüber bin, eher machen die in der sPD wieder sozialdemokratische Politik, als dass irgendwie der Kapitalismus überwunden wird. Oder siehst Du auch nur irgendwelche Ansätze dafür, dass das anders wäre (von einzelnen durch Spenden alimentierten Fabriken und winzigen lokalen SoLaWis (die auch nur existieren, solange die Mittelschicht noch genug Kohle für das schlechte Gewissen opfern kann, als Ausgleich für die Flugreisen nach Bali)?

  • Ja das müsste "man" auch eigentlich mal machen.

    Macht aber keiner - Mysteriös.:/


    Wenn "man" bloß mal wüsste wer dafür zuständig ist, und wen "man" da mal fragen könnte...

    Und wenn "man" dann mal überlegt, was wohl die größere initiale Hürde ist, der Systemwandel oder ein paar soziale Reformen...

    Dann käme "man" vielleicht darauf, was wohl eher in Angriff genommen werden könnte (und teilweise in dem ein oder anderen Land ja auch wird).

    "Man" kann allerdings auch weiter süffisant im Nebel stochern. Dann bewegt "man" zwar konkret gar nichts, kann sich allerdings immer rühmen, es jederzeit besser gewusst zu haben, als das Fußvolk.

    *shrug*

  • Mein Take dazu ist dass viele Arbeiter in den 70ern noch in relativ gut dotierten Industriejobs gearbeitet haben. Da konnte man nach der Lehre bei Thyssen oder irgendner Autobude ans Band und hat mit Schicht und über die Jahre dank der IGM Tarife richtig Kohle scheffeln können.


    Irgendwie (:/) hat uns aber China bei der Industrieproduktion mit allem nach und nach den Rang abgelaufen und jetzt gibts halt immer weniger solcher Jobs wo man auch ohne MBA, M.Eng noch gut eingruppiert wird.


    Seit Agenda 2010 wächst halt der Niedriglohnsektor und Dienstleistungsbereich und der klassische Arbeiter wird immer mehr zur Randerscheinung.

    Also die Verlagerung der Industrie, samt Know-how nach Fernost war imperiales Self Outsmarting. Die verdammten Arbeiter wurde zu teuer, da musste doch was zu machen sein.


    Die Nachkriegszeit und das sozialdemokratische Paradies waren natürlich eine Ausnahme, so als Folge einer größeren Katastrophe für die ideologische Auseinandersetzungen den Nährboden bildeten.


    Das war natürlich katastrophal für die Arbeitgeber. Schwache Arbeitslosigkeit, starke Gewerkschaften, hohe Lohnrunden und Gesetzgebung für echte gesellschaftliche Durchsetzbarkeit. Klingt nach dem Endgegner der Industriellen. Merkwürdigerweise ist das auch ein rotes Tuch für den rotetesten von uns Affen.


    Ich hol das mal wieder aus dem Archiv.


    Man könnte dabei noch erwähnen, dass Europas Wirtschaftswunder vor allem möglich waren, weil wir die industrielle Lücke der kriegstüchtigen Supermacht füllen durften und man anderswo noch nicht einspringen konnte. Geändert hat das Nixons Startschuss für die Globalisierung, der Schulterschluss mit China. Damit sollten nicht nur den Sovietes geschadet werden, sondern auch den heimischen Arbeitern.

  • Das war natürlich katastrophal für die Arbeitgeber. Schwache Arbeitslosigkeit, starke Gewerkschaften, hohe Lohnrunden und Gesetzgebung für echte gesellschaftliche Durchsetzbarkeit. Klingt nach dem Endgegner der Industriellen. Merkwürdigerweise ist das auch ein rotes Tuch für den rotetesten von uns Affen.

    Das ist einfach dreist zusammen gelogen, Du Schwätzer - es sei denn Du könntest hier irgendein Zitat von mir anbringen, in dem ich irgendwas gegen starke Gewerkschaften geschrieben hätte.

  • Das ist einfach dreist zusammen gelogen, Du Schwätzer - es sei denn Du könntest hier irgendein Zitat von mir anbringen, in dem ich irgendwas gegen starke Gewerkschaften geschrieben hätte.

    Unnötiger Taschenspielertrick. Du musst dir nicht absichtlich ein Brett vor den Kopf nageln.


    Ist doch wohl klar, dass die von dir bewusst nicht mit zitierte Sozialdemokratie (der Nachkriegszeit) gemeint war und nicht die aus diesem Kontext gerissenen starke Gewerkschaften, als Folge der damals vorherrschenden Volkswirtschaftsweise.

  • Ist doch wohl klar, dass die von dir bewusst nicht mit zitierte Sozialdemokratie (der Nachkriegszeit) gemeint war und nicht die aus diesem Kontext gerissenen starke Gewerkschaften, als Folge der damals vorherrschenden Volkswirtschaftsweise.

    Gemeint war genau das was ich zitiert habe. Du musst mir nicht erklären, was ich statt dessen angeblich gemeint, oder warum ich was zitiert oder nicht zitiert haben soll.


    Im übrigen schreibst Du selbst...

    Die Nachkriegszeit und das sozialdemokratische Paradies waren natürlich eine Ausnahme

    von einem "sozialdemokratischen Paradies", das eine Ausnahme und Folge der vorangegangenen, ebenfalls ziemlich einzigartigen historischen Ereignisse in Europa war.


