Allerdings kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, dass Xi Jinping und sein Politbüro der alten roten Männer wirklich so blöd wie Putin und seine Silowiki-Mafia sind, und sich zur Invasion von Taiwan provozieren lassen, ohne das vorher mal genau durchgeplant zu haben. Wenn die dem Westen und seiner profitgetriebenen Quartalszeitrechnung eines voraus haben, dann ist es das Denken in langen Zeiträumen.
Da würde ich ehrlich gesagt unsere Möglichkeiten nicht unterschätzen wollen. Wenn man dem russischen Narrativ aus Spaß mal kurz Aufmerksamkeit schenken möchte, liegt derem aktuellen handeln auch ein Denken in längeren Zeiträumen zu Grunde.
Das geht zur Zeit zwar wieder etwas - durchaus gewollt - unter, aber die Russen sehen "unser" Treiben der letzten Jahrzehnte und die zukünftigen Perspektiven als Existenzbedrohend. Da ist der allgemeine russophobe Trend in Politik und Medien (RuSsIaGaTe), die mittelbaren geopolitischen Differenzen (Syrien), die unkalkulierbare Vertrags(un)treue der westlichen Partner ((Atom)Waffenverträge, Iran, NS2), die westliche Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten (Nawalny), die Ohnmacht der Gesellschaften sich gegen ihre Regierungen zu wehren (Assange, Snowden) und natürlich die unmittelbare Bedrohung durch die Ukraine als NATO Auflaufgebiet.
Wenn der militärische Konflikt unausweichlich scheint, ist es nur noch eine Frage des Timings.
Vergessen wir auch nicht, dass sich "unsere" geheimdienstlichen Vorhersagen (Tag X der russischen Invasion) im Vorfeld des Konfliktes weniger auf Insiderinfos beriefen, sondern eher die kalkulierte Reaktionen der Russen auf den Aufmarsch der ukrainischen Streitkräfte im Osten des Landes und Selenskyis Aussagen bei der Münchner Sicherheitskonferenz waren.
Es ist nicht schwer solche Bedrohungsszenarien auch gegen China aufzubauen. Die wirtschaftlichen Hebel helfen da - ähnlich wie die der Russen - dann auch nicht weiter, wenn wir "das Gute" auf unserer Seite haben.