Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Zwei Punkte scheinen mir nicht stimmig. Erstens. Wie will man bei einer Vormarsch-Geschwindigkeit von 1,5km pro Stunde jemanden einkesseln? Ein Fußgänger macht 5km/h, die Leute im Kessel gehen doch dann einfach weg, bevor der Kessel sich schließt.


    Woher nimmst du diese "Geschwindigkeit"? Also weglaufen kann man meistens. Der Punkt beim Einkesseln jedenfalls eines großen Gebietes ist, dass man die Transportwege abschneidet, über die sich eine Armee zurückziehen kann.


    Aktuell bedroht zum Beispiel der Vorstoß der russischen Streitkräfte südlich von Isjum, die Route, die durch Barwenkowo läuft. Oder die Separatisten haben wohl gerade Popasna in Lugansk erobert und damit bedrohen sie einen der Abzugswege aus dem Raum Lyssytschansk/Sjewjerodonezk.


    Diese Waffen bewegen sich bei Nacht, entweder per Zug oder auf der Straße. Wie soll ein russischer Kampfjet, der hunderte Kilometer entfernt in Belarus aufsteigt, die überhaupt aufspüren? Ich bin zwar nur Generaloberst, aber nach meinen technischen Verständnis sind das sehr schwierige Angriffsziele. Insbesondere wenn der Gegner Flugabwehrsysteme hat. Es sei denn ich übersehe irgendwas.


    So in etwa:


    https://eng.mil.ru/en/special_…re.htm?id=12420352@egNews


    Zitat

    Iskander operational and tactical missile systems have destroyed large concentration of weapons and military equipment delivered from the USA and Western countries, as well as personnel of units of the 58th AFU Motorized Infantry Brigade near Krasnograd and Karlovka railway stations in Kharkov Region.


    Man versucht halt Sammelpunkte oder Lager zu identifizieren und greift die an. Es hilft natürlich, wenn man wie jetzt in Charkow durch Zurückfallen etwas Raum aufmacht und dann damit rechnen kann, dass der Gegner dort weiteres Material hinverlegen wird, um diese Gelegenheit zu nutzen.


    Recht hat Reisner mit dem Wettlauf. Gelingt es der Ukraine 1-2 Millionen Soldaten auszubilden und dem Westen entsprechende Mengen an Waffen zu liefern, werden die 200.000 Soldaten, die Russland in der Ukraine stehen hat, nicht mehr ausreichen für einen militärischen Sieg.


    Ich habe befürchtet das sowas der Plan ist.

  • "Selbstzerstörerische Sanktionen" ...



  • War das hier schonmal Thema? Ich hab keine Ahnung wie belastbar das ist, aber das würde natürlich Melnyks Position, die er grade bei Anne will nochmal wiederholt hat, Verhandlungen sind zur Zeit nicht möglich mit Putin, ziemlich widersprechen.


  • War das hier schonmal Thema? Ich hab keine Ahnung wie belastbar das ist, aber das würde natürlich Melnyks Position, die er grade bei Anne will nochmal wiederholt hat, Verhandlungen sind zur Zeit nicht möglich mit Putin, ziemlich widersprechen.

    Jap, war Freitag schonmal kurz Thema :)

    RE: Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Verhandlungen sind immer möglich. Man lässt erstmal die Arbeits-Diplomaten die offene oder Geheimdiplomatie machen, wenn sich da was ergibt wird es eine Etage höher durchgereicht und irgendwann kommt es oben an, Regierungschef reisen an, unterschreiben es, fertig. Regierungschefs verhandeln mal einfach so, spontan, wie Zelensky es sich vorstellt.


    Er war bei vielen Formaten dabei, mit Merkel, Macron, Putin, aber er hat sich nie an das gehalten was besprochen wurde.


  • War das hier schonmal Thema? Ich hab keine Ahnung wie belastbar das ist, aber das würde natürlich Melnyks Position, die er grade bei Anne will nochmal wiederholt hat, Verhandlungen sind zur Zeit nicht möglich mit Putin, ziemlich widersprechen.

    Ich würde sagen, wenn es selbst in der regierungstreuen staatstragenden Ukrainska Pravda steht, wird es schon mal mit ziemlicher Sicherheit keine russische Propaganda sein.


