Stammtisch & Kaffeekranzerl

  • Ich bin aktuell schon der Ansicht, dass sich politische Entscheidungsträger aktuell sehr viel Macht geben. Wir erleben, aus meiner Sicht, die Rückehr des Primates der Politik, in Gestalt eines immer repressiver agierenden und militärisch gesinnteren Staates. Und damit fällt natürlich automtisch auch einzelen Regierungsmitgliedern das Privileg zu wirklich wichtige Entscheidungen für uns alle zu treffen.

    Dazu wirst Du von mir seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine wenig bis gar keinen Widerspruch hier im Forum finden. Ich habe mich hier schon mehrfach sehr kritisch dazu geäußert, dass der bürgerliche kapitalistische Staat auf einem Gewaltmonopol gegründet ist, das nicht nur nach außen, sondern auch nach innen überhaupt dafür sorgt, dass er als solcher zusammenhält.

    Und da wir diesen Staat auch in der liberalen Demokratie von einer Staatsführung regieren lassen, die sich durch ihre demokratische Wahl lediglich die Legitimation dafür abholt, für die Dauer der bewählten Legislaturperiode über das demokratische Volk zu herrschen, (sofern es das Grundgesetz und die Gesetze die sie selbst ändern kann erlauben), kann sie der Staatsbevölkerung eben auch alles mögliche abverlangen, um die Macht des Staates nach innen wie nach außen zu sichern, bis hin zum Kriegsdienst an der Waffe für das Vaterland - egal ob der Bevölkerung das passt oder nicht. Und mir passt das überhaupt gar nicht.


    Ich widerspreche Dir allerdings ganz entschieden...

    Wir erleben hier keinen Auswuchs kapitalistisch geprägter Denkweisen mehr, sondern wir befinden uns inmitten eines Machtkampfes darüber, wer in dieser Welt den Ton angibt. Hier fallen gerade Masken. Die achso freiheitliche und liberale Lebensweise im Westen, war nur solange politisch geduldet, solange es keine Bedrohung von Außen gab. Das was Du als "Ideologie" bezeichnest war eine Art Versprechen, welches nun eilig eingeholt und revidiert wird ("Friedensdividende","Ende der Geschichte", "freiheitliche Grundordnung", "freiheitliche Lebensweise") in "Kriegstüchtigkeit" und "Gut gegen Böse".

    ...wenn Du meinst, das hätte alles nichts mehr mit kapitalistischer Denkweise zu tun.


    Der Fehler den Du dabei - meiner salonmarxistischen Ansicht nach - genauso machst, wie die meisten anderen nicht explizit kapitalismuskritischen Kritiker der gegenwärtigen Kriegs- und Krisenpolitik ist, dass Du offenbar völlig ignorierst, dass Kapitalismus ohne einen Staat überhaupt nicht funktionieren kann, weil nur staatliche Gewalt dafür sorgt, dass es in einer Gesellschaftsordnung in der alles auf Konkurrenz um die größte Kaufkraft ausgerichtet ist, und in der der größere Teil der Bevölkerung sich permanent am Markt um Lohnarbeitsplätze oder um deren Erhalt für sich selbst bewähren muss, um überhaupt seinen Lebensunterhalt zu verdienen, noch halbwegs geordnet und gesetzestreu zugeht.

    Der Staat der dabei das private Eigentum am Kapital mit seiner Staatsgewalt sichert, muss gleichzeitig mit der selben Gewalt dafür sorgen, dass es sich die eigentumslose Mehrheit nicht einfach von der Besitzenden Minderheit nimmt, sondern dass sie statt dessen jeden Tag schön brav zur Arbeit geht, um den Eigentümern dabei zu helfen, sich noch mehr Eigentum anzueignen.


    Der Staat muss außerdem den Wirtschaftsstandort in dem diese Eigentumsakkumulation permanent stattfinden muss, damit der ganze Laden nicht zusammenbricht, gegen seine ausländische Standort-Konkurrenz verteidigen.


    Idealerweise tut er das mit rein politischen Mitteln, bzw. mit der Gängelung des Staatsvolkes zu mehr Lohnzurückhaltung und mehr Leistung, um die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Volkswirtschaft zu erhöhen, aber im Ernstfall muss er das auch mit Gewalt tun, wenn sein politisch-ökonomischer Einfluss in der Welt zu schwinden droht, indem ihm zum Beispiel Absatzmärkte und Handelswege also Einflusssphären verlustig gehen, und er nicht ökonomisch untergehen und damit auch seine politische Macht verlieren will.


