Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Deine Aussage war glaube ich, die Tatsache, dass die Ukraine die Waffen will, um sich zu verteidigen, sei eine "Ausrede", also irrelevant für die Waffenlieferungen, und die Intention den Russen zu schaden sei damit der einzige Grund Waffen zu liefern an die Ukraine.


    Dann hast du das komplett missverstanden. Das ist auf den Westen bezogen, "geben" tun wir:


    Das ist zweifelsohne so. Es wäre sicherlich auch sehr schwer gewesen gar nichts zu geben, aber das Ausmaß ist darauf bedacht, den Schaden für Russland zu maximieren. Und die Ausrede ist hier natürlich die gleiche wie schon beim NATO-Beitritt: Die Ukrainer wollen doch die Waffen.


    Gerade das verwundert mich ehrlich gesagt. Natürlich kann Putin die Hoffnung haben, dass Selenskyj aus Frust über die NATO oder aus Angst, dass weiter Städte zerstört und Zivilisten getötet werden, eine für Russland günstige Friedens-Regelung unterschreibt. Und daher die USA aus den Verhandlungen heraus halten wollen. Nur was ist so ein Vertrag wert, wo die USA nicht dahinter steht?


    Was sollen die denn machen? Die Ukraine dazu zwingen ihre Verfassung wieder zu ändern und einen neuen NATO-Beitritt anzustreben oder US-Waffensysteme zu installieren?


    Die Stabilität der Nachkriegsordnung hängt schon im Wesentlichen von der Ukraine selbst ab.


    In ein paar Jahren wird Selenskyj dann ersetzt und damit ist der Friedensvertrag hinfällig. Solange die Ukrainische Armee nicht besiegt ist, kann Putin nicht einfach wieder einmarschieren, um Selenskyj zu stützen oder den Vertrag durchzusetzen.


    Wenn erstmal eine Neutralität verankert ist, braucht es auch den politischen Willen das zu ändern und da ist die Frage, ob ihn die Gesellschaft nach so einem Krieg wirklich aufbringt.

  • Das ist genau die Gleiche Gülle wie bei uns. Anstatt darüber zu reden wie alle unter der Imperialen Weltordnung leiden und wie man den Imperialismus und seine Verbrecher und Oligarchen überall loswerden kann, wird da darauf gehofft dass Putin jetzt eine "Weltordnung" einläutet in der der US Imperialismus zurückgedrängt wird. Als ob das nicht nach hinten losgehen wird.


    An der Beschleunigung der Tendenz des westlichen Machtverfalls durch den Krieg ist schon was dran. Dass das in besonders produktive Bahnen gelenkt wird, zeichnet sich eher nicht ab.


    Ich fand ganz interessant, dass Lawrow vor einigen Tagen gesagt hat, im Westen wäre der Begriff der "internationalen Ordnung" irgendwann von der "regelbasierten Ordnung" abgelöst worden. Das erste basiere auf dem UN-System usw., letzteres auf den Regeln des Westens. (Klar, Russland ist im UN-System wesentlich privilegierter.)


    Ich glaube hier gibt es in der Tat eine Unwucht, die aus der Ära stammt als die USA sich als letzte Supermacht am Ende der Geschichte wähnte. Dass das wieder abgebaut wird, finde ich letztlich positiv. Wäre natürlich schön, wenn es statt mit diesem Krieg zum Beispiel dadurch gekommen wäre, dass die Europäer mit dem Zweiten Minsker Abkommen ihre Alternativlösung in der Ukraine durchgesetzt hätten.

  • Was sollen die denn machen? Die Ukraine dazu zwingen ihre Verfassung wieder zu ändern und einen neuen NATO-Beitritt anzustreben oder US-Waffensysteme zu installieren?

    Regime change. Wieso zwingen? Es gibt doch genug starke nationalistische Kräfte in der Ukraine. Die müssen dann eben an die Macht nach dem Schandfrieden von Kiew.

    Wenn erstmal eine Neutralität verankert ist, braucht es auch den politischen Willen das zu ändern und da ist die Frage, ob ihn die Gesellschaft nach so einem Krieg wirklich aufbringt.

    Ja, gut. Kann natürlich sein, dass Putin darauf spekuliert. Kriegsmüdigkeit. Aber die lässt irgendwann nach.

