DER ENTSCHEIDENDE PUNKT V mit Anja Reschke

  • BILD und Julian Reichelt erinnern aktuell an Steve Bannon aus den USA, der mit dem Medienformat "Breitbart" ebenfalls Öl in jedes noch so kleine politische Feuerchen goss. Doch anders als in Deutschland scheint in den USA die Spaltung der Bevölkerung groß genug gewesen zu sein, um einem Populisten wie Trump an die Macht zu verhelfen. Bei seinem deutschen Pendant Friedrich Merz ist das ja nicht gelungen. Doch auch in Europa scheinen populistische Führungsfiguren immer beliebter zu werden, was eben nicht zuletzt an der skandalorientierten Berichterstattung vieler Medienhäuser liegt. Outrage sells!

  • Schade, dass in der Sendung am Ende der Personenwahlkampf so herausgestellt wurde. Wie wäre es, wenn eine Wahl ohne die Benennung eines Kandidaten für den ChefInnensessel durchgeführt wird, die Wähler anhand der Programmatik entscheiden und die Koalitionspartner (ohne Koalitionen wird es wohl nie gehen) einen Kanzler küren? Vielleicht sogar einen, der keiner Partei angehört?

  • Schade, dass in der Sendung am Ende der Personenwahlkampf so herausgestellt wurde. Wie wäre es, wenn eine Wahl ohne die Benennung eines Kandidaten für den ChefInnensessel durchgeführt wird, die Wähler anhand der Programmatik entscheiden und die Koalitionspartner (ohne Koalitionen wird es wohl nie gehen) einen Kanzler küren? Vielleicht sogar einen, der keiner Partei angehört?

    Das klingt ja fast nach Bundesrepublik, die Parteien verbreiten Programme für die sie gewählt werden wollen, geben sich dann einen davon völlig unabhängigen Koalitionsvertrag und wählen jemanden auf den Chefysessely. Nur das dasy jemandy parteilos und nicht Parteisoldaty ist wird wohl nie passieren.

  • Starke Sendung!


    In einem Punkt möchte ich allerdings AvL widersprechen: Ja, Habeck hat sich ein bisschen vorführen lassen von Tilo bei der Assange-Frage, aaaaber dass er da einen Moment nachdenkt und zu einer persönlichen Meinung findet und eben nicht einer Parteilinie folgt, hat für mich die Grünen wieder zu einer wählbaren Partei gemacht (bis Baerbock Kanzlerkandidatin wird, wovon ich überzeugt bin, und damit wieder eine Parteisoldatinpolitikerin das Ruder übernimmt).


    Ich bin damit sicher die große Ausnahme, aber das ist für mich Progressivität in Bezug auf den festgefahrenen parteienpolitischen Machtapparat. Auch mal Ideale haben und zu diesen stehen.

  • da stimm ich absolut zu. ich mein ja er hat rhetorisch gewackelt bei der frage, aber er hat eben nachgedacht und er ist am ende bei der richtigen, aber für ihn politisch riskanteren aussage rausgekommen. ich wähle viel lieber so jemanden, als jemanden der als antwort ein allgemeinplätzchen raushaut. medien und generell öffentliche personen die das kritisieren, sind für mich teil des problems

  • Sehe es auch so, dass es ein starker Moment für Habeck (als einzelne politische Figur!) war. Ich finde aber dennoch, dass man diese imprompu Entscheidungsfindung nicht getrennt vom machtpolitischen Hintergrund mit Blick auf die BTW betrachten kann, wenn man sich anguckt, wie sehr die Grünen auf eine Koalition mit der Union schielen. Würde Habeck - unabhängig davon, ob er selber Minister wird oder nicht- in einer schwarz-grünen Regierung sich weiterhin für die Freilassung Assanges einsetzen? Wäre das der Dealbreaker bei Koalitionsverhandlungen? Bei allem Idealismus, den Habeck mit seiner Entscheidungsfindung beim Interview mit Tilo gezeigt hat: Unterm Strich kommt dabei nichts raus, wenn er die Freilassung fordert, jedoch gewillt ist mit der Union in eine Koalition zu gehen. Es ist ja Habeck selber, der oft Jamaika in Schleswig-Holstein gelobt hat und dies als Arbeitsnachweis liefert, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht. Im Übrigen glaube ich auch nicht dass bei R2G selbst mit Habeck als Kanzler transatlantische Brücken zum Einsturz gebracht werden, wenn man sich dann befreit von Koalitionszwängen mit Vehemenz für Assange einsetzt. Dafür ist ihnen das Thema (leider!) zu unwichtig!