    Dass die westlichen Stellvertreterkriegspateien - also vor allem die Regierungen der USA und Großbritanniens - keine Verhandlungen mit Putin wollen, und Zelenskyj enstprechend zur Endlösung der Russsenfrage per Siegfrieden antreiben, selbst wenn das bedeutet, dass der Krieg bis zum letzten Ukrainer ausgefochten werden muss, um Russland in ein zweites Afghanistan zu treiben, versuchen ein paar einsame Irre wie ich hier schon seit Wochen zu erklären.


    Melnyks Position ist die eines in die Großartigkeit der eigenen völkischen Identität vernarrten Nationalisten, der auf der hysterischen Empörungsbereitschaft einer kulturchauvinistischen bürgerlichen Mitte von "links"-liberal bis rechtskonservativ Klavier spielt, und dabei erfolgreich darauf setzt, dass deren Selbstverliebtheit in die eigene moralische Überlegenheit ihnen jede nüchterne, rationale Perspektive auf diesen Krieg wie einen Verrat an der reinen Menschlichkeit erscheinen lässt.

    Wie viele UkrainerInnen dafür sterben müssen, dass seine Exzellenz, der Botschafter der Freiheit, und seine deutschen Claquere sich als Sieger im Endkampf der Mächte des Lichtes gegen die finstere russische Barbarei beweihräuchern können, scheint ihm entweder vollkommen egal zu sein, oder er glaubt halt wirklich daran, dass der Erhalt seiner geliebten ukrainische Nation in ihren Grenzen seit Ende des zweiten Weltkrieges wichtiger ist, als ein paar hunderttausend Menschenleben mit ukrainischer oder russischer Staatsbürgerschaft.


    Dass Putin und sein Außenminister ihre Ziele seit Jahren ganz offen und - zumindest durch die Brille der globalen Geostrategen betrachtet - durchaus rational formuliert und immer wieder nachdrücklich davor gewarnt haben, dass man sie militärisch durchsetzen werde, wenn der Westen sie nicht anerkennen wolle, wird dabei genauso geflissentlich ignoriert, wie der Umstand, dass auf der anderen Seite des Atlantiks schon kurz nach dem Ende der Sowjetunion nicht weniger offen darüber sinniert wurde, wie Russland zu einer unbedeutenden Regionalmacht zu reduzieren sei, indem man den russischen Einfluss in der Ukraine zurückdrängt und einen Keil zwischen Moskau und Berlin reibt.


    Dass mit Putin nicht zu verhandeln sei, wird auch daran festgemacht, dass der französische Präsident doch ständig mit ihm telefoniere und der deutsche Zauderkanzler, der Putinsympathisant Steinmeier und deren ganze lumpenpazifistische Partei trotz ihrer russenfreundlichen Scheckbuch-Diplomatie nicht hätten verhindern können, dass der Russenhitler jetzt seine "Spezialoperation" zur Wiederherstellung des Zarenreiches in den Grenzen der Sowjetunion vom Zaun gebrochen habe.

    Dabei wird allerdings nonchalant vom Tisch gewischt, dass Frankreich und Deutschland als Garantoren der Minsker Abkommen zwischen der Ukraine und Russland vollkommen versagt haben, und dass Putin völlig zurecht davon ausgeht, dass seine eigentlichen Gegenspieler und Verhandlungspartner nicht in Kiew, Berlin oder Paris sitzen, sondern in Washington D.C,


    Tatsächlich haben die Russen auch gegenüber den Amerikanern seit Jahren(!) immer wieder ziemlich deutlich gemacht, was für sie akzeptabel ist und was nicht. Man hat das aber in den USA schlicht ignoriert.

    Selbst unter Trump - dem die selben PolitikerInnen und Medienfiguren, die sich jetzt ganz schockiert und empört mit ukrainischen Fähnchen behängen, immer wieder nachgesagt haben, er sei eine Marionette Putins gewesen - wurden die Waffenlieferungen an Kiew ausgeweitet und die militärische Zusammenarbeit der ukrainischen Streitkräfte mit der NATO entgegen aller Warnungen aus Moskau ausgebaut.

    Jetzt liefert die amerikanische Fernaufklärung der Ukrainischen Artillerie ihre Zieldaten, um russische Kriegsschiffe und hochrangige Offiziere auszuschalten, und die US-Geheimdienste prahlen sogar ziemlich offen damit herum, wähend in Deutschland noch irgendwelche völkerrechtskundigen Erbsenzähler darüber diskutieren, ob man sich als Lieferant schwerer Waffen ins Kriegsgebiet möglicherweise ganz vielleicht doch irgendwie zur Kriegspartei machen könne.