    An der Beschleunigung der Tendenz des westlichen Machtverfalls durch den Krieg ist schon was dran. Dass das in besonders produktive Bahnen gelenkt wird, zeichnet sich eher nicht ab.

    Lässt sich das schon abschätzen? Woran würdest du das festmachen?


    Als positiv aus dem Krieg für die westliche Machtposition, würde ich sehen, dass die USA Strategie, sich auf den Osten zu konzentrieren, während Europa sich selbst schützt, nun von Deutschland übernommen wurde. Das könnte die USA entlasten, wenn die EU zum zweiten militärischen Machtpol des Westens wird.


    Außerdem wurde die Einigkeit des Westens gestärkt.


    Nachteil ist natürlich, dass Russland ins chinesische Lager gewechselt ist.


    Beim Wirtschaftskrieg bin ich mir nicht so sicher. Hängt viel davon ab, ob China mit hinein gezogen wird. Eine Entflechtung, also USA handelt mehr mit Europa, China mehr mit Russland, könnte sich auch positiv auswirken, weil der Westen so 50-60% der Welt BIP darstellt, China nur 20%. Oder sagen wir weniger negativ für uns als für China. TTIP und so könnte nun doch noch kommen.

  • Beim Wirtschaftskrieg bin ich mir nicht so sicher. Hängt viel davon ab, ob China mit hinein gezogen wird. Eine Entflechtung, also USA handelt mehr mit Europa, China mehr mit Russland, könnte sich auch positiv auswirken, weil der Westen so 50-60% der Welt BIP darstellt, China nur 20%. Oder sagen wir weniger negativ für uns als für China. TTIP und so könnte nun doch noch kommen.

    Diese Zahlen sagen doch im Grunde gar nichts darüber aus wieviel Wirtschaftskraft ohne russische Energie und ohne russische Rohstoffe verloren geht. Bei demnächst 4mal so hohen Energiepreisen und doppelt so hohen Rohstoffpreisen wird es in Deutschland sehr viel weniger Industrie und Wohlstand geben. Die Zahlen dafür hat nur noch niemand.

  • Die Fakten sprechen gegen das Wohl unserer vielzitierten Kindeskinder...


  • Sehr viel weniger Industrie und Wohlstand? Heißt das, Corona hat uns Kunst und Kultur genommen, Putin Industrie und Wohlstand? Zeit auszuwandern!


    Ich glaube wir sind hier nach wie vor (so wie auch zukünftig) im gelobten Land, es ist nur unglaublich unangenehm mitzubekommen, welche Strategien man fährt... Anne Will will z. B. Krieg, sie drängts dem Scholzonlmaten praktisch auf.

  • Ach lirum, larum, Löffelstil - dann lernt mein Nachwuchs halt Mandarin und steht auf Xinping. Die haben andere Sorgen, wer nun das vermeintliche Empire ist - zumal der kulturelle Einfluss der USA immer noch völlig ungebrochen ist.

  • Diese Zahlen sagen doch im Grunde gar nichts darüber aus wieviel Wirtschaftskraft ohne russische Energie und ohne russische Rohstoffe verloren geht. Bei demnächst 4mal so hohen Energiepreisen und doppelt so hohen Rohstoffpreisen wird es in Deutschland sehr viel weniger Industrie und Wohlstand geben. Die Zahlen dafür hat nur noch niemand.

    Das ist aus meiner Sicht nur eine Umschichtung. Deutschland kauft seine Energie auf dem Weltmarkt, mit Ausnahme des Gas, wo man Pipelines braucht. Sobald der Energiemix umgestellt, und neue Gas-Pipelines zu neuen Kunden gebaut sind, geht alles weiter wie zuvor. Könnte natürlich sein, dass Erdgas tendenziell billiger ist zur Energie-Erzeugung als Erdöl oder Kohle. Aber groß kann der Unterschied nicht sein, sonst müssten die europäischen Staaten, die wenig Erdgas nutzen mit eine 4fachen Energiepreis arbeiten. Was meines Wissens nicht der Fall ist.


    Es wäre anders, wenn Russland die Förderung einstellt und weniger Öl und Gas auf dem Weltmarkt zur Verfügung steht. Aber das ist nicht zu erwarten.

