Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • … Selenskyj macht großzügige Angebote wie den Verzicht auf die Krim, aber Putin will eben nur Krieg und Zerstörung und ist nicht verhandlungsbereit.

    Das stimmt doch gar nicht. Er hat neulich erst verlauten lassen erst dann zu verhandeln, wenn Russland seine Truppen auf die Positionen vom 24.2. zurückzöge, was im Grunde einer vollständigen Kapitulation gleichkäme (https://www.berliner-zeitung.d…inen-sinn-darin-li.229372).

    Infolgedessen würde die Ukraine selbstverständlich die Rückgabe der Krim und die Rückgabe des Donbass verlangen. Da kannst Du einen drauf lassen und jetzt schreiben: „Das muss man aber auch verstehen“. Ich würde mir ergebnisoffene Verhandlungen wünschen. Das geht wohl aber nicht, weil sowohl die Ukrainer, als auch die Russen glauben sie hätten noch etwas zu gewinnen. Vielleicht gibt es Verhandlungen wenn Russland die Bezirke Luhansk und Donezk vollständig eingenommen hat. Aber so wie ich Selenskij wahrnehme will der für diese Gebiete noch den letzten Ukrainer opfern.

  • Letzteres.


    Wenn die Ukrainer aktuell den Russen das gleiche vorwerfen, also vorsätzlich nicht-militärische Ziele zu beschießen, glaubst du das?


    Hab ich mindestens einmal gehört.


    Also ich würde sagen, weiter als in Istanbul sind die Ukrainer nicht mit Zugeständnissen gegangen. Überhaupt sind die Verhandlungen danach im Prinzip im Sande verlaufen. Das war Ende März, ein paar Tage vorher hat diese ukrainische fact checker-Seite es als Lüge bezeichnet, dass Selenskyj offen dafür wäre, die Krim als russisch anzuerkennen:


    https://voxukraine.org/en/lie-…oclaimed-republics-l-dpr/


    Insofern, Selenskyj hat in den Verhandlungen zwar immer mal wieder die Position gewechselt, aber ich bin mir doch recht sicher, dass er bisher nicht bereit war, die Forderung nach Anerkennung der Krim zu erfüllen. Zumal die Verhandlungen auch nie weit gekommen sind. Warum sollte das zu den ersten Zugeständnissen gehören, die die Ukrainer machen? Das ist nicht mal plausibel.


    Die Verhandlungsbereitschaft Selenskyjs garniert mit großen Zugeständnissen, das habe ich schon des Öfteren gehört. Verzicht auf NATO Beitritt, Vertagung der Krim-Frage. Wo wir gerade dabei sind, welche Zugeständnisse an die Ukraine hat Russland denn bisher so angeboten?


    Im Gegensatz zu dem, was du behauptest, haben die Russen eigentlich immer Verhandlungsbereitschaft demonstriert. Warum kann man ja unterschiedlich interpretieren. Die Ukrainer haben in vielen Aspekten ihrer Kommunikation wechselnde Botschaften und auch hier immer mal die Verhandlungen für unmöglich und dann wieder für alternativlos erklärt.


    Es stimmt sicherlich, dass die russische Seite bisher nicht von ihren Kernforderungen abgerückt ist. Ich vermute bei erneuter Aufnahme der Verhandlungen werden eher neue Forderungen hinzukommen. Hätten die Ukrainer sich ernsthaft darauf eingelassen, so wie mit Istanbul begonnen, (bzw., siehe den Prawda-Artikel, hätten sie die Freiheit oder Deckung, sich darauf einzulassen) dann kämen vielleicht auch irgendwann Zugeständnisse der Russen bezüglich ihrer Forderungen für einen Friedensschluss - wobei die sowieso immer Interpretationsspielräume hatten. Man weiß es nicht, ist halt bisher nicht passiert

  • Laut Economist scheint der Nachschub für sowjetische/russische Waffensysteme in Europa aus zu sein. Denke nicht, dass die Ukrainer noch nennenswerte eigene Produktion haben. Das heißt ab jetzt gibt es wirklich nur noch Versorgung für Waffen, die im Westen hergestellt werden:


    https://twitter.com/shashj/status/1534497485237932032



    Passend:


    https://www.theguardian.com/wo…western-arms-says-ukraine


    Zitat

    Ukraine's deputy head of military intelligence has said Ukraine is losing against Russia on the frontlines and is now reliant almost solely on weapons from the west to keep Russia at bay.


