Israel & Palästina (Sammelthread)


  • Keine Ahnung ob schon hier war. Bin noch im abarbeiten von Donnerstag letzter Woche Posts :)


    Egal. Interessante zahlen die ich zumindest nicht kannte. Noch keine Zeit die nachzuprüfen. Aber auch sonst eigentlich nachvollziehbar selbst wenn die Relationen nicht passen sollten.


    Unter anderem halt die Frage aufgeworfen wie kann man den Anspruch haben einen Schutz Raum für das jüdische Volk zu errichten wenn man sich zu einem Großteil von nicht jüdische Zucker daddies aushalten lässt

  • Ich hatte eigentlich mit Roy darüber diskutiert, ob man die juüdischen Israelis jetzt kollektiv als "faschistischen", "genozidalen" Mob o.ä. bezeichnen sollte, weil ihre gewählte Regierung in Gaza massenhaft palästinensische ZivilistInnen tötet und Kriegsverbrechen begeht, die möglicherweise auf eine Ethnische Säuberung oder gar einen Genozid hinaus laufen, und weil es dagegen keinen massenhaften Widerstand in Israel gibt.

    Ich finde das ist wirklich eine interessante Frage, auf die ich selbst keine zufriedenstellende Antwort für mich habe, wenn ich ehrlich bin. Ich bin auch nicht sicher, ob es da nur einen philosophischen Ansatz zu geben kann oder sollte.


    Es ist sicher leichter, sich dieser Frage in der Retrospektive zu stellen und sie spielte in der Sozialisierung als Nachkomme eines „Tätervolkes” auch immer eine große Rolle, wie wir uns vermutlich alle erinnern. Wie konnten einfache Bürger neben einem KZ leben und nichts mitbekommen? Wie können einfache Bürger neben einem KZ ein Musikfestival feiern? Wie leicht ist es, eine andere Gruppe Menschen so zu entmenschlichen, dass auch die fantastischsten Gräueltaten einfach hingenommen oder sogar begrüßt werden? Was tun?


    Was für mich so frustrierend gerade ist, ist dass wir nichtmal in einer für mich völlig klaren Situation sind, wo wir kollektiv das offensichtliche verurteilen können und zumindest ein Minimum dazu beitragen den Wahnsinn zu beenden. Stattdessen wird dieser in unserem Namen auch noch unterstützt. Eine klare Ansprache, eine klare Analyse sind da für mich grundlegend.


    Im Nahostkonflikt hat sich über eine lange Zeit gezeigt, dass es keinen Willen für eine gerechte, nachhaltige Zweistaatenlösung gibt und eine Einstaatenlösung, die nicht auf Apartheid basiert, ist ebensowenig gewollt. Enteignung, Vertreibung und Landraub in homöopathischen Dosen scheinen vom Demos unterstützt zu werden und brutale Gewalt scheint ein legitimes Mittel zur Durchsetzung zu sein. Wenn dem nicht so wäre, bleibe als Erklärung, dass die israelische Gesellschaft und ihre Demokratie gehighjacked wurde und sich selbst in einer Art feindlicher Besatzung durch Zionisten befindet, aus der sie sich alleine nicht befreien kann.

  • Nee. Wemir.


    Ich hatte eigentlich mit Roy darüber diskutiert, ob man die juüdischen Israelis jetzt kollektiv als "faschistischen", "genozidalen" Mob o.ä. bezeichnen sollte, weil ihre gewählte Regierung in Gaza massenhaft palästinensische ZivilistInnen tötet und Kriegsverbrechen begeht, die möglicherweise auf eine Ethnische Säuberung oder gar einen Genozid hinaus laufen, und weil es dagegen keinen massenhaften Widerstand in Israel gibt.


    Ja klar und ich habe darin nur etwas kommentiert, was ich für eine zu hohe Einschätzung von tatsächlichem innerisraelischen Widerstand gegen den Krieg als solchen gehalten habe.


    Du hast Dich dann daran aufgehängt, dass ich mit dem ICJ ankam. Aber dabei ging es mir nur darum, dass Du meintest, es seien ja nun "alle Anzeichen" für einen Genozid gegeben und ich einfach bestreite, dass das in der Israelischen Bevölkerung auch so gesehen wird - dass man denen also auch nicht einfach vorhalten kann, sie würden das in voller Kenntnis tolerieren, bzw. sogar begrüßen.


