Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Ja eben.


    Das ist die Frage.


    Der Wikipedia-Artikel. den Du da zitierst macht das auch ziemlich deutlich, wenn man den nächsten Absatz liest:

    Zitat

    According to historian Simon Payaslian, the scholarly consensus classifies the Holodomor as a genocide,[10] whereas historian J. Arch Getty states that the scholarly consensus classifies the Holodomor as the result of bungling and rigidity rather than a genocidal plan.[11] Other scholars say it remains a significant issue in modern politics and dispute whether Soviet policies would fall under the legal definition of genocide.[12][13] Scholars who reject the argument that state policy in regard to the famine was genocide do not absolve Joseph Stalin or any other parts of the Soviet regime as a whole from guilt for the famine deaths, and may still view such policies as being ultimately criminal in nature.[14][15]

    Dabei geht es auch dem Teil der Wissenschaft, welcher bezweifelt, dass es sich um einen gezielten Völkermord gehandelt habe nicht darum, Stalin als Unschuldslamm darzustellen. Die andere Seite, zu der auch Timothy Snyder gehört, behauptet allerdings, dass Stalin nicht nur ein Verbrecher, sondern ein Völkermörder gewesen sei.


    So zu tun als wäre diese Frage abschliessend geklärt und "Holodomor" als Genozid ein unumstößliches historisches Faktum, ist bestenfalls einfältig und schlimmstenfalls ideologische Propaganda die darauf abzielt, alles was mit Kommunismus zu tun hat als gleichermaßen mörderisches Unwesen darzustellen, wie den genozidalen Nationalsozialismus.


    Heute ist es natürlich nicht mehr der Kommunismus, auf den die Gleichsetzung Stalins mit Hitler abzielt - niemand wird ernsthaft behaupten, Russland sei heute ein Kommunistisches Land (außer ungefähr 45% der amerikanischen Bevölkerung) -, sondern der angebliche russische Neo-Imperialismus und dessen finsterer Zar und Weltenzerstörer Wladimir der Schreckliche.

  • Das bringt keinen Mehrwert, außer man sieht ihn als Aufziehsprechpuppe der USA, dann macht das alles Sinn.


    Also zumindestens würde ich sagen, es ist eigentlich nicht vorstellbar, dass diese ganzen Zuwendungen an Geld und Material (selbst wenn vieles davon dann doch nicht effektiv eingesetzt werden kann - teuer ist es trotzdem) nicht auch mit signifikantem Einfluss einhergehen. Und den beeindruckendsten Scheck schreiben die USA.


    Nur wir haben das irgendwie falsch gemacht und lassen uns von diesem aufsässigen Kasper Melnyk wie eine Piñata behandeln. :/


    Übrigens in dem Zusammenhang: Diese ganzen Nadelstichangriffe hinter der russischen Grenze. Ich dachte eigentlich, dass sind eher irgendwelche Einheiten, die mit Waffen, die sie haben, nicht abgestimmte Aktionen ausführen. Aber mittlerweile denke ich das könnten auch vom Westen bestellte Angriffe sein.


    Die Briten haben sogar vor einigen Tagen erst gesagt, es wäre völlig angemessen Ziele innerhalb von Russland (sogar mit gelieferten Waffen) anzugreifen. Und es gibt schon die ganze Zeit Behauptungen westlicher Medien, dass eine Generalmobilmachung durch Russland bevorsteht. Aktuell wird als Termin eine Verkündung bei der Parade am 9. Mai genannt. Ich vermute, es wäre aus Sicht westlicher Kriegspropaganda sehr gut, wenn Russland sich zu so einem Schritt genötigt sieht oder auch zu einer Kriegserklärung, denn solange sie weiter mit den Kräften ihrer Spezialoperation rumgurken (wobei man da natürlich auch nicht genau weiß, wieviel schon nachgeschoben wurde), sieht es so aus, als ob sie es nur so halb ernstnehmen. Oder jedenfalls könnte es aus der Perspektive von Leuten so aussehen, die ein echtes Briefing über die Lage vor Ort haben. Denn in den westlichen Medien ist das ja schon ein Krieg, der von russischer Seite mit allen Mitteln und je nach Medium unerbitterlicher Härte bis zunehmender Verzweiflung geführt wird. Wenn die Spekulation zutrifft, könnte es sich also um overthinking handeln.