    Genau diese Verteidigung der eigenen (Vor-)machststellungen treiben die Staatsführungen der USA genauso wie Russlands dazu an, sich diesen Stellvertreterkrieg auf Kosten der Ukrainischen Bevölkerung zu liefern und die halbe Welt und ganz Europa da mit hinein zu ziehen. Die Amerikaner fürchten dabei um ihren Machtverlust in Eurasien und wollen ohnehin schon seit Jahrzehnten unbedingt einen Keil zwischen die EU und Russland treiben, während ihnen heute gleichzeitig auch noch in China ein weiterer Konkurrent heranwächst, auf den man sich jetzt eigentlich konzentrieren muss, bzw. glaubt es zu müssen.

    Die Russische Führung fürchtet wiederum um ihre Existenz als solche, wenn sie den westlichen Wirtschaftsraum noch stärker an sich heran kommen lässt. Auch Putin und seine Kamarilla der politischen Kapitalisten sind darauf angewiesen, die Wirtschaft des riesigen Landes und seiner Nachbarschaft unter ihrer Kontrolle zu halten, um ihre Macht abzusichern.


    Gleichzeitig wollen auch die Länder der EU - und allen voran die beiden größten Konkurrenten um die europäische Führungsmacht Deutschland und Frankreich - ihre dominanten Positionen nicht aufgeben und versuchen daher sich ebenfalls entsprechend geopolitisch zu positionieren. Deutschland hat dabei auch noch am meisten zu verlieren.


    Man mag die Entscheidungen der Bundesregierung auch im Sinne einer ökonomischen Machtbehauptung komplett falsch finden - da würde ich jedenfalls auch vollkommen zustimmen - und womöglich hätte es eine andere Regierung ganz anders gemacht.

    Aber wir haben nun mal die Regierung die wir haben, und das hat eben auch Gründe, die außerhalb der Handlungsmacht der Regierungs- und ParteiführerInnen liegen, denn die wurden ja leider in entsprechenden Prozentanteilen von einer Bevölkerung gewählt, die sehr wohl und durch und durch von bürgerlicher, kapitalistischer Ideologie geprägt ist.


    Wenn es nach mir ginge wären wir ohne Staat und ohne privates kapital langfristig besser beraten. Aber nach Leuten wie mir geht's hier halt nicht.

  • Danton 1.1

    Vielleicht mal was grundsätzlicheres zu dem Thema:


    Es spielt keine Rolle ob Staat oder Kapital, man wird von beidem verarscht. Aber da derzeit nicht viel Alternativen im Raum stehen, bin ich eher für Druck auf den Staat machen.


    Danton 1.1

    Vielleicht mal was grundsätzlicheres zu dem Thema:


    Es spielt keine Rolle ob Staat oder Kapital, man wird von beidem verarscht. Aber da derzeit nicht viel Alternativen im Raum stehen, bin ich eher für Druck auf den Staat machen.

    Was das beste wäre, wäre natürlich eine riesen Anti-Kriegs-Bewegung in Deutschland, den USA, eigentlich allen Ländern, die Waffen liefern, dann noch in Russland und in der Ukraine. Das wärs!


  • Ich widerspreche Dir allerdings ganz entschieden...

    ...wenn Du meinst, das hätte alles nichts mehr mit kapitalistischer Denkweise zu tun.


    Der Fehler den Du dabei - meiner salonmarxistischen Ansicht nach - genauso machst, wie die meisten anderen nicht explizit kapitalismuskritischen Kritiker der gegenwärtigen Kriegs- und Krisenpolitik ist, dass Du offenbar völlig ignorierst, dass Kapitalismus ohne einen Staat überhaupt nicht funktionieren kann, weil nur staatliche Gewalt dafür sorgt, dass es in einer Gesellschaftsordnung in der alles auf Konkurrenz um die größte Kaufkraft ausgerichtet ist, und in der der größere Teil der Bevölkerung sich permanent am Markt um Lohnarbeitsplätze oder um deren Erhalt für sich selbst bewähren muss, um überhaupt seinen Lebensunterhalt zu verdienen, noch halbwegs geordnet und gesetzestreu zugeht.