    [...]


    Ukraine is using 5,000 to 6,000 artillery rounds a day, according to Skibitsky. “We have almost used up all of our [artillery] ammunition and are now using 155-calibre Nato standard shells,” he said of the ammunition that is fired from artillery pieces.

  • Wenn die Ukrainer aktuell den Russen das gleiche vorwerfen, also vorsätzlich nicht-militärische Ziele zu beschießen, glaubst du das?

    Ne. Da müsste man schon quasi unbegrenzte Munitionsmengen zur Verfügung haben, um gezielt auf Zivilgebäude zu schießen. Die halten einfach mitten rein, wo sie vermuten, dass Gegner sein könnten.



    Im Gegensatz zu dem, was du behauptest, haben die Russen eigentlich immer Verhandlungsbereitschaft demonstriert.

    Haben sie nicht. Sie haben lediglich behauptet verhandlungsbereit zu sein, das ist ist nicht dasselbe.



    Ich vermute bei erneuter Aufnahme der Verhandlungen werden eher neue Forderungen hinzukommen.

    Das hängt davon ab, wie Putin die militärische Lage einschätzt. Wieviele Soldaten er noch verheizen kann, bevor er innenpolitische Probleme bekommt. Wie er die Entschlossenheit des Westens und der Ukraine einschätzt.


    Hätten die Ukrainer sich ernsthaft darauf eingelassen, so wie mit Istanbul begonnen, (bzw., siehe den Prawda-Artikel, hätten sie die Freiheit oder Deckung, sich darauf einzulassen) dann kämen vielleicht auch irgendwann Zugeständnisse der Russen bezüglich ihrer Forderungen für einen Friedensschluss - wobei die sowieso immer Interpretationsspielräume hatten

    Putin hat die Invasion begonnen, es ist an ihm sie wieder zu beenden. Ich glaube nicht, dass unterwürfiges Verhalten und Putin entgegenkommen positive Effekte hätte. Solange er nicht erobert hat, was er erobern will, oder zu dem Schluss kommt, dass er militärisch nichts mehr erobern kann, wird es keine Verhandlungen geben. Bisher sagt er ja nicht, welche Landgewinne er fordert, um den Krieg zu beenden. Da braucht man dann auch nicht zu verhandeln.

  • Zitat von Blechmann

    Bisher sagt er ja nicht, welche Landgewinne er fordert, um den Krieg zu beenden. Da braucht man dann auch nicht zu verhandeln.

    Wisst ihr noch, wie sehr man hier beim Thema NS2 dichthalten wollte, um das Tableau möglicher Sanktionen (ich nenn das jetzt einfach mal eine unilaterale Verhandlungsmethode) möglichst nicht preiszugeben? War bis auf den Qualitätsentertainmentjournalisten eigentlich jedem klar.


    Ich denke mal, dass man in den Insiderkreisen (sorry Blechmann, no access for me and you) recht genau weiß, wo die Reise der Landgewinne hingeht.


    Ich bin jedenfalls safe, über unsere maroden Rheinbrücken kommt der olle Russe nicht.

  • Ich denke mal, dass man in den Insiderkreisen (sorry Blechmann, no access for me and you) recht genau weiß, wo die Reise der Landgewinne hingeht.

    Jo. Aber besteht offenbar noch keine Einigkeit, sonst würde Russen und Ukrainer sich nicht so abstrampeln wegen ein paar Fetzen Land.

