Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Nja, mein Kommentar war ja eigentlich nicht mal halbernst, eher so ein trauriger Witz mitdem Etappen.

  • Naja, eigentlich ist ziemlich klar, was sie wollen: Eine Kantonisierung der Ukraine. Denn solange da die Ukrainer im Westen mit drin sind, wird man immer Probleme mit dem Land haben, wenn man es wieder direkter kontrollieren könnte.


    Der Traum ist vielleicht alles östlich des Dnepr und die Schwarzmeerküste bis Transnistrien kommt heim ins Reich. Laut den USA seit vier Monaten ist irgendwie sowas der Plan.

    Ich ging bisher davon aus, Putin hofft die ganze Ukraine irgendwie wieder unter Kontrolle zu bringen. Und deswegen hat er die Separatisten in der Ost-Ukraine erstmal hängen lassen und nicht anerkannt. Eine Spaltung der Ukraine hätte er damals bei der Krim-Annexion leicht haben können. Da war die Armee der Ukraine völlig desolat.

    Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, das geht hier im Forum gelegentlich unter. Wäre die Ukraine NATO-Mitglied, dann hätten wir jetzt den dritten Weltkrieg. Das kann man "riskant" nennen.

    Papier ist geduldig. Ich traue zwar den Amis einen Atomkrieg zu, aber nur wenn, wie in der Kuba-Krise, die Sicherheit der USA direkt bedroht ist. Wegen einem obskuren osteuropäischen Staat würden sie den roten Knopf nicht drücken, NATO Mitglied hin oder her. Ist natürlich Spekulation.

  • Russland geht offensichtlich zurecht nicht davon aus, dass der Westen einen Erstschlag auch nur in Erwägung zieht, sonst hätte man die ganzen Provokationen der letzten Jahre, insbesondere den Bruch des Budapester Memorandums mit der Krim-Annexion ja niemals durchgeführt. Der Westen sollte genauso davon ausgehen, dass auch Russland niemals den Knopf drücken wird.

  • Ich ging bisher davon aus, Putin hofft die ganze Ukraine irgendwie wieder unter Kontrolle zu bringen. Und deswegen hat er die Separatisten in der Ost-Ukraine erstmal hängen lassen und nicht anerkannt. Eine Spaltung der Ukraine hätte er damals bei der Krim-Annexion leicht haben können. Da war die Armee der Ukraine völlig desolat.


    Richtig, aber Putin ist eben eher nicht unberechenbar und auch nicht sehr abenteuerlustig, so wie er vielleicht in einem westlichen Zerrbild gesehen wird. Gut, nun weiß ich nicht, wenn er jetzt zwei Pandemiejahre in starker Isolierung mit Geschichtsbüchern verbracht hat, vielleicht hat das seine Psyche, wie die vieler Leute, beeinträchtigt. Vielleicht ist alles anders, aber davon gehe ich erstmal nicht aus.


    Abgesehen davon, dass Russland die Janukowytsch-Regierung nicht kontrolliert hat, sie hatten da bloß mehr Hebel, Janukowytsch war wie gesagt auch nur mit knapper Mehrheit ins Amt gekommen. Die eher anti-russischen politischen Fraktionen kann man schlecht marginalisieren. Also käme es immer wieder zum Wechsel. Russland hat versucht über das Zeitfenster dieser Regierung die Ukraine in ihre Freihandelszone einzubinden und darüber kam es letztlich zur 2014er Revolution.


    Daher die Idee einer Kantonisierung, dann hätte der Osten eine Beziehung mit Russland und der Westen eine mit der EU. Und die Ukraine wäre ein neutrales Land.

  • Da zittert der Kreml sicher : )


    EU auf Selbstverstümmelung ...