    Der Staat der dabei das private Eigentum am Kapital mit seiner Staatsgewalt sichert, muss gleichzeitig mit der selben Gewalt dafür sorgen, dass es sich die eigentumslose Mehrheit nicht einfach von der Besitzenden Minderheit nimmt, sondern dass sie statt dessen jeden Tag schön brav zur Arbeit geht, um den Eigentümern dabei zu helfen, sich noch mehr Eigentum anzueignen.

    Da stimme ich Dir auch zu. Und in diesem Kompromiss habe ich mich, dank gutem Lohn, ganz gut einrichten können. Wenn sich dieser Staat auf soetwas wie Vertragssicherheit, soziale Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Daseinsfürsorge etc. beschränken würde, hätte ich wahrscheinlich kein Problem mit ihm. Da er sich aber nun dazu entschlossen hat an einem Stellvertreterkrieg teilzunehmen, flankiert mit billigster Kriegspropaganda...

    Wofür ich mich wirklich schäme ist, dass ich mit meiner Erststimme diese bescheuerte Grüne Partei sogar gewählt habe. Ich dachte "Keine Waffen in Kriegsgebiete" und "Klimaschutz" ...ok. Passt. An die kannst Du Deine Erststimme verschenken. Heute kann ich an keinem Stand mehr von denen vorbeigehen, ohne dass mich meine Lebensgefährtin zurückhalten muss, damit ich schon wieder damit anfange unschuldige Wahlhelfer anzugeifern. Ich möchte an dieser Stelle wirklich von Wahlbetrug sprechen. Wer heute noch die Grünen wählt, wählt den Krieg.


    Ich konnte diese Art der Regierung mit den darin anhänglichen Protagonisten (Horeiter, Fücks, Roth etc.) nicht kommen sehen. Bedenklich sind hierbei auch die Staatsmedien (um ehrlich zu sein, noch bedenklicher als die Politiker selbst). Hier wird nichts anderes als Kriegspropaganda betrieben und das mehr und mehr bewusst. So blöd können die nicht mehr sein, dass die nicht bemerken, worauf ihre Kriegs-"Berichterstattung" abzielt. Es geht AUSCHLIEßLICH darum in der Bevölkerung die Akzeptanz für Waffenlieferungen zu erhöhen. Aber diese Melange aus Kriegspropaganda und einer gegen die eigene Bevölkerung gerichtete Wirtschaftspolitik ist in meinen Augen eben nicht systemisch zwangsläufig, sondern über viele Entscheidungen, vermutlich transatlantischer Stakeholder, so herbeigeführt wurden.


    Ich gehe nicht davon aus, dass eine solche Politik unter Gerhard Schröder möglich gewesen wäre, gleichwohl es Joshka Fischer sicher genauso gemacht hätte wie die Grünen heute. In den letzt zwei Jahrzehnten wurden einfach zu viele Transatlantiker an wichtige Stellen gesetzt und sie machen ihren Job. Unser Staat wurde scheinbar von einer anderen Macht übernommen. So fühlt es sich wirklich an. Aber wer soetwas behauptet, ist neuerdings ein "Feind der Demokratie".


    Wenn es nach mir ginge wären wir ohne Staat und ohne privates kapital langfristig besser beraten. Aber nach Leuten wie mir geht's hier halt nicht.

    :thumbup:

  • Ich gehe nicht davon aus, dass eine solche Politik unter Gerhard Schröder möglich gewesen wäre, gleichwohl es Joshka Fischer sicher genauso gemacht hätte wie die Grünen heute. In den letzt zwei Jahrzehnten wurden einfach zu viele Transatlantiker an wichtige Stellen gesetzt und sie machen ihren Job. Unser Staat wurde scheinbar von einer anderen Macht übernommen. So fühlt es sich wirklich an. Aber wer soetwas behauptet, ist neuerdings ein "Feind der Demokratie".

    Ich würde nicht bestreiten, dass die Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nach dem Ende des kalten Krieges - und damit auch dem Ende der besonderen Stellung West-Deutschlands als Frontstaat der freien kapitalistischen Welt - verstärkt vom transatlantischen Geist all jener beseelt war, die sich nach dem großen Kampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus zu den Gewinnern der Geschichte zählten.


