#552 - Ökonomin Monika Schnitzer ("Wirtschaftsweise")

  • Bei all den vielen blinden Flecke die sie offenbart kommt hier ein Menschenbid um Ausdruck, dass allen unterstellt sie würden nicht für Leistung und Innovation genügend motiviert, wenn nicht der Druck oder der Zwang durch den "Wettbewerb um knappe Ressourcen" herrscht. (Beispiel Krankenhäuser die nur im Wettbewerb Leistung bringen können usw.)


    Dass Menschen anders motiviert sein könnten könnten als als Wettberber um knappe Ressourcen ist damit ausgeschlossen. Das ist es was die neoliberale Weltanschauung zur allumfassenden Ideologie macht. Nicht nur Wirtschaft, sondern die Gesellschaft/der Mensch an sich ist von diesem Prinzip bestimmt.


    "Ökonomie ist eine Wissenschaft, die menschliches Verhalten als Beziehung zwischen Zielen und knappen Mitteln mit alternativen Verwendungen untersucht.“ Ökonom Lionel Robbins (1935)


    Ideologie ist auch unangreifbar durch wissenschaftliche Prinzipien wie die Falsifikation. In ihrem Fall ist öfters davon die Rede dass ein Markt "funktionieren" muss damit Marktwirtschaft (und nicht z.B. ein Oligopol) herrscht. Wann immer der Kapitalismus nicht funktioniert wird damit Argumentiert, dass es eben nicht "genug" Markt gab. Wann immer nicht marktförmige Strukturen scheitern war immer zu wenig Markt (und damit "Motivation" der Marktteilnehmer) schuld. Wenn dann Erfolge von nicht marktförmigen Strukturen in der Realität überlegen sind dann kommt das in der Wahrnehmung gar nicht vor (Beispiel Scheizer Bahn). Modelle sind immer richtig egal wie weit sie von der Realität entfernt sind.


    Wenn also die Realität nicht dem Modell (Der Weltanschauung) entspricht, ist also nicht das Modell (die Weltanschauung) falsch, sondern die Realität. Das ist quasi die Definition von Ideologie.


    Wenn man den Markt nur "richtig" machen würde, ja dann wären wir im Paradies. Dass in der Realität des Kapitalismus dieser freie Markt noch nie existiert hat und nie existieren wird, dass der Kapitalismus mit aller macht diesen freien Markt verhindert, dass ein Ende der Externalisierung der folgen der Kapitalanhäufung Anatema zum freien Markt sein muss, alles das wird ausgeblendet.


    Die Realität:


  • Das hier muss ich moch nachschieben zum "Renteneintrittsalter".

    Das ist eine der großen Lügen der neoliberalen Ökonomen.

    Wenn das Lebensalter im Durchschnitt steigt, dann heist das noch lange nicht, dass alle Älter werden. Sprich das Lebensalter der Reichen ist kontinuierlich gestiegen, das der unteren Schichten, vor allem der Armutsbetroffenen nicht. Da ist es gesunken. Ratet aber mal wer sicher am Ende länger arbeiten soll.



    Der Plan ist, dass die passive Arbeitsreserve möglichst groß sein soll damit die Löhne auf keinen Fall steigen und gleichzeitig massive Kürzungen im sozialen Sektor vorgenommen werden können. Das übrige Geld kann dan wieder der Kapitalakkumulation zugeführt werden.

  • Nicht nur Wirtschaft, sondern die Gesellschaft/der Mensch an sich ist von diesem Prinzip bestimmt.

    Sie gibt an einem Punkt zu, dass der Homo Ökonomikus nicht existiert, sondern eine Vereinfachung ist. Insofern ist ihr das schon klar. Sie sagt aber, das ist okay, solange das Modell trotzdem korrekte Vorhersagen liefern kann. Was sie nicht sagt, ist welche korrekten Vorhersagen das Modell denn liefert. Die über das, was durch gesunden Menschenverstand ohnehin klar ist, hinausgehen.

  • Rentner als billige Arbeitskräfte. Sieht man immer mehr. Einfach nur menschenverachtend.

  • Sie gibt an einem Punkt zu, dass der Homo Ökonomikus nicht existiert, sondern eine Vereinfachung ist. Insofern ist ihr das schon klar. Sie sagt aber, das ist okay, solange das Modell trotzdem korrekte Vorhersagen liefern kann. Was sie nicht sagt, ist welche korrekten Vorhersagen das Modell denn liefert. Die über das, was durch gesunden Menschenverstand ohnehin klar ist, hinausgehen.

    Nur zur Klarstellung, es geht mir nicht darum ob der Homo Ökonomikus existiert und für Modele der Wirtschaftswissenschaft anwendbar ist. Es geht mir um die unglaubliche Anmassung der VWL, dass sie (*) die allumfassende Erklärung dafür liefern was der Mensch/die Gesellschaft ist.