    Wenn ich mir die Regierungen im geschlossenen Westen so angucke, da hat jeder ein riesigen Misthaufen von unlösbaren Problemen Zuhause - mit dem Finger auf andere zu zeigen lenkt da ab, oder schlimmstenfalls auch nicht : )


    Zu den Zahlen, an sowas ziehen sich Journalisten hoch und stempeln andere als Schwurbler und Verrückte ab? Die Georgienkrise hatte eine lange Vorgeschichte, es gab eine Aggression die nicht von Russland kam, dann war es eben zufällig der 08.08.08 - dann kann man auch nicht bis zum 10.10.10 warten um zu reagieren. Zwei Jahrzehnte Präsident und eben 2 mal Schnapszahlen erwischt.

  • Wenn für die Verbraucher jetzt richtig, richtig unbezahlbare Zustände herrschen, die Wirtschaft absäuft und alles den Bach runter geht - dann kommt die Demokratie da nicht ungeschoren raus, nicht bei uns und nicht bei den anderen.


    Weimar-Reloaded ... ein echter Handelskrieg wäre die dazugehörende Weltwirtschaftskrise und Hyperinflation.


    Wieso nochmal das Theater? Eine korrupte Wehrsportgruppe als Regierung die Russen hasst? Muss man später ja den Kindes-Kindern erzählen, wieso die Grünen so heiß darauf waren...

  • Immer nur wenn das Datum auf ne Schnapszahl fällt.

    Das ist doch Kreml-Astrologie wie aus dem tiefsten kalten Krieg, die der t-online Autor da wahrscheinlich auf twitter gelesen und dann einen klickzahlenträchtigen Artikel daraus gemacht hat.


    Ist jetzt natürlich nicht ganz so originell wie neulich der taz-Artikel über die toxische Männlichkeit phallischer Raketen und Kanonenrohre mit denen die weiblich konnotierte Ukraine von Putin (und der ebenfalls weiblichen Rossia) gewaltsam penetriert werde.

    Aber selbst wenn man der westlichen Erzählung von Vlad dem Schrecklichen als alleinverantwortlichem Superschurken für das ganze Desaster unbedingt folgen will, kann man sicher sachlichere Argumente für des Kreml-Hitlers teuflisch-genialen Charakter finden, ohne dabei gleich in esoterische Numerologie abzudriften.

  • Dafür dass die Russen gestern noch den ganzen Tag über an der ofiziellen englischen Übersetzung von Putins Rede zur Anerkennung der "Volksrepubliken" gearbeitet haben und man sie jetzt erst komplett nachlesen kann, haben sich ja schon ziemliche viele westliche journalistInnen und PolitikerInnen dazu geäußert was der Russenhitler da für eine fürchterliche imperialistische Blut und Boden-Haltung vertrete.


    Dass Putin gerne auf tausend Jahre russische Geschichte verweist, um den russischen Anspruch auf Einfluss über das heutige ukrainische Staatsgebiet zu legitimieren ist natürlich richtig und das kann man von links eigentlich nur scharf kritisieren, weil es einfach völkischer Blödsinn ist, der eine ethnokulturelle Einheit mit dem Brudervolk beschwört, die im Lauf der Geschichte nun mal einen Wandel durchlief, den man jetzt nicht einfach ungeschehen machen kann.


    Dass er allerdings auch eine ziemliche Latte an ganz aktuellen und handfesten Gründen dafür vorgebracht hat, warum er die Sicherheit Russlands durch die Nato-Aktivitäten in der unmittelbaren Nachbarschaft womöglich tatsächlich ernsthaft bedroht sieht, wird eigentlich durch die Bank in der westlichen Berichterstattung unterschlagen, oder als völlig unbegründete und irrationale Paranoia abgetan, ohne jedoch im einzelnen darauf einzugehen, oder seine Behauptungen gar mit gegenteiligen, nachprüfbaren Fakten zu widerlegen.


    Der ganze Text ist ziemlich lang, deshalb hier nur Beispielsweise:

    Address by the President of the Russian Federation

    21. Februar 2022


    "[...] As we know, it has already been stated today that Ukraine intends to create its own nuclear weapons, and this is not just bragging. Ukraine has the nuclear technologies created back in the Soviet times and delivery vehicles for such weapons, including aircraft, as well as the Soviet-designed Tochka-U precision tactical missiles with a range of over 100 kilometres. But they can do more; it is only a matter of time. They have had the groundwork for this since the Soviet era.

