Afghanistan

  • Danton 1.1

    Ich glaube Dir das. Und ich meine es nicht böse, wenn ich sage, das zerschellt trotzdem an meinem „Zynismus". Das Personal in den Ministerien ist nicht ohne Grund von dieser Qualität. Diese Inkompetenz, Flexibilität und Kaltschnäuzigkeit eigenes maximal-unehrenhaftes Verhalten einfach wegzunicken ist da ein Einstellungskriterium. Es gibt sicher auch in der Politik Menschen mit Rückgrat - aber die kommen nicht auf solche Posten.


    Es ist, wie du fast sagst: Das Problem ist nicht individuell, es ist strukturell.

  • Das kann doch echt nicht sein, dass wir dieses System an künstlicher Verkomplizierung und dieses designte schwarze Loch, das sämtliche Verantwortung einfach verschwinden lässt, auch nur eine Sekunde als Argument oder Entschuldigung akzeptieren.

    Das wollte ich jetzt auch überhaupt nicht zum Ausdruck bringen.


    Wenn man besoffen ins Auto steigt, kann man sich ja hinterher auch nicht darauf hinaus reden, dass man nicht Schuld am überfahrenen Fußgänger sei, weil man ja nicht mehr zurechnungsfähig war.


    (Es sei denn man ist zufällig bei der richtigen Partei, die schon seit Jahrzehnten den Regierungsapparat usurpiert. Dann wird man hinterher Verkehrsminister.)

  • Das wollte ich jetzt auch überhaupt nicht zum Ausdruck bringen.

    Das weiss ich, sorry. Ich bin gerade echt maximal angepisst von den letzten Tagen und rante hier einfach mal in den Äther. Danke fürs zuhören. :)


    Wenn man besoffen ins Auto steigt, kann man sich ja hinterher auch nicht darauf hinaus reden, dass man nicht Schuld am überfahrenen Fußgänger sei, weil man ja nicht mehr zurechnungsfähig war.


    (Es sei denn man ist zufällig bei der richtigen Partei, die schon seit Jahrzehnten den Regierungsapparat usurpiert. Dann wird man hinterher Verkehrsminister.)

    Sehr gut. Eine ähnliche Metapher lag mir auch fast in den Fingern.

  • "Ärmel hochkrempeln" scheint das Motto ... und die Chinesen sind noch nicht mal da.


    (Hauptstraße Kabul-Kandahar)


  • Das allerwichtigste, gerade jetzt im Wahlkampfendspurt, ist - neben der Überwindung von Inhalten, natürlich - die effizientestmögliche Verhinderung von Aufklärung.


    [...] Das SPD-geführte Außenministerium habe den Lagebericht für Afghanistan nicht angepasst, „weil Sie weiter nach Afghanistan abschieben wollten“, fügt Baerbock hinzu. Noch vergangene Woche habe es im Innenausschuss geheißen, mit Visaerteilungen gebe es „keine großen Probleme“ - in der Realität hätten sich die Menschen aber „in einer Falle“ befunden. „Sie haben die politische Entscheidung dafür getroffen, dass Visaerteilungen kaum mehr möglich waren!“, so Baerbock.

    Auch den Aufklärungswillen der Bundesregierung bezweifelt die Grüne. Eine Enquete-Kommission genüge nicht, ein Untersuchungsausschuss sei nötig. Ihre Fraktion habe im Auswärtigen Ausschuss bereits ein „Löschmoratorium“ für Akten verlangt - „wir haben das ja schon mal erlebt, dass Akten plötzlich verschwunden sind“, fügt sie hinzu. Dass Union und SPD nicht zugestimmt haben, zeige mangelndes Interesse an Aufklärung.

    Deutschland dürfe sich zudem in Zukunft „nicht mehr wegducken“, fordert die Kanzlerkandidatin - die Fragen Merkels (siehe Update von 12.35 Uhr) seien nicht neu, sondern im Bundestag über Jahre hinweg immer wieder diskutiert worden. Noch vor Ende Baerbocks Abrechnung weist Bundestagspräsident Schäuble auf das Ende der Redezeit hin, die Grüne kommt daraufhin schnell zum Schluss. [...]

