#533 - Millionen-Erbin Marlene Engelhorn


  • Zu Gast im Studio: Marlene Engelhorn. Sie will 90 Prozent ihres Vermögens spenden und setzt sich für eine Vermögenssteuer ein. Marlene ist die Enkelin der 94-jährigen Traudl Engelhorn-Vechiatto, deren verstorbener Mann ein Urenkel des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn ist. Wir sprechen über ihren Lebensweg, ihre Überzeugungen, über Armut und Reichtum in einer Demokratie, politischen Einfluss, Menschenwürde, Erbschaften, die Besteuerung von Vermögen uvm. + eure Fragen


    Bitte unterstützt unsere Arbeit finanziell:

    Konto: Jung & Naiv

    IBAN: DE854 3060 967 104 779 2900

    GLS Gemeinschaftsbank


    PayPal ► http://www.paypal.me/JungNaiv

  • Ich finde Marlene Engelhorn toll, habe Sie jetzt schon ein paar mal gesehen und finde die Argumente und ihre reflektierte Art beeindruckend.


    Weil ich auch überraschend in eine größere Erbschaft verwickelt worden bin (Viel viel weniger als bei Marlene aber für mich absolut Lebensverändernd. Ich war vorher eher "arm".) habe ich in letzter Zeit oft über faire Lösungen nachgedacht und wüsste gern was die Zuschauer und vielleicht sogar Marlene von folgender Idee hält:

    Ich bin für 100% Erbschaftssteuer auf geerbtes Vermögen mit folgenden "Freigrenzen":

    - Eine selbst zu bewohnende Immobilie darf ohne Steuer vererbt werden. Sollte die Immobile jemals zur Vermietung genutzt werden, werden die Mieteinnahmen zu einem großen Teil eingezogen bis 100% des Werts der Immobilie eingezogen wurde.

    - Wird die Immobilie verkauft, dann dürfen 200.000€ des Verkaufspreises behalten werden. Der Rest wird eingezogen.

    - Zusätzlich zu der Immobilie dürfen noch 100.000€ an jedes Kind, Ehepartner, Eltern und bis zu 3 frei wählbare weitere Personen vererbt werden.

    - Sollte keine Immobilie vererbt werden, dann dürfen zu den 100.000€ noch 200.000€ extra steuerfrei vererbt werden.


    Im Wesentlichen zielt meine Idee darauf ab Wohneigentum für alle zu ermöglichen. Mein Wunsch wäre es die über Generationen weitervererbten Mehrfamilienhäuser in staatliche Mietkaufkonzepte einzubinden.


    Es ist eine Frechheit, dass manche Menschen einen Kredit bekommen, sich ein Mehrfamilienhaus kaufen können, welches sich selbst trägt und dann (evtl später oder sofort) von den Mieten oder Überschüssen leben können, während andere Leute für immer arbeiten müssen und am Ende nichtmal die Eigentümer vielfach abgezahlter Wohnungen sind.


    Durch meine umverteilung von Wohnraum (die wirklich niemandem richtig schaden würde) könnte man zu großen Teilen der altersarmut entgehen, denn dank Wohnkauf könnten Rentner mit sehr wenig Geld gut leben, weil im Alter keine Miete mehr gezahlt werden müsste.


    Klar meine Zahlen sind quatsch und unwissenschaftlich konstruiert. SIe dienen nur der Veranschaulichung meiner Idee.


    Danke fürs Lesen :)

  • Im Wesentlichen zielt meine Idee darauf ab Wohneigentum für alle zu ermöglichen. Mein Wunsch wäre es die über Generationen weitervererbten Mehrfamilienhäuser in staatliche Mietkaufkonzepte einzubinden.

    Damit bist Du allerdings voll auf Linie der fdP. Die kämpft ja in Berlin gerade mit Zähnen und Klauen gegen einen Volksentscheid zur Vergesellschaftung der Bestände großer Vermieterkonzerne mit über 3.000 Wohnungen. Der einzige "Plan" der "Liberalen" für staatliches Handeln gegen die grassierenden Mietsteigerungen in der Stadt ist...

    Eigentum durch Mietkauf - Egal welches Einkommen (-> FDP-Fraktion Berlin)

    ...den Rest regelt dann der Markt.


    Irgendwie glaube ich nicht, dass Frau Engelhorn das gut fände. just sayin'...


    A propos...