    In other words, acquiring tactical nuclear weapons will be much easier for Ukraine than for some other states I am not going to mention here, which are conducting such research, especially if Kiev receives foreign technological support. We cannot rule this out either.


    A law has already been adopted that allows foreign troops to come to Ukraine in 2022 to take part in multinational drills. Understandably, these are primarily NATO troops. This year, at least ten of these joint drills are planned.

    Obviously, such undertakings are designed to be a cover-up for a rapid buildup of the NATO military group on Ukrainian territory. This is all the more so since the network of airfields upgraded with US help in Borispol, Ivano-Frankovsk, Chuguyev and Odessa, to name a few, is capable of transferring army units in a very short time. Ukraine’s airspace is open to flights by US strategic and reconnaissance aircraft and drones that conduct surveillance over Russian territory.

    I will add that the US-built Maritime Operations Centre in Ochakov makes it possible to support activity by NATO warships, including the use of precision weapons, against the Russian Black Sea Fleet and our infrastructure on the entire Black Sea Coast.

    At one time, the United States intended to build similar facilities in Crimea as well but the Crimeans and residents of Sevastopol wrecked these plans. We will always remember this.


    [...]


    Moreover, I will say something I have never said publicly, I will say it now for the first time. When then outgoing US President Bill Clinton visited Moscow in 2000, I asked him how America would feel about admitting Russia to NATO.

    I will not reveal all the details of that conversation, but the reaction to my question was, let us say, quite restrained, and the Americans’ true attitude to that possibility can actually be seen from their subsequent steps with regard to our country. I am referring to the overt support for terrorists in the North Caucasus, the disregard for our security demands and concerns, NATO’s continued expansion, withdrawal from the ABM Treaty, and so on. It raises the question: why? What is all this about, what is the purpose? All right, you do not want to see us as friends or allies, but why make us an enemy?

    There can be only one answer – this is not about our political regime or anything like that. They just do not need a big and independent country like Russia around. This is the answer to all questions. This is the source of America’s traditional policy towards Russia. Hence the attitude to all our security proposals


    Today, one glance at the map is enough to see to what extent Western countries have kept their promise to refrain from NATO’s eastward expansion. They just cheated. We have seen five waves of NATO expansion, one after another – Poland, the Czech Republic and Hungary were admitted in 1999; Bulgaria, Estonia, Latvia, Lithuania, Romania, Slovakia and Slovenia in 2004; Albania and Croatia in 2009; Montenegro in 2017; and North Macedonia in 2020.

    As a result, the Alliance, its military infrastructure has reached Russia’s borders. This is one of the key causes of the European security crisis; it has had the most negative impact on the entire system of international relations and led to the loss of mutual trust.


    The situation continues to deteriorate, including in the strategic area. Thus, positioning areas for interceptor missiles are being established in Romania and Poland as part of the US project to create a global missile defence system. It is common knowledge that the launchers deployed there can be used for Tomahawk cruise missiles – offensive strike systems.

    In addition, the United States is developing its all-purpose Standard Missile-6, which can provide air and missile defence, as well as strike ground and surface targets. In other words, the allegedly defensive US missile defence system is developing and expanding its new offensive capabilities.

    The information we have gives us good reason to believe that Ukraine’s accession to NATO and the subsequent deployment of NATO facilities has already been decided and is only a matter of time. We clearly understand that given this scenario, the level of military threats to Russia will increase dramatically, several times over. And I would like to emphasise at this point that the risk of a sudden strike at our country will multiply.


    I will explain that American strategic planning documents confirm the possibility of a so-called preemptive strike at enemy missile systems. We also know the main adversary of the United States and NATO. It is Russia. NATO documents officially declare our country to be the main threat to Euro-Atlantic security. Ukraine will serve as an advanced bridgehead for such a strike. If our ancestors heard about this, they would probably simply not believe this. We do not want to believe this today either, but it is what it is. I would like people in Russia and Ukraine to understand this.