  • Das allerwichtigste, gerade jetzt im Wahlkampfendspurt, ist - neben der Überwindung von Inhalten, natürlich - die effizientestmögliche Verhinderung von Aufklärung.

    Ich drücke mal die Daumen, dass Rezo das so gut es geht ordentlich zusammenfasst. Die SPD und CDU haben ein „Löschmoratorium“ von Akten in diesem Fall abgelehnt?!?! Und hinterher ist dann wieder alles verschwunden, gelöscht, vergessen?!? Ich glaube es hackt! Dieses Wehren gegen jede Aufarbeitung und diese Nichtübernahme von Verantwortung der CDUSPD muss jetzt in den Wahlkampf. Da brauchen die Grünen und Linken jetzt wirklich keine Rücksicht mehr nehmen. Die müssen ja jetzt einfach nur jede Woche 10 neue Antrag mit der Zielstellung endlich aufzuklären einreichen und jede Woche den Rücktritt der Regierung auf Grund dieser Verfehlungen fordern.

  • Dieses Wehren gegen jede Aufarbeitung und diese Nichtübernahme von Verantwortung der CDUSPD muss jetzt in den Wahlkampf. Da brauchen die Grünen und Linken jetzt wirklich keine Rücksicht mehr nehmen.

    Die heutige Aussprache zur Regierungserklärung war eigentlich eine einzige Wahlkampfveranstaltung - vor allem für die Opposition, während die Regierungsbank eifrig Betroffenheit geheuchelt hat und ansonsten so tat, als hätte sie mit der Ganzen Afghanistan-Angelegenheit die letzten 20 Jahre lang nichts zu tun gehabt.



    Da hat ACAB schon an der richtigen Stelle das Richtige zur Sprache gebracht. Stand dann ja auch prompt auf dem online portal einer Zeitung, die üblicherweise nicht unbedingt den Grünen oder Linken nahe steht.


    Blöd ist halt, dass ihre eigene Partei damals auch voll mit im Boot war, als das ganze Theater los ging.

  • Viel US-Bling-Bling


  • Verstehe ich Dich richtig, dass Du glaubst, dass die jetzige Situation der afghanischen Ortskräfte, die für Deutschland tätig waren, von unserer Regierung im großen und ganzen genauso gewollt war?


    Nun, nicht genau. Ich denke nicht, dass man diese Situation antizipiert hat, denn dann hätte man ja eigentlich auch das PR-Desaster vorhersehen müssen. Man hat sich eben nicht angestrengt die Leute schnell herauszuholen und die Liste der Bundesregierung wird per se schonmal deutlich kürzer sein als die einer Organisation, wie die, der Grotian angehört.


    Vermutlich hat man die optimistischeren Schätzungen, wie lange sich die afghanische Regierung halten kann, geglaubt oder glauben wollen. Das es so schnell geht, hatte denke ich niemand auf dem Schirm, selbst wenn es im Nachhinein nicht unplausibel ist. Die ganze Staatsstruktur war wirklich wie ein Kartenhaus. Da gab es vermutlich auch keine Signale, die Geheimdienste abfangen konnten, weil einzelne Akteure dieser Struktur unabgesprochen aufeinander reagiert haben. In dem Moment, wo sich auf der untersten Ebene Soldaten und Polizisten den Taliban in einzelnen Regionen ergeben haben oder geflohen sind, hat die Hierarchieebene darüber den Schluss gezogen, dass sie das auch tun sollte, letztlich bis hoch zum Präsidenten. Wenn ich das richtig verstehe, sind die Taliban ursprünglich nur in die Nähe von Kabul vorgerückt und haben die Stadt eigentlich nur betreten, weil die Sicherheitskräfte geflohen waren. Also nichtmal die dachten, dass es so leicht wird.


    Eine zunächst noch stabile Situation, etwa während die Verhandlungen zwischen Taliban und Regierung weiter laufen, hätte auch ein Argument sein können, die Leute nicht mehr aufnehmen zu müssen und jede unserer beiden Regierungsparteien wäre dann vielleicht bald auch gar nicht mehr an der Macht und bei diesen Entscheidungen raus gewesen.