    Mir ist weder Dein "Sozialdemokratisches Paradies" noch die damals ebenfalls starken Gewerkschaften ein "rotes Tuch". Das rote Tuch ist der hier im Forum von diversen Leuten leider immer wieder angeschlepte absolute Irrglaube, diese "paradiesischen" Zustände, in denen das Kapital weiter ordentlich wuchs, aber die Arbeitnehmer immerhin über steigende Löhne ebenfalls am durch ihre Ausbeutung erzielten Wachstum beteiligt wurden, ließen sich mit dem nötigen politischen Willen schon wieder herstellen, ohne den historischen Ausnahmezustand, mit dem sie einhergingen ebenfalls wieder herzustellen.


    So mancher Schlaumeier hier im Forum macht mir daraus dann eine Ablehnung jeglicher Verbesserung für die Lage der arbeitenden Klasse. Aber das liegt nicht daran, dass ich eine solche tatsächlich ablehne, sondern daran, dass ihr nicht versteht, bzw. verstehen wollt, dass dieser sozialdemokratische Weg der politischen Einhegung der kapitalistischen Ausbeutung heute nicht mehr funktionieren kann - und zwar nicht zuletzt deshalb weil er von den SozialdemokratInnen dieser Welt selbst als standortschädlich im heutigen, viel härteren Wettbewerb der Nationen gesehen, und daher aktiv bekämpft wird.


    Das kommt halt davon, wenn man immer noch dem Trugschluss aufgesessen ist, der Staat und sein politisches Führungspersonal seien in der liberalen bürgerlichen Demokratie für die Interessenvertretung der arbeitende Bevölkerung da und nicht für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Produktionsweise unter bestmöglichen nationalen Bedingungen.

  • Also die Verlagerung der Industrie, samt Know-how nach Fernost war imperiales Self Outsmarting. Die verdammten Arbeiter wurde zu teuer, da musste doch was zu machen sein.


    (...)


    Man könnte dabei noch erwähnen, dass Europas Wirtschaftswunder vor allem möglich waren, weil wir die industrielle Lücke der kriegstüchtigen Supermacht füllen durften und man anderswo noch nicht einspringen konnte. Geändert hat das Nixons Startschuss für die Globalisierung, der Schulterschluss mit China. Damit sollten nicht nur den Sovietes geschadet werden, sondern auch den heimischen Arbeitern.

    Mir ist weder Dein "Sozialdemokratisches Paradies" noch die damals ebenfalls starken Gewerkschaften ein "rotes Tuch". Das rote Tuch ist der hier im Forum von diversen Leuten leider immer wieder angeschlepte absolute Irrglaube, diese "paradiesischen" Zustände, in denen das Kapital weiter ordentlich wuchs, aber die Arbeitnehmer immerhin über steigende Löhne ebenfalls am durch ihre Ausbeutung erzielten Wachstum beteiligt wurden, ließen sich mit dem nötigen politischen Willen schon wieder herstellen, ohne den historischen Ausnahmezustand, mit dem sie einhergingen ebenfalls wieder herzustellen.


    Bingo!


    Spannend wird die Frage wie man sich mit einem umlagefinanzierten Sozialstaat und Rentensystem aus dieser Sackgasse wieder herausmanövrieren will.


    Die Gewerkschaften sind ja noch immer stark und haben teils irre Lohngruppen und Arbeitszeiten ausgehandelt. Jetzt wo Fernost mithalten kann, da wir erfolgreich unser Know-How in Regionen transferiert haben die sich nicht mit lupenreinen Lieferketten und wertekonformen Handelspartnern aufhalten müssen, sollte man sich vom Exportweltmeister verabschieden.


    An diesem Punkt ist die Arbeiterklasse wirklich globalisiert und Konzernchefs werden sich mittelfristig den Rundaugen an der Werkbank zu entledigen versuchen.


    Wer in Zukunft noch genug verdienen will geht am besten in den öD oder wird Unternehmensberater/Manager. (wann ist dieser Markt eigentlich mal gesättigt???)


    Edit: Es gibt natürlich noch die Möglichkeit als Arbeiter oder Handwerker in KMUs unterzukommen die ihre Aufträge in der binnenwirtschaft generieren, allerdings kommt man hier selten in den Genuss von schmackhaften Tarifverträgen. ?(

  • Ich musste beim neusten Wirtschaftsbriefing (5. August 2024) ein bisschen schmunzeln als Maurice gesagt hat: "Der Bitcoin ist um rund 8500 Dollar übers Wochenende gefallen!" Er sagt ja selbst die ganze Zeit, dass grosse Zahlen Augenwischerei und nichts-sagend sind.

    Er hätte einfach sagen können "der Kurs ist um 15% gefallen".

  • Maurice hat wohl in letzter Zeit seine Meinung geändert! 👏


    https://www.choices.de/um-den-…ld-der-reichen-thema-0123


    Du hast mal gesagt, du seist im Team „lift the poor“ statt „tax the rich“. Kannst du das erläutern?

    Linke Politiker wollen häufig erst den Reichen etwas nehmen, um den Armen etwas zu geben. Ich finde die Reihenfolge falsch. Man sollte erst den Armen geben, und dafür braucht man nicht das Geld der Reichen, denn der Staat hat sein eigenes Geld. Geld wächst nicht auf reichen Menschen. Zunächst soll jeder über die Runden kommen in diesem reichen Land. Danach geht es darum, Auswüchse großen Reichtums nach oben einzuschränken, denn ökonomische Macht heißt am Ende auch politische Macht. Damit retten wir die Demokratie. Aber das Geld der Reichen braucht ein Staat nicht.



    Im Vergleich beim Presseclub:



    Wo er für tax the rich plädiert.

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