Ich dachte ich mache mal einen Thread dazu auf, damit das nicht immer bei Nawalny oder in den Interessanten Sendungen und Links versandet.
Zur Einstimmung ein aktuelles Interview von Halper & Taibbi (jetzt ohne Rolling Stone-Branding) mit dem old-school Whistleblower Daniel Ellsberg (Interview beginnt ab ca. 34:00), der verantwortlich für die "Pentagon Papers" zeichnete, welche die Umstände des offiziellen Eintritts der USA in den bis dato nur als Stellvertreterkrieg geführten Vietnamkrieg beleuchteten, und der hier nochmal recht eindringlich klar macht, wie irre das mit der Mutually Assured Destruction im Original- Kalten Krieg eigentlich war.
(Matt Taibbi & Katie Halper's Useful Idiots with Daniel Ellsberg - youtube)
Eine Interessante Theorie - die mir so allerdings noch nicht bekannt war - ist Ellsbergs Schilderung, dass man eigentlich bis Anfang der 80er gar nicht davon ausging, dass ein Atomkrieg zwischen den USA und der UDSSR die Erde nahezu unbewohnbar machen würde, weil die physikalischen Effekte des massenhaften Einsatzes der ungleich höheren (laut Ellsberg ca. 1000-fach) Zerstörungskraft von thermonuklearen Wasserstoffbomben gegenüber "konventionellen" Atomwaffen noch nicht so ganz in die Köpfe der kalten Krieger vorgedrungen war.
Auch interessant: Die Verbote von Atomwaffentests, auf die man sich (noch) international geeinigt hat, verhindern (laut Ellsberg) vor allem, dass die "kleineren" Atommächte Pakistan, Indien und China die nötigen Versuche durchführen können, die sie bräuchten um eigene Wasserstoffbomben in großem Stil zu entwickeln. Deren Arsenale sind also nach wie vor von deutlich niedrigerer Zerstörungskraft, als die der beiden alten Erzrivalen in Moskau und Washington DC.
(ob das alles so stimmt, oder nicht lasse ich mal dahin gestellt. Aber eine interessante Perspektive ist es auf jeden Fall.)
Das "gute" am alten Kalten Krieg war im Rückblick, dass die beiden Konfliktparteien recht klar umrissene ideologische und ökonomische Blöcke waren und dass man auf beiden Seiten - trotz aller in der öffentlichen Propaganda proklamierten Erzfeindschaft - immerhin davon ausging, dass der jeweilige Gegner von rationalen, pragmatischen Überlegungen geleitet wurde, und dass es dabei letztendlich um handfeste ökonomische und machtpolitische Interessen ging - also um Henry Kissingers sprichwörtliche "Realpolitik" - auf deren Basis man hinter den Kulissen ja auch letztendlich das (vorläufige) Ende des kalten Krieges und die Öffnung des Eisernen Vorhanges verhandeln konnte.
Heute drängt sich hingegen vor allem in Bezug auf die Haltung der USA und ihrer NATO-Partner gegenüber den Atommächten Russland und China der Eindruck auf, das die propagandistische Berufung auf westliche "Werte" von den politischen EntscheiderInnen immer häufiger für bare Münze genommen, und der Erzfeind im Kreml ernsthaft für einen größenwahnsinnigen Superbösewicht gehalten wird, mit dem keine rationale, vernunftbasierte Verhandlung mehr möglich sei.
Joe Bidens jüngste Charakterisierung Wladimir Putins als seelenloser "Killer" in einem ABC-Interview, und der daraufhin erfolgte Rückruf des russichen Botschafters aus den USA, oder das konfrontative Auftreten des US-Außenministers beim Treffen mit Chinesischen Diplomaten in Alaska (nebst entsprechend konfrontativer Reaktion der Chinesen) bei einer im Vergleich zur Zeit des kalten Krieges gleichzeitig ungleich stärkeren Verstrickung und Konkurrenz der ökonmischen Interessen im globalisierten Rohstoffhandel und bei weltweit vernetzten Lieferketten, lässt eher nicht darauf schliessen, dass sich im Kalten Krieg 2.0 ein ähnlich "realpolitisches" Gleichgewicht der Kräfte einpendeln wird.
Putins Reaktion auf Bidens "Killer"-Statement ist allerdings auch nicht ohne:
(BREAKING! Putin Challenges Biden To Urgent Livestream Online Debate In Front Of The Whole World! - youtube)
Wird zwar nicht passieren, aber dafür würde ich sogar Geld bezahlen.