    Gleichzeitig werden natürlich mit jedem Tag, den dieser Krieg länger andauert von den Russen einseitig Fakten geschaffen und neues Territorium "russifiziert". Eine Verhandlungslösung im Rahmen der Minsker Abkommen würde man mittlerweile vermutlich nicht mehr bekommen, selbst wenn es dazu westlicherseits irgendeine Bereitschaft gäbe.


    Der Kern der westlichen Propaganda ist es allerdings (und war es eigentlich schon seit der Krim-Annexion), Putin als grausamen Völkermörder darzustellen, dem zum gewaltsamen Ausbau seines Neo-russischen Imperiums keine Schandtat zu schändlich und kein unschuldiges Opfer zu unschuldig ist, und der sich wie ein tollwütiges Tier einfach weiter durch Europa beißen würde, wenn man ihn nicht mit Waffengewalt davon abhielte, seine geostrategischen Ziele in der Ukraine zu erreichen.

    Damit wird jeder Widerspruch in der westlichen Erzählung mit einer dicken Soße aus emotionsgeladener Empörung über die Schrecken des Krieges und schwülstigen Beschwörungen der heiligen Errungeschaft "liberale Demokratie" zugekleistert, und aus einem Kampf um geostrategische Interessen eine apokalyptische Schlacht des Guten gegen das Böse gemacht, die auch unter Gefahr des totalen Unterganges bis zum Ende ausgefochten werden muss, weil sonst die Hölle auf Erden über Europa kommen wird.


    Das dümmste, schäbigste, und im Grunde heuchlerischste Argument der tarngrünen bis schwarzbraunen Transatlantiker*innen ist allerdings der Vorwand, man dürfe doch der Ukraine nicht vorschreiben, wie und mit wem sie zu verhandeln habe, und ihr schon gleich gar nicht das Recht auf "Selbstverteidigung" absprechen, während man den UkrainerInnen im selben Atemzug auferlegt, sich für die Verteidigung "unserer" westlichen Werte ins russische Feuer zu stürzen, nachdem man im imperialistischen amerikanischen Machtzentrum des Wertewestens in den letzen zwanzig, dreißig Jahren stetig darauf hingearbeitet hat, die Ukraine militärisch und finanziell von sich abhängig zu machen, und massiv den ukrainischen Nationalismus beförderte, um das Land als Bollwerk gegen den geostrategischen Gegner Russland aufzubauen.


    Der Gipfel der Wiederholung der Geschichte als Farce ist es dann, wenn ein deutscher Bundeskanzler in einer pathetisch-pastoralen Feiertagsrede aus der Hauptstadt dem deutschen Volke verkündet, dass der Tag der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus nun als historisches Mahnmal für die Befreiung Europas von der russischen Barbarei anzusehen sei, während die hauptstädtische Polizeibehörde die Enden des Hufeisens zusammenschweisst und die Fahne der sowjetischen Befreier zu einem verbotenen Symbol des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges erklärt.

  • ..., während die hauptstädtische Polizeibehörde die Enden des Hufeisens zusammenschweisst und die Fahne der sowjetischen Befreier zu einem verbotenen Symbol des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges erklärt.

    Putin hat in seiner Rede die Spezialoperation in die Tradition des "großen vaterländischen Kriegs" gestellt. Die Feierlichkeiten am 8./9. Mai werden von Russland für den Ukrainekrieg instrumentalisiert.


    Nun hat Berlin (die in meinen Augen belämmerte) Entscheidung getroffen alle Flaggen mit Konfliktpotential zu verbieten. Und deine geliebte Sowjetflagge ist ein Symbol (unter vielen) für diesen Krieg.


    Da kannst du dich bei der aktuellen russischen Regierung, und dessen Fans bedanken, die da seit Kriegsbeginn auf Demos mit der Sowjetflagge durch europäische Städte marschieren.


    Es ist eine Glanzleistung, wie die russische Führung es geschafft hat, westliche sowie russische Sowjetromantiker für ihren imperialistischen Ethnonationalismus zu vereinnahmen. Alexandr Dugin hat einen ganz fetten Ständer angesichts dieser Tatsache.

  • Da kannst du dich bei der aktuellen russischen Regierung, und dessen Fans bedanken, die da seit Kriegsbeginn auf Demos mit der Sowjetflagge durch europäische Städte marschieren.