    Ich hätte zum sonntägigen Blätterwald nochmal zwei entscheidende Punkte zu machen:


    1. Bezüglich der "Mitte-Ideologie" der CDU, über die auch Ziemiak gestern so schön fabulierte, hatte Hans gestern den schönen Satz gesagt - ich umschreibe jetzt - dass viele CDUler sich wirklich als Mitte der Gesellschaft identifzieren. Sie glauben das wirklich, meinte Hans.

    Ich denke, dass diese Mär von der Mitte noch heute so weitererzählt wird, liegt v.a. daran, dass die CDU, wirklich mal eine gesellschaftliche Position der Mitte für sich beanspruchen konnte.

    Der entscheidende Punkt ist, dass die Gründung der CDU kurz nach Kriegsende unter völlig veränderten gesellschaftlichen Vorzeichen stattfand. Das Ahlener Programm der CDU z.B. trieft vor Kapitalismuskritik. Es sieht die großen Industrieunternehmen als wesentliche Treiber des Nationalsozialismus, weshalb das Programm - unter starker Prägung der christlichen Soziallehre - für eine tatsächliche soziale Marktwirtschaft plädiert, die für die Menschen da ist und nicht wie heute als "Narrativ" oder Label für gewisse Lobbystiftungen missbraucht wird. Eben diese christliche Prägung (man mag sie gut oder schlecht finden) war gesellschaftlich aber eben auch politisch (siehe oben) eindeutig gegeben und stärker als sie es heute ist. Die Rolle des Christentums im Privaten, die Kirchen als wichtige soziale Institution war damals wesentlich. Die meisten Menschen waren christlich bzw. eher römisch-katholisch sozialisiert und konnten demnach auch in der CDU ihre politische Heimat finden. Insgesamt eine sehr homogene Gesellschaftsstrukur.


    Diese Gesellschaft exisitiert heute in dieser Uniformität mitnichten. Die Rolle der Kirchen und des Christentums ist nicht mehr wesentlich, sondern wird immer stärker marginalisiert (Bsp. massive Kirchenaustritte). Stattdessen hat sich die Gesellschaftsstrukur immer weiter verändert. Es kamen neue Gruppen hinzu, die Demografie hat sich durch z.B. durch Zuwanderung stark diversifiert. Identitätspolitik wie z.B. Rechte von Homosexuellen oder BiPoC spielen eine wichtige Rolle und diese Gruppen können sich Gehör verschaffen. Insofern ist nicht mehr möglich oder zumindest nicht mehr so einfach wie 1950, eine deutlich komplexere Gesellschaft in ihrer Gänze wiederzuspiegeln. Aber die CDUler die daran glauben, referieren eben oftmals auf ihre politische Position, die sie zu ihrer Gründung bei den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen tatsächlich einnehmen konnte.


    2. Zur ÖR-Kritik muss ich sagen, dass diese oft sehr eindimensional geschieht. Der größte Punkt Streitpunkt ist sicherlich der Rundfunkbeitrag, wobei diese Diskussion mittlerweile echt von rechten Trollen zersetzt wird. Mein Eindruck ist jedoch, dass sich die Kritik an den Öffis tatsächlich echt nur an einigen wenigen Formaten von ARD und ZDF aufhängt, also des Fernsehens. Das sind dann die ewigen Diskussion wie "Ich mag kein Fußball, aber die zeigen nur Fußball, warum muss ich das zahlen?" oder "Ich gucke kein Tatort, warum zahle ich mit meinem Geld irgendwelche Krimis?". Schlussendlich driftet es immer in persönliche Geschmäcker ab und der tote Gaul wird weitergeritten. Diskussion beendet.

    Ich glaube, dabei wird ignoriert, dass zwar die Sparte Fernsehen wichtig ist, sie aber nicht den gesamten ÖR ausmacht. ÖR bedeutet auch, dass die Sender Nachrichtenredaktionen unterhalten in Deutschland sowie weltweit, dass es ein breites Onlineangebot gibt, welches mittlerweile auch auf YouTube stattfindet. Und, das finde ich ganz wichtig, es gibt ein noch breiteres Hörfunkangebot mit zahlreichen Sendern und teils echt guten Sendungen. Ich bezweifele, dass viel gescheite Kritik sich auf den Hörfunk und deren Inhalte bezieht. Dieser Punkt kommt mir bei der Kritik an den Öffis einfach immer zu kurz. Beispiel "KlimaVorAcht": Die Idee halte ich für völlig richtig. Scheiß auf die Börsennachrichten, sondern lieber Klimanachrichten! Aber auch hier richtet sich der Fokus nur auf die 20 Uhr Tagesschau. Wäre es nicht auch schlau, wenn man auch ein KlimaVorAcht auf allen ÖR-Hörfunksendern morgens um 7:50 startet. Dann wenn die Leute mit dem sauberen Diesel zur Arbeit pendeln?