  • Nicht nur sie. Diese verdammte Bande rücksichtsloser Kriegstreiber/Waffenfetischisten riskieren die völlige Vernichtung dieses Planeten. Denn sie wissen nicht was sie tun ;(

    Florence Gaub hat mir bei Lanz beigebracht (und er scheint es so verinnerlicht zu haben), dass Atomwaffen eigentlich nur ein Bluff sind und die eigentliche Waffe Angst ist. Schade ist nur, dass Atomwaffen verfügbarer sind als ein Royal Flush. Egal, gewisse Ängste fressen Gehirn halt nur an gewissen Stellen auf.

  • Die Stabilität der Nachkriegsordnung hängt schon im Wesentlichen von der Ukraine selbst ab.

    Der Präsident der Ukraine selbst scheint sich der souveränen Handlungsfähigkeit seiner eigenen Regierung jedenfalls nicht so sicher zu sein wie Du. Eine sicher nicht besonders Putin-freundliche amerikanische Denkfabrik dazu:

    To Support Zelensky, the United States Needs to Negotiate With Putin

    Washington and its allies have sent mixed messages on Russian sanctions relief, but they should support Zelensky in any diplomatic course he pursues.


    “It’s not that I want to talk to Putin,” Ukrainian President Volodymyr Zelensky said last week about Russia’s president. “I need to talk to Putin. The world needs to talk to Putin. There is no other way to stop this war.”

    The United States should heed this plea. Ukraine’s resistance to Russia’s unprovoked and illegal invasion has been both heroic and effective, but its situation is precarious. For all their flaws, Russia’s armed forces may yet prevail in a prolonged conflict, and there is still a real danger that much of Ukraine will become a Russian vassal state under a puppet government. Moreover, even if Ukraine can hold off Russian forces indefinitely, the prospect of forcibly evicting them from its territory—particularly in the south—is daunting. All the while, Russia is slaughtering Ukraine’s citizens ever more indiscriminately.

    But as Zelensky’s statement suggests, Ukraine’s plan to end this war is probably not to vanquish the invading forces. Rather, its goal appears to be to make the prospect of continuing the war, and the occupation that could follow it, exceptionally painful for Russia—so painful that Putin comes to view a settlement agreement that preserves Ukraine’s independence as the lesser of two evils.

    Putin may already be feeling the pain. The United States believes that Putin embarked on this war seeking to conquer most or all of Ukraine. Today, Moscow has implicitly recognized Zelensky’s government by demanding, in return for an end to the war, that Kyiv agree to Ukrainian neutrality, acknowledge Crimea as Russian territory, and recognize Donetsk and Lugansk as independent states.[...]

    The United States and its allies should support Zelensky in any diplomatic course he pursues. Indeed, he cannot end the war without them. Economic sanctions on Russia strengthen his hand at the negotiating table by raising the costs to Russia of continuing to fight. By the same token, however, it is virtually inconceivable that Russia would agree to a settlement without sanctions relief. For this reason, the United States and its allies must be prepared to lift sanctions—including on Russia’s central bank—if Russia and Ukraine negotiate and implement a settlement agreement.[...]

    Die Frage der NATO-Mitgliedschaft wird natürlich gekonnt umschifft. Der Artikel erschien zudem, bevor Opa Sepp mal wieder einen seiner berühmten Momente der Selbstdemaskierung hatte und Beim NATO-Gipfel im Prinzip den regime change in Moskau als Endziel der Sanktionen ausplauderte. Diesbezüglich rudern die führenden Kräfte des Wertewestens in den USA und in Großbritannien bereits hinter die große Klappe des leader of the free world zurück, aber das wird Putin sicher erst recht davon überzeugt haben, dass es ohne schriftliche Zugeständnisse der USA zu keiner baldigen Friedenslösung kommen wird.

  • Regime change. Wieso zwingen? Es gibt doch genug starke nationalistische Kräfte in der Ukraine. Die müssen dann eben an die Macht nach dem Schandfrieden von Kiew.


    Also das greift jetzt sehr weit vor, wenn müsste man erstmal wissen unter welchen Bedingungen der neutrale Status zu stande gekommen wäre und dann könnte man spekulieren, ob die USA versuchen könnten den Umsturz dieser Ordnung voranzutreiben. Aber wie gesagt, auch das hängt letztlich von der Ukraine selbst ab, wenn die USA nicht gerade ihrerseits in das Land einfallen, um es zu bewirken.


