in meiner welt hab ichs dann trotzdem hier und nicht auf twitter gelesen
In Deiner Welt hast Du einfach erstmal auf ein Video geklickt, dessen Beschreibung als "lifestyle linke trifft Arbeiterklasse" Du nicht gelesen haben willst und in welchem eigentlich ohne diesen "Kontext" nur zu sehen ist, dass jemand sich wie ein Arschloch benimmt, weil irgendwo ein paar AktivistInnen auf der Straße sitzen.
Daraus hast Du dann - natürlich ohne irgendwas anderes dazu gelesen zu haben - sogleich messerscharf den Schluss gezogen, dass es sich bei besagtem Arschloch offenbar um eine arme, geprügelte Kreatur aus dem verarmten Lumpenproletariat handeln müsse, der man es nicht nur nachzusehen habe, dass sie in einer für sie geradezu ausweglosen Zwangslage erst mal ein paar Ohrfeigen gegen offensichtlich friedliche Leute verteilt und das dann noch mit "verpisst Euch, ihr F*tzen" garniert - was Dich dann wiederum dazu veranlasst hat, unter diesem Video - dessen Kontext Dir ja nicht bekannt gewesen sein will - gleich mal als erster kundzutun, dass es sich bei den auf der Strasse klebenden Aktivistinnen offensichtlich nur um elitäre, abgehobene Verächter der arbeitenden Bevölkerung handeln könne, welche die Sorgen und Nöte der ausgebeuteten Klasse nicht ernst nähmen.
Über Sinn und Unsinn der Aktion könnte man sicher lebhaft diskutieren - und sogar darüber, ob es wirklich zielführend ist, der arbeitenden Bevölkerung die ohnehin schon elende Pendelei zum Arbeitsplatz damit noch zusätzlich zu vermiesen.
Aber ein solches Video mit einer solchen Überschrift nicht im Kontext - in diesem Fall zum Beispiel dem Umstand, dass sie mit der betreffenden Überschrift auf der Empörungs- und Propagandaplattform twitter veröffentlicht wurde - zu betrachten, bevor man sich einbildet, die darin abgebildeten Verhältnisse sofort erkannt zu haben, und sie dann mit einer ordentlichen Portion Polemik zu kommentieren, ist ungefähr genau das was man nicht tun sollte, wenn man anderen Leuten immer so gerne vorhält, sie seien zu undifferenziert und voreingenommen und interessierten sich nicht für die Gefühle anderer Menschen.
Die kognitive Dissonanz dabei besteht zum Beispiel genau darin, dass man anderen Leuten vorwirft, sie würden unreflektiert irgendweches Zeug wiedergeben, das sie auf twitter gesehen haben, und sich dabei nicht daran zu erinnern, dass man selbst genau dies nur zwei Tage zuvor getan hat.