    Hmm...:/


    Also wenn jetzt ein Berliner Polizeipräsident dekretierte, dass die Flagge der vereinigten Staaten von Amerika am Tag der Befreiung nicht mehr gezeigt werden dürfe, obwohl die USA maßgeblich am Sieg über Hitler beteiligt waren, weil sie heute für einen imperialistischen Kapitalnationalismus steht, der auf der ganzen Welt in unzähligen völkerrechtswidrigen Angriffskriegen Millionen von Menschen in Flucht, Hunger und Tod getrieben hat, dann wäre das nach dieser Logik doch vollkommen legitim.


    Interessanterweise fordern jedoch nicht einmal verbohrte Stalinisten wie ich, dass man verbieten solle, die amerikanische Flagge am Tag der Befreiung zu schwenken.


    Auf die idee, eine nach dem Ende der Sowjetunion vor dreissig Jahren(!) nur noch als historisches Symbol existente Staatsflagge zu verbieten, weil böse Menschen die Böses tun versuchen, sie für ihre bösen Zwecke zu missbrauchen, kommt man wohl nur, wenn man zu einer Art magischem Denken neigt, welches "das Böse" an sich wie eine infektiöse Geisteskrankheit betrachtet, die sich durch den Gebrauch von böse konnotierten Fetischen auf deren BenutzerInnen überträgt, selbst wenn letztere dabei eigentlich das genaue Gegenteil von dem "beschwören" wollen, was die böse Absicht der bösen Menschen ist.


    Der Unterschied zwischen jenem magischen Denken und einer nüchternen Betrachtungsweise fände sich womöglich in dem traurigen Umstand, dass sich der "liberale" Zeitgeist nach der Zeitenwende nur noch auf die Projektion seiner am Ende der Geschichte einbalsamierten ideologischen Haltung™ in die Vergangenheit stützt, und folgerichtig historische Ereignisse nur noch rückwärts vom Ende her denken kann - wo ja bekanntlich die Kackwurst schon rausgekommen ist, bevor der Hofreiter Toni am Anfang überhaupt eine Weißwurscht und eine Breze hinein gesteckt, und ein bis fünf Halbe Weißbier hinterher geschüttet hat.


    Aber um die intellektuelle Höchstleistung einer Analyse zu vollbringen, welche versucht, Ursachen vor Wirkungen zu betrachten, müsste man im eigenen Oberstübchen natürlich erst mal den Besen schwingen, und den ganzen moralinsauren ideologischen Dreck rauskehren, der sich da aufgetürmt, und die Vernunft unter sich begraben hat.

  • A propos...


    Sowjetromantiker



    -> https://act.greens-efa.eu/ukraine

  • Auf die idee, eine nach dem Ende der Sowjetunion vor dreissig Jahren(!) nur noch als historisches Symbol existente Staatsflagge zu verbieten, weil böse Menschen die Böses tun versuchben, sie für ihre bösen Zwecke zu missbrauchen, kommt man wohl nur, wenn man zu einer Art magischem Denken neigt, welches "das Böse" an sich wie eine infektiöse Geisteskrankheit betrachtet, die sich durch den Gebrauch von böse konnotierten Fetischen auf deren BenutzerInnen überträgt, selbst wenn letztere dabei eigentlich das genaue Gegenteil von dem "beschwören" wollen, was die böse Absicht der bösen Menschen ist.

    Erzähl doch mal den Russen wie geisteskrank es ist seit dreissig Jahren eine Parade der Roten Armee nachzuspielen und einen auf kleinsowjetische Lösung zu machen, obwohl ihr politisches Konstrukt längst verschwunden ist.

    Als eine der da wohl eher zu vernachlässigen historischen Parallelen bleibt der Hang zu gepanzerten Betriebsausflügen des nationalen Schützenvereins in SatelitenNachbarstaaten die sich, zumindest nach Meinung des starken Mannes, ungebührlich verhalten (haben).


    Aber um die intellektuelle Höchstleistung einer Analyse zu vollbringen, welche versucht, Ursachen vor Wirkungen zu betrachten, müsste man im eigenen Oberstübchen natürlich erst mal den Besen schwingen, und den ganzen moralinsauren ideologischen Dreck rauskehren, der sich da aufgetürmt, und die Vernunft unter sich begraben hat.

    Ein jeder kehre vor seinem Türchen...

  • Erzähl doch mal den Russen wie geisteskrank es ist seit dreissig Jahren eine Parade der Roten Armee nachzuspielen und einen auf kleinsowjetische Lösung zu machen, obwohl ihr politisches Konstrukt längst verschwunden ist.

    Das kann ich leider nicht, weil ich erstens kein Russisch spreche und weil das zweitens in Russland verboten ist.