    Der Präsident der Ukraine selbst scheint sich der souveränen Handlungsfähigkeit seiner eigenen Regierung jedenfalls nicht so sicher zu sein wie Du. Eine sicher nicht besonders Putin-freundliche amerikanische Denkfabrik dazu: [...]


    Naja in den USA glauben die meisten Perspektiven, dass nur die USA ein Problem lösen können. Das ist einfach die imperiale Logik, zumal bei einem think tank auch noch das Geschäftsmodell.


    Dann gehen sie von der vermutlich falschen Prämisse der US-Regierung aus:


    Zitat

    The United States believes that Putin embarked on this war seeking to conquer most or all of Ukraine.


    Das heißt natürlich nicht, dass die USA keine Rolle spielen. Aber ich denke es ist umgekehrt, dass Problem ist vermutlich, dass sie sich zu viel involvieren und die Ukrainer darin bestärken, Verhandlungen hinauszuzögern, bestimmte Positionen noch nicht preiszugeben usw., weil ihr Interesse ist den Krieg zu verlängern.


    Zitat

    [...] it is virtually inconceivable that Russia would agree to a settlement without sanctions relief.


    Ja, aus Sicht der USA ist es undenkbar, dass Russland versuchen könnte davon unabhängig zu handeln. Mein Eindruck ist, dass sie das bisher vorhaben, basiert aber neben meiner Einschätzung der Motivation letztlich auch nur darauf, dass ich aus den Verhandlungen selbst keinerlei Hinweis in Richtung so einer Forderung gehört habe.

  • Keiner ist so blöd sie einzusetzen, also sollten wir es auf jeden Fall riskieren? So in etwa?

    Jepp.


    Edit: Bzw war das von Gaub noch dämlicher, denn sie suggerierte, dass bei einem Reaktorunfall ja alles nuklear verseucht sei und man ja in Nagasaki und Hiroshima normal leben könnte ohne Radioaktivität - man wisse demnach gar nicht mal genau, wie schlimm das Aftermath ist. Ich verorte das als so ziemlich die steilste These, die in dem gesamten Themenkomplex geäußert wurde, und es wundert mich wenig, dass Markus sie geschluckt hat - alles für die Moral.

  • Jepp.


    Edit: Bzw war das von Gaub noch dämlicher, denn sie suggerierte, dass bei einem Reaktorunfall ja alles nuklear verseucht sei und man ja in Nagasaki und Hiroshima normal leben könnte ohne Radioaktivität - man wisse demnach gar nicht mal genau, wie schlimm das Aftermath ist. Ich verorte das als so ziemlich die steilste These, die in dem gesamten Themenkomplex geäußert wurde, und es wundert mich wenig, dass Markus sie geschluckt hat - alles für die Moral.

    Sie ist halt eine Anti-Angst-Propaganda-Aktivistin. Wenns schief geht, ist ja auch egal. ... Du sprachst ja neulich auch den ungebrochenen kulturellen US-Einfluss an. Ein entscheidender Auswuchs davon ist vielleicht auch, dass es hier keine Strategen mehr gibt, sondern nur noch Poker Spieler und PowerPoint Blender.

  • Edit: Bzw war das von Gaub noch dämlicher, denn sie suggerierte, dass bei einem Reaktorunfall ja alles nuklear verseucht sei und man ja in Nagasaki und Hiroshima normal leben könnte ohne Radioaktivität - man wisse demnach gar nicht mal genau, wie schlimm das Aftermath ist. Ich verorte das als so ziemlich die steilste These, die in dem gesamten Themenkomplex geäußert wurde, und es wundert mich wenig, dass Markus sie geschluckt hat - alles für die Moral.


    Oh je. Okay, man evakuiert einfach dort, wo die Russen ihre Kernwaffe hinwerfen, und dann wartet man eine Weile und dann kann man wieder da leben. Brilliant.

  • Lässt sich das schon abschätzen? Woran würdest du das festmachen?


    Naja, es gibt das Symbolische: Zum Beispiel, dass eine äußere Kraft - jedenfalls hier so verstanden - in einer vom Westen dominierten Weltregion interveniert.


    Und das Praktische: Zum Beispiel die Umstellung von Zahlungssystemen weg von westlich dominierten Strukturen.