    Daran habe ich mich nicht aufgehangen, zumal ich jetzt auch nicht davon ausgehen würde, dass selbst eine offizielle Feststellung durch den ICJ in Israel eine Mehrheit auf jeden Fall überzeugt.


    Aber da ich hier:


    Zitat

    Insofern befürchte ich eine Mehrheit der jüdischen Bevölkerung befürwortet das Vorgehen in Gasa durchaus, als kollektive Bestrafung einige vielleicht nur als notwendiges Übel. Die werden das sehr wahrscheinlich nicht als Genozid verstehen, aber die Kriterien sind ja nunmal erfüllt.


    Genau nicht den Punkt gemacht habe, dass die israelische Bevölkerung einen Genozid in voller Kenntnis toleriert oder begrüßt, wirst du vielleicht verstehen, dass ich jetzt auch darauf gekommen bin, dass es dir nur darum ging diesen Punkt nochmal zu bekräftigen.


    Und bitte erklär mir jetzt nicht nochmal was hier schon x-mal erklärt wurde, ich hatte meine Meinung dazu längst klar ausgedrückt. Ich muss darüber nicht mehr diskutieren.


    Ich widerspreche Dir nicht, mich nervt es nur kolossal, wenn Du mir immer wieder das gleiche erzählst, weil Du offenbar denkst ich hätte es nicht verstanden.


    Was du mir darauf gesagt hast, war für mein Verständnis ein Widerspruch. Also genau im Sinne einer Diskussion welchen qualitativen Unterschied es macht, dass dieses Bewusstsein vorhanden ist. Deshalb bin ich zuerst darauf eingegangen, dass der israelische mediale Mainstream sicherlich eine gewisse Abschirmung vor dem Ausmaß der Taten in Gasa bereitstellt und einen Genozid bestreiten wird, aber die Verheerungen, die dort angerichtet werden und die unproportionale Betroffenheit der Zivilbevölkerung, dennoch klar sein dürfte.


    Da haben wir wohl aneinander vorbei gesprochen.

  • Hier ist mal ein konkretes Beispiel hinter der "mass hannibal"-Einschätzung:


    https://www.nytimes.com/2024/0…oct-7-hostage-killed.html


  • Das hier ist von Eran Etzion, ein (ehemaliger?) israelischer Beamter. Kann man sich mal übersetzen lassen. Es ist eine Bestandsaufnahme über alle möglichen Bereiche, was aus seiner Sicht schief läuft:


    https://twitter.com/eranetzion/status/1776485058146099324



    Frage mich, ob er einen russischen Migrationshintergrund hat. Liest sich wie einer russischer "doomer"-Beitrag.


    Auch gerade erst im Spiegel-Interview gewesen:


    https://www.spiegel.de/ausland…f4-4929-b10a-2d7fdbba075c

  • https://twitter.com/khamenei_ir/status/1777947450365395025



    :sleeping:

  • Tucker Carlson hat wieder zugeschlagen: Er hat jemanden interviewt zur Behandlung von Christen in Israel bzw. im besetztem Palästina und sich darauf konzentriert, inwiefern sie unter den Israelis marginalisiert werden. Es gibt bei den US-Rechten einen Anteil von Leuten, die ihre Kritik an Israel vorallem daran aufhängen. Candace Owens gehört denke ich dazu als ein Beispiel. Werde mir das Interview nicht anschauen, weiß nicht wie korrekt oder verzerrt da Dinge dargestellt werden, aber es ist ein aktueller Aufreger.


    https://twitter.com/bonchiered…tatus/1777840529906012333



    https://twitter.com/SimoneLedeen/status/1777831926876741943



    Hier versucht jemand Carlson zurückzugewinnen:


    https://twitter.com/DavidM_Fri…tatus/1777824962335666310


  • Also tatsächlich ist das Teil einer aktuellen Spaltung in der US-Rechten, die auch etwas anders verläuft und tiefer geht als bei der Ukraine. Dort bildet sich die unterschiedlichen Position eher auf die sowieso vorhandene Spaltung zwischen dem Teil der Basis, der in der Tendenz auch "MAGA" zugeneigt ist, und dem republikanischen Establishment ab. Im Fall von Israel ist natürlich das Establishment auch auf deren Seite, aber das Trump-Lager ist sich nicht einig, weshalb man Trump selbst da auch etwas lavieren sieht.


    https://twitter.com/DecampDave/status/1777912555320594846



    https://twitter.com/EWErickson/status/1777883888662036838



    Letzlich deshalb auch der Fokus auf Christen, denn der Aspekt, dass man sich für Moslems ins Zeug legt, wäre eher ein Problem das zu verkaufen. Es spielt aber auch mit rein, ob man der Ansicht ist, dass man sich mit Iran nochmal anlegen muss oder nicht.