    Aber ich kann zum Glück im freien Westen (noch) straffrei meine eigenen Landsleute dafür kritisieren, dass sie offenbar alles was vor dem 24. Februar 2022 passiert ist nur noch durch die vor lauter heißer moralischer Erregung von innen beschlagenen Brillen passionierter Kommunistenfresser und Russenhasser wie Andrij Y. Melnyk betrachten, und sich dabei vorkommen, als hätten sie endlich das Licht der Wahrheit erblickt.

  • Erzähl doch mal den Russen wie geisteskrank es ist seit dreissig Jahren eine Parade der Roten Armee nachzuspielen und einen auf kleinsowjetische Lösung zu machen, obwohl ihr politisches Konstrukt längst verschwunden ist.

    Schwer vorstellbar in einem Land, dass mit seinem Militarismus gebrochen hat, aber Militärparaden sind zumindest bei unseren Partnern durchaus noch angesagt. Ein wenig Waffen-Onanie gehört nun mal jedem richtigen imperialistischen Erbe.

    Wenn allerdings schon Kinder zum Jahrestag diese Parade teilweise im Panzerkostüm nachstellen, als Brauchtum, wie bei uns das Maibaumaufstellen, dann ists wohl definitiv außer Kontrolle geraten.


    Halb OT

    Ich habe mal so eine Art NATO-"Parade" aller Bündnispartner in Eckernförde miterlebt. Sowas passiert in Deutschland natürlich alles nur noch außerhalb der Öffentlichkeit und nennt sich Übung. Aber das war dann doch nur die sequentielle Zurschaustellung aller leichten und schweren Geäte sowie der Spezialeinheiten, die das Bündnis so auffahren kann. Das sah tatsächlich beeindruckend choreografiert aus, aber hatte mit einem echten Szenario so viel zu tun, wie die russische Invasion mit einem "Sondereinsatz". Im dem Zuge durfte ich dem Struck sogar das Wasser reichen.

  • Also wenn jetzt ein Berliner Polizeipräsident dekretierte, dass die Flagge der vereinigten Staaten von Amerika am Tag der Befreiung nicht mehr gezeigt werden dürfe, obwohl [...], dann wäre das nach dieser Logik doch vollkommen legitim.

    Ich habe keine Logik vorgegeben?! Ich habe versucht zu verstehen, warum dieses Verbot zustande kam. Ich finde ehrlich gesagt die Theorie, dass die Entscheidungsträger die Gunst der Stunde genutzt haben um die Geschichte der sowjetischen Befreiung aus der Öffentlichkeit zu radieren ziemlich hysterisch und albern.

    Wenn es nach mir ginge, hätte es überhaupt gar kein Flaggenverbot gegeben. Von mir aus kann auch jeder seine Z- und V-Symbole in der Öffentlichkeit zeigen. Ich sehe darin keine große Gefahr.

    Auf die idee, eine nach dem Ende der Sowjetunion vor dreissig Jahren(!) nur noch als historisches Symbol existente Staatsflagge zu verbieten, weil böse Menschen die Böses tun versuchen, sie für ihre bösen Zwecke zu missbrauchen, kommt man wohl nur, wenn man zu einer Art magischem Denken neigt, welches "das Böse" an sich wie eine infektiöse Geisteskrankheit betrachtet, ...

    Nach meiner Einschätzung ging es darum Provokationen zu vermeiden, und die Polizei hat alle Symbole aufgelistet, die sie im Zusammenhang mit den pro-russischen Menschenzügen und Autokorsos beobachtet hat; plus die ukrainische Flagge, die war nämlich auch verboten.

    Ockhams Rasiermesser.

  • plus die ukrainische Flagge, die war nämlich auch verboten.

    ...genau wie die der Russischen Föderation - was man zumindest rational begründen kann, weil das Kriegsparteien sind, die hier, wo zum Glück noch kein Krieg ist auch keinen Fahnen-Krieg zu führen haben.

    Ich finde ehrlich gesagt die Theorie, dass die Entscheidungsträger die Gunst der Stunde genutzt haben um die Geschichte der sowjetischen Befreiung aus der Öffentlichkeit zu radieren ziemlich hysterisch und albern.

    Das kommt allerdings schwer darauf an, wen Du mit "die Entscheidungsträger" meinst. Die Berliner Polizeipräsidentin wird da sicher eher einer politischen Linie ihrer "links"-liberalen Landesregierung gefolgt sein, aber die politische Linie folgt halt leider der öffentlichen, bzw. veröffentlichten Meinung.