  • Jo. Aber besteht offenbar noch keine Einigkeit, sonst würde Russen und Ukrainer sich nicht so abstrampeln wegen ein paar Fetzen Land.

    Das ist dann wohl Diplomatie mit Waffeneinsatz?! So rein weltgeschichtlich hat schon weniger für mörderische Kriege gesorgt, als ein paar Fetzen Land.


    Fun Fact: ZDF Heute berichtet, dass Human Rights Watch nicht nur Gräueltaten der Russischen Streitkräfte anklagt, sondern dass ukrainische Truppen sich regelmäßig in Schulen verschanzen. Dachte, auf solche Ideen kommt nur das Böse in Form von Vietcong, IS, Taliban, Hisbollah etc.

  • sondern dass ukrainische Truppen sich regelmäßig in Schulen verschanzen

    Die sind leider günstig von den Räumlichkeiten her, man hat sonst selten so tiefe Räume mit großem Volumen. Ideal zum abfeuern von Panzerfäusten. Ausserdem gut zum Sammeln und koordiniert Feuer auf einen Starßenzug zu bringen. Meist auch gut gelegen in einem Viertel.

  • Ich bin jedenfalls safe, über unsere maroden Rheinbrücken kommt der olle Russe nicht.

    Ich glaube die maroden Brücken brauchen wir in so einem Fall nicht, denn das erinnert mich daran das es in Deutschland wegen der damaligen Trennung in Ost und West auch noch eine Menge sogenannte "vorbereitete Sperren" gibt die man in so einem Fall vermutlich teilweise (einiges wurde auch abgebaut) reaktivieren würde...hier mal eine kurze Beschreibung mit ein paar Beispielfotos damit ihr solche Infrastruktur mal gesehen habt und in Zukunft vllt auch woanders erkennen könnt, also zumindest vorallem in der Grenzregion von der damaligen DDR und Westdeutschland.

    Vorbereitete Sperren sind angelegte Vorrichtungen an Verkehrsanlagen, die nach Auslösung den Angriff eines Gegners verlangsamen und kanalisieren sollen. Eine häufige Form der vorbereiteten Sperren sind Sprengschächte.

    Deckel eines Sprengschachtes in der Rhön

    Trichtersperre_Haselbach-0291.jpg

    Trägerstecksperre bei einer Schleusenanlage am Main-Donau-Kanal

    Panzersperren_an_der_Schleuse_Riedenburg_3.jpg

    Fallkörpersperre an der Eisenbahnstrecke Schiefe Ebene

    Fallk%C3%B6rpersperre_Schiefe_Ebene_Nov_2016.jpg

    Der Elbtunnel ist aber auch ein Beispiel dafür das sowas teilweise wieder demontiert wurde...

    Im April 1989 wurden über den südlichen Tunneleinfahrten Panzersperren eingebaut. Die aus Beton gegossenen sogenannten Fallkörper wären im Verteidigungsfall aus ihren Halterungen gesprengt worden und mit ihren 107 Tonnen Gewicht von den Fahrbahnen kaum zu beseitigen gewesen. Sie wurden im Jahr 2000 im Zuge der Arbeiten an der 4. Röhre entfernt.

  • Haben sie nicht. Sie haben lediglich behauptet verhandlungsbereit zu sein, das ist ist nicht dasselbe.


    Also solange sie Verhandlungen nicht verweigern, sind sie verhandlungsbereit. Ob sie ehrlich am Verhandlungsergebnis interessiert sind, ist eine andere Frage.


    Solange er nicht erobert hat, was er erobern will, oder zu dem Schluss kommt, dass er militärisch nichts mehr erobern kann, wird es keine Verhandlungen geben. Bisher sagt er ja nicht, welche Landgewinne er fordert, um den Krieg zu beenden. Da braucht man dann auch nicht zu verhandeln.


