Wir sollten aber schon zur Kenntnis nehmen, dass außerhalb unserer Bubble viele Menschen übers Auto so denken wie Jan-Noah.
Mein Auto = Meine Freiheit ist fest ins Hirn vieler Menschen eingbrannt. Und wer in so festgefahrenen Strukturen denkt, ist für Klimaargumente nicht mehr erreichbar.
Für einen entsprechenden Kulturwandel muss man wie bei Zigaretten Autos uncool machen.
Das scheint mir aber doch ein Standpunkt aus reichlich urbaner Perspektive zu sein. In manchen Regionen bist du ohne Auto einfach aufgeschmissen. Da hilft dann auch der beste ÖPNV nur bedingt weiter. Das ist ohne motorisierten Individualverkehr ein nahezu unlösbares Problem.
Man könnte die Kollateralschäden freilich hinnehmen und ignorieren, allerdings wird man dann auch die entsprechende Stimmung und Wahlergebnisse provozieren. Ob damit dann noch der nötige Strukturwandel zustande kommt, darf bezweifelt werden.
Ich will kurz mal von der rein technologischen Sicht auf die Dinge weg und aufzeigen, dass es mehr braucht.
Wichtig wäre darum einen Teil der kritischen Infrastruktur zu deurbanisieren, besser gesagt in der Breite auszubauen/verfügbarer zu machen. Ich spreche hier z.B. von Notfallkapazitäten, Behördenzugang. Manches ließe sich durch Digitalisierung lösen, wobei wir auch hier gerade erst anfangen die ländliche Netz-Infrastruktur zu modernisieren, dummerweise immer noch privat.
Anderes wird schwieriger bis unmöglich. Das kulturelle Leben wurde mit urbanisiert. Und so fährt der Landbewohner eben mit dem Auto in die Zentren. Hier könnte das "uncool machen" Sinn ergeben. Fraglich, ob man gegen den PR-Etat der Industrie ankommt. Der alternative Ansatz wäre die Verteuerung. Beides wäre aus meiner Sicht nur erfolgreich, wenn es hinreichende Alternativen gibt.
In meiner Jugend gab es z.B. diverse Versuche Sammeltaxis zu etablieren, um die tödlichen Alkoholfahrten in den Griff zu bekommen. Das war damals ein Dauer-Thema, weil unsere geburtenstarken Jahrgänge die Unfallstatistik merklich beeinflusst hatten.
Kulturelle Einrichtungen werden vermutlich nicht in akzeptablen Ausmaß zurück in die Regionen gebracht werden können. Wobei das abzusehende Sterben einiger Einrichtungen das durchaus Möglichkeiten böte. Allerdings wäre das auch ein Kraftakt, weil Infrastruktur dafür fehlt.
Im Osten gab es früher in fast jedem Kaff ein Kino, diese wurden längst verkauft und überbaut. Gemeindezentren wurden vielerorts aus Geldnot privatisiert und meist ebenfalls oft neuen Nutzungszwecken zugeführt.
Das waren jetzt nur zwei spontane Beispiele. Strukturwandel darf aber nicht bedeuten, dass wir einfach nur Elektroautos und Solaranlagen, um das Leben möglichst nahe am IST-Zustand fortzusetzen. Wir müssen aber in jedem Fall davon wegkommen, die Zukunft nur aus urbaner Sicht zu gestalten. Dabei bliebe zu viel unberücksichtigt.