    Aber das folgt alles nur dem Großtrend. Nehmen wir die Golfstaaten: Die haben sich nicht wegen dem Krieg entschieden unabhängiger vom Westen zu agieren, sie waren schon an dem Punkt und es zeigt sich hier nur. Und das ist auch nicht wie früher eine schon recht stark auf ein Prinzip aufbauende Opposition wegen Israel, sondern durch eigene Interessen geleitet.


    Wie gesagt, wenn der Krieg nicht über die Ukraine hinaus eskaliert und der Wirtschaftskrieg nicht über den Westen und Russland hinaus, würde ich sagen, dass es hier übertriebene Erwartungen gibt, wie enorm sich die Welt dadurch verändern wird.


    Als positiv aus dem Krieg für die westliche Machtposition, würde ich sehen, dass die USA Strategie, sich auf den Osten zu konzentrieren, während Europa sich selbst schützt, nun von Deutschland übernommen wurde. Das könnte die USA entlasten, wenn die EU zum zweiten militärischen Machtpol des Westens wird.


    Insofern schauen wir erstmal, was von der deutschen Aufrüstung am Ende übrig bleibt. Ich sehe hier auch keine Entlastung der USA (wenngleich das letztlich genauso keine große Belastung sein sollte). Die hätten sie haben können, wenn sie ihr Engagement in der Ukraine beendet hätten. Ich glaube jedenfalls nicht, dass die Osteuropäer sich sicherer fühlen, wenn Deutschland ihre Sicherheit besorgt.


    Außerdem wurde die Einigkeit des Westens gestärkt.


    Man hat zeitweilig eine Konsensebene für einen größeren Teil der Gesellschaft über die westlichen Länder hinweg gefunden. Das bedeutet nicht, dass interne Widersprüche damit vom Tisch sind. Wenn die USA jetzt auf einen Sturz von Putin in Russland hinarbeiten, bin ich mir zum Beispiel nicht sicher, ob das Anliegen von den Westeuropäern geteilt wird.


    Beim Wirtschaftskrieg bin ich mir nicht so sicher. Hängt viel davon ab, ob China mit hinein gezogen wird. Eine Entflechtung, also USA handelt mehr mit Europa, China mehr mit Russland, könnte sich auch positiv auswirken, weil der Westen so 50-60% der Welt BIP darstellt, China nur 20%. Oder sagen wir weniger negativ für uns als für China. TTIP und so könnte nun doch noch kommen.


    Da bin ich bei den Chinesen, dieses Blockdenken ist überholt. Wenn Biden in Warschau vom großen Kampf zwischen Demokratie und Autokratie schwadroniert, den Kampf um demokratische Wahlen hat er in den USA doch längst verloren und Polen sägt an der Unabhängigkeit seiner Gerichte rum. Vom technischen Vorsprung des Westens ist nicht viel übrig geblieben, große internationale Geldgeber gibt es auch außerhalb, wir leben jetzt hauptsächlich vom Erbe der kolonialen/neokolonialen Strukturen. Und die lange Beziehung der Energieversorgung aus der Sowjetunion und heute Russland ist im Prinzip etwas ähnliches.


    Wie Danton sagt, diese Wirtschaftskraft, die du anführst, basiert mit auf niedrigen Energiepreisen. Gerade auch wegen der Zusammenarbeit mit Russland konnte Deutschland im Gegensatz zu stärker deindustrialisierten Ländern wie etwa das United Kingdom ein Industriestandort bleiben. Daher vermute ich auch, Energieunabhängigkeit von Russland heißt letztlich, wir schaffen Alternativen aber da die sehr wahrscheinlich teurer sind, kaufen wir dann trotzdem das Gas der Russen zumindestens wenn die uns dann noch gute Preise machen. Das werden wir vor Ende des Krieges sicherlich nicht so deutlich sagen. Auf andere aber ähnliche Weise trifft das auch auf Frankreich zu, klar wenn die französische Kraftwerksflotte im Schnitt 20 Jahre jünger wäre, dann stünden sie jetzt ganz gut da, aber selbst dann sind sie bei ihrer Energieversorgung nicht unabhängig von Importen aus Gebieten wo die Russen oder Chinesen direkt oder indirekt ihre Finger mit im Spiel haben.

  • Die unangenehme Zukunft, über die die notorischen (und laut Isabel Schnabel längst wiederlegten) schwarzseherischen, Untergangspropheten des Club of Rome immer redeten ist eben jetzt.


