#519 - Klimaschmutzlobby | Investigativjournalistin Annika Joeres


  • Zu Gast im Studio: Investigativjournalistin Annika Joeres über ihre Recherchen zur "Klimaschmutzlobby", über neoliberale Thinktanks, rechtspopulistische Parteien und Regierungen. Gemeinsam mit Susanne Götze schrieb sie das gleichnamige Buch und berichtet, "wie Politiker und Wirtschaftslenker die Zukunft unseres Planeten verkaufen".


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  • Vielen Dank, sehr schön. Es ist gut dass es zu sowas ein Buch gibt.


    Ich will aber davor warnen selbst auf bestimmte sehr wirksame Methoden der Kimaschmutzlobby hereinzufallen.


    Eine extrem Erfolgreiche Kampagne der Zucker Industrie war die Verteufelung von Fett durch die Cholesterin Kampagne. Erst nach vielen Jahren konnten unabhängige Wissenschaftler beweisen, dass die Zusammenhänge zwischen Herz Kreislauf Erkrankungen, Cholesterin und fettem Essen nicht nachgewiesen werden können.


    Es gibt eine Sache in der Lebensmittelproduktion die ist unverhältnismässig viel schädlicher für unsere Gesundheit als alle anderen und das sind (große Mengen) an Zucker. Ich möchte das nicht im einzelnen ausführen, aber wenn man sich die ursachen für Krankheiten durch schlechte Ernährung anschaut dann kommt an erster Stelle zucker und dann lange lange nichts. Trotzdem hat es die Zuckerlobby geschafft Fett als DIE Gefahr darzustellen.


    Weil man mit der Strategie genau die Gruppen ereicht die sich um gesunde Ernährung sorgt, ist sie so erfolgreich. Man kann dann "Fettfreien Joghurt" mit haufenweise Zucker drin als "gesundes Produkt" vermarkten oder die Süssigkeit Jogurette als "leicht" deklarieren


    übermässig fettiges Essen ist sicher nicht total Gesund aber die Gefahr für die Gesundheit durch Zucker muss einfach im Zentrum jeder Politik stehen die Verbraucherschutz ernst nimmt. Natürlich kann Klöckner aber völlig untätig bleiben weil ja in der öffentlichen Wahrnehmung dank guter Propaganda Zucker nur "eine" gefahr von vielen ist.


    Was jetzt kommt ist wahrscheinlich für viele provokativ und ich will auf keinen Fall die Bedeutung des Verzichts auf übermässigen Fleischonums schmälern aber das gleiche gilt für die Verbrennung fossiler energietrager und Rinderfürze. (Edit: Es gibt zahlreiche andere Gründe um die Fleischindustrie zu boykottieren, Tierwohl, Hunger usw).


    Mit folgender Studie konnte die Öl/Kohle Lobby in der Bevölkerung den gleichen Erfolg erzielen wie die Zucker Lobby mit ihrer Cholesterin Kampagne.


    "Livestock and their byproducts actually account for at least 32,564 million tons of CO2e per year, or 51 percent of annual worldwide GHG emissions." (source: Robert Goodland and Jeff Anhang)

    Dise Studie wurde regelmässig überall da zitiert wo Klimaaktivisten auftraten. Sie führte zu einem Weltweiten Boom an Veganer/ vegetarischer Ernährung. Das Problem: sie war völliger Unsinn. Der Einfluss des Fleischkonsums liegt auch nicht bei 20% wie in dem Interview erwähnt.


    Für den Klimawandel gilt eben auch, Verantwortlich sind Öl/Gas/Kohle und dann erstmal lange, lange nix. Wenn man denkt diese wären nur "ein" Problem von vielen, dann ist man der Lobby auf den Leim gegangen. Bitte bitte vorsicht. Gerade weil das bei denen die sich als Klimaaktiviten so engagieren so gut ankam wurde diese Methode der Beeinflussung gewählt.



    File:Greenhouse gas emissions by IPCC source sector, EU28, 2016 .png -  Statistics Explained



    Neuere Studien sehen den Einfluss der Landwirtschaft (2019) bei ca 10%, ca. die Hälfte davon wird verursacht durch Schwemmland Reisanbau. Das Treibhausgas Methan hat eine weit größere Wirkung als CO2 wird aber auch wesentlich schneller abgebaut. Es gibt weit mehr Senken für die Methanemission als für CO2 Emission, die für Jahrzehnt/Jahrhunderte unser Klima bestimmt.


    MethaneInfographic2020.png




    Man muss also die Methan-Emissionen durch die Landwirtschaft nicht im gleichen Maße zurückfahren um eine Klimaneutrale Landwirtschaft zu erreichen.
    (edit, allein wenn wir die in der Erdölgewinnung entstehenden Methan-Emissionen beenden würden wäre das globale Methan Budget schon Nachhaltig ohne in der Landwirtschaft irgendwas zu ändern).


    Es sind die CO2 Emissionen in der Energiewirtschaft, im Verkehr und in der Industrie um die es geht. Man kann gerne auf Fleisch verzichten aber es ist nicht Ok leute als Klimasünder abzuurteilen weil sie einen Burger essen. Genau diese Methode ist es die die Lobby anwendet um uns zu spalten.