  • Ja eben.


    Das ist die Frage.

    :thumbup::thumbup:Wollte nur sicher gehen :thumbup::thumbup:

    Klang hier bei dir so als wäre die Theorie, dass es ein gezielter Völkermord ist, nur so eine krude Verdrehung eines einzelnes Historiker.

    ... wie Snyder - Nach Ansicht von Lazare - historische Fakten so verdreht, dass sie ihm in seine, im Westen gerade unter "Liberalen" durchaus populäre These passen, dass Stalin der russische Hitler, und dass die russischen Bolschewisten im Prinzip auch nichts anderes als rot angemalte Nazis gewesen seien, die mit dem "Holodomor" einen gezielten Völkermord an den widerspenstigen Ukrainern begangen hätten.

    Dabei ist es Gegenstand einer akademischen Debatte.

    Zitat

    According to historian Simon Payaslian, the scholarly consensus classifies the Holodomor as a genocide,[10] whereas historian J. Arch Getty states that the scholarly consensus classifies the Holodomor as the result of bungling and rigidity rather than a genocidal plan.

  • Dabei ist es Gegenstand einer akademischen Debatte.

    Die der gefeierte Akademiker Snyder allerdings in seiner Schilderung ignoriert, weil ihm die Genozid-Theorie so gut ins antikommunistische und antirussische Konzept passt.


    Genauso wie die grünliberalen Snyder-Fans um Marieluise Beck, oder seine Exzellenz, der Botschafter der Freiheit das ignorieren, weil ihnen Snyders Framing von Putin als genozidalem Nachfolger Stalins so gut in ihr eigenes antirussisches Konzept passt, und sich die Theorie vom gezielten Völkermord an den Ukrainern aus guter alter imperialistischer Tradition so perfekt ins laufende westliche Propgandabild einfügt.

  • Naja, die Ukraine kennt den Holodomor seit 2006 offiziell als Völkermord an.

    Ja - die Ukraine und noch 14 andere Länder.


    Was beweist es aber, dass die Regierung eines Landes, das sich seit seiner Unabhängigkeit nach dem Ende der Sowjetunion nachweislich in eine nationalistische und antikommunistische Richtung bewegt hat, eine Hungersnot als Völkermord bezeichnet, die von einer Kommunistischen Regierung verursacht wurde, für welche die damalige Sowjetrepublik Ukraine (genau wie alle anderen Sowejtrepubliken der UdSSR) keine eigenständige Nation war?


    Ist damit irgendein Nachweis über irgendwas erbracht, oder ist das einfach nur eine politisch motivierte Behauptung, um sich weiter von der Sowjetunion und ihrem damaligen Diktator zu distanzieren?

  • und in halb Osteuropa nationalistische und russophobe Bewegungen befördert haben.


    Hast Du hierzu eventuell die ein oder andere lesenswerte Quelle oder ein paar Schlagwörter zum Suchen?

    Man müsste mit der Recherche eigentlich mit dem Jugoslawien-Krieg anfangen, während dessen die USA vor allem die nationalistische kroatische Regierung Tudjman mit Geld und Waffenlieferungen unterstützten, obwohl die sich ziemlich unverholen in der Tradition der faschistischen Ustascha-Bewegung sahen, die im zweiten Weltkrieg mit den Nazis kollaboriert, und gegen die kommunistischen, von der UdSSR unterstützten serbischen Partisanen gekämpft hatte.

    Analog dazu kämpfte Kroatien dann während des Bürgerkrieges gegen die von der frisch "entkommunisierten" Russischen Föderation ebenfalls mit Waffen gesponserten serbischen Nationalisten (deren Autokrat Milosevic sich allerdings nach wie vor "Sozialist" nannte) und verübten ihrerseits ethnische Säuberung gegen die Serben in der Krajna und gelegentlich auch gegen muslimische Bosnier - was aber im Westen nicht so besonders heiß besprochen wurde, weil Kroatien dabei stramm antirussisch und antikommunistisch blieb und alle sich einig waren, dass das Böse auschliesslich aus Serbien und Serbisch-Bosnien urplötzlich über das europäische Friedensprojekt gekommen war.