  • https://www.lto.de/recht/hinte…-waffen-export-lieferung/


    Zitat

    Deutschland verteidigt sich gegen Nicaragua


    Alles nur Test­waffen und Helme?

    Zitat
    In seiner Klageschrift beschreibt Nicaragua Deutschlands Rolle im Gaza-Krieg so: Es beliefere Israel, das gegen humanitäres Völkerrecht verstoße, mit Kriegswaffen, während es die Zahlungen an das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA ausgesetzt habe. [...]
    Zitat

    Nachdem Nicaragua diese Vorwürfe am Montag untermauern durfte, war am Dienstag Deutschland dran, sich dagegen zu verteidigen. [...]


    [...] Neben juristischen Detailfragen ging es entscheidend um die Fakten. Insofern scheint Nicaragua seine Klage nicht sorgfältig vorbereitet zu haben: Deutschland habe nach Oktober gar keine Waffen genehmigt, die für den Einsatz im Gaza-Krieg geeignet sind. Alles nur Testwaffen und Helme, so die Vertreter – die dazu neue Zahlen präsentierten.


    Hm, im Zweifelsfall Helme? :/

  • In diesem Video greift Chamenei an irgendeinen Stab neben sich:


    https://twitter.com/khamenei_ir/status/1777936562841436166



    Als ich das gesehen habe, hatte ich mich gefragt, ob das irgendeine religiöse Bedeutung hat.



    ^^


    Ist jetzt aber auch nicht wirklich überraschend.

  • Was du mir darauf gesagt hast, war für mein Verständnis ein Widerspruch. Also genau im Sinne einer Diskussion welchen qualitativen Unterschied es macht, dass dieses Bewusstsein vorhanden ist. Deshalb bin ich zuerst darauf eingegangen, dass der israelische mediale Mainstream sicherlich eine gewisse Abschirmung vor dem Ausmaß der Taten in Gasa bereitstellt und einen Genozid bestreiten wird, aber die Verheerungen, die dort angerichtet werden und die unproportionale Betroffenheit der Zivilbevölkerung, dennoch klar sein dürfte.

    Hach, wemir. Warum ist das immer so mühsam mit Dir?


    Du hättest einfach nur nochmal lesen sollen, was ich zuvor schon Roy geschrieben hatte:


    Ich glaube man kann nicht sagen, dass die Isrealische Gesellschaft "homogen faschistisch" sei. Die sind vor allem alle hoch militarisiert - auch die Frauen, die ebenfalls zum Wehrdienst müssen - und es herrscht beim größeren Teil wirklich die (gezielt geschürte) Angst vor, dass Israel, und sie alle mit komplett vernichtet würde, wenn sie nicht alle gegen den Feind zusammen stehen, und natürlich kommt dessen Vernichtungswille aus dem reinen Judenhass.


    Der völkische Nationalismus in Israel bekommt auf diese Weise eine "Rationalisierung" verpasst, gegen die kaum jemand ernsthaft argumentieren kann, wenn er oder sie sich nicht verdächtig machen will, mit den Judenhassern zu kooperieren. Da braucht es aber - anders als in den europäischen Faschismen des letzten Jahrhunderts - weder einen Führerkult, noch eine komplette Unterordnung des Individuums unter den "Volkswillen". Denn was alle quasi von ganz alleine zusammenschweißt - und zwar leider auch parteiübergreifend - ist die Geschichte der europäischen Juden im 20. Jahrhundert und die absolute, ehrliche Angst vor dem nächsten Holocaust.


    Ich habe das bei Israelis in Berlin, die sich alle ansonsten selbst als sehr links bis linksradikal bezeichnen würden, fast live miterlebt. Kurz nach dem 07. Oktober sind bei denen durch den Schock und die grausamen Bilder und die (dann auch noch zum Teil dazu gedichteten) Berichte über Gräueltaten, alle Sicherungen durchgebrannt und sie waren der Überzeugung, dass nur die vollständige Vernichtung der Hamas, das "jüdische Volk" vor dem Untergang würde bewahren können - selbst wenn das bedeutet, dass dafür zigtausende von Palästinensischen ZivilistInnen als Kollateralschäden sterben müssen.

