Nach der Wahl ist vor der Wahl - US-Politik nach Trump

  • Wäre vielleicht der richtige Moment für den 25. Verfassungszusatz. Jetzt oder nie.

    EDIT: Wüsste nicht wie bzw warum das 25th Amendment jetzt greifen sollte. Der ist ja nicht irrer als sonst.


    Das ist ja der Punkt. Es hätte viele Anlässe gegeben. Dies ist vermutlich der letzte. Von daher jetzt oder nie.


    https://edition.cnn.com/politi…1d1953f893d18ce60df16d178


    Zitat

    Some Cabinet members are holding preliminary discussions about invoking the 25th Amendment to force President Trump’s removal from office, a GOP source said.


    The discussions are ongoing but it’s unclear if there will be enough Cabinet members to result in Trump’s removal.


    The conversations have reached the Hill where some senators have been made aware of the discussions, the source said.


    Vielleicht trauen sie sich, während Trump twitter-mundtot ist.

  • Tatsächlich habe ich wenig von Halper gehört, aber ich wusste um ihre Assoziation mit Taibbi und auch mit Rising. Genau darauf will ich ja hinaus. Liberal im Sinne von links, nichts wie liberal hier. Ich bin davon ausgegangen, wenn RobFord Redux sie als "social liberal" einordnet, dann soll das bedeuten, dass sie sich nicht für Umverteilung engagiert, sondern nur für rechtliche Gleichstellung usw.

  • Also tatsächlich finde ich die Überschneidungen mit faschistischen Bewegungen nicht so klein. Da ist das Führerprinzip. Man hat die identitätsstiftende Mythik, sowohl das Andocken an den US-amerikanischen Exzeptionalismus wie etwa in Form von manifest destiny, ein faschistisches Element des US-Nationalismus selbst, als auch Neomythen, die das Internet geboren hat. Und da ist der Zuspruch zu totalitärer Machtausübung durch den Staat.

    Ich will das was da passiert ist nicht verharmlosen. Sicher kann man da faschistoide Tendenzen sehen.


    Vielleicht liegt's auch daran, dass ich mittlerweile ein bisschen allergische Zustände bekomme, wenn von links und liberal bei jedem Anlass "Faschismus" gaschrien wird. In unserLand hat das unter anderem ja schon dazu geführt, dass jetzt sogar tatsächliche Faschisten (oder Leute die zwar selbst keine sein wollen, aber offensichtlich kein Poblem damit haben sich von denen Polizeisperren durchbrechen zu lassen) bei jeder Gelegenheit "Faschismus" schreien, um sich als Opfer eines totalitären Regimes darzustellen.


    Das mit dem Führerkult und der irrsinnigen Annahme, Amerika sei eigentlich sowas wie das gelobte Land und seine (weißen) BürgerInnen das auserwählte Volk, ist sicher zum Teil richtig, aber was da einfach fehlt ist der knallhart durchorganisierte Parteiapparat, der die herrschenden Verhältnisse zu gunsten des Führungsanspruches seiner Betreiber revolutionieren will.

    Die Republikaner haben diesen Geist zwar aus der Flasche gelassen, aber letztendlich haben sie sich ja nun doch dafür entschieden, den Stöpsel wieder drauf zu machen und - jedenfalls für's erste - lieber das altbewährte System - also vorne am Rednerpult irgendwas salbungsvolles von values, democracy und freedom of speech labern, und dann im politischen Alltag zwischen Drehtür und Lobbyismus weiter schön Geld von Unten nach oben umverteilen - weiter am laufen zu halten. Und dabei sind sie sich ja auch grundsätzlich völlig einig mit ihren jetzt die Regierungsgeschäftemacherei übernehmenden politischen WidersacherInnen. So, why change a running system?