    Aber ich halte es für fatal, davon auszugehen, dass diese Entwicklung den deutschen Nach(kalter)kriegspolitikerInnen von den USA aufgezwungen wurde. Das wiedervereinigte Deutschland hat von diesem Verhältnis und der weltpolitischen Dominanz, die sich daraus ergab bis zum russischen Großangriff auf die Ukraine eigentlich immer profitiert und sich gleichzeitig dennoch genug Autonomie ausbedungen, um zum Beispiel auch gegen den erklärten Willen der Amerikaner eine - wenn sie in Betrieb genommen worden wäre für beide Seiten enorm profitable - deutsch-russische Gaspipeline zu bauen, oder auch weiterhin sehr gute Geschäfte mit dem neuen Erzrivalen der USA China zu machen. Man darf auch nicht vergessen, dass die von den Amerikanern nach dem 2. Weltkrieg gezielt wieder aufgebaute BRD seit Ende der 70er Jahre gegenüber den USA exportüberschüsse erwirtschaftet und sich unter dem transatlantischen Schutzschirm als relativ kleines Land dennoch zur viert- und zeitweise drittgrößten Volkswirtschaft der Welt entwickeln konnte.


    Ich glaube, der Grund dafür, dass das gesamte "links-"liberale bis rechtskonservative politische und publizistische Spektrum in Deutschland nun so radikal auf die Seite der USA geschlagen hat - obwohl das - jedenfalls vordergründig betrachtet - mit ganz klaren ökonomischen Nachteilen verbunden ist - ist der Umstand, dass man bis zum Ende Februar 2022 einfach tatsächlich der kollektiven westlichen Hybris aufgessessen war, Russland sei wirklich nichts mehr weiter als eine "Regionalmacht" mit billiger Rohstofftankstelle, deren Großmachtambitionen man mit harten Sanktionen und breiter Unterstützung durch die restliche Weltgemeinschaft schon in den Griff bekommen würde. Als sich dann zeigte, dass das nicht funktionierte, hat man sich eben auf eine kalte-krieg-Logik zurück geworfen gesehen, die zwar eigentlich auch nicht mehr funktioniert, zu der es in den Thinktanks der NATO aber offensichtlich auch nie eine echte Alternative gab, außer eben die, möglichst viele Länder aus der russischen Einflussphäre zu lösen, indem man sie sich ihre post-sozialistischen Staatsapparate zu ultra-neoliberalen Demokratien zusammensparen und -reformieren ließ, um ihnen jeglichen Kommunismus auszutreiben, und sie in die NATO aufzunehmen, oder ihnen das in Aussicht zu stellen.


    Der westliche Kapitalismus und seine liberalen Demokratien funktionieren nun so vermutlich nicht mehr, aber das liegt nicht daran, dass sich die Politik von diesen Ideen, bzw. Ideologien abgewendet hätte - im Gegenteil: es wird eigentlich allenthalben noch mehr Kapitalismus gefordert, vor allem wenn es um die Ausbeutung der lohnarbeitenden Bevölkerung geht -, sondern daran, dass die politischen FührerInnen tatsächlich nicht wissen, wie sie ihr bisheriges System und das dazugehörige Weltbild retten sollen, ohne dabei die weltpolitische Dominanz zu verlieren, die dem kollektiven Westen überhaupt erst seine enorme Wirtschaftsmacht ermöglicht hat.


    [EDIT: Und für die Bundesregierung - ganz gleich, welches politische Personal sie stellt - wäre eine radikale Abkehr von dieser weltpolitischen Dominanz vermutlich noch riskanter und eigentlich gar nicht zu machen, ohne hier den tatsächlichen Aufstand zu riskieren, weil dabei ein wirtschaftliches Chaos ausbrechen würde, von dem beim gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft allenfalls die völkischen Nationalisten politisch profitieren könnten.]


  • Die FDP ist nicht die einzige Partei, die eine Politik für die Reichen macht. CDU, SPD und die Grünen haben die Vermögens- und Einkommensungleicheit doch maßgeblich vorangetrieben. Das Problem ist halt, dass neoliberale Angebotspolitik und diese Fixierung auf Marktmechanismen automatisch zu einer Zunahme der Ungleichheit beiträgt. Und natürlich werden die Oligopole bedient. Gegen die wird ja auch nix gemacht.

  • Ich würde nicht bestreiten, dass die Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nach dem Ende des kalten Krieges - und damit auch dem Ende der besonderen Stellung West-Deutschlands als Frontstaat der freien kapitalistischen Welt - verstärkt vom transatlantischen Geist all jener beseelt war, die sich nach dem großen Kampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus zu den Gewinnern der Geschichte zählten.