  • Rascasse


    Zwei Punkte:

    • Habeck könnte durchaus als moderne Iteration des Cato des Älteren sein ganz persönliches Ceterum censeo Carthaginem esse delendam nach jeder Rede als Minister anfügen. Ich denke nicht, dass man sein Gewissen am Kasernentor abgeben muss, nur weil man Teil der Regierung ist. Leider tun es tatsächlich die meisten, aber wenn ich es bei den Grünen einem zutraue, dass er sich mit logischen Widersprüchen nicht einfach abfindet, um dem Wähler Sonntagsreden zu halten, dann Habeck.
    • Es ist nunmal so, dass die Kritiker in der ÖR-Debatte durchaus einen Punkt haben, wenn sie die ganze Unterhaltung kritisieren. Denn während für Fußballscheiß (sage ich als Fußballfreund) Millionen rausgepulvert werden, werden die Auslandsstudios zusammengestrichen... (Von den (Finanz-)Konstruktionen, um gewissen bekannten Nachrichtensprechern und Talkshowmoderatorinnen mehr als durch normale Anstellung möglich zukommen zu lassen, wollen wir an der Stelle lieber gleich schweigen.)
      • Am Samstag kommt ab 18 Uhr die "Sport"schau, die aus 2 Stunden nur Fußball (aus drei Ligen) besteht. Früher gab es da mal Rubriken wie Sport aus aller Welt und so Sachen...

  • Finde ich gut, dass sich der BR zu Nitsche äußert und alle Punkte aufklärt. Genauso stark, die Bitte um Verzeihung von Tilo! Ehrenmove von allen Beteiligten!

  • Wieder eine sehr interessante Folge. Ich habe eine Frage zu der Diskussion um die Mitte. Hans Beispiel mit der Waage und den Extremen fand ich interessant. Ich bin gedanklich immer eher beim Mittelwert oder Median. Den man aber nur durch Volksbefragungen und -entscheide messen könnte. Gibt es dazu keine wissenschaftlichen Untersuchungen? Das wäre doch ein wirklich interessantes Thema für die Parteien um ihr Wahlprogramm an dieser "stillen Mehrheit" zu orientieren und nicht an den "krakeelenden Rändern".

  • Ich denke ich habe eine Erklärung, warum die ÖR's als links erscheinen.


    Es geht um die involviertheit der Akteure.


    Das durchschnittliche mittelprächtig informierte Bürgy kann sehr einfach sagen:"Was will denn der Ausländer hier? Der soll doch bei sich zu Hause auf'm Sofa bleiben. So schlecht kann's da ja auch nicht sein." Oder "Ich hab letzten Winter wieder für die Heizung bezahlen müssen, so was wie Klimawandel gibts nicht, das würd ich ja merken."


    Dieser Meinung kann man insbesondere dann sein, wenn die Meinungsbildung nicht länger als ein paar Sekunden gedauert hat. Sobald aber eine intensivere Auseinandersetzung mit den Themen geschieht, wird die Ansicht immer linker. Und das ist nun das Problem so ziemlich aller Jounalistys. Um einen fundierten Artikel zu schreiben, befasst sich das Journalisty ja ausführlich mit dem Thema. Es werden Statisktiken gewälzt, theorien aufgestellt und wiederlegt.....


    Das Journalisty kann gar nie an den Punkt gelangen, an dem es dem Anfangs gezeigten Bürgy zustimmen kann. Irgendein Restproblem wird immer bestehen bleiben, wenn ich nur genügend lange recherchiert habe. Und dieses Umstand zu publizieren gilt halt schon als links.


    "Wenn jeder für sich schaut, ist für alle Geschaut" funktioniert halt nur dann, wenn ich ignorieren kann, dass es Personen gibt, die nicht für sich selber schauen können.


    Das fällt mir immer wieder auf: Sobald Rechtys betroffen sind, dann kann der Staat gar nicht genug bemuttern. (zB Autobahnen)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!