    Dass das nicht mehr lange gut gehen wird, fürchte ich allerdings auch. Und was gestern im Kapitol passiert ist war sicher nur ein kleiner Vorgeschmack. Aber man sollte da aus europäischer - und speziell aus deutscher - Sicht vielleicht nicht so schnelle Schlüsse ziehen, ohne zu berücksichtigen, dass da halt leider der Grad an politischer Unbildung noch wesentlich weiter fortgeschritten ist, als hierzulande und dass es dort eine Menge Leute gibt, die tatsächlich glauben, sie müssten als gute Christen und Patrioten ihr Land of the Free und Home of the Brave gegen den Sozialismus und seine dämonischen Antifa-Horden verteidigen.


    Auf einem der Videos von gestern (finde ich leider gerade nicht mehr) war ein riesiges bemaltes Transparent zu sehen, dass die Protestierenden vor dem Kapitol ausgebreitet hatten. Darauf war nicht das Antlitz des großen weißen (bzw. orangen) Führers zu sehen, sondern das von Nancy Pelosi. In den Händen hielt sie ein zerissenes Stück Papier, so wie damals, als sie ganz besonders mutig hinter Trumps Rücken nach seiner Rede im Kongress das Redemanuskript in zwei Teile zerriss und sich dafür vom versammelten liberalen Medienbetrieb als Heldin des Widerstandes gegen den faschistischen Putin-Agenten im weissen Haus abfeiern ließ.

    Auf dieser Version hielt sie allerdings kein Manuskript in der Hand, sondern die amerikanische Verfassung.

  • Liberal im Sinne von links, nichts wie liberal hier.

    Das verschiebt sich, glaube ich, gerade mit dieser missverständlichen Begrifflichkeit. Gerade Halper und Taibbi wettern in letzter Zeit eigentlich ständig gegen die "liberals" und meinen damit natürlich das neoliberale demokratische Parteiestablishments. Die linken DemokratInnen nennen sich ja auch nicht ohne Grund eher "progressives" als "liberals".

  • Die Republikaner haben diesen Geist zwar aus der Flasche gelassen, aber letztendlich haben sie sich ja nun doch dafür entschieden, den Stöpsel wieder drauf zu machen und - jedenfalls für's erste - lieber das altbewährte System - also vorne am Rednerpult irgendwas salbungsvolles von values, democracy und freedom of speech labern, und dann im politischen Alltag zwischen Drehtür und Lobbyismus weiter schön Geld von Unten nach oben umverteilen - weiter am laufen zu halten. Und dabei sind sie sich ja auch grundsätzlich völlig einig mit ihren jetzt die Regierungsgeschäftemacherei übernehmenden politischen WidersacherInnen. So, why change a running system?


    Dass das nicht mehr lange gut gehen wird, fürchte ich allerdings auch. Und was gestern im Kapitol passiert ist war sicher nur ein kleiner Vorgeschmack. Aber man sollte da aus europäischer - und speziell aus deutscher - Sicht vielleicht nicht so schnelle Schlüsse ziehen, ohne zu berücksichtigen, dass da halt leider der Grad an politischer Unbildung noch wesentlich weiter fortgeschritten ist, als hierzulande und dass es dort eine Menge Leute gibt, die tatsächlich glauben, sie müssten als gute Christen und Patrioten ihr Land of the Free und Home of the Brave gegen den Sozialismus und seine dämonischen Antifa-Horden verteidigen.

    Ich find die Überraschung darüber, dass das "Unvorstellbare" geschehen ist (im DLF hieß es sogar "so etwas hat es in der Menschheitsgeschichte noch nicht gegeben") entweder völlig scheinheilig, oder das mediale Establishment ist sich inzwischen tatsächlich immer noch nicht im Klaren darüber, was da drüben eigentlich los ist. Ich mein, ein Hagen Rether hat schon vor mehr als 10 Jahren gesagt, dass die Bauern im Mittleren Westen sich irgendwann zu Milizenverbünden zusammenfinden und dann vor den Toren Monsantos stehen - das hat er ja nicht aus der Luft gegriffen.