    Aber ich halte es für fatal, davon auszugehen, dass diese Entwicklung den deutschen Nach(kalter)kriegspolitikerInnen von den USA aufgezwungen wurde. Das wiedervereinigte Deutschland hat von diesem Verhältnis und der weltpolitischen Dominanz, die sich daraus ergab bis zum russischen Großangriff auf die Ukraine eigentlich immer profitiert und sich gleichzeitig dennoch genug Autonomie ausbedungen, um zum Beispiel auch gegen den erklärten Willen der Amerikaner eine - wenn sie in Betrieb genommen worden wäre für beide Seiten enorm profitable - deutsch-russische Gaspipeline zu bauen, oder auch weiterhin sehr gute Geschäfte mit dem neuen Erzrivalen der USA China zu machen. Man darf auch nicht vergessen, dass die von den Amerikanern nach dem 2. Weltkrieg gezielt wieder aufgebaute BRD seit Ende der 70er Jahre gegenüber den USA exportüberschüsse erwirtschaftet und sich unter dem transatlantischen Schutzschirm als relativ kleines Land dennoch zur viert- und zeitweise drittgrößten Volkswirtschaft der Welt entwickeln konnte.


    Ich glaube, der Grund dafür, dass das gesamte "links-"liberale bis rechtskonservative politische und publizistische Spektrum in Deutschland nun so radikal auf die Seite der USA geschlagen hat - obwohl das - jedenfalls vordergründig betrachtet - mit ganz klaren ökonomischen Nachteilen verbunden ist - ist der Umstand, dass man bis zum Ende Februar 2022 einfach tatsächlich der kollektiven westlichen Hybris aufgessessen war, Russland sei wirklich nichts mehr weiter als eine "Regionalmacht" mit billiger Rohstofftankstelle, deren Großmachtambitionen man mit harten Sanktionen und breiter Unterstützung durch die restliche Weltgemeinschaft schon in den Griff bekommen würde.

    Alles verständlich... bis auf die Hybris.

    Also... um ehrlich zu sein war mir, als einem kleinen Wirtschaftsingenieur, der nichtmal einen Masterabschluss besitzt, von Anfang an (ich schrieb ja wirklich sehr früh darüber) klar, was dieser Bruch tatsächlich bedeutet. Zugegeben ist die demografische Entwicklung wahrscheinlich das noch schwerwiegendere Problem mit all den dazugehörigen Aspekten und ich kann sicherlich auch nicht mit Gewissheit sagen, dass wir aus dieser Energie- und Rohstofffalle wahrscheinlich nicht mehr herauskommen. Nur; müssen die aktuell bestehenden wirtschaftlichen Probleme, die sich aus dem Bruch mit Russland begründeten, von vornherein mit einkalkuliert wurden sein, sonst kannst Du all die Experten und Berater der Bundesregierung sofort entlassen. Man konnte doch nicht ernsthaft annehemen, dass wir als rohstoffarmes Europa das rohstoffreiche Russland relativ schadlos sanktionieren können. Putin ist in meinen Augen kein besonders geschickter Geostratege oder Feldherr. Was er hingegen wirklich versteht ist Wirtschaft. Egal welches Interview Du Dir von ihm anschaust, Du hörst andauernd Zahlen, Handelsvolumen, Währungskurse usw... Er hat das wirklich gefressen und wusste anscheinend, im augenscheinlichen Gegensatz zu unseren Experten, genau was er tat. Ich glaube auch, dass die Biden-Regierung derzeit genau weiß, was sie tut. Und auch wenn alle auf Scholz oder Lidner schimpfen, glaube ich doch auch, dass wenigstens die beiden ganz gut rekapitulieren können, was seit dem Feb. 2022 passierte und wussten auch schon damals was passieren wird (Lindner: "Wir werden als Gesellschaft ärmer werden").

    Da ging niemand naiv an die Sache heran. Auch über die Sprengung der Pipeline werden die engsten Kreise in Berlin aktuell mehr wissen, als die Öffentlichkeit.


    Als sich dann zeigte, dass das nicht funktionierte, hat man sich eben auf eine kalte-krieg-Logik zurück geworfen gesehen, die zwar eigentlich auch nicht mehr funktioniert, zu der es in den Thinktanks der NATO aber offensichtlich auch nie eine echte Alternative gab, außer eben die, möglichst viele Länder aus der russischen Einflussphäre zu lösen, indem man sie sich ihre post-sozialistischen Staatsapparate zu ultra-neoliberalen Demokratien zusammensparen und -reformieren ließ, um ihnen jeglichen Kommunismus auszutreiben, und sie in die NATO aufzunehmen, oder ihnen das in Aussicht zu stellen.