    Du hattest das sogar schon - aus mir nicht ganz erfindlichen Gründen - kommentiert und dann sinngemäß nochmal in etwa das selbe geschrieben wie ich, aber irgendwie trotzdem gedacht das müsste sein, weil ich es irgendwie nicht verstanden hätte...?


    Lass es doch einfach so stehen, oder argumentiere wirklich dagegen, wenn Du meinst es wäre komplett falsch.


    Ich kann Dir jedenfalls versichern, dass meine Haltung dazu nicht aus einem Mangel an Information oder aus einem fehlendem Verständnis der Sachlage resultiert, sondern dass sie sehr wohl überlegt und mit viel angelesenem Material unterfüttert ist, das ich hier nicht alles reinstelle, weil es sowieso keiner liest, oder aus offline Büchern kommt, und mich einfach dazu dem Schluss bringt, dass ich mich schlicht weigere, die jüdischen Israelis als Genozidale Faschisten zu bezeichnen. Das heißt im Umkerhschluss nicht, dass ich die alle für Unschuldig hielte oder gar rechtfertigen wollte, dass sie so denken wie sie denken, Aber zwischen dem was auch immer man als Bezeichnung für diesen völkischen, militariserten Ultra-Zionismus jetzt nehmen mag, und dem Faschismus der Nazis und deren vernichtunsideolgischem Antisemitismus besteht für mich einfach nach wie vor ein Riesen-Unterschied, den ich nicht einfach ignorieren kann.

  • Daniel Maté spricht hier von einer "Holocaust Psychose".



    Ich finde, das ist gar kein so schlechter Ansatz. Allerdings kommt auch er am Ende zu dem Schluss, dass die Israelis darüber leider zu Faschisten geworden seien. Und den Teile ich nach wie vor nicht, bzw. zweifele ich an, dass Maté hier wirklich ernsthaft darüber nachgedacht hat, was Faschismus, bzw. was genau an Israel wirklich "Faschistisch" ist. Völkischen Nationalismus und Rassimsus gibt's nämlich auch ganz ohne Diktatur, Führerkult und totale Unterwerfung des Volkskörpers unter den im Führer verkörperten Volkswillen. So was funktioniert auch in der Demokratie. Und darum geht's mir eigentlich auch dabei. Wenn man immer "Faschismus" schreit, wenn's irgendwo menschenverachtend und rassistisch zugeht, dann verliert man den Blick darauf, dass die liberale Demokratie davor überhaupt keinen dauerhaften Schutz, und dass sie im Gegenteil den Nährboden für so ziemlich alles bietet, was echter Faschismus jemals zum wachsen brauchte.

  • Hach, wemir. Warum ist das immer so mühsam mit Dir?


    Du hättest einfach nur nochmal lesen sollen, was ich zuvor schon Roy geschrieben hatte:


    Also bis dahin, wo ich kommentierte, habe ich durchaus die Diskussion zumindestens überflogen.


    Du hattest das sogar schon - aus mir nicht ganz erfindlichen Gründen - kommentiert und dann sinngemäß nochmal in etwa das selbe geschrieben wie ich, aber irgendwie trotzdem gedacht das müsste sein, weil ich es irgendwie nicht verstanden hätte...?


    Okay, da ich nicht sicher bin, der wievielte Kommentar und welche potentielle Wiederholung gemeint ist, und das nur weitere Missverständnisse verursacht, belasse ich es mal dabei.


    Zitat

    Lass es doch einfach so stehen, oder argumentiere wirklich dagegen, wenn Du meinst es wäre komplett falsch.


    Aber ich kann zumindestens sagen, das, was du zitierst, als Erklärung, woher die innerisraelische Unterstützung für den Krieg in Gasa kommt, würde ich tatsächlich anders sehen. Ich glaube zwar, dass sowas wie eine "Holocaust-Psychose" auch eine Rolle in Israel spielt, aber eher in der Anfangsphase nach dem ersten Schock und vielleicht vermehrt beim Teil der Gesellschaft, der nicht in Israel sozialisiert wurde. Bei der Unterstützung, die aus der jüdischen Diaspora kommt, hat das demnach denke ich mehr Gewicht.