    Many Ukrainian airfields are located not far from our borders. NATO’s tactical aviation deployed there, including precision weapon carriers, will be capable of striking at our territory to the depth of the Volgograd-Kazan-Samara-Astrakhan line. The deployment of reconnaissance radars on Ukrainian territory will allow NATO to tightly control Russia’s airspace up to the Urals.

    Finally, after the US destroyed the INF Treaty, the Pentagon has been openly developing many land-based attack weapons, including ballistic missiles that are capable of hitting targets at a distance of up to 5,500 km. If deployed in Ukraine, such systems will be able to hit targets in Russia’s entire European part. The flying time of Tomahawk cruise missiles to Moscow will be less than 35 minutes; ballistic missiles from Kharkov will take seven to eight minutes; and hypersonic assault weapons, four to five minutes. It is like a knife to the throat. I have no doubt that they hope to carry out these plans, as they did many times in the past, expanding NATO eastward, moving their military infrastructure to Russian borders and fully ignoring our concerns, protests and warnings. Excuse me, but they simply did not care at all about such things and did whatever they deemed necessary. [...]"


    Man kann natürlich absolut kritisieren, dass Putin hier seinerseits das geostrategische Denken eines alten kalten Kriegers an den Tag legt. Aber damit spiegelt er eigentlich nur genau die selbe Haltung in Washington und Brüssel wieder. Wenn man im europäischen und deutschen Qualitätsjournalismus also einerseits die Anmaßung einer russischen Einflusssphäre in der unmittelbaren Nachbarschaft beklagt, dann kann man die Ausdehnung der US-Amerikanischen Hegemonialansprüch auf den halben Erdball und insbesondere in Osteuropa nicht einfach als Selbstverständlichkeit abtun - es sei denn, man hätte sich von einer besipiellosen Anti-russischen Propaganda davon überzeugen lassen, dass Imperialismus immer nur dann besonders verachtenswert ist, wenn er westlichen Kapital- und MachtInteressen Werten im Weg steht.


  • Für mich ist vor Allem Russlands Ersuchen um den NATO-Beitritt vor 20 Jahren überzeugend. Aus heutiger Sicht hätte man damit doch sowohl auf die außenpolitischen, als auch die innenpolitischen Bestrebungen Russlands Einfluss nehmen können.


    Vielleicht sollte das ernsthaft wieder auf den Tisch?


    Ich mag zu naiv sein oder das zu stark zu psychologisieren, aber ich muss die ganze Zeit daran denken, dass man wenn man unerwünsches "Verhalten" sanktionieren will konsequenterweise entweder erwünschtes Verhalten im gleichen Atemzug auch belohnen, oder sich ganz von diesem behaviouristischen Prinzip verabschieden müsste.


    Ich würde die öffentliche Kommunikation nicht unterschätzen — eine ehrliche Selbstkritik kann durchaus auch vom Gegenüber gespiegelt werden.

  • Wenn man Russland vor 20Jahren hätte beitreten lassen, hätte man die NATO 2 Jahre später wahrscheinlich ganz auflösen können mangels äußerem Feind. Das kann ein Land wie die USA natürlich nicht zulassen. Stell Dir vor VW würde Panzer bauen. So in etwa sehe ich den Einfluss der amerikanischen Rüstungsindustrie analog zu uns.

  • Weil ja auch in UnserLand jetzt plötzlich sogar Linke ganz furchtbar empört darüber sind, wie ein Land im 21. Jahrhundert denn immer noch unter irgendwelchen fadenscheinigen Gründen das Völkerrecht™ und die Souveränität eines anderen Landes missachten könne, hier mal ein bisschen Polemik mit ordentlich "Whataboutism!":

    Perhaps The US Should Shut The Fuck Up About Respecting Other Countries' Sovereignty

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