Noch so ein dreister Lügner:
Kalter Krieg reloaded: Wie Deutschland erneut zum Ziel wird
Nato und Russland erneut auf Konfrontationskurs. Deutschland wortwörtlich zwischen Fronten. Das liegt auch an einer Kehrtwende von SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz.
Alles anzeigenWer sich zu Beginn der 1980er-Jahre als Mitglied der damaligen Friedensbewegung gegen die Stationierung von US-amerikanischen Pershing II und Cruise-Missiles in der Bundesrepublik engagiert hat, fühlt sich derzeit wie in einem über 40 Jahre alten Film. [...]
An der sicherheitspolitischen Retrospektive erschreckt besonders die Tatsache, dass frühere, während der Kubakrise gewonnene Erkenntnisse der beiden Militärbündnisse aus dem Bewusstsein heutiger Staatsmänner verschwunden zu sein scheinen.
Dies gilt etwa für die Bereitschaft, zugunsten eines ungefähren Kräftegleichgewichts, nach 1962 per Abkommen zwischen den Weltmächten besiegelt, auf die Fähigkeit zu verzichten, das atomare Zweitschlagspotenzial des Kontrahenten auszuschalten.
Ab dem übernächsten Jahr sollen erneut Mittelstreckenraketen der USA in Deutschland stationiert werden. Statt wie seinerzeit mit dem Nato-Doppelbeschluss, der die Ankündigung einer atomaren Nachrüstung des Westens immerhin noch mit einer radikalen Abrüstungsforderung gegenüber der UdSSR verband, durch offiziellen Beschluss einer Sondersitzung der Außen- und Verteidigungsminister des Bündnisses am 12. Dezember 1979, erfuhr man dieses Mal am Rande des jüngsten Gipfeltreffens in Washington mehr zufällig und auch nur aus einer bilateralen Kurzmitteilung von dem gefährlichen Plan der Vereinigten Staaten und der Bundesregierung, SM-6-Raketen, eine landgestützte Version des Marschflugkörpers Tomahawk und Hyperschallwaffen in Deutschland aufzustellen. [...]
Dabei ist die Abschreckungswirkung der genannten Waffensysteme gleich null, weil sie ein Aggressor – hieße er Putin oder wie auch immer – mit großkalibrigen Nuklearwaffen relativ leicht ausschalten könnte. Dienten sie tatsächlich dem angegebenen Zweck, würde man sie vernünftigerweise auf mehrere Nato-Staaten verteilen, um dem Feind einen Gegenschlag zu erschweren, und nicht ausschließlich in Deutschland stationieren.
Ansonsten ergeben die US-Raketen nur als Erstschlagswaffen militärisch Sinn, weil sie russische Kommandozentralen vernichten könnten. Dies wiederum fordert Russland womöglich zu einer militärischen Reaktion heraus. Mit den neuen Mittelstreckenraketen zieht Deutschland auf jeden Fall den Krieg wie ein Magnet an.
Gegenwärtig feiert die Abschreckungslogik, obwohl intellektuell eher schlicht, fröhliche Urständ. Auf ihrer Grundlage wurde den Westdeutschen schon in den späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren große Angst eingejagt. Damals raunte man sich nicht bloß in Köln zu: "Wenn wir nicht aufrüsten, steht der Russe bald am Rhein." [...]