    Neben der Propaganda und einer auch naheliegenden Wagenburgmentalität würde ich die anhaltende Unterstützung in Israel selbst erstmal auf ganz klassischen Rassismus sowie eine Art Siedler-Chauvinismus zurückführen. Ben Shapiro ist zwar kein Israeli, aber diese Haltung fasst beides gut zusammen:


    https://archive.ph/schar


    Zitat

    Israelis like to build. Arabs like to bomb crap and live in open sewage. This is not a difficult issue. #settlementsrock


    Ich denke, sie ist zu generisch. Ich würde doch unterstellen, dass die Israelis ihre Nachbarschaft genug kennen, um spezifischere Vorurteile zu pflegen. Aber auf Palästinenser angewendet, kann es schon in diese Richtung gehen. Die Vorstellung, dass man letztlich das Land mehr verdient, weil man es viel produktiver nutzt, als die vorher heimsche Bevölkerung, der das Potential dazu abgesprochen wird, ist ohne Zweifel ein verbreitetes Gefühl. Die ideologische Rechtfertigung, dass es einem eigentlich sowieso gehört, weil die eigenen Vorfahren unrechtmäßig von hier vertrieben wurden, kommt natürlich mit dazu.


    Dann hatten die Israelis die Palästinenser unter ihrer Besatzung - oder Internierung im Fall von Gasa -im letzen Jahrzehnt ziemlich im Griff. Der Schock des Überfalls lag auch im Gegensatz zum Gefühl der Kontrolle und Überlegenheit, mit dem die Israelis eigentlich gelebt haben. Und ich bin mir nicht sicher, wie nachhaltig das erschüttert wurde. Deswegen würde ich die Militarisierung der Gesellschaft auch etwas anders sehen. Ich denke die war ein paar Dekaden zurück höher durch eine andere Wahrnehmung von Bedrohung.


    An der Idee einer Tiktok-Armee ist schon etwas dran. Die IDF hatten sich in den letzten Jahren Mühegegeben, den Wehrdienst kompatibel mit dem Lebensstil junger Leute zu machen. In einem so kleinen Land ist man sowieso enger am gewohnten Sozialleben dran. Und wirklich gebraucht wurden die meisten Leute nicht für die Vorbereitung auf konventionellen Krieg gegen andere Länder, sondern für die Besatzung. Dieser Dienst hat eine deformierende Wirkung gerade bei jungen Menschen, denen man Menschen ausliefert, mit der Erwartung, dass sie die unten halten sollen. Ich denke, das ist ein wesentlicher Verstärker des vorhandenen Jingoismus. Auf der Gegenseite, bei den Leuten, die aus welchen Gründen oder spezifischen Erfahrungen auch immer reflektierter damit umgehen, hat es einige Veteranenorgansationen hervorgebracht, die am engagiertesten gegen die Besatzung sind. Spricht meines Erachtens aber auch für die Wirkung, weil die meisten die bereitstehenden Rechtfertigungen, für alles was sie so an Härte bis Grausamkeit mitbekommen, vermutlich zumindestens ein stückweit internalisieren, um damit umzugehen.


    Schließlich um nochmal auf den Holocaust zurückzukommen. Die Form, in der er in Israel eine Rolle spielt, ist meines Erachtens nicht so sehr im Sinne einer "Urangst". Sondern die israelische Gesellschaft hat ihr Selbstbild auch im Gegensatz zum Typus des Juden, der zum Opfer wird, konstruiert (das kann man natürlich immer noch als Wirkung eines nicht wirklich aufgearbeiteten Traumas deuten):


    https://www.thenation.com/arti…sraels-culture-martyrdom/


    Zitat
    The remembrance of Trumpeldor’s death at Tel Hai, argues Zertal, marked the beginning of a cult of death among Israeli Jews. The “new Jewish man,” in this ideology, was ready to make the ultimate sacrifice, to die defending his land and people, in stark contrast with Diaspora Jews, who would later be depicted as weaker souls who went “like lambs to the slaughter” in the Holocaust. The voices arguing that it is better to live for one’s country than to die for it were accordingly stifled and silenced. It is deeply ironic that the very same society now claims to be shocked by the “martyrdom culture” in the occupied territories.