    Jeder Konflikt, so wie der zwischen Veganern und Fleischessern hilf den Klimaschmutzlobbyisten ihre Agenda weiter durchzudrücken.

  • Hevorragendes Interview, in dem ihr beide sehr gut durchdekliniert habt, welche Lobbys, wie bremsen und welchen Schaden Sie für das Klima anrichten. Ich fand das gut, dass Tilo aus der Warte eines Lobbyisten gefragt hat um zu verstehen mit welchen Binsen die teilweise um sich werfen.


    Leider ist das, was Annika berichtet über die verschiedenen Lobbys sehr deprimierend, mit welcher Dreistigkeit bestimmte Verbände, Vereine, Unternehmen und Politiker:innen durchkommen. Hinzukommt die Rolle vermeintlicher Leitmedien, die viel mehr Aufmerksamkeit auf Lobbytätigkeiten (nicht nur im Bereich Klimaschmutzlobby) lenken müssten. Im Zuge der Maskenkorruption in der Union hat man gesehen, wie wirksam gründliche und investigative Berichterstattung sein kann. Dabei geht es mir nicht darum, dass die Union ein paar Prozentpunkte im Horse Race verliert. Ungereimheiten oder möglicherweise rechtswidriges Verhalten muss bei allen Parteien gleich sanktioniert werden. Es geht mir vielmehr um Folgendes:


    Besonders an Politiker:innen, ganz egal welches Parteibuch, darf ich doch wohl noch den Anspruch haben, dass sie ihr Mandat in Partei oder Verfassungsorgan ganz im Sinne der gesamten Gesellschaft ausführen. Letztlich lässt sich aber so ein wissenschaftsfeindliches, klimawandel(ver)leugnendes Verhalten, glaube ich nur so erklären, dass einige, gerade konservative Politiker:innen dies nicht verstanden haben. Sie scheinen charakterlich wohl nicht für ein politisches Mandat geeignet zu sein. Beispiel Wolfang Kubicki, der Tilo ja mal erklärt hat, Rechtsanwalt ist sein Beruf und MdB ist eine Nebentätigkeit. Das mag vielleicht für Kommunalpolitik in einem Halbtagsparlament ok sein, aber als MdB habe ich mich voll und ganz der politischen Arbeit zuzuwenden. Dass Leute wie Fabio de Masi sich noch erklären müssen, warum sie das machen, was sie machen und nicht nach der erstbesten Nebentätigkeit schielen, bedarf doch eigentlich keine Rechtfertigung, sondern sollte Selbstverständnis sein, warum man den Kram überhaupt macht.


    Stattdessen scheinen gerade Konservative alles ihrem eigenen finanziellen Wohlsstand zu opfern. Ideologie ist ihnen egal. Wolfang hat in den Neuen Zwanzigern oft erklärt, dass man gerade die Union sehr gut an ihren eigenen Werten und Taten packen kann. Er meinte, dass Z.B. oft das Erbe und dessen Steuerfreiheit bis aufs Blut verteidigt wird. Sozialistische Enteignungen durch Links und Grün sind Luzifer persönlich. Einschub: Man sieht ja wie die armen Thüringer*innen unter der Knute Ramelows bei Wasser und Brot darben. Wolfang sagte jedenfalls, Konservative beziehen sich damit rein auf das finanzielle Erbe. Die Existenz eines ökologischen Erbes für ihre Kinder wird ge- oder verleugnet. Genauso sind die 8.000 Kohlekumpel nur Bauernopfer ihrer marktwirtschaftlichen *hust* kapitalistischen Ideologie, wie es im Interview erklärt wurde. Eigentlich sind diese Menschen die ärmsten Schweine, denn sie werden so schnell fallen gelassen, sobald sich das Geschäftsmodell der Energiekonzerne nicht mehr rechnet oder der Druck auf die konservative Bremsklotz-Politik zu groß wird.


    Ich frage mich dahingehend auch, welche Regeln zur Einflussnahme durch solche Lobbys wirklich Sinn machen würden. Womöglich machen Karenzzeiten oder Sperrfristen von 5, 8 oder 10 Jahren Sinn, damit sich z.B. ein Ex-MP Tillich nicht selber regulieren kann - natürlich, klar. Allerdings stellt sich dann wieder die Frage, wie man das eingrenzt. Darf ein MdB, das einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb führt, nicht im entsprechenden Ausschuss sitzen, aber darf es im Umweltausschuss sitzen? Man kann kaum erwarten, dass ein MdB nur wegen des zeitlichen begrenzten Mandats den eigenen Betrieb aufgibt. Welchen Job darf jemand nach dem Ausscheiden annehmen? Ein Ex-MdB aus dem Umweltausschuss sollte wohl nicht für einen Kohlekonzern in den Aufsichtsrat kommen, klar. Aber es werden sich genug Schlupflöcher finden, z.B. wenn plötzlichen neue Posten in komischen PR-Agenturen oder Anwaltskanzleien aus Berlin-Mitte oder dergleichen geschaffen werden, die die Kohlekonzerne möglicherweise in ihren Portfolio haben. Die Grenzen sind fließend und es bedarf dringend eine ausgefeilte Gesetzgebung, damit Ausuferungen dieser Lobbys, Korruption bekämpft und Selbstregulierung politischer Amtsträger endlich stattfindet.

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