    Und wenn Du wirklich meinst, dass die von linksliberal bis rechtskonservativ goutierte "Zeitenwende" hier nicht gerade eine brachiale ideologische Verschiebung ausgelöst hat, dann empfehle ich mal folgende aktuelle Perle der wertejournalistischen Aufklärung zur Lektüre, welche die "linke" taz heute Morgen offenbar ohne jede weitere inhaltliche Prüfung einfach so aus der vor Putins Zensur aus Moskau ins westliche Exil geflohenen Novaya Gazeta übernommen hat:

    Vom Kult des Sieges zum Kult des Krieges:Putin ist der zweite Stalin

    Der Kremlchef hat eine neue Ideologie für Russland im 21. Jahrhundert geschaffen. Sein Kampf gegen den Faschismus ist scheinheilig – wie alles, was er tut.


    [...] Stalin hat seinerzeit in der Ukraine gegen Nazisten und Bandera-Leute gekämpft und Putin tut das heute wieder. Putin ist der zweite Stalin. Es ist unmöglich, diesen Kult zu bekämpfen, ohne radikal die wichtigsten Propaganda-Klischees zu überdenken, die sich im Westen noch aus der Zeit des Krieges hartnäckig erhalten haben. Damals war „Onkel Joe“ noch ein Verbündeter der USA und Großbritanniens.

    Amerikanische Politiker, Zeitungen und Filme gaben sich alle Mühe, ihre Verbündeten in einem möglichst günstigen Licht erscheinen zu lassen und Hitler als einzigen Schuldigen am Krieg zu entlarven. Dabei wurde sogar vergessen, dass Stalin in den beiden ersten Jahren des Krieges ein Verbündeter Hitlers gewesen und dieser Krieg eine Woche nach der Unterzeichnung des Molotow-Ribbentrop-Paktes ausgebrochen war.

    Die tatsächliche Geschichte des Zweiten Weltkrieges ist, dass Stalin diesen Krieg geplant hatte, der die ganze Welt erfassen und erst enden sollte, wenn auch noch die letzte argentinische Sowjetrepublik ein Teil der UdSSR geworden sein würde. Er hatte diesen Krieg geplant – lange bevor Hitler an die Macht kam.

    Während dieses Krieges verwandelte sich die ganze Sowjetunion in eine Waffenfabrik. Dieser Prozess wurde unter der Bezeichnung „Industrialisierung“ bekannt. Er begann 1929, lange vor Hitlers Machtergreifung, und er hatte mit der wirklichen Industrialisierung einer Agrargesellschaft nichts gemein.

    Die Sowjetunion produzierte nur Waffen. Sie produzierte Panzer, Stahl für die Herstellung von Panzern oder Strom, der benötigt wurde, um den Stahl zu schmelzen, aus dem dann Panzer hergestellt wurden. Zu Beginn des Krieges hatte Stalin allein vom Typ BT mehr Panzer, als alle anderen Länder zusammen. Um für diese Panzer und die Fabriken zu bezahlen, ließ Stalin Bauern in Kolchosen zusammentreiben, ihnen ihren gesamten Besitz wegnehmen und zig Millionen Menschen verhungern.[...]

    Mal abgesehen davon, dass die Autorin Julia Latynina nicht nur langjährige Putin-Kritikerin und angeblich sogar Opfer russischer Anschlagsversuche, sondern auch erklärt anti-links ist, und (genau wie der Freiheitsheld Nawalny übrigens) westlich-liberale Toleranz für einen Wegbereiter der Islamisierung des Abendlandes hält (zumindest wenn man ihrem englischen Wikipediaeintrag glauben kann), geht dieser Artikel auch nicht mehr als beißende Polemik gegen den russischen Protofaschismus durch, sondern er verbreitet selbst ein rechtsradikales, geschichtsverdreherisches Narrativ, um Propaganda gegen Putin zu machen.


    Und die taz-Redaktion findet offenbar nichts dabei, hier mal eben unkommentiert die Geschichte des zweiten Weltkrieges komplett umzudeuten, und damit im Grunde der von Hitler schon lange vor der Machtergreifung niedergeschriebenen Nazi-Theorie des unvermeidbaren Präventivkrieges gegen die jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung das Wort zu reden - Hauptsache es geht gegen den Russenhitler.


    Und jetzt erklär' mir mal bitte, warum das keine völlig hirnverbrannte, irrationale und höchst gefährliche Angelegenheit sein soll.

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