    Aha, merkwürdig, dass trotzdem verhandelt wurde. Wir sind mal wieder an dem Punkt, wo du postulierst, dass die konkreten Forderungen, die die Russen für einen Waffenstillstand und dann Friedensschluss von Anfang an gestellt haben, sowieso nur vorgeschoben waren. Wenn man auf dieser Basis Verhandlungen eine Absage erteilt, klingt es allerdings eher nach selbsterfüllender Prophezeiung. Die angestrebten "Landgewinne" wurden damals klar benannt, Anerkennung der Krim als russisch und der beiden Volksrepubliken in ihren selbsterklärten Grenzen.

  • Fun Fact: ZDF Heute berichtet, dass Human Rights Watch nicht nur Gräueltaten der Russischen Streitkräfte anklagt, sondern dass ukrainische Truppen sich regelmäßig in Schulen verschanzen. Dachte, auf solche Ideen kommt nur das Böse in Form von Vietcong, IS, Taliban, Hisbollah etc.


    Das scheint so oft vorzukommen, dass ich da schon eine gewisse PR-Strategie dahinter vermute, aber ich würde auch sagen, in vielen Fällen ist es wahrscheinlich ebenso eine militärisch geeignete Einrichtung. Es ist dann natürlich an den Medien, diesen Kontext herzustellen und nicht einfach nur zu berichten, dass Schulen oder Kindergärten zerstört werden. Neben der PR kommt auch noch als Motiv in Frage, dass man durch die gewählte Verteidigungsform Zerstörungen ziviler Infrastruktur bewirken will. Ergibt vorallem Sinn, wenn man vermutet ein Gebiet zu verlieren.

  • Also solange sie Verhandlungen nicht verweigern, sind sie verhandlungsbereit. Ob sie ehrlich am Verhandlungsergebnis interessiert sind, ist eine andere Frage.

    Unter Verhandlungsbereitschaft verstehe ich ehrliches Interesse an Verhandlungen.



    Wir sind mal wieder an dem Punkt, wo du postulierst, dass die konkreten Forderungen, die die Russen für einen Waffenstillstand und dann Friedensschluss von Anfang an gestellt haben, sowieso nur vorgeschoben waren.

    Wieso vorgeschoben? "Denazifizierung" also das Ersetzen der Regierung durch Putins Marionettenregime, "Demilitarisierung" also die Auflösung der ukrainischen Armee, und "Neutralisierung" also die Zusage der NATO, dass sie die Ukraine Putin überlassen, das war von Anfang sein Ziel und nicht vorgeschoben.

  • Das ist dann wohl Diplomatie mit Waffeneinsatz?! So rein weltgeschichtlich hat schon weniger für mörderische Kriege gesorgt, als ein paar Fetzen Land.

    Krieg ist die Fortsetzung der Diplomatie mit militärischen Mitteln.

  • Vielleicht bin ich um diese Uhrzeit zu emotional, aber schon sehr traurig, dass Menschen wie die Ukrainer in dem Glauben sterben müssen, dass sie ihr Land verteidigen, wobei sie eigentlich nur für die Interessen eines fremden Landes, der USA, sterben.


    Bei den toten Russen kann man wenigstens sagen, dass sie für ihr eigenes Land sterben. Bei den Ukrainern ist das wie erwähnt eine ganz traurige Sache.

  • Bei den toten Russen kann man wenigstens sagen, dass sie für ihr eigenes Land sterben.

    Was haben die toten Russen davon, dass ihre Führende Oligarchie Teile eines anderen Landes erobert?


    Von diesem Krieg hat kein normaler Mensch aus der arbeitenden (oder als Soldaten kämpfenden) Bevölkerung irgendwas. Das ist - wie alle Kriege - ein Kampf der Machtelite des einen Landes gegen die Machtelite eines anderen Landes (bzw. gegen die herrschernden Eliten des globalen imperialen Machtblockes, denen sie sich zu Diensten macht).

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