    Der westliche Kapitalismus und seine liberalen Demokratien funktionieren nun so vermutlich nicht mehr, aber das liegt nicht daran, dass sich die Politik von diesen Ideen, bzw. Ideologien abgewendet hätte - im Gegenteil: es wird eigentlich allenthalben noch mehr Kapitalismus gefordert, vor allem wenn es um die Ausbeutung der lohnarbeitenden Bevölkerung geht -, sondern daran, dass die politischen FührerInnen tatsächlich nicht wissen, wie sie ihr bisheriges System und das dazugehörige Weltbild retten sollen, ohne dabei die weltpolitische Dominanz zu verlieren, die dem kollektiven Westen überhaupt erst seine enorme Wirtschaftsmacht ermöglicht hat.


    [EDIT: Und für die Bundesregierung - ganz gleich, welches politische Personal sie stellt - wäre eine radikale Abkehr von dieser weltpolitischen Dominanz vermutlich noch riskanter und eigentlich gar nicht zu machen, ohne hier den tatsächlichen Aufstand zu riskieren, weil dabei ein wirtschaftliches Chaos ausbrechen würde, von dem beim gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft allenfalls die völkischen Nationalisten politisch profitieren könnten.]

    Wieso hätten wir uns, unter Verweis auf unsere Geschichte, nicht einfach für "neutral" erklären können?! Diese Haltung hätte uns womöglich, ähnlich wie bei dem Irak-Krieg, enorm viel Reputation eingebracht. Aktuell können wir doch nur noch als Fussabtreter der Amerikaner wahrgenommen werden, die sich alles gefallen lassen und offenbar keine eigenen Interessen haben.

  • Nur; müssen die aktuell bestehenden wirtschaftlichen Probleme, die sich aus dem Bruch mit Russland begründeten, von vornherein mit einkalkuliert wurden sein, sonst kannst Du all die Experten und Berater der Bundesregierung sofort entlassen.

    Ja, warum sollte man die nicht sofort entlassen?


    Die sitzen doch zum Teil selbst mit in den Talk Shows und beweisen da täglich wie unfähig sie sind.

  • Scheinen ja ganz schön lange Tunnel zu sein. Vielleicht sollte Musks Boring Company mal Kontakt mit Hamas aufnehmen.

    10-- 1-01 10=- 1-00 1--2 10=0 1-2= 1-01 10=0 1-01 1-20 10=1 10=2 10=1 1-10 10=0 10=1 1-00 1-21 1-21 1-02

  • Hm, russische Regierungsseiten fordern mich auf, das Root-Zertifikat ihres Ministeriums für digitale Entwicklung zu installieren:


    Zitat

    To get correct and secure operation of the Russian Defence Ministry’s website and its services, use browsers that support Russian certificates or install the root certificate of the Russian Ministry of Digital Development


    Was denkt ihr? ^^

  • In den letzten Wochen waren bei uns mal wieder einige Straßenfeste und größere Veranstaltungen. Wenn man in social-media lebt, könnte man meinen, dass sich mittlerweile jeder in irgendwelchen politischen Camps befindet und allgemein jeder gegen jeden steht und allgemeiner Hass gegen alles und jeden verbreitet ist.


    Weit gefehlt, wenn man mal wieder unter Menschen geht. Die Straßefeste und Veranstaltungen waren so voll bis oben hin wie seit Jahren nicht mehr. Einige Stände sind gar nicht mehr hinterher gekommen mit Essen und ewig lange Schlangen. Viel von Hass hab ich nicht gesehen. Vielleicht ein Hass gegen Politiker und die Medien. Aber ansonsten kam es mir eher vor als ob die Leute froh wären, dass es was gibt, wo man mal wieder zusammen kommt. Social-Media und das Internet ist so dermaßen toxisch geworden, unglaublich. Und dem Staat oder den Staaten gehts am Arsch vorbei, sehe nichts von Regulierung oder das was besser wird, eher schlimmer. Google schmiert auch langsam ab, die Suchergebnisse bestehen nur noch aus Werbung, SEOs und KI-Generierten Artikeln mit endlosem Textblasen-Gelaber. Die Theorie des Dead-Internet wird jeden Tag realistischer.

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