    Das einzige, was ich zugestehen würde ist, dass der Zeitrahmen für den Abzug letztlich von den US-Amerikanern vorgegeben wurde und auch ein paar Monate dafür nicht viel Zeit sind. Wenn man glauben möchte, dass die Bundesregierung das Ansinnen hatte, niemanden zurück zu lassen, könnte man hier vielleicht denken, dass sie sich nur zu viel Zeit dafür gelassen hat. Aber selbst da ist Bürokratie nicht der Kern des Problems. Denn, dass die Verfahren für die Abwehr von Zuwanderung aus einem Land wie Afghanistan ausgelegt sind, ist eine politische Entscheidung. Und Abhilfe wie die denkbare Vereinfachung der Verfahren in diesem besonderen Fall oder alternative Lösungen, wie Nachbarländer bezahlen, damit die Afghanen schonmal dorthin ausgeflogen werden und auf den Abschluss des Verfahrens warten können, hätten auch nur politisch entschieden werden können.


    Wenn man die Frage so stellt, ob die Evakuierung von Hilfskräften aktiv verhindert werden sollte, dann würde ich sagen nein. Es ist eher Gleichgültigkeit vor dem Hintergrund von Prozessen, die grundsätzlich eine Aufnahme nach Deutschland erschweren sollen, die hier für das Ergebnis verantwortlich ist.

  • Ich sag mal so, man muss bei der Bewertung sicherlich die Zeiträume, über die man spricht, gut voneinander abgrenzen. Die Lage eskalierte vor gut 10 Tagen am 15.August. Und trotzdem berichtet M.Grotius am 24.08.2021, dass Ortskräfte auch ZU DIESEM Zeitpunkt noch vor bürokratische Hürden gestellt wurden. Und das kann, bei diesem PR-Desaster, nicht mehr der politische Wille gewesen sein. Man hat es also nicht geschafft innerhalb einer Woche, auch als es um Leben und Tod ging, auf sachgerechte und funktionierende bürokratische Prozesse umzustellen. Und davon rede ich. Normalerweise hätten sich noch am 15. August alle Entscheidungsträger, die innerhalb dieser Prozesse etwas zu sagen haben, in einem Raum zusammenfinden müssen um einen neuen Prozess auszuarbeiten. Das wäre dann so eine Veranstaltung gewesen, die so lange gedauert hätte bis es eben fertig ist. Das fand alles nicht statt. Und an diesen Stellen sieht man eben nichts anderes als eine bräsige Beamtenmentalität. Selbst als Seehofer noch am 19.8. Visaverfahren nach Landung und Sicherheitsüberprüfung als Verfahren bekannt gab änderte sich laut Grotius nichts. Und darum ging es mir.


    Dass vorher, im Juni, die Regierung noch die Linie verfolgte so wenig wie möglich Ortskräfte nach Deutschland zu lassen kann ich mir vorstellen und hierbei wurden sicherlich auch nicht ganz unbeabsichtigt Hürden aufgebaut, die man dann aber anscheinend nicht mehr niederreißen konnte und zwar aus rechtlichen/bürokratischen Gründen(?)

  • Normalerweise hätten sich noch am 15. August alle Entscheidungsträger, die innerhalb dieser Prozesse etwas zu sagen haben, in einem Raum zusammenfinden müssen um einen neuen Prozess auszuarbeiten.

    Aber genau darum geht es doch bei solchen Prozessen. Die werden ja eben vorher implementiert, damit man sich hinterher die Reaktionsmöglichkeiten nimmt. Selfhandicaping nennt man das. Und das ist Kern von Grotius' Kritik. Das muss man doch mal zur Kenntnis nehmen.


    Es ist eher Gleichgültigkeit vor dem Hintergrund von Prozessen, die grundsätzlich eine Aufnahme nach Deutschland erschweren sollen

    Das ist eben keine Gleichgültigkeit, sondern eine im Vorfeld bewusst herbeigeführte Hürde, die nach genauen Abwägungen genau dafür sorgt, dass man

    Evakuierung von Hilfskräften aktiv verhindert

    ohne dass sie dann im akuten Moment aktiv verhindern werden muss. Deshalb werden dann auch Forderungen der Opposition Wochen vor der absehbaren Eskalation ignoriert.


