Vermutlich will man das unter unseren WertejournalistInnen und MoralbellizistInnen auch deshalb nicht wahrhaben, weil man dann ja zugeben müsste, dass der Russe bisher eher keinen "Vernichtungs-", sondern einen ganz banalen (Teil-) Eroberungskrieg geführt hat, bei dem er immerhin weniger zerstörerisch vorging, als die Amerikaner und ihre Verbündeten, als sie den Irak damals als allererstes mal per Kampfflugzeug und Marschflugkörper von seiner Infrastruktur befreiten, bevor sie ihre Panzer auch nur in die Nähe der irakischen Armee brachten.
Aber dass Putin jetzt einfach den Schwanz einziehen und sich widerstandslos zu Hause zum Horst machen lassen wird, können die doch eigentlich gar nicht ernsthaft glauben, ohne schmerzhafte kognitive Dissonanzen mit dem Bildnis des brutalen Inbegriffs megalomaner toxischer Alpha-Männlichkeit zu erzeugen, das sie ihm seit Jahren in ihrem kollektiven Wertebewusstsein errichtet haben.
Ja eben. Davon ist nicht auszugehen und deshalb ist die Annahme, die Russen hätten nach wie vor das Eskalationspotential in ihrer Hand, überzeugend. Wenn die Ukrainer schon Zivilisten von der Straße einsammeln müssen, um ihre herben Verluste zu kompensieren, sehe ich da nichts nachhaltiges an dem kleinen PR-Sturm.
Es sieht mehr danach aus, dass ihnen das Narrativ im Westen verloren geht und das jetzt ein letzter verzweifelter Versuch ist, den Westen entscheidend zu involvieren. Unsere Heimatfrontbellezisten haben den Ruf anscheinend verstanden und nutzen das kleine Zeitfenster auf allen Kanälen massiv.
Letztendlich sind wir jetzt langsam genau da, wovor immer gewarnt wurde. Es wird wohl deutlich dreckiger und blutiger und damit nimmt die Eskalationsspirale eine fahrt auf, die keinem denkendem Menschen gefallen kann.