    Für die Republikaner ist das meines Erachtens tatsächlich einfach, sich komplett von Trump zu distanzieren, nachdem sie ihn (inklusive seiner Nominierung als Kandidat) 99,9% der Zeit unterstützt haben. Einerseits bewahren sie sich ihr Standing bei den Großkonzernen und andererseits sind sie jetzt auf jeden Fall der vermeintliche Türöffner für echte Veränderungen. Von deren Warte aus ist das vermutlich perfekt gelaufen, und auch die Dems können die Story für sich auslegen und verkaufen - läuft doch. Wenn ich jetzt noch einmal höre "das Land sei gespalten" dann krieg ich das Kotzen, weil es schon seit langer, langer Zeit gespalten ist. Hier kommt echt das (gerne von Jebsen bemühte Zitat) "divide et impera" sehr gelegen. Mnaaah, fuck it, hauptsache der Senat geht an die Dems und denen geht argumentativ innenpolitisch der Arsch zumindest ein bisschen eher auf Grundeis. Hoffen wir mal, dass der republican backlash 2024 wieder ein Clown ist, und nicht ein echter Faschist. Das Ganze einen Putschversuch zu nennen ist technisch vielleicht korrekt, aber ich hätte mal gerne die USA gesehen, die sich von ein paar Hooligans administrativ leiten lassen :rolleyes: Echt lächerlich.


    Edit:

    im WDR5-Tagesgespräch hat noch ein Anrufer von seinen Bekannten aus Kalifornien erzählt. Die hätten ihm gesagt, dass sie sich gar nicht mit diesen Menschen identifizieren können, sie seien Kalifornier. Funny enough, dass wenn man auch nur ein paar Kilometer in das Landesinnere von Kalifornien fährt (und damit aus denn Ballungszentren und Blasen heraus) man ziemlich schnell den Eindruck gewinnt, dass es sich um "Trumpland" handle. Und das sage ich, weil ich es aus erster Hand noch von meinem damaligen Host so gesagt bekommen habe. Von wegen "wir sind Kalifornier".... Hutschnur ist echt gespannt momentan.

  • Mag sein, dass die Begrifflichkeit sozial-libertär lauten müsste und über den Atlantik schwappte. Im alten Forum hatten ein paar Leute mal einen politischen Kompass Test diskutiert.


    Also nagelt mich nicht an dem Begriff fest. Sind sowieso alles dreckige Sozialisten-Lumpen. Liberal war ja nicht immer nur das, was man heute darunter versteht. Man denke an die sozial-liberalen Koalitionen in Deutschland.

    Sozial und liberal impliziert ja im Grunde schon, dass es nicht um die moderne Interpretation der Begrifflichkeit gehen kann. ;)

  • Das Ganze einen Putschversuch zu nennen ist technisch vielleicht korrekt, aber ich hätte mal gerne die USA gesehen, die sich von ein paar Hooligans administrativ leiten lassen :rolleyes: Echt lächerlich.


    Wenn sie hätten putschen wollten, dann hätten sie sicher alle Körperpanzerung und Sturmgewehre getragen, das muß man sich ja auch mal vorstellen, wäre es so gekommen, dann würden sich die SEKs noch 10 Tage Schiessereien mit den Leuten im Capitol liefern.


    Das da Leute bei Pelozi am Schreibtisch sassen, das andere Leute Gouverneur/innen entführen wollten, das wird man so langsam ernst nehmen. Vielleicht wird man mal das Rüstungsbudget überdenken und lieber was für die Wütenden tun - denn was nutzt eine Green Zone im Irak wenn man in Washington keine Green Zone halten kann.


    Beim nächsten mal könnten die Sturmgewehre dabei sein...

  • „Der Flughafen Glasgow-Prestwick erwartet am 19. Januar einen wichtigen Flieger. [...] «Das ist ein Flugzeug, das normalerweise vom Vizepräsidenten genutzt wird, aber oft auch von der First Lady. Präsidentenflüge werden meist weit im Voraus gebucht, wegen der damit verbundenen Arbeit, die erledigt werden muss.»

    In der Nähe des schottischen Flughafens besitzt Donald Trump den Golfclub Trump Turnberry.

    Schottland hat schon klargemacht das er sich verpissen darf.


    https://www.nytimes.com/2021/0…scotland-golf-course.html

    Zitat

    Rumored Trump Trip to Scottish Golf Course Ruled Out of Bounds

    Scotland’s first minister, Nicola Sturgeon, has shot down a supposed plan for the president to pass the Biden inauguration at his Turnberry links.