    Dass man sich dann hinterher hinstellen kann und behauptet, man hätte im Rahmen der absichtlich forcierten Hilflosigkeit alles getan, was möglich war, ist ein Superzynismus sondergleichen.

  • Wie auch immer… soweit liegen wir mit unserer grundsätzlichen Bewertung nicht auseinander; Moralisches Versagen unserer Regierung höchsten Grades.

    Da kann man jetzt unterscheiden in „absichtlich“, „hochfahrlässig“, „aus Inkompetenz“. Keine dieser Gründe rechtfertigt eine weitere Teilnahme an einer Regierung. Die unterschiedlichen Bewertungen würden jedoch juristische Folgen für einzelne Akteure bedeuten können.

    Ein Untersuchungsausschuss muss sich diesem Thema so schnell wie möglich annehmen, keine Frage. Wir finden das hier wahrscheinlich nicht raus.

  • soweit liegen wir mit unserer grundsätzlichen Bewertung nicht auseinander

    soweit, dass wir es natürlich beide Scheisse finden, ja.


    aber

    Moralisches Versagen

    ist eine Kategorie, die mMn einfach Kindergarten ist. Wie diese "moral" dann gerechtfertigt wird, hat Merkel gestern im Bundestag zelebriert.


    Da kann man jetzt unterscheiden in „absichtlich“, „hochfahrlässig“, „aus Inkompetenz“. Keine dieser Gründe rechtfertigt eine weitere Teilnahme an einer Regierung. Die unterschiedlichen Bewertungen würden jedoch juristische Folgen für einzelne Akteure bedeuten können.

    Natürlich muss das dann auch individuelle, juristische Folgen für die Akteure haben. Aber es ist eben kein individuelles Problem. Da hätte auch ein Steinmeier, ein de Maizière oder ein Özdemier auf dem Posten sitzen können und es hätte keinen Unterschied gemacht. Seit 20 Jahren läuft das ja so - allein in Afghanistan.


    Mir ist das einfach wichtig, weil sich dieser Sumpf aus strukturellen Missständen durch sämtliche Bereiche zieht aber hier mal so eklatant zu Tage trägt, dass er sich nicht mehr kaschieren lässt und offen zur Disposition gestellt gehört.


    Wir hatten einen ähnlichen Punkt mal zu Beginn der Pandemie erreicht. Da wurde selbst vereinzelt in den MSM die Systemfrage gestellt. Nach diversen Nebelkerzen und einer kontrollierten Opposition aus hirnverbrannten Wutbürgern, ist davon nichts mehr übrig geblieben - gar nichts.



    Ein Untersuchungsausschuss muss sich diesem Thema so schnell wie möglich annehmen, keine Frage.

    Ja, sich alleine darauf zu verlassen ist schon sehr Naiv. Wie das dann läuft, haben wir beim NSU und Cum-Ex gesehen. Das Aktenschreddern scheint ja auch schon zu laufen.

  • Das ist eben keine Gleichgültigkeit, sondern eine im Vorfeld bewusst herbeigeführte Hürde, die nach genauen Abwägungen genau dafür sorgt, dass man

    ohne dass sie dann im akuten Moment aktiv verhindern werden muss. Deshalb werden dann auch Forderungen der Opposition Wochen vor der absehbaren Eskalation ignoriert.

    Da steckt allerdings auch der bis tief ins "links"-liberale Lager hinein absolut dominante und treue Glaube daran mit drin, dass Politik eigentlich gar keine politischen Entscheidungen auf Basis tatsächlicher Entwicklungen mehr zu treffen, sondern lieber ganz "pragmatisch" und "Ideologiefrei" technokratische Regelwerke zu verwalten habe. Das muss ja auch alles "planungssicher" für "unsere" Wirtschaft sein.


    -> Neoliberal entpolitisierter Merkelismus im Endstadium. Eher Zweifelhaft, dass da - egal ob dann im September Scholz oder Laschet der bessere Merkel wird - irgendein substanzielles Umdenken statt finden wird.


    Und wenn die fdP 🤢 die neue dritte Koalitionspartnerin werden soll, muss im Koalitionsvertrag für die nächste Legislatur sowieso noch mehr "Pragmatismus" und "Ideoligiefreiheit" festgenagelt werden.