    Die neoliberale Ideologie sieht nicht Wirtschaft als einen Teilaspekt gesellschaftlicher Praxis, sondern Gesellschaft als Teilaspekt der Wirtschaft.


    (*und nicht etwas z.B. die Sozialwissenschaften, die das wiederum gar nicht tun)

  • Dass der Homo Oekonomikus gar nicht als naturgetreues Simulakrum des Homo Sapiens gelte und lediglich ein Hilfsmittel zur Modellierung sei, konstatieren mittlerweile die meisten NeoklassikerInnen und verweisen dann gerne darauf, dass die moderne akademische Ökonomik ja viel interdisziplinärer sei, als ihre heterodoxen KritikerInnen immer behaupteten.


    Aber wenn man seine ganze akademische Karriere auf die Konstruktion von Modellen und das Verkünden von "korrekten" Vorhersagen auf Grundlage der darauf basierenden Modellrechnungen gegründet hat, muss man natürlich darauf bestehen, dass das theoretische Konstrukt darunter trotzdem seine Gültigkeit besitzt, um den eigenen ExpertInnenstatus nicht zu beschädigen.


    Das gefährliche daran ist, dass die modellbasierten Vorhersagen von VolkswirtschafterInnen nicht einfach so aus dem Dachgeschoss des akademischen Elfenbeinturmes in den blauen Himmel hinein verkündet werden, sondern dass sie sich - zum Beispiel über den Rat der sachverständigen "Wirtschaftsweisen" der Bundesregierung - direkt in politisches Handeln verwandeln.


    Oder wie der Ökonom John Maynard Keynes mal schrieb:


    “Practical men who believe themselves to be quite exempt from any intellectual influence, are usually the slaves of some defunct economist. Madmen in authority, who hear voices in the air, are distilling their frenzy from some academic scribbler of a few years back”

  • Es ist übrigens nicht so, dass die Modelle der Wirtschaftswissenschaften nie eine Gültigkeit htten. Das Problem ist, dass die Theorie hinter den Theorien, die Wahrnehmung einer Veränderung der Randbedingungen, also des als Konstant angenommenen physikalischen Kontextes, nicht zur Kenntnis nimmt. Auch Modelle die auf den Homo Ökonomikus basierten hatten ihre Gültigkeit.


    Die VWL arbeitet deduktiv nomologisch. Sie schaut sich an "Wie war das in der Vergangenheit immer" (empirie), macht daraus ein Modell und sagt dann deshalb wird es in Zukunft genau so. Da wir aber einer Zeit fundamentaler Brüche und Krisen leben (Beispiel Klima, Ressourcen,) muss diese Vorgehensweise scheitern.


    Beispiel 3. Startbahn des Flughafen München: Die VWL Modelle sagen, weil der Flugverkehr in der Vergangenheit stetig gestiegen ist wird sich der Flugverkehr bis 2040 Verdoppeln also brauchen wir eine 3. Startbahn. Mit was die Flugzeuge dann Fliegen, was das für Auswirkungen auf das Klima hat etc. geht in solche Modelle nicht ein. Die meisten Entscheidungen werden aber mit solchen Berechnungen begründet und scheitern dann an einer Veränderten Realität.

  • Beispiel 3. Startbahn des Flughafen München: Weil der Flugverkehr in der Vergangenheit stetig gestiegen ist wird sich der FLugverkehr bis 2040 Verdoppeln. Mit was die Flugzeuge dann Fliegen, was das für Auswirkungen auf das Klima hat etc. geht in solche Modelle nicht ein. Die meisten Entscheidungen werden aber mit solchen Berechnungen begründet und scheitern dann an einer Veränderten Realität.

    Gilt natürlich nicht nur für das zu erwartende Verkehrsaufkommen an bayerischen Flughäfen, sondern z.B. auch für Berechnungen des zukünftigen Energiebedarfs der deutschen Industrie.

  • Vielleicht kurz Zusatz, dass im Neoliberalismus es den H.O. nicht gibt. Auffassung der Neoliberalen ist, dass die Welt viel zu komplex ist, um Vorhersagen machen zu können und dass sie auch immer komplexer wird und daher jede Form von Eingriff oder Planung fehlgeleitet ist. Die einzige spontane Ordnung ist der Markt, der dann sein Urteil fällt.

  • Vielleicht kurz Zusatz, dass im Neoliberalismus es den H.O. nicht gibt. Auffassung der Neoliberalen ist, dass die Welt viel zu komplex ist, um Vorhersagen machen zu können und dass sie auch immer komplexer wird und daher jede Form von Eingriff oder Planung fehlgeleitet ist. Die einzige spontane Ordnung ist der Markt, der dann sein Urteil fällt.