    Ich tippe ja in Sachen Trump-Exil, wenn auch nur vorübergehend, auf Golfstaaten. Da gibts goldene Wasserhähne und die sehen das mit Demokratiedefiziten nicht so eng.


    Ahjo, in den Medien wird gerade Tacheles geredet.


  • Auf einem der Videos von gestern (finde ich leider gerade nicht mehr) war ein riesiges bemaltes Transparent zu sehen, dass die Protestierenden vor dem Kapitol ausgebreitet hatten. Darauf war nicht das Antlitz des großen weißen (bzw. orangen) Führers zu sehen, sondern das von Nancy Pelosi. In den Händen hielt sie ein zerissenes Stück Papier, so wie damals, als sie ganz besonders mutig hinter Trumps Rücken nach seiner Rede im Kongress das Redemanuskript in zwei Teile zerriss und sich dafür vom versammelten liberalen Medienbetrieb als Heldin des Widerstandes gegen den faschistischen Putin-Agenten im weissen Haus abfeiern ließ.

    Auf dieser Version hielt sie allerdings kein Manuskript in der Hand, sondern die amerikanische Verfassung.

    Hab's gefunden:



    ("https://youtu.be/_dGyEhnhGdw?t=160"-ab ca. 2:40)

  • Ich will das was da passiert ist nicht verharmlosen. Sicher kann man da faschistoide Tendenzen sehen.


    Aber doch eigentlich faschistoid = tendenziell faschistisch, oder? Habe gleich mal einen alten Beitrag von mir berichtigt, wo ich auch fälschlich von faschistoiden Tendenzen spreche.


    Und genau wegen deiner Einwände sage ich ja: Der Impuls ist da, aber alles wird stattdessen in Spektakel, identitäre Inszenierung und Selbstvermarktung gewendet.


    Der republikanischen Partei ist ein stückweit das gelungen, was konservative Kräfte im Europa der Zwanziger und Dreißiger mit den damaligen faschistischen Bewegungen versucht haben aber gescheitert sind. Sie haben diese rechte Bewegung domestiziert. Genau wie sie von den Süddemokraten nach Johnsons Bürgerrechtsgesetzgebung die rassistische Wählerschaft übernommen haben, aber trotzdem national ein nicht-nativistisches Profil pflegten.


    Hat eigentlich sein Spiegelbild auf der Linken, wo die Idee von identity poltics als Basis für Solidarität gegen alle Formen von Unterdrückung in ein politischen Warenladen umgewandelt wurde, wo zugeschnitten für jede einzelne Minderheit spezifische kulturelle Symbole, Repräsentation, (meist inszenierte) Empörung in ihrem Namen und gelegentlich auch mal tatsächliche rechtliche Gleichstellung angeboten wird, ebenfalls eine Form der Domestizierung. Insofern kann ich auch verstehen, wenn man sehr genau darauf schaut, ob jemand wie Ocasio-Cortez in diese Richtung tendiert.

  • Weil in der Echokammer von Trump-Unterstützern alles fluide ist, gibt es natürlich auch die Verschwörungserzählung, dass das Eindringen in das Kapitol und die chaotischen Szenen durch Antifa-Provokateure inszeniert wurde:


    https://www.buzzfeednews.com/a…involved-in-the-attempted


    Ich glaube übrigens die Bezeichnung als Coup kann man schon rechtfertigen, da es tatsächlich darum ging - also im Verständnis dieser Demonstranten - die Präsidentschaft von Biden zu verhindern. Die Untauglichkeit des Vorgehens spricht denke ich nicht gegen die Bezeichnung. Als clown coup wird das ganze Theater ja nun schon länger bezeichnet.

  • Zur Stützung dieser Sichtweise:


    https://twitter.com/SenJeffMer…tatus/1346938705932648451



    Wenn Trumps Horden diese Beute in die Finger bekommen hätten, hätten wir vielleicht nie den Ausgang der Wahl erfahren, oder sie hätten sie heimlich umändern und zurückgeben können.

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