  • Natürlich muss das dann auch individuelle, juristische Folgen für die Akteure haben. Aber es ist eben kein individuelles Problem. Da hätte auch ein Steinmeier, ein de Maizière oder ein Özdemier auf dem Posten sitzen können und es hätte keinen Unterschied gemacht. Seit 20 Jahren läuft das ja so - allein in Afghanistan.

    Wir versuchen jetzt hier aber nicht seit 20 Jahren Ortskräfte zu evakuieren. Dass der Krieg in Afghanistan "falsch" und evtl. auch völkerrechtswidrig ist, dass auch völkerrechtswidrig nach Afghanistan abgeschoben wurde, war gerade nicht mein Thema.

    Mir ist das einfach wichtig, weil sich dieser Sumpf aus strukturellen Missständen durch sämtliche Bereiche zieht aber hier mal so eklatant zu Tage trägt, dass er sich nicht mehr kaschieren lässt und offen zur Disposition gestellt gehört.


    Wir hatten einen ähnlichen Punkt mal zu Beginn der Pandemie erreicht. Da wurde selbst vereinzelt in den MSM die Systemfrage gestellt. Nach diversen Nebelkerzen und einer kontrollierten Opposition aus hirnverbrannten Wutbürgern, ist davon nichts mehr übrig geblieben - gar nichts.

    Das kann man natürlich alles darin erkennen. Keine Frage. Nur wird man so etwas nicht alles auf einmal abhandeln können. Das hat meiner Ansicht nach M.Bülow in der Sitzung getsern zwar versucht, aber welche Konsequenzen lassen sich daraus nun konkret ableiten? Dass am Ende der Kapitalismus abgeschafft gehört? Ich fände es erstmal richtig gut, wenn Minister der Regierung vor ein Gericht gestellt werden und sich einer Anklage (ich bin kein Jurist) für fahrlässiges Handeln mit Todesfolge erwehren müssen. Und natürlich würden diese Fälle dann viel weitreichender diskutiert und besprochen werden. Ich will wirklich erstmal Konsequenzen sehen. Zurzeit "übernimmt" hier jeder "die Verantwortung" und bleibt im Amt. Wenn man jetzt schon die "Systemfrage" stellt wirkt das doch viel eher entlastend. Dann konnte ja keiner großartig anders handeln. Ja wenn DAS SYSTEM von den einzelnen Beteiligten jedoch als Verteidigungsstrategie hervorgebracht wird, ähnlich wie bei den Nürnberger Prozessen übrigens, stellen aber nicht mehr wir die Systemfrage, sondern (indirekt) die Angeklagten!

    Nach dem Motto : "Ich konnte nicht anders, es ist das System" - Aha! Das wiederum hielte ich für ungleich wirksamer.

    Ja, sich alleine darauf zu verlassen ist schon sehr Naiv. Wie das dann läuft, haben wir beim NSU und Cum-Ex gesehen. Das Aktenschreddern scheint ja auch schon zu laufen.

    Ich fand es, gerade mit Blick auf die letzten Skandale, auch ziemlich abstoßend, dass sowohl die Union als auch die SPD das Löschmoratorium ablehnten mit dem Verweis auf irgendwelche Archivgesetze. Abstoßend und wahrscheinlich auch berechnend... mehr kann ich dazu nicht sagen. Es werden nämlich wieder Beweise verschwunden sein. Davon muss man tatsächlich ausgehen.

  • Wir versuchen jetzt hier aber nicht seit 20 Jahren Ortskräfte zu evakuieren. Dass der Krieg in Afghanistan "falsch" und evtl. auch völkerrechtswidrig ist, dass auch völkerrechtswidrig nach Afghanistan abgeschoben wurde, war gerade nicht mein Thema.

    Es gibt aber Gründe, warum wir da gelandet sind. Es gibt Gründe anzunehmen, dass dieser Ausgang der Kampagne seit mindestens 10 Jahren das realistischste Szenario war. Das Fiasko mit den Ortskräften jetzt isoliert zu betrachten ist doch genau das Problem, weil die Weichen dafür eben schon weit vorher gestellt wurden. Damit kann man dann den Linken auch schön einen Strick drehen, wenn sie bei der Abstimmung gestern über den Horizont von 14 Tagen hinaus argumentieren. Genau das ist die aktuelle PR-Strategie, mit der die Krise wegmoderiert wird.