    Nicht alle osteuropäischen Regierungen, die sich gegen Russland und für die NATO positionierten, waren oder sind knallharte Nationalisten, aber die USA haben noch nie einen großen Unterschied zwischen lupenreinen Demokraten und faschistoiden Autokraten gemacht, so lange sie sich nur gegen die jeweilige geopolitische Konkurrenz positionierten und sich nicht einbildeten, sie könnten Sozialisten oder gar Kommunisten sein.


    Bei der sukzessiven Aufnahme der ehemaligen Mitglieder des Warschauer Vertrages in die NATO hat man dann in Washington und Brüssel auch nie so genau hingesehen, wenn es darum ging zu beurteilen, ob die denn alle entsprechend wertebasierte Demokratien waren, oder korrupte Oligarchien. Die militärische "Solidarität" gab es natürlich trotzdem.


    In Tschechien und Slowenien waren dann zwischenzeitlich auch ziemlich rechtsnationale Parteien mit eher schlecht ausgeprägtem Demokratie- und Rechtstsaatsverständnis an der Macht, ohne dass man sich darüber westlicherseite großartig empört hätte. Auch im mit NATO-Truppen verstärkten Baltikum haben sich nationalistische Haltungen etabliert und werden seit Jahren im Rahmen der demonstrativen Ablehnung der sowjetischen Vergangenheit auch antirussische Ressentiments geschürt - wenn auch nicht so stark wie in Polen oder der Ukraine.


    Auch bezüglich der Aufnahme von Geflüchteten haben sich die nationalistischen osteuropäischen Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei gegen die etwas "liberaleren" Westeuropäer und für die "Festung Europa" positioniert.

    Darüber wurde sich in Westeuropa zwar ein bisschen empört, aber letztendlich hat auch die unter Rechten als besonders "flüchtlingsfreundlich" verschriene Merkel-Regierung beide Augen fest zugedrückt, und war insgeheim sicher ganz froh darüber, dass man dieses leidige Geschäft mit der Flüchtlingsbekämpfung nach Osteuropa und Nordafrika outsourcen konnte.

    Die USA hat das natürlich nicht die Bohne interessiert. Die waren ja selbst damit bechäftigt, ihre Grenze zu Mexico gegen Geflüchtete aus Mittel- und Südamerika abzuriegeln.


    Die besten aktuellen Beispiele für rechtsnationale Regierungen in NATO-Osteuropa sind sicher Polen und Ungarn, deren Staatsführungen beide eigentlich schon länger ganz offen gegen die EU-Verträge verstoßen, weil sie keine unabhängige Verfassungsgerichtsbarkeit mehr haben und zum Teil rabiat Intolerant gegenüber ethnischen oder sexuellen Minderheiten sind.

    Polen agiert dabei ein bisschen wie die Speerspitze der antirussischen Bewegung in der NATO. Joe Biden hat seinen berühmten "Fauxpas" mit der forderung nach einem Regime-Change in Moskau sicher nicht ohne Grund in Warschau zum besten gegeben.

    Begründet wird die polnische Angst vor Russland natürlich mit den unbestreitbaren Schandtaten, die die Sowjetunion dort verübt hat. Aber dass Putin mit dem sowjetischen "Kommunismus" nichts mehr am Hut hat, oder dass die polnische Regierung in vielerlei Hinsicht - insbesondere was die von ihr propagierten "Werte" angeht - der heutigen russischen deutlich ähnlicher ist, als die meisten anderen EU- und NATO-Mitglieder, wird dabei in Washington D.C. geflissentlich ignoriert, so lange sich der polnische Nationalismus nur stramm antirussisch genug geriert.


    Im Falle von Viktor Orbans protofaschistischer Fidesz-Regierung in Ungarn ist das allerdings ein bisschen nach hinten losgegangen, weil die sich mittlerweile so rein wertemäßig recht offen eher am autoritären System Putin orientiert und mit dem Russenhitler freundschaftlich verbunden bleibt, während sie natürlich weiter alle ökonomischen Vorzüge einer EU- und NATO-Mitgliedschaft in Anspruch nimmt.

  • Darf man etwa langsam hoffen?


