Zum Zustand der Pflege als Beruf in Deutschland

  • Seit 25 Tagen streikt das Bündnis Gesundheit statt Profit.


    Seit 25 Tagen keine Berichterstattung in der Schrottpresse und Revolverblättern.



    Allgemeiner Thread zum Diskutieren.


    Tilo Mal daran gedacht, die zu einem Interview einzuladen? 🤔 Würde bestimmt zu mehr Aufmerksamkeit führen. Gerade jetzt, wo der Streik noch läuft. Wenn die Mainstreampresse sich weigert darüber zu berichten, vielleicht bringt es was, wenn die "alternativen" Medien dazu was machen.

  • Also zumindest in Berlin war das durchaus Thema in der Mainstreampresse. Die taz, der RBB, Die Berliner Zeitung und sogar der bürgerlich-"liberale" Tagesspiegel haben regelmäßig darüber berichtet.

    Der Streik wurde allerdings auch im Wahlkampf von sPD, Grünen und Linken instrumentalisiert thematisiert. Beide Spitzenkandidatinnen haben schon vor ein paar Wochen Gespräche mit den Streikenden geführt - auch nochmal vorgestern vor dem Beginn der Sondierungen zur Koalitionsbildung direkt vor der sPD-Parteizentrale. Die LINKE ist da fein raus, weil sie keines der zuständigen Ressorts im Senat kontrollieren und ein bisschen Opposition spielen kann, obwohl sie (noch) Teil der Regierung ist.


    Das große Problem scheint allerdings zu sein - wer hätte es gedacht!- dass die staatlichen Klinikbetreiber Charité und Vivantes auch längst wie private Unternehmen organisiert sind, und daher genau wie jene gewinnorientiert arbeiten und sich damit selbst finanzieren sollen.

    Die u.a. geforderte neue Einordnung des auf diesem Wege praktisch outgesourcten Personals in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes wird dadurch natürlich erschwert, und das Land Berlin ist zwar Eigentümer, hat aber (durchaus so gewollt!) keine direkte Eingriffsmöglichkeit in die Geschäfts- und Personalführung. (Das gleiche Problem haben wir hier auch mit den zu Kapitalgesellschaften umgewandelten landeseigenen Wohungsunternehmen.)


    Das Management sagt außerdem, man habe im letzten Jahr wegen der zusätzlichen Belastung durch die Pandemie zu viel Verluste gemacht und könne daher ohne deutliche Zuschüsse aus der Berliner Landeskasse nicht die eforderlichen Investitionen tätigen, um die ebenfalls geforderte Verbesserung der Arbeitsbedinungen zu erfüllen. Wer nun aber in Zukunft die Landeskasse kontrolliert, ist noch lange nicht geklärt, weil Frau Dr. Giffey sich auch nach den ersten Sondierungsgesprächen mit Grünen und Linken am Freitag nach wie vor die Option auf den Rechtsruck einer "Deutschlandkoalition" mit fdP und €dU vorbehält.

    Der bisherige Finanzsenator, der schon angekündigt hat, möglichst bald wieder die Schuldenbremse anzuziehen, sowie die bisherige Gesundheitssenatorin sind beide von der sPD und die Wirtschaftssenatorin gehört zum neoliberalen "realo"-Flügel der Grünen.


    Das größte Problem ist wohl allerdings der steigende Personalmangel und damit die immer größere Arbeitsverdichtung für die Belegschaft. Die Kliniken haben offensichtlich Probleme, dringend benötigte hochqualifizierte Fachkräfte anzuwerben, welche sich mit dem relativ schmalen Gehalt noch die teuren Angebotsmieten in der Innenstadt, oder ein Auto zum (unbezahlten) Pendeln aus dem günstigeren Brandenburger Umland außerhalb des Speckgürtels leisten können.


    Bevor hier nicht klar ist, wie sich die neue Landesregierung zusammensetzt, wird sich da wohl kaum eine politische Lösung finden - Herbst und 4. Welle hin oder her.

  • Gerade über Vivantes hatte es in der Vergangenheit immer wieder Berichte über die katastrophale Situation gegeben. Telepolis hatte zum Beispiel im August darüber berichtet. Kürzlich erst hatte die Berliner Zeitung einen "Hilferuf" von der Geburtsstation des Vivantes-Klinikums Neukölln veröffentlicht. Diese arbeite inzwischen nur noch eingeschränkt, weil es nicht genügend Personal gebe. So kümmere sich eine Hebamme während einer normalen Schicht im Schnitt um drei Frauen gleichzeitig. An Tagen mit ungewöhnlich vielen Geburten versorgen demnach 85 Prozent der Hebammen mehr als drei Frauen parallel im Kreißsaal.

    Wo das am Ende hinführe, zeigt eine Umfrage des IGES-Instituts: Immer mehr Kinder werden auf künstlichem Wege auf die Welt geholt, um Zeit zu sparen. 40 Prozent der Hebammen kritisiertem demnach, dass zu schnell in den natürlichen Geburtsverlauf medizinisch eingegriffen wird. Inzwischen komme es bei jeder siebenten Geburt (15 Prozent) zu einem Kaiserschnitt. Dabei wünscht sich eine Mehrheit der Befragten, dass weniger in die Geburt eingegriffen wird.


    https://www.heise.de/tp/featur…-der-Charite-6213325.html

  • "Wir wollen mehr qualifizierte ausländische Pflegekräfte gewinnen und die nötigen Voraussetzungen dafür schaffen."


    Das ist 1:1 die Position der Union wie sie schon 2017 im Wahlkampf propagiert wurde....


    Oh Boi, wie viele enttäuschte Grünen-Wähler:innen diese Ampel noch produzieren wird!!!

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