    Und da steckt dann auch viel von der Vorstellung drin, dass man in einer rauen Umgebung lebt und sich als gefährlicher und erbarmungsloser als alle anderen präsentieren muss, um zu überleben. Ich denke daher kommt auch sowas wie die Hannibal-Direktive oder die Dahiya-Doktrin. Allerdings sehe ich das auch wieder mit Siedler-Chauvinismus verschränkt. Denn diese Logik, dass es einer besonderen Grausamkeit bedarf, ist typisch für (post-)koloniale Zusammenhänge, insbesondere unter den Bedingungen einer Minderheitsherrschaft wie es zum Beispiel in Rhodesien oder Südafrika der Fall war.


    Insofern sehe ich hinter diesen Umfragemehrheiten insgesamt schon vorallem ein Gefühl der Überlegenheit, das die eigene Sicherheit in jedem Fall über dem Leben von Menschen steht, die sowieso zu gewalttätig sind und mit denen friedliches Zusammenleben kaum möglich ist, wenn sie nicht strikt kontrolliert werden, man hat es schließlich oft genug versucht. Menschen, die am besten einfach weg wären.


    Wenn man da Faschismus ins Spiel bringen will, wäre für mich eher die Frage, wie sieht man das Verhältnis von Systemen postkolonialer Minderheitsherrschaft und Faschismus, denn Israel ist im größeren Kontext von Mandatspälestina eher das als etwa ein revanchistischer Staat in einer Nachbarschaft vergleichbarer Länder.

  • https://www.timesofisrael.com/…s-tehran-of-consequences/


    Zitat

    “Our strategic relationship with the US armed forces is strong and tight,” Hagari said to the press,” adding that “an attack from Iranian territory would be clear proof of Iranian intentions to escalate the situation in the Middle East, and to stop hiding behind the proxies.


    Ein echter Scherzkeks. Nicht ganz klar, ob er es begrüßen würde.


    Tatsächlich gibt es auch die Behauptung, dass die Israelis die USA gebeten haben auf eine Limitierung eines iranischen Angriffs hinzuwirken:


    https://www.axios.com/2024/04/…ense-coordination-threats


    Zitat

    A senior Israeli official said Israel asked the U.S. if it could help limit the Iranian response by sending private and public warning messages to the Iranians and projecting its force in the region.


    Derweil sollen die Iraner ausgerechnet Baerbock zugesichert haben, dass sie jetzt schon nicht so doll zuschlagen werden:


    https://www.axios.com/2024/04/…se-israel-attack-damascus


    Zitat

    Iranian Foreign Minister Hossein Amir-Abdollahian told his German counterpart on Thursday that Iran is determined to respond to Israel's bombing of its consular building in Damascus last week, but will do so in an "appropriate" and limited way, a source with direct knowledge of the call told Axios.

    Zitat
    The source added that while the Iranian foreign minister said during the call that the Iranian response will be limited, it is unclear how Iran defines a limited response.


    Sie dürfte dafür mal richtig über zwei Ecken drohen:


    Zitat

    Baerbock conveyed a message from the U.S., warning Amir-Abdollahian not to underestimate the scope of the Israeli response to an attack against it from Iranian soil, the source said.


    Man verliert über all diese Aktivität leicht aus den Augen führt, dass das alles veranstaltet wird, weil die Israelis ein großes Tabu verletzt haben.

  • In jedem Fall, da ich mir nicht vorstellen kann, dass die Iraner am Ende gar nicht reagieren wollen, haben sie es entweder nicht eilig, wollen durch die Herauszögerung einen gewissen Überraschungsmoment erzeugen oder die Spannung in Israel aufrecht erhalten.


    https://www.bloomberg.com/news…-iran-proxies-as-imminent


    [...]


    Nicht, dass die notwendigerweise Ahnung haben, aber vielleicht ist heute der Tag.


    Tag vorbei. Dieser war es wohl nicht. Okay, die Warnungen ignoriere ich ab jetzt.

  • Bisschen mehr Rezeption von diesem Tucker Carlson-Interview:


    https://twitter.com/MaxBlumenthal/status/1778132117995606435



    https://twitter.com/Cernovich/status/1778148227453427717



    Das ist von der Diskussion, inwiefern Israel nun Verantwortung für den Rückgang der christlichen Bevölkerung von Bethlehem trägt. Ein Punkt, der von pro-israelischer Seite meinem Eindruck am meisten aus dem Interview angegriffen wurde.


    https://twitter.com/sharonobgynMD/status/1778009274226028952


Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!