    (Zeit-Ticker 3.5.2022)


    Edit: Dass sich aber 66% fucking Prozent der Grünwähler tatsächlich für Waffenlieferungen aussprechen erzählt mir alles über diese Gruppe an Menschen... Dass ist auf so vielen Ebenen derart weltfremd, widersprüchlich, selbstgerecht, naiv und degeneriert , dass ich vielleicht erst jetzt so richtig verstanden habe was "bürgerliche Mitte" am Beginn des 21.Jh. in Deutschland tatsächlich bedeutet. Wenn ich mir noch Twitter dazu reinziehe wird mir wirklich einiges klar.

    So wie ich das sehe, haben wir uns den Atomschlag inzwischen redlich verdient.


  • Edit: Dass sich aber 66% fucking Prozent der Grünwähler tatsächlich für Waffenlieferungen aussprechen erzählt mir alles über diese Gruppe an Menschen... Dass ist auf so vielen Ebenen derart weltfremd, widersprüchlich, selbstgerecht, naiv und degeneriert , dass ich vielleicht erst jetzt so richtig verstanden habe was "bürgerliche Mitte" am Beginn des 21.Jh. in Deutschland tatsächlich bedeutet.

    Es ist ja so, Putin ist der reinkarnierte Hitler und will die "ukrainische Staatlichkeit" auslöschen.

    (Alice Bota in der aktuellen Denkangebot-Folge bei 40 Minuten 50 Sekunden ungefähr)

  • Edit: Dass sich aber 66% fucking Prozent der Grünwähler tatsächlich für Waffenlieferungen aussprechen erzählt mir alles über diese Gruppe an Menschen... Dass ist auf so vielen Ebenen derart weltfremd, widersprüchlich, selbstgerecht, naiv und degeneriert , dass ich vielleicht erst jetzt so richtig verstanden habe was "bürgerliche Mitte" am Beginn des 21.Jh. in Deutschland tatsächlich bedeutet.

    Widersprüchlich würde ich zugestehen, da Pazifismus tatsächlich eine nicht unerhebliche Strömung innerhalb der Grünen war/ist soweit ich das mitbekommen habe. Das kann man als Widersprüchlich sehen. Wobei ich Hofreiter bei Lanz da ziemlich gut fand: die Grünen kommen nicht nur aus einer pazifistischen Tradition, sondern auch aus einer Tradition der Menschenrechte und der Selbstbestimmung.



    Alle anderen Wörter... weltfremd, selbstgerecht, naiv, degeneriert - kann ich 1:1 an die Leute, die Waffenlieferungen an die Ukraine kategorisch ablehnen, und ihr damit ihr Selbstverteidigungsrecht aberkennen, sowie Putins längerfristige Strategie naiv verkennen, zurückspielen.

  • Ich würde ja gerne mal eine stichhaltige Analyse von...

    Putins längerfristige[r] Strategie

    ...lesen.


    Also richtig mit eindeutigen Zitaten von Putin oder hochrangigen Mitgliedern seiner Regierung, die glaubwürdig in seinem Namen sprechen, und mit Quellenangaben, und ohne dass mir irgendwelche WertejournalistInnen oder gesinnungsethisch beseelte PolitikerInnen erklären, wie ich das zu interpretieren habe.


    So lange mir das keiner liefern kann, muss ich wohl leider weiterhin naiv die Lage verkennen.

  • Utan was Putin genau plant oder machen wird, wird dir keiner sagen können, vermutlich nicht mal Putin selbst. Aber aus seinem Weltbild macht er kein Geheimnis. Naiv bezieht sich darauf: gut der führt jetzt zwar Krieg gegen die Ukraine, aber er wird die nicht besetzen. Und er wird nicht Moldawien angreifen. Und das Baltikum ist eh save. Und in Georgien wird auch nix passieren.


    Ja, der Typ führt gerade einen richtigen Angriffskrieg in der Ukraine, aber eigentlich will der Blümchen pflücken und dass alle sich an den Händen fassen und singen. Ich weiß nicht was er als nächstes plant, und ob, aber ich halte es für extrem naiv nicht einmal die Gefahr zu sehen, dass er vielleicht doch weitergehende Ambitionen hat. Für die er in seinen Reden jede Menge Interpretationsspielraum liefert.

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