    Letztendlich (neben den anderen Interessen Russlands) denke ich ist es unzweifelhaft, dass es bei dem Konflikt um die Ukraine auch um die Hoheit über die Transportwege der großen Öl und Gas Vorkommen aus Russland und Zentralasien geht. Dieser Konflikt schwelt sein 20 Jahren oder mehr.



    Klimawandel, Peak Oil und die Auswirkungen der Ausbeutung des Planeten und des globalen Südens bestimmen massgeblich die nächsten Jahrzehnte und stürzen die herrschende Ideologie des globalisierten Neoliberalismus in eine Massive Krise. Der Hegemon USA will seine Vormachtstellung vor allem dort sichern wo die verbliebenen Ressourcen sich befinden und kommt dadurch in Konflikt mit Russland und China, die natürlich das gleiche tun wollen.


    Folge wird ein durch Krieg, Hunger, Pandemien, Wirtschaftskrisen und Umweltkatastrophen (evtl. Atomare Vernichtung?) verursachter Rückgang der Weltbevölkerung und ein Bruch der Ideologie und der globalen Machtverhältnisse sein. Eine Globalisierung wie wir sie die letzten Jahrzehnte hatten wird es nicht mehr geben, wobei natürlich globaler Handel weiter auf niedrigerem Niveau stattfinden wird.


    Vor allem diejenigen Staaten die jetzt schon Prekär an der Kante stehen und am meisten von der Klimaerwärmung getroffen sind, werden die größte Last zu tragen haben (Bangla Desh, Indien, Burkina Faso, etc.). Es werden interessante Zeiten auf uns zukommen, und der einfältige Traum der Politiker man könnte zu Prä Corona Zeiten der Sorgenlosigkeit zurückkehren ist wohl entgültig ausgeträumt.

  • Ja sicher ist das die imperiale Logik. Deshalb habe ich ja auch einen US-Thinktank zitiert.


    Aber egal welche sonstigen sinistren Motive Putin tatsächlich haben mag - Gegenstand seiner öffentlichen Kernforderung und der schärfsten Kritik Russlands - auch von Lawrow mehrfach geäußert - am Verhalten der Ukrainischen Regierungen seit der orangen "Revolution" 2004 war die Annäherung an den Westen und an die NATO.

    Der Vorwurf, Kiew verhandele insbesondere im Hinblick auf die russischen Kernforderungen - Keine NATO-Mitgliedschaft, Anerkennung der "Volksrepubliken" in den von diesen beanspruchten Grenzen(!), und Verzicht auf die Krim - nicht souverän, sondern stehe unter Einfluss aus Washington, kommt nicht von mir oder von amerikanischen Thinktanks (jedenfalls nicht direkt) sondern von der russischen Regierung.


    Wenn Putins oligarchische Autokratur jetzt Zelenskyjs Oligarchie mit demokratischen Elementen als alleinigen Partner eines möglichen Friedensabkommens akzeptieren würde, ohne dabei explizite Garantien aus Amerika - nicht nur in Puncto Sanktionen, sondern vor allem in Bezug auf die mögliche NATO-Mitgliedschaft! - zur Bedingung zu machen, würde sie ihre eigene Erzählung von der fremdgesteuerten Ukraine torpedieren und sich der Welt als gemeine Schläger offenbaren, die ein kleineres Nachbarland mit Gewalt dazu gezwungen hätten, ihnen ein paar Stücke von sich abzugeben.


    Und bei aller berechtigten Kritik am Angriffskrieg, muss man den Russen leider zugestehen, dass sie mit der Erzählung von der US-Einflussnahme auf Kiew nicht wirklich daneben liegen.

    Die USA haben der Ukraine in den letzten zwei Jahrzehnten nicht nur Geld, politische Unterstützung für pro-westliche Oppositionelle, sowie russophobe nationalistische Gruppierungen, und schliesslich unter Trump auch wieder verstärkt Waffen geliefert, sondern offenbar auch ihre umfangreiche Erfahrung als völkerrechtsbrüchige Invasoren gegen den Widerstand lokaler Guerilleros und Partisanen in die Modernisierung der ukrainischen Streikräfte und den Aufbau von bewaffneten Milizen mit eingebracht.

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