Ein Versuch der USA den postsowjetischen Raum russischem Zugriff zu entziehen, ist eine simple Analyse, die die jüngere Geschichte von Osteuropa sehr gut erklärt. Kein gut und böse notwendig, nur konkurrierende imperiale Interessen. Freilich, allein schon, dass die Kompetenz der US-Amerikaner für solche Eingriffe regelmäßig zu wünschen übrig lässt, führt mich sicherlich zu der Ansicht, dass sie ihre Finger besser auf ihrer Seite des Atlantik behalten hätten.
Wie, fehlende Kompetenz? Versteh ich nicht. Die USA haben zahlreiche postsowjetische Staaten dem russischen Zugriff entzogen, ohne ihre Armee ein einziges mal dafür einzusetzen. Russland braucht für jeden einzelnen Staat, den sie dem westlichen Zugriff entziehen, einen militärischen Einsatz. Für die NATO Erweiterungen lag immer eine russischen Zustimmung vor. Alles diplomatische Siege. Das einzige was Putin einfällt, ist drohen und draufschlagen: "Willst du nicht mein Bruder sein, marschiert meine Armee gleich ein."
Da bin ich sehr froh, dass die Amis ihre Finger nicht auf ihrer Seite des Atlantik behalten haben. Das wäre ein fürchterliches Hauen und Stechen, wenn Putin freie Hand hätte, die russische Einflusszone in Europa auszubauen.
Es geht aber um den Zerfall oder das Nachspiel und ich würde sagen, du ignorierst die reaktive Natur der Handlungen, die du als Strategie bezeichnest. Wenn man vor die Orangene Revolution zurückgeht, hatte Putin überschaubare Probleme mit der Ukraine, weil ein guter Teil der Bevölkerung und politischen Klasse trotz damals schon einer Dekade US-Investition in die politische Landschaft des Landes, inklusive verstärktem Einfluss der amerikanischen Diaspora, immer noch Russland zugewendet war. Es würde mich wundern, wenn Putin an dem Punkt die Arbeit an einem Zwanzigjahresplan zur Reintegration von Noworossija begonnen hätte. Wüsste auch nicht, dass es dafür Anhaltspunkte gibt.
Ich würde sagen, die denkst du dir aus. Russland hat doch ebenfalls massiv in die politische Landschaft der Ukraine investiert. Wirtschaftliche und finanzielle Zuwendungen für politische Gefolgschaft. Vielleicht hat Putin da noch gehofft, er könne das Land friedlich wieder eingemeinden, so wie Belarus. Und Plan B wäre dann nie zum Einsatz gekommen. Oder die russischen Mittel für Plan B waren da noch nicht vorhanden.