    Das kann man natürlich alles darin erkennen. Keine Frage. Nur wird man so etwas nicht alles auf einmal abhandeln können. Das hat meiner Ansicht nach M.Bülow in der Sitzung getsern zwar versucht, aber welche Konsequenzen lassen sich daraus nun konkret ableiten? Dass am Ende der Kapitalismus abgeschafft gehört? Ich fände es erstmal richtig gut, wenn Minister der Regierung vor ein Gericht gestellt werden und sich einer Anklage (ich bin kein Jurist) für fahrlässiges Handeln mit Todesfolge erwehren müssen.

    We could walk and chew gum at the same time, you know.


    Ich bin der Meinung, dass, solange wir das Thema nur auf der individuellen Ebene und im vorgekauten Framing betrachten, wir nicht zum Kern des Problems kommen. Denn eine individuelle Betrachtung ist natürlich jetzt das, was das System und der News-Cycle vorsieht, weil auf der Ebene eh nichts passiert und bis zu dieser bitteren Gewissheit dann auch niemand mehr tiefer blicken wird (wie bei der Pandemie). = Empörungs-Management.


    Ich will über dieses Thema auch nicht den Kapitalismus abschaffen. Völlig albern. Ich will, dass die strukturellen Fehler, die gerade offen zur Schau liegen, gebührend an den Pranger kommen. Ob sich aus dieser Debatte dann mal eine Perspektive entwickelt, die auch den Kapitalismus genauer Beleuchtet, bleibt meine Hoffnung aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht meine Forderung.

    Wenn man jetzt schon die "Systemfrage" stellt wirkt das doch viel eher entlastend. Dann konnte ja keiner großartig anders handeln. Ja wenn DAS SYSTEM von den einzelnen Beteiligten jedoch als Verteidigungsstrategie hervorgebracht wird, ähnlich wie bei den Nürnberger Prozessen übrigens, stellen aber nicht mehr wir die Systemfrage, sondern (indirekt) die Angeklagten!

    Ich finde, das ist eine sehr unterkomplexe Sicht. Ich pack mal einen Kaugummi aus.


    Wie soll denn das als Verteidigungsstrategie dienen können? Niemanden wurde hier die Knarre an den Kopf gehalten, um so zu handeln. Der Punkt ist doch vielmehr, dass - wie bereits mal erwähnt - die Typen da überhaupt nur walten können, weil sie eben genau die richtigen für den Job sind. Vielleicht sagt uns auch deshalb jeder, dass die Linken so regierungsunfähig sind. Klickerklicker?


    Ich fand es, gerade mit Blick auf die letzten Skandale, auch ziemlich abstoßend, dass sowohl die Union als auch die SPD das Löschmoratorium ablehnten mit dem Verweis auf irgendwelche Archivgesetze. Abstoßend und wahrscheinlich auch berechnend... mehr kann ich dazu nicht sagen. Es werden nämlich wieder Beweise verschwunden sein. Davon muss man tatsächlich ausgehen.

    Ja, aber dann denk doch mal weiter. Wieso soll das hier wieder nur ein isoliertes Problem sein? Ein Einzelfall, der mit nix anderem zu tun hat?

  • Ich bin mal gespannt, wie lange das Thema überhaupt noch die Form der Relevanz hat, wie es hier einem so suggeriert wird. In den griechischen Flüchtlingslagern sind ähnlich viele Menschen betroffen, nur lassen sie sich medial nicht so spektakulär apokalyptisch in Szene setzen. An Weihnachten spricht niemand mehr über Afghanistan, falls wir da nicht aus Grund XY doch wieder mit der NATO reinballern.


    Ich sag das auch, weil Familie und Freunde teilweise hart von der Flut zuletzt getroffen wurden, aber das Thema langsam auch etwas ausgelutscht ist. Und ja Mensch, es sind ja nicht einmal wir um die es dort geht, von daher...

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