    Frage an Marlene:


    • Was hältst Du von staatlich geförderten Mietkauf-Programmen?

    (Am Ende entstünde dabei ja trotzdem mehr Privateigentum, das wiederum vermietet oder zu spekulativ erhöhten Preisen als Anlageobjekt verkauft werden könnte.)

  • Langweiliges Interview mit einer uninteressanten Person, die wenig erlebt hat, wenig weiß, keine Konzepte hat, aber wohl den richtigen Ton trifft. Das Interview wird wohl auch als sehr gut empfunden. Für mich leider ein unnötiges Interview.



    Hier war sie auch zu Gast:


    Erbe neu denken: Ist Erben gerecht? | 13 Fragen (Hier mit einem Highlight der Show und das war nicht sie.)


    Hier war sie auch zu Gast:

    Tax me now! Millionenerbin Marlene Engelhorn im Gespräch - Spezial #17

  • Warum hast du, Tilo, als ihr zu zweit die Argumente gegen eine Vermögensteuer durchgegangen seid, Marlene nicht ein einziges Mal kontra gegeben? Es ist ja nicht so als wären alle Argumente gegen eine solche Steuer aus dem Stehgreif zu entkräften (wie es hier der Fall war).

    So brachte Marlene als Beispiel Kanada oder Großbritanien an, um damit zu zeigen, dass die Steuer keine Auswirkungen auf Investoren hat. Dabei wurde das Beispiel Frankreich, wo infolge einer 1981 eingeführten Vermögenssteuer 35 mrd Euro ins Ausland verlagert wurden, gekonnt ausgelassen. (nachzulesen in einem Tagesschaubeitrag vom 10.05.2021)

    Sonst wusste ich euer Nachhaken an vielen Stellen sehr zu Schätzen. Aber es kann doch nicht sein, dass man Marlene mit diesen plumpen Antworten einfach davon kommen lässt.

  • @clembus


    Ich bin für 100% Erbschaftssteuer auf geerbtes Vermögen mit folgenden "Freigrenzen":

    - Eine selbst zu bewohnende Immobilie darf ohne Steuer vererbt werden.


    Ist momentan so

    Momentan wird nicht zwischen selbst bewohnten und unbewohnt unterschieden und falls die Immobilie einen gewissen Wert (400.000€ bei Kindern zb) übersteigt wird Steuer fällig.


    ---------

    Sollte die Immobile jemals zur Vermietung genutzt werden, werden die Mieteinnahmen zu einem großen Teil eingezogen bis 100% des Werts der Immobilie eingezogen wurde.


    klasse nur nach 18 Jahre hätte ich was von Erbschaft :) / wenn alles gut läuft


    Genau. Außer du wohnst selbst drin oder verkaufst die Immobilie und hättest dann direkt bis zu 300.000€ geerbt. Die meisten Menschen müssen mehr als 18 Jahre warten bis Sie passives Einkommen in Höhe von Mieteinnahmen haben.


    ------


    - Zusätzlich zu der Immobilie dürfen noch 100.000€ an jedes Kind, Ehepartner, Eltern und bis zu 3 frei wählbare weitere Personen vererbt werden.

    - Sollte keine Immobilie vererbt werden, dann dürfen zu den 100.000€ noch 200.000€ extra steuerfrei vererbt werden.


    also mehr steuerfrei als jetzt`?


    In manchen Fällen ja. In anderen Nein.


    -----


    Insgesamt zielen aber alle meine "Forderungen" auf geerbtes Vermögen ab. Selbst erwirtschaftetes Vermögen kann meinetwegen vollkommen Steuerfrei vererbt werden. Mir geht es darum, dass nicht Mehrfamilienhäuser oder große Vermögen von Generation zu Generation weitergereicht werden. Leute die sich etwas erarbeiten oder erbauen und das DIREKT ihren Kindern und Enkeln vererben, sollen das gerne können. Nur die Kinder können Ihr Erbe eben nicht weitervererben.

    Wenn du also 5 mio geerbt hast und bei deinem Tod 5 mio Vermögen hast, dann kannst du nur meine Freigrenzen vererben. Falls du 5 mio geerbt hast und bei deinem Tod 6 mio auf deinem Konto hast, dann kannst du mindestens 1 mio vererben.