    Was man aber bei Monika sieht ist, dass Einschränkungen des Wirtschaftens dann (und nur dann) ziel politischen Handelns sein müssen wenn sie einen "Freien Markt" garantieren (Im Fall von Monika z.B. Einschränkung von Monopolen/Oligopolen).


    Dieses Zusammenspiel von Politik und VWL ist entscheidend. Daraus ergibt sich der ideologische Charakter des Neoliberalismus. Die Wirtschaft (also die gesamte Gesellschaft) muss dem Modell angeglichen werden wenn sie nicht im Sinne eines freien Marktes funktioniert. Wenn dann die politischen Massnahmen nicht die versprochene Wirkung entfalten dann war eben das politische Handeln unvollkommen und hat die Marktmechanismen nicht erfolgreich umgesetzt.


    Damit wird jedes politische Handeln im Sinne des Neoliberalismus legitimiert während gleichzeitig innere Widersprüche mit dem Versagen des Staates erklärt werden können. Neoliberale Ideologie ist Unfehlbar, Staatlichkeit immer Fehlerbehaftet.

  • A propos neoliberale Politik...

    Lars Feld wird Chefvolkswirt von Christian Lindner (FAZ - 13.02.22)

  • Was man aber bei Monika sieht ist, dass Einschränkungen des Wirtschaftens dann (und nur dann) ziel politischen Handelns sein müssen wenn sie einen "Freien Markt" garantieren (Im Fall von Monika z.B. Einschränkung von Monopolen/Oligopolen).


    Dieses Zusammenspiel von Politik und VWL ist entscheidend. Daraus ergibt sich der ideologische Charakter des Neoliberalismus. Die Wirtschaft (also die gesamte Gesellschaft) muss dem Modell angeglichen werden wenn sie nicht im Sinne eines freien Marktes funktioniert. Wenn dann die politischen Massnahmen nicht die versprochene Wirkung entfalten dann war eben das politische Handeln unvollkommen und hat die Marktmechanismen nicht erfolgreich umgesetzt.


    Damit wird jedes politische Handeln im Sinne des Neoliberalismus legitimiert während gleichzeitig innere Widersprüche mit dem Versagen des Staates erklärt werden können. Neoliberale Ideologie ist Unfehlbar, Staatlichkeit immer Fehlerbehaftet.

    In Deutschland ist eher der Ordoliberalismus verbreitet, d.h. stärkere Einbindung des Marktes durch den Staat. Staat als Vorraussetzung für die Funktionsfähigkeit von Märkten. Wir befinden uns hier immernoch nicht in den USA, wo bei Problemen noch mehr Markt gefordert wird. Und das Argument der Neoliberalen ist ja, dass Planwirtschaft niemals funktioniert, weil die Welt halt zu komplex ist. Die Ideologie ist nicht nur für Märkte, sondern halt auch gegen Planwirtschaft. Anti-Planwirtschaft ist auch das einzige Merkmal, das alle Formen des Neoliberalismus gemeinsam haben.


    H.O. macht Vorhersagen. Deswegen hat Hayek auch die Neoklassik stark kritisiert nachdem er den Bank of Sweden Preis bekommen hat.

  • Ich hab mir das Interview jetzt nochmal angeschaut und muss sagen, dass es nicht wegen Monika schlecht war, sondern eher wegen Tilo.

    Wenn man sich mal anhört, was Monika antwortet, dann antwortet sie für ihren Bildungshorizont doch relativ unideologisch, lässt absichtlich Fragen offen, sagt oft, dass man sich die Sache im Detail anschauen muss oder was die Gesellschaft will. Ich glaube nicht, dass sie auf manche Fragen keine Antworten hatte, weil sie nichts dazu wusste, sondern weil sie keine dogmatisch klingenden Aussagen machen will. Tilo versucht aber ständig sie in diese Ecke zu drängen z.B. "Vorhin hab ich gefragt, ob wir in allen Lebensbereichen Märkte brauchen, wo brauchen wir keine?" Obwohl Monika überhaupt nicht gesagt hat, dass wir in allen Lebensbereichen Märkte brauchen.

    Vielleicht sollte man daran denken, dass nicht alle Wirtschaftswissenschaftler wie Sinn fanatische freie Markt Fans sind und es da auch nuancen geben kann.

  • Das Problem ist halt die nichtexistierende Markt vs. Staat Dichotomie. Als Neoliberaler kannst du für beides sein, daher läuft viel Kritik immer ins Leere. Man muss halt anders kritisieren.

  • Vielleicht noch nicht gemerkt, aber ich diskutiere hier nicht mehr. Bringt nix, nervt nur. Wenn du der Meinung bist, ist es deine Sache, ich bin anderer Meinung.

    Wenn ich doch nur wüsste was🤔 Abgesehen davon war der Kommentar nicht an dich gerichtet.

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