    Ich hoffe jetzt ist meine Idee etwas deutlicher

  • natürlich ist Frankreich durch die Steuer nicht unter gegangen. Aber es spricht trotzdem gegen das vermittelte Bild, dass es durch eine Vermögensteuer zu keiner bemerkbaren Kapitalflucht kommt und kann immerhin mal als Gegenargument angeführt werden, um nicht jede Antwort von Marlene direkt abzunicken.

  • 1) stimmt nicht


    Haben Sie als Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner eine Wohnung oder ein Haus geerbt und nutzen die Immobilie selbst, werden Sie von der Erbschaftssteuer befreit, wenn Sie 10 Jahre lang darin wohnen. Ziehen Sie innerhalb dieser Frist aus der Wohnung oder dem Haus aus, entfällt rückwirkend auf den Tag des Erbfalls die Steuerbefreiung.


    2) warum willst du natürliche Personen zu krass steuerlich belasten im Gegensatz zu Wohnungsgesellschaften. Wird da der Wohnungsmarkt nicht noch starrer?

  • natürlich ist Frankreich durch die Steuer nicht unter gegangen. Aber es spricht trotzdem gegen das vermittelte Bild, dass es durch eine Vermögensteuer zu keiner bemerkbaren Kapitalflucht kommt und kann immerhin mal als Gegenargument angeführt werden, um nicht jede Antwort von Marlene direkt abzunicken.

    Haben die nicht vor ein paar Jahren so eine Steuer inszeniert, um Gérade Depardieu nach Russland loszuwerden? Was macht der eigentlich gérade so?

  • Am eindrucksvollsten fand ich eigentlich ihre Anekdote darüber, dass sie als rich girl großgeworden ist, dies so aber in keinster Weise wahrgenommen hat. Ich mein, ich kenn das konzeptionell, diese Spaltung von früh an, aber diese absolute (unverschuldete) Ignoranz gegenüber Armut bzw. der bloßen Notwendigkeit, Geld zu verdienen, um sich etwas leisten zu können - wow. Ansonsten finde ich ihr Engagement sehr wichtig und in der Form, wie sie es durchbringen will auch absolut richtig - tolle Frau!

  • Am eindrucksvollsten fand ich eigentlich ihre Anekdote darüber, dass sie als rich girl großgeworden ist, dies so aber in keinster Weise wahrgenommen hat. Ich mein, ich kenn das konzeptionell, diese Spaltung von früh an, aber diese absolute (unverschuldete) Ignoranz gegenüber Armut bzw. der bloßen Notwendigkeit, Geld zu verdienen, um sich etwas leisten zu können - wow.

    Es hat mir einfach nur klar gemacht - ohne Vorwurf an Marlene, weil ich viele ihrer Argument spannend, richtig und wichtig fand und sie es selbst erkannt hat - in welch verschiedenen Lebensrealitäten ein Großteil der Menschen aufwächst. Eine prekäre Realität in der man Zeit und Gesundheit, ergo Arbeitskraft, verkaufen muss um grundlegende Bedürfnisse in einer modernen Industriegesellschaft zu stillen. Dagegen steht die hypernormalisierte Realität einer kleinen Gruppe von Menschen, die nicht einmal die Sorgen, Ängste der prekären Gegenrealität erahnen können. Die mit einer persönlichen Selbstverständlichkeit groß werden, dass alle Bedürfnisse, vom Essen über ausreichend Wohnraum und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten gedeckt sind, ja sogar überversorgt sind.

  • 1) stimmt nicht


    Haben Sie als Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner eine Wohnung oder ein Haus geerbt und nutzen die Immobilie selbst, werden Sie von der Erbschaftssteuer befreit, wenn Sie 10 Jahre lang darin wohnen. Ziehen Sie innerhalb dieser Frist aus der Wohnung oder dem Haus aus, entfällt rückwirkend auf den Tag des Erbfalls die Steuerbefreiung.


    2) warum willst du natürliche Personen zu krass steuerlich belasten im Gegensatz zu Wohnungsgesellschaften. Wird da der Wohnungsmarkt nicht noch starrer?

    1) umso besser, dann ist das ja schon halbwegs so wie es m.M.n sinnvoll ist.


    2) ich finds nicht krass. Jeder kann ein tolles Haus und / oder genug Geld für einen tollen Start ins Leben oder eine tolle Rente vererben. Alles was darüber hinaus geht, sorgt für soziale Ungerechtigkeit. Wenn man das Privileg niemals Arbeiten zu müssen über Generationen vererben kann ist das doch nicht gut für die Gesellschaft. Dazu kommt, dass dieses Privileg in den meisten Fällen von viel arbeitenden Menschen finanziert wird (z.B. Mieteinnahmen). Es wäre doch viel besser, wenn die Mieter das Geld in Ihre eigene Zukunft investieren könnten, statt einem Erben zu ermöglichen niemals zu arbeiten. Wenn alle einfach Ihre eigenen Immobilienkredite abzahlen würden, statt die Kredite der Reichen abzuzahlen oder den Reichen passives Einkommen zu ermöglichen, hätten nach 30 Jahren Arbeit alle Menschen eine Immobilie und müssten dadurch im Rentenalter keine Miete mehr zahlen. Im Prinzip wäre das so als würden alle plötzlich ein paar Hundert euro mehr Rente haben.

    Also ich finds nur logisch und total cool oder?


    Und ja klar es gibt auch andere "Player" im Vermietungsbusiness. Aber durch meinen Vorschlag würde der Staat eine recht große Menge Mehrfamilienhäuser und Wohnungen erben. Wenn er diese dann zum Mietkauf freigibt würde "normales Mieten" immer unattraktiver werden, was ich durchaus Sinnvoll finde.


    Aber ich weiß natürlich, dass das völlig unrealistisch ist und niemals umgesetzt werden kann. Würd nur gern wissen ob andere das Konzept vielleicht auch sinnvoll fänden.

  • ich finds nicht krass. Jeder kann ein tolles Haus und / oder genug Geld für einen tollen Start ins Leben oder eine tolle Rente vererben. Alles was darüber hinaus geht, sorgt für soziale Ungerechtigkeit.

    Aber genau mit dem "tollen Start ins Leben" fängt die Ungerechtigkeit ja schon an. Rein rechtlich gesehen könnte heute schon jeder seinen Kindern das Startgeld dazu vererben - bis zu einer Höhe von 300.000,- EUR sogar völlig erbschaftssteuerfrei. Aber im real existierenden Kapitalismus können das eben nicht alle so machen, weil nicht alle so viel zu vererben haben.

    Und selbst wenn alle so viel zu vererben hätten, dann wären 300.000,00 EUR leider nichts wert, weil wir in einer kapitalistischen "sozialen" Marktwirtschaft leben, in der der Preis für so ziemlich alles was man für einen guten Start ins Leben bräuchte und auf dem Markt angeboten wird von der Nachfrage danach bestimmt wird.

    Es wäre doch viel besser, wenn die Mieter das Geld in Ihre eigene Zukunft investieren könnten, statt einem Erben zu ermöglichen niemals zu arbeiten. Wenn alle einfach Ihre eigenen Immobilienkredite abzahlen würden, statt die Kredite der Reichen abzuzahlen oder den Reichen passives Einkommen zu ermöglichen, hätten nach 30 Jahren Arbeit alle Menschen eine Immobilie und müssten dadurch im Rentenalter keine Miete mehr zahlen. Im Prinzip wäre das so als würden alle plötzlich ein paar Hundert euro mehr Rente haben.

    Also ich finds nur logisch und total cool oder?

    Das finden auch Christian Lindner und seine "liberale" Partei (s.o.) viel besser. Das Problem daran ist, dass es einen Unterschied macht, ob ich einen Mietvertrag abschliesse, aus dem ich im Prinzip mit üblicherweise drei Monaten Kündigungsfrist aussteigen kann, wenn ich zum Beispiel in eine andere Stadt ziehen muss, wenn ich z.B. eine größere Wohnung brauche weil ich Kinder bekomme, oder eine kleinere weil ich mir die große nicht mehr leisten kann, etc - oder ob ich mich über mehrere hunderttausend Euro verschulden und an einen über 30 Jahre laufenden Kreditvertrag binden muss.

    Im Moment liegt zum beispiel der Kaufpreis für eine Eigentumswohnung in Berlin bei ca. 4.000,- EUR pro Quadratmeter - allerdings nur im Durchschnitt. Je nach Lage kann das auch locker doppelt so viel sein.

    Das heißt, wenn ich eine eher kleine Wohnung mit 40 m² Fläche (inkl. Küche und Bad) kaufen wollte, bräuchte ich dafür im Schnitt also mindestens 160.000,-* EUR. Da kommen dann allerdings noch Notargebühren, die sich nach dem Wert richten und nicht von pappe sind und die Grunderwerbssteuer, sowie gegebenenfalls auch noch die Maklercourtage für den Verkäufer mit dazu. Das schlägt insgesamt locker nochmal 10-15% auf den Netto-Kaufpreis auf.


    Wenn das Haus schon alt ist (viele Altbauten in deutschen Innenstädten stammen aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg), dann muss man für Instandsetzungs- und Reparaturkosten auch unbedingt noch eine ordentliche Sanierungsrücklage mit dazu rechnen. Müssen z.B. das Dach oder die Sanitärstränge erneuert werden, dann ist man dafür - selbst wenn man nur EigentümerIn einer einzelnen Wohnung in einem größeren Mietshaus ist - schnell mal zehntausend Euro los, und ein Sanierungsfall kann sehr unverhofft eintreten, insbesondere bei den sich häufenden Starkwetterereignissen. Zudem steigen zur Zeit die Preise für Baumaterialien wegen pandemiebedingter Lieferengpässe und Kosten für Handwerker sind schon länger steil auf dem Vormarsch.


    Um die 160.000,- EUR* Nettokaufpreis plus Erwerbsnebenkosten und Sanierungsrücklage als Kredit zu bekommen, muss ich bei der Bank allerdings erstmal ordentlich Eigenkapital vorweisen, und natürlich eine Bonitätsprüfung bestehen, bei der sehr genau darauf geachtet wird, ob meine regelmäßigen Einkünfte überhaupt dazu ausreichen, das Darlehen zzgl. Zinsen wieder abzubezahlen.

    Das nötige Eigenkapital wird dabei bankenüblich mit mindestens 20% der Kreditsumme angesetzt. ich müsste also für den Kauf einer kleinen Wohnung in Berlin schon mindestens 32.000,- EUR* haben, bevor mir eine Bank die restlichen 128.000,-. EUR*

    (zzgl. Nebenkosten) als Darlehen für den Wohnungskauf zur Verfügung stellt. Das alleine ist für den Durchschnitt der lohnarbeitenden Bevölkerung in Deutschland schon ungefähr das eineinhalbfache* Jahres-Nettogehalt und für die unteren Einkommensschichten natürlich noch wesentlich mehr. Kein Mensch, der seine gesamten Einkünfte gleich wieder für den Lebensunterhalt ausgeben muss kann sich das aus dem laufenden Einkommen ansparen.


    * [Edit: Ich hatte zuvor 400.000,- EUR als Nettokaufpreis geschrieben, Aber das ist natürlich rechnerischer Quatsch bei einer kleinen 1-Zimmerwohnung mit 40m² Nutzfläche. Solche kleinen Wohnungen sind aber in der Regel ohnehin teurer pro Quadratmeter, weil sie in den Städten besonders begehrt sind - auch die Miethöhe nimmt mit zunehmender Wohnungsgröße ab. Die 400.000,- EUR sind eher so ein durchschnittlicher Anfangspreis für Eigentumswohnungen.]


    Auch wenn ich den Kredit dann mit Zinsen bei der Bank abzahle, anstatt damit einem Wohnungskonzern die Dividenden für seine AnlegerInnen zu finanzieren, beschere ich selbstverständlich dennoch anderen Menschen ein leistungsloses Einkommen - zum Beispiel den AktionärInnen der Bank, oder dem Rattenschwanz an kreativen FinanzmarktingenieurInnen, die aus den Schulden anderer Leute neue "Wert"-Papiere kreieren und den ganzen Spekulationsapparat dabei noch weiter aufblasen.


    Sollte ich dann allerdings meine Arbeit verlieren und nicht mehr in der Lage sein, den Kredit abzubezahlen, dann müsste ich mein auf Pump gekauftes "Eigentum" wieder verkaufen, um den Kredit ablösen zu können. Wenn ich Glück habe, dann ist der Wert der Immobilie durch fleissige Spekulation in meiner Wohngegend zwischenzeitlich so stark gestiegen, dass ich dabei vielleicht am Ende zwar ohne Wohnung, aber immerhin Schuldenfrei und vielleicht sogar mit ein bisschen extra-cash dastehe. Den Schwarzen Peter haben dann diejenigen, die das Objekt zum erhöhten Preis kaufen, oder darin zur Miete wohnen, und den neuen EigentümerInnen ihre Investition refinanzieren müssen.

    Nur leider kann überhaupt niemand garantieren, dass der Wert auch tatsächlich stetig steigt. Auch die Spekulation mit Boden und Immobilien ist im Grunde ein Schneeballsystem, bei dem immer jemand gefunden werden muss, der bereit ist für die selbe Geldanlage einen noch höheren Preis zu bezahlen. Es sollen ja schon Immobilienblasen im fernen Amerika krachend geplatzt sein und die ganze Weltwirtschaft in eine Finanzkrise gestürzt haben.

    Auch die Zinssätze für Hypothekendarlehen sind in aller Regel nicht über die gesamte Laufzeit festgeschrieben sondern nur für die ersten zehn Jahre. Üblicherweise erfolgt dann irgendwann eine Neubewertung nebst Anpassung der Zinssätze, was bei einer auf Kante genähten Refinanzierung durchaus zu großen Problemen führen kann.


    Das wären jetzt allerdings vor allem die Probleme, die man selbst als EigentümerIn einer selbstbewohnten Wohnimmobilie haben könnte. Viel schwerer wögen die Effekte auf den Rest der Gesellschaft, wenn immer mehr Menschen Wohnungen oder Einfamilienhäuser als privates Eigentum erwerben würden. Ein abschreckendes Beispiel dafür ist London, wo man in der Innenstadt eigentlich nur noch kaufen aber nicht mehr mieten kann - und wenn dann nur zu absurd hohen Mietpreisen.

    Da man in der heutigen Zeit nicht davon ausgehen kann, dass Menschen über 30 Jahre ihres Berufslebens an ein und demselben Ort verbringen werden viele dieser selbstgenutzen Immobilien irgendwann entweder wieder verkauft, oder eben dann doch an Leute vermietet, die vielleicht gerade erst zugewandert, umgezogen, oder eben nicht so kreditwürdig sind, weil sie z.B, im riesigen Niedriglohnsektor arbeiten, alleinerziehend, oder solo-selbständig sind, oder einfach nur einen befristeten Arbeitsvertrag haben, der bei der Bank zu einer niedrigeren Bonitätsienschätzung führt, und die sich daher kein Wohneigentum leisten können.


    Wollte man verhindern, dass die vielen EigentümerInnen aus der Vermietung ihrer nun nicht mehr selbstgenutzten Immobilien ein Geschäft machen, und sich z.B. durch die Vermietung den restlichen Kredit abbezahlen, oder neues Eigentum finanzieren lassen, dann wäre man wieder an dem Punkt angelangt, an dem wir heute schon sind und der Staat müsste die Mietpreise regulieren, damit Wohnen auch für Nicht-EigentümerInnen bezahlbar bliebe.

    Damit würde dir Regulierung dann allerdings vermehrt kleine PrivateigentümerInnen treffen, die selbst keinen großen Spielraum bei der Refinanzierung ihrer Erwerbungen haben, und somit auch entsprechende Mieten verlangen müssten, und keine professionellen Investoren und Konzerne, die ihr Geschäft nicht zum Selbstgebrauch betreiben, sondern um Rendite für ihre AnlegerInnen zu generieren.


    Deshalb findet der Christian Lindner-Fanclub die Idee des Mietkaufes für die "Mittelschicht" (wir erinnern uns an das erforderliche Eigenkapital) ja auch so wahnsinnig gut. Denn wenn man dieses Konzept erstmal flächendeckend mit staatlicher Förderung und sogar reduzierter Grunderwerbssteuer eingeführt hätte, so wie die "Liberalen" sich das vorstellen, dann wäre es politisch eigentlich kaum noch vertretbar, Mieten oder Immobilienpreise zu regulieren, denn damit würde dann ja der bürgerlichen Mitte der Traum vom Eigenheim zerstört.

    Der eigentliche Sinn und zweck hinter diesem Konzept ist es aber natürlich nicht, kleinen PrivateigentümerInnen diesen Traum zu verwirklichen, sondern den Staat ein für alle mal aus dem Immobileinmarkt fernzuhalten und jegliche Form des "sozialistischen" Eingriffes, wie zum Beispiel Milleuschutzregelungen, Mietpreisbremsen oder gar bundesweite Mietendeckel im Keim zu ersticken - Weshalb die fdP ja auch jetzt schon die sofortige Abschaffung solcher